Êàê ÷àñòî ÿ âèæó êàðòèíêó òàêóþ Âîî÷èþ, èëè îíà òîëüêî ñíèòñÿ: Äâå äåâî÷êè-ãåéøè î ÷¸ì-òî òîëêóþò, Çàáûâ, ÷òî äàâíî èì ïîðà ðàñõîäèòüñÿ. Íà óëèöå ò¸ìíîé âñå äâåðè çàêðûòû. Ëåíèâîå ïëàìÿ â ôîíàðèêå ñîííîì… À äåâî÷êè-ãåéøè êàê áóäòî çàáûòû Äâóìÿ îãîíüêàìè â ïðîñòðàíñòâå áåçäîííîì. Íó ÷òî âàì íå ñïèòñÿ, ïðåêðàñíûå ãåéøè? Âåäü äàæå ñâåð÷êè íåóìîë÷íû

Nichts Als T?ten

Nichts Als T?ten Blake Pierce Ein Adele Sharp Mystery #4 “EIN MEISTERWERK DES THRILLER UND KRIMI-GENRES. Blake Pierce gelingt es hervorragend, Charaktere mit so gut beschriebenen psychologischen Facetten zu entwickeln, dass wir das Gef?hl haben, in ihren Gedanken zu sein, ihre ?ngste zu sp?ren und ihre Erfolge zu bejubeln. Dieses Buch voller Wendungen wird Sie bis zur letzten Seite wachhalten.“. –Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (?ber So Gut Wie Vor?ber). NICHTS ALS T?TEN ist das vierte Buch einer neuen FBI Thrillerserie des USA Today Bestsellerautors Blake Price, dessen Nummer 1 Bestseller Verschwunden (Buch 1) (kostenloser Download) ?ber 1.000 F?nfsternebewertungen erhalten hat… Eine junge Frau wird auf einer Landstra?e in Deutschland auf der Flucht vor ihrem Angreifer wie bet?ubt aufgefunden. Da sie sprechen und sich erinnern kann, besteht vielleicht auch die M?glichkeit die Beh?rden zu seinem Versteck f?hren – und die anderen Frauen zu retten, bevor es zu sp?t ist… Als der Fall sich international auszubreiten beginnt und Dutzende von Opfern aus vielen verschiedenen L?ndern stammen, erkennen die Beh?rden schnell, dass es nur einen Weg zur L?sung dieses Problems gibt: die Einschaltung der FBI-Spezialagentin Adele Sharp, die dreifache Staatsb?rgerschaft der USA, Frankreichs und Deutschlands hat… Aber selbst mit Adeles brillantem Verstand k?nnte dieser Fall, der Erinnerungen weckt, die ihr viel zu nahe gehen, f?r sie eine echte Herausforderung sein… Kann Adele die anderen Frauen retten, bevor es zu sp?t ist?. Kann sie sich selbst retten?. Eine actiongeladene Krimiserie voller internationaler Intrigen und fesselnder Spannung: NICHTS ALS T?TEN l?sst Sie bis sp?t in die Nacht bl?ttern… Buch 5 der Reihe – NICHTS ALS MORD – ist jetzt ebenfalls erh?ltlich.. Blake Pierce NICHTS ALS T?TEN NICHTS ALS T?TEN (Ein Adele Sharp Mystery – Buch 4) B L A K E    P I E R C E Blake Pierce Blake Pierce ist die Autorin der RILEY-PAGE-Bestsellerreihe, die siebzehn Krimis um die FBI-Spezialagentin umfasst. Aus ihrer Feder stammt au?erdem die vierzehnb?ndige MACKENZIE-WHITE- Krimiserie. Dar?ber hinaus sind von ihr die Krimis um AVERY BLACK (sechs B?nde), KERI LOCKE (f?nf B?nde), die Krimiserie das MAKING OF RILEY PAIGE (sechs B?nde), die KATE-WISE- Krimiserie (sieben B?nde), die Psychothriller um JESSIE HUNT (vierzehn B?nde), die Psychothriller-Trilogie AU PAIR, die ZOE-PRIME-Krimiserie (bislang f?nf B?nde), die neue Krimireihe um ADELE SHARP und die Cosy-Krimi-Reihe LONDON ROSES EUROPAREISE, deren erster Band hier vorliegt, erschienen. Als begeisterte Leserin und lebenslanger Fan des Krimi- und Thriller-Genres freut sich Blake immer, von ihren Leserinnen und Lesern zu h?ren. Bitte besuchen Sie www.blakepierceauthor.com, um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben. Copyright © 2020 by Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Vorbehaltlich der Bestimmungen des U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieser Publikation ohne vorherige Genehmigung des Autors in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder ?bertragen oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem gespeichert werden. Dieses eBook ist nur f?r Ihren pers?nlichen Gebrauch lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen m?chten, kaufen Sie bitte f?r jeden Empf?nger ein zus?tzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen und Sie es nicht gekauft haben, oder es nicht nur f?r Ihren Gebrauch gekauft wurde, dann senden Sie es bitte zur?ck und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dies ist eine erfundene Geschichte. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorf?lle sind entweder das Ergebnis der Phantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede ?hnlichkeit mit tats?chlichen Personen, ob lebendig oder tot, ist v?llig zuf?llig. Jacket image Copyright CloudyStock, verwendet unter der Lizenz von Shutterstock.com. B?CHER VON BLAKE PIERCE LONDON ROSES EUROPAREISE MORD (UND BAKLAVA) (Band #1) ADELE SHARP MYSTERY-SERIE NICHTS ALS STERBEN (Band #1) NICHTS ALS RENNEN (Band #2) NICHTS ALS VERSTECKEN (Band #3) NICHTS ALS T?TEN (Band #4) DAS AU-PAIR SO GUT WIE VOR?BER (Band #1) SO GUT WIE VERLOREN (Band #2) SO GUT WIE TOT (Band #3) ZOE PRIME KRIMIREIHE GESICHT DES TODES (Band #1) GESICHT DES MORDES (Band #2) GESICHT DER ANGST (Band #3) GESICHT DES WAHNSINNS (Band #4) GESICHT DES ZORNS (Band #5) JESSIE HUNT PSYCHOTHRILLER-SERIE DIE PERFEKTE FRAU (Band #1) DER PERFEKTE BLOCK (Band #2) DAS PERFEKTE HAUS (Band #3) DAS PERFEKTE L?CHELN (Band #4) DIE PERFEKTE L?GE (Band #5) DER PERFEKTE LOOK (Band #6) DIE PERFEKTE AFF?RE (Band #7) DAS PERFEKTE ALIBI (Band #8) DIE PERFEKTE NACHBARIN (Band #9) CHLOE FINE PSYCHOTHRILLER-SERIE NEBENAN (Band #1) DIE L?GE EINES NACHBARN (Band #2) SACKGASSE (Band #3) STUMMER NACHBAR (Band #4) HEIMKEHR (Band #5) GET?NTE FENSTER (Band #6) KATE WISE MYSTERY-SERIE WENN SIE W?SSTE (Band #1) WENN SIE S?HE (Band #2) WENN SIE RENNEN W?RDE (Band #3) WENN SIE SICH VERSTECKEN W?RDE (Band #4) WENN SIE FLIEHEN W?RDE (Band #5) WENN SIE F?RCHTETE (Band #6) WENN SIE H?RTE (Band #7) DAS MAKING OF RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE BEOBACHTET (Band #1) WARTET (Band #2) LOCKT (Band #3) NIMMT (Band #4) LAUERT (Band #5) T?TET (Band #6) RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE VERSCHWUNDEN (Band #1) GEFESSELT (Band #2) ERSEHNT (Band #3) GEK?DERT (Band #4) GEJAGT (Band #5) VERZEHRT (Band #6) VERLASSEN (Band #7) ERKALTET (Band #8) VERFOLGT (Band #9) VERLOREN (Band #10) BEGRABEN (Band #11) ?BERFAHREN (Band #12) GEFANGEN (Band #13) RUHEND (Band #14) GEMIEDEN (Band #15) VERMISST (Band #16) AUSERW?HLT (Band #17) EINE RILEY PAIGE KURZGESCHICHTE EINST GEL?ST MACKENZIE WHITE MYSTERY-SERIE BEVOR ER T?TET (Band #1) BEVOR ER SIEHT (Band #2) BEVOR ER BEGEHRT (Band #3) BEVOR ER NIMMT (Band #4) BEVOR ER BRAUCHT (Band #5) EHE ER F?HLT (Band #6) EHE ER S?NDIGT (Band #7) BEVOR ER JAGT (Band #8) VORHER PL?NDERT ER (Band #9) VORHER SEHNT ER SICH (Band #10) VORHER VERF?LLT ER (Band #11) VORHER NEIDET ER (Band #12) VORHER STELLT ER IHNEN NACH (Band #13) VORHER SCHADET ER (Band #14) AVERY BLACK MYSTERY-SERIE DAS MOTIV (Band #1) LAUF (Band #2) VERBORGEN (Band #3) GR?NDE DER ANGST (Band #4) RETTE MICH (Band #5) ANGST (Band #6) KERI LOCKE MYSTERY-SERIE EINE SPUR VON TOD (Band #1) EINE SPUR VON MORD (Band #2) EINE SPUR VON SCHW?CHE (Band #3) EINE SPUR VON VERBRECHEN (Band #4) EINE SPUR VON HOFFNUNG (Band #5) KAPITEL EINS Die Dunkelheit k?ndigte sich im sch?chternen Sternenlicht an. Seit dem Schneesturm vor zwei Wochen war die Autobahn, die durch den s?dlichen Schwarzwald in Baden-W?rttemberg (Deutschland) verlief, t?ckischer geworden. Innerhalb von Hermans Blickfeld waren drei von sieben Sicherheitslichtern, an der Landstra?e 317, aus. Herman, im F?hrerhaus seines LKW‘s sitzend, z?hlte sie erneut. Ein verblassendes Flackern von Blau und Gelb ging von einem aus. Na gut, zwei von sieben. Trotzdem h?tten Wartungsteams diesen Defekt l?ngst beheben sollen. Er wurde vom flackernden Lichtschein gestreift, w?hrend er sich auf die dunkleren Abschnitten der Stra?e zubewegte. Herman packte sein Lenkrad und murmelte einen leisen Fluch vor sich hin, w?hrend er sein gro?es Fahrzeug ?ber den feuchten Asphalt lenkte. Der Schnee war gr??tenteils getaut, aber die K?lte hatte die Stra?enbeleuchtung besch?digt. Teile der Stra?e schienen fast komplett verlassen zu sein. Herman hatte Freunde – andere Fahrer -, die diesen Abschnitt der Autobahn mieden, aber er durfte keine Zeit vergeuden. Nein, nicht jetzt. Er fuhr weiter entlang der einsamen, schlecht beleuchteten Stra?e, ein Strudel von Braun und Gr?n zog an seinem Fenster vorbei, w?hrend er den Waldesrand vor sich erblickte und testete wie wetterfest sein Fahrzeug war. Er hatte Rotmeer bereits passiert und konnte den Feldberg in der Ferne sehen. Er durfte nicht zu sp?t kommen. Nicht heute Nacht. Er musste rechtzeitig zur?ckfahren, um vor der morgigen Sorgerechtsverhandlung etwas Schlaf zu bekommen. Herman runzelte die Stirn bei dem Gedanken an das, was der Morgen ank?ndigte und blickte f?r einen kurzen Moment auf das Bild des jungen M?dchens mit den haselnussbraunen Augen, das auf sein Armaturenbrett geklebt war. Seine Frustration schwand, als er seine, auf dem Foto verewigte, Tochter ansah. Nur ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit… Er sah wieder auf. Und schrie. Jemand stand mitten auf der Stra?e. Herman wurde kalt, er trat auf die Bremse und zerrte am Lenkrad, um der Person auszuweichen. Die Bremsen heulten laut auf und die R?der protestierten gegen die pl?tzliche Bewegungs?nderung. Herman konnte f?hlen, wie die das F?hrerhaus zu kippen drohte. Sein Herz war bereits seiner Brust entkommen und schien sich irgendwo in der N?he seiner Kehle zu befinden. Sein Schrei ging im Ger?usch der quietschenden Bremsen unter. Der Lastwagen kam von der Stra?e ab und prallte gegen einen der Stra?enlaternen. Der Mast fiel in sich zusammen und Glassplitter verteilten sich mit einem hartn?ckigen Klirren ?ber Hermans Windschutzscheibe. Drei von sieben Lichtern. Herman sa? zitternd da und Blut tropfte ihm aus die Nase. Er brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass der Airbag ausgel?st worden war. Seine H?nde umklammerten noch immer das Lenkrad. F?r einen Moment f?hlte es sich fast so an als k?nnte er es nie wieder loslassen. Er starrte auf seine Fingerkn?chel. Sein Blick war verschwommen, er konnte das Adrenalin durch seine Adern pulsieren f?hlen. Seine H?nde waren wei?. Ein roter Tropfen fiel auf seinen Handr?cken. Er streckte die Hand aus und f?hlte, wie warme Fl?ssigkeit aus seiner Nase sickerte. Er sch?ttelte den Kopf und blinzelte ein paar Mal. Hatte er die Person ?berfahren? Er schaute noch einmal durch die Windschutzscheibe und war erstaunt, wie einsam und verlassen dieser Teil des Waldes war. Niemand war zu sehen. Er blickte die Stra?e hinauf und wieder hinab und bemerkte, dass nirgendwo ein geparktes Auto zu sehen war. Die Angst kroch ihm langsam den R?cken hinunter. Herman wollte sich im Fahrzeug einschlie?en und die Polizei rufen. Aber die Sorge lie? ihn noch einmal auf das Bild auf seinem Armaturenbrett hinunterblicken. Die Person auf der Stra?e hatte wie ein junges M?dchen ausgesehen. Mutig raffte er sich auf. Er schnallte sich ab, schob den Airbag weg und ?ffnete die T?r. Normalerweise w?re er, obwohl er mittleren Alters war, agil genug, um mit einem Sprung aus dem F?hrerhaus zu kommen. Jetzt jedoch benutzte er mit zitternden Schritten die Metallstufe, die zum Boden f?hrte und stieg aus. Die K?lte legte sich wie eine Decke auf ihn. Die k?hlen Winde schienen zugenommen zu haben. Die Stra?enlaterne, gegen die er gefahren war, war nun aus. Die auf der anderen Stra?enseite, ein paar hundert Meter zur?ck, blinkte eine von ihnen immer noch blau vor sich hin. In diesem diesigen Licht entdeckte er die Person wieder. Eine Frau. Ein M?dchen. Vielleicht etwas dazwischen. Jung, sicher nicht ?lter als zwanzig. Sie stand mitten auf der Stra?e und hatte sich, seitdem er sie zum ersten Mal entdeckt hatte, keinen Zentimeter bewegt. Sie stand. Stehen war gut. Es bedeutete, dass sie noch lebte. „Hallo? Fr?ulein!”, rief er ihr zu. „Geht es Ihnen gut?”  Er hob die Hand und winkte ihr zu. Sie drehte sich nicht um. Sie starrte weiter, die Augen nach vorne gerichtet, die Stra?e hinunter. Herman warf einen Blick in die eine und dann in die andere Richtung. Seine Augen folgten der Stra?e, die sich durch die W?lder schl?ngelte und sich durch eine stetige Steigung charakterisierte. Dunkle ?ste mit Laub lagen am Stra?enrand. Die ?ste waren gestutzt worden, um sie von Telefonleitungen und der Autobahn abzuhalten. Woher war das M?dchen gekommen? Es war kein anderes Fahrzeug in Sicht. Herman zuckte zusammen und sp?rte einen blauen Fleck an seinen Rippen, an der Stelle, an der ihn der Airbag ihn getroffen hatte. Aus seiner Nase tropfte immer noch Blut und er konnte f?hlen, wie es sich in der Kuhle ?ber seiner Oberlippe sammelte. Er bemerkte den leichten Geschmack von bitterem Salz, als das Blut ?ber seinen Mundwinkel sickerte. Er streckte die Hand aus, wischte es weg und ging immer noch vorsichtig auf das M?dchen mitten auf der Stra?e zu. Sein Lastwagen war immer noch um die Stra?enlaterne gewickelt. Der Mast selbst hatte sich weitaus schlechter geschlagen als der Lastwagen. Er w?rde immer noch fahren k?nnen. Der Trucker ging weiter, eine Hand in einer beruhigenden Geste ausgestreckt. Das M?dchen sah immer noch nicht in seine Richtung. Dann sah er das Blut. Purpurrote B?che tropften ?ber ihre Arme bis zu ihren Fingerspitzen und fielen auf den Boden. Ihre F??e waren verletzt, mit Striemen und Schnitten bedeckt. Sie trug keine Schuhe und so wie es aussah war sie durch den Wald gelaufen. Ihr d?nnes, graues T-Shirt war leicht zerrissen. Sie hatte Schnitte an ihrem Arm und trug nur Unterw?sche. Herman sp?rte einen weiteren Schauer seinen R?cken hinab laufen, starrte das M?dchen an und sah ihr in die Augen. Endlich schien sie ihn zu bemerken; sie sah ihn an und fing an zu schreien. Ihre Schreie hallte in den H?geln und W?ldern wider, fegte ?ber die B?ume und breitete sich wie eine Eisschicht ?ber die Autobahn aus. Mit dem Schrei ?berkam Hermann ein kaltes, schreckliches Gef?hl. Er sch?ttelte den Kopf und weigerte sich, auf sein Bauchgef?hl zu h?ren. Sein Instinkt sagte ihm, es w?re am besten zu fliehen.  Zur?ck zu seinem Lastwagen zu laufen, sich hinter das Lenkrad zu setzen und wegfahren, um dieses Problem weit hinter sich zu lassen. Er bemerkte, dass die H?nde des M?dchens blutig waren. Daraufhin rief er: „Geht es dir gut?” Sie sch?ttelte jedoch zitternd den Kopf und streckte ihm ihr Kinn entgegen. Ihre Augen fokussierten ihn weiterhin. Sie starrte ihn verzweifelt und mit flehendem Blick an. Und schlie?lich sprach sie. Wenn Erfrierungen einen Ton h?tten, w?rden sie in der Stimme dieses M?dchens widerhallen.  „Bitte”, kr?chzte sie verzweifelt. Ihr Deutsch war br?chig und sie hatte einen amerikanischen Akzent. Er zuckte zusammen und versuchte das Geh?rte zu verarbeiten. „Bitte, lassen Sie nicht zu, dass sie mich zur?ckholen. Bitte lassen Sie es nicht zu.” Herman stand jetzt nah bei ihr. Er streckte eine Hand aus und hielt sie ?ber ihre Schulter. Er war sich nicht sicher, ob er sie ber?hren sollte. Er wollte sie tr?sten, sie wissen lassen, dass es alles Ordnung sein w?rde. Aber gleichzeitig wollte er sie nicht erschrecken. Also senkte er die Hand und versuchte mit seinen Augen W?rme und Sanftmut zu vermitteln. Er konnte f?hlen, wie seine Nase immer noch blutete, ignorierte es aber. „Woher kommst du mein Kind?” Das M?dchen zog am Saum ihres Hemdes, als merke es pl?tzlich, dass es halbnackt mitten auf der Autobahn stand. Sie sah sich um und starrte zu den B?umen. „Es gibt mehr”, sagte sie verzweifelt. „Er h?lt uns gefangen, versteckt, niemand kann uns finden. Ich bin knapp entkommen. Bitte. Ich bin dort gewesen – I wei? nicht mehr wie lange. Bitte, er wird sie alle t?ten!” Das zitternde, schreckliche Gef?hl, das Hermans Wirbels?ule hinaufkroch, nahm zu. Er starrte sie an und schluckte. „Wer?”, fragte er. Sie starrte zur?ck und sagte: „Bitte, lassen Sie nicht zu, dass er mich zur?ckholt.” Herman gebot ihr zu schweigen, seine Hand tastete in seiner Tasche entlang, bis er bemerkte dann, dass sein Telefon immer noch im Truck lag. Er deutete auf sie und sagte schnell: „Komm, beeil dich. Ich muss dich in ein Krankenhaus bringen. Bitte, dort wirst du sicher sein. Lass uns erstmal von dieser Stra?e verschwinden.” Es brauchte etwas ?berzeugungskraft und Geduld, um sie, mit seiner Hand gestikulierend, zum Bewegen zu bringen, aber schlie?lich folgte sie ihm. Sie stolperte hinter ihm her und hinterlie? blutige Fu?spuren, die von der Mitte der Autobahn weg zu seinem Lastwagen f?hrten. Die gesprenkelten Blutstropfen verteilten sich ?ber dem feuchten Boden. Das blaue Licht, das hinter ihnen die ganze Zeit noch geflackert hatte, ging pl?tzlich aus. Jeder Schritt brachte die beiden weiter in die Dunkelheit, aber auch dem Truck, n?her. „Komm, beeil dich”, sagte Herman. Er half ihr sanft in den Truck und tat sein Bestes, sie nicht zu ber?hren. Jedes Mal, wenn er es tat, schien sie zusammenzucken. Dann lief er schnell um den Lastwagen herum, stieg ein und fuhr so schnell wie m?glich los. Er w?rde am Morgen zu einem Automechaniker fahren und ihn einen Blick auf das Fahrzeug werfen lassen. Vorerst wollte er von dieser verfluchten Autobahn weg, weg von den flackernden Lichtern und weg von diesem be?ngstigenden Wald. „Wohin bringst du mich?”, fragte sie leise, w?hrend ihre Augen sich schnell bewegten, um sich orientieren zu k?nnen. „Krankenhaus”, sagte er. „Die Polizei wird uns dort treffen. Alles wird gut. Ich verspreche es dir. Wer auch immer dich verletzt hat ist nicht mehr hier. Du bist jetzt in Sicherheit.” Das M?dchen schluchzte zitternd, ihre Brust hob sich, ihre Augen waren auf die Stra?e gerichtet und schlossen sich dann, ihre Augenlider flatterten. W?hrend die Ersch?pfung seinen Tribut einforderte und sie den Sitz neben ihm langsam mit ihrem Blut f?rbte, murmelte sie: „Die anderen sind nicht in Sicherheit. Er wird ihnen wehtun. Er wird sie f?r meine Flucht bitter bestrafen.” KAPITEL ZWEI Adele hatte keinen Aufzug in ihrer neuen Wohnung. Sie hatte gl?cklicherweise kein Problem damit, Treppen zu laufen. Ihre Hand fuhr ?ber das lackierte Holzgel?nder. Ihre Gedanken reisten in die Vergangenheit und durchsuchten ihre Erinnerungen. Sie erinnerte sich daran, wie sie diese Marmorstufen heruntergesprungen war. Sie erinnerte sich, wie sie innehielt und zur T?r gegen?ber der Briefk?sten blickte. Wohnung 1A. Die abbl?tternden silbernen Buchstaben waren ersetzt worden. Tats?chlich war die gesamte Wohnung renoviert worden. Sogar die Lichter an der Decke flackerten nicht mehr, sondern versorgten den Flur und das Treppenhaus mit ausreichend Licht. Adele machte den letzten Schritt, blieb am Fu? der Treppe stehen und sammelte sich. Zur?ck in Frankreich. Sie hatte das nie kommen sehen. Sie fuhr sich mit der Hand durch die schulterlangen blonden Haare und l?chelte. Das letzte Treffen mit ihrem Vater war weniger als einen Monat her. Der Fall im Skigebiet war seltsam zu Ende gegangen. Adele hatte ihren Vater zu Weihnachten besuchen wollen, nachdem sie nach Europa gezogen war, aber die kleine Wohnung in Frankreich war so weit von seiner Heimat in Deutschland entfernt, dass der Schneesturm vor zwei Wochen den Besuch verhindert hatte. Also hatte sie die Woche mit Robert verbracht und Weihnachten mit ihm in seiner Villa gefeiert. Sie streckte die Hand aus und ber?hrte vorsichtig die tropfenf?rmigen Diamantohrringe, die er ihr gekauft hatte. Adele trug normalerweise keinen Schmuck, aber die Sachen, die Robert ihr schenkte waren einfach so besonders, dass sie nicht anders konnte. Sie runzelte die Stirn, senkte die Hand und starrte zur Wohnungst?r. Robert sah nicht wirklich gesund aus. Wann immer sie ihn darauf ansprach, wich er der Frage aus. Er brach oft in Hustenanf?lle aus und verlie? dann manchmal sogar den Raum. Sie sch?ttelte den Kopf und w?nschte, sie h?tte das Thema mit mehr Nachdruck angesprochen, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Aber die Weihnachtsfeierlichkeiten schienen nicht der richtige Anlass zu sein. Und jetzt war sie nicht nur wieder in Frankreich, sondern auch wieder in der Wohnung, in der sie fr?her mit ihrer Mutter gelebt hatte. Das Schicksal hatte seine F?den mal wieder gezogen – die Wohnung war, nur eine Woche nachdem Adele ihre Unterkunftssuche begann, im Preis gesenkt worden. Vielleicht war es nicht nur das Schicksal … vielleicht eher Unvermeidlichkeit… Adele fischte ein kleines, abgenutztes, braunes Ledernotizbuch aus ihrer Tasche und bl?tterte durch die Seiten. Ihre Stimmung verdunkelte sich. Sie lehnte sich gegen das Gel?nder und blickte beim Durchbl?ttern des Notizbuchs auf 1A. Jeder Hinweis, jede m?gliche Spur, einige, von denen h?chstwahrscheinlich nicht mal die Polizei wusste. Ihr Vater jagte Elises Killer schon seit Jahren. Und jetzt hatte er ihr das Notizbuch ?berlassen, damit sie die Jagd fortsetze. Adele hatte in den letzten drei Wochen zwischen Umz?gen und Weihnachtsfeiern das Notizbuch durchk?mmt. Nach drei Wochen hatte sie die Notizen ihres Vaters katalogisiert und auswendig gelernt. Sie hatte mehrere Dateien auf ihrem Computer, mit denen sie die Notizen sortierte. Irgendwann musste sie etwas finden. R?ckkehr in die Wohnung? Nicht genau die Gleiche – aber das gleiche Geb?ude, in dem sie damals mit ihrer Mutter gelebt hatte. Sie sp?rte keine Nostalgie – es hatte einen Zweck. Adele war kein sehr nostalgischer Mensch. Sie war ein Bluthund, der nach einem bestimmten Geruch suchte. Seite Siebenunddrei?ig. Sie bl?tterte das gesamte Notizbuch noch einmal durch und las alle Zeilen, die ihr jetzt in den Sinn kamen. „Jemand vertauscht Notizbl?tter … handgeschrieben. Lustig?” Adele sch?ttelte den Kopf. Sie hatte ihren Vater schon ?fter danach gefragt, aber er wusste auch nicht mehr was diese kryptische Nachricht zu bedeuten hatte. Es war einfach eine Erinnerung an ein Gespr?ch gewesen, das er mit seiner Ex-Frau gef?hrt hatte. Das erste Mal, als er den Verdacht bekam, etwas k?nnte in Frankreich schief laufen. Seine Ex-Frau hatte ihn angerufen und schien nerv?s zu sein. Sie erw?hnte, dass jemand etwas vertauscht hatte. Adele biss die Z?hne zusammen. Ihr Vater war noch nie ein besonders guter Zuh?rer gewesen. Wenigstens hatte er es niedergeschrieben, bevor er es komplett verga?. Jemand hatte Jemand vertauscht Notizbl?tter, handgeschrieben, lustig… notiert. Also hatte jemand Notizen vertauscht. Was bedeutete das genau? Adele klopfte mit dem Notizbuch gegen ihre Hand und starrte die Briefk?sten an. Sie hatte bereits mit dem Postboten gesprochen. Ein junger Mann, nicht ?lter als drei?ig. Er passte sicherlich in die Rechnung. Sie hatte versucht, ihn zu erpressen, um zu erfahren, wer vor fast zehn Jahren f?hr dieses Geb?ude als Brieftr?ger verantwortlich gewesen war. Er hatte gesagt, dass er diese vertraulichen Informationen nicht weitergeben durfte. Wenn jemand die Post ihrer Mutter ausgetauscht und Notizen hinterlassen h?tte, war er vielleicht ein Stalker gewesen. Jemand, der sich f?r sie interessiert hatte. Vielleicht der M?rder selbst? Aber die Briefk?sten waren verschlossen. Es waren keine Briefe gesendet, sondern vertauscht worden. Das stand in der Nachricht. Daran erinnerte sich ihr Vater. Er war in diesem Teil unnachgiebig gewesen. W?hrend des Telefongespr?chs vor all den Jahren war ihre Mutter ver?rgert gewesen, dass jemand Notizen vertauscht hatte. Daf?r w?rde jemand einen Schl?ssel f?r den Briefkasten ben?tigt haben. Nicht einmal der Vermieter hatte einen. Adele hatte bereits einige Male versucht, die Post anzurufen, aber sie weigerte sich, die Informationen telefonisch weiterzugeben. Sie dachte daran, ihre Dienstnummer zu verwenden, aber ohne einen aktiven Fall w?re dies ein Versto? gegen das Protokoll und ein K?ndigungsgrund. Dies war erst ihre zweite Woche als Korrespondentin f?r die DGSI, zwischendurch arbeitete sie immer noch an F?llen f?r Interpol. Die Verwendung ihrer Dienstlegitimation ohne Erlaubnis war m?glicherweise nicht die beste Taktik. Aber Adele hatte jetzt eine andere Idee. Sie ging den Korridor entlang und n?herte sich der T?r zu 1A, hob die Hand und klopfte vorsichtig. Ein schlurfendes, leises Ger?usch von innen ert?nte. Sie klopfte etwas lauter. Mehr Ger?usche, dann Schritte. Dann klapperte eine Kette und die T?r schwang auf. Die Wohnung war ziemlich ordentlich. Ein mit Porzellan gef?llter Schrank stand einem sauberen Esstisch mit vier  bestickten St?hlen gegen?ber, die ordentlich unter dem Tisch versteckt waren. Die Frau, die vor Adele stand, war alt und hatte Falten um Augen und Stirn. Sie trug ein einzelnes silbernes Medaillon an einer Kette und eine rosa Strickjacke. Die Frau habe eine ihrer nachgemalten Augenbrauen, w?hrend sie Adele betrachtete. „Du schon wieder”, sagte sie knurrig auf Franz?sisch. „Ja”, sagte Adele, „Kurze Frage: Vermieter in Frankreich m?ssen Akten ?ber ihre Mieteraktivit?ten f?hren, oder? Aus Steuergr?nden.”  Hier war das Risiko. Aber Adele musste auf ihrem Bauchgef?hl h?ren. Sie warf einen Blick zur?ck in die Wohnung. Ihre Augen suchten die ordentlich angeordneten M?bel und die frisch gestrichenen W?nde ab. Alles am Geb?ude und an den Renovierungsarbeiten schien in Ordnung zu sein. „Sie verwenden keinen Computer f?r Ihre Unterlagen, richtig?”  fragte Adele. Die Frau runzelte die Stirn. Sie r?ckte ihre Brille zurecht und sch?ttelte ihren Kopf mit den silber-grauen Haaren „Und, was ist das Problem daran?” Adele schluckte. „Und Sie besitzen das Geb?ude seit mehr als zehn Jahren?” „Seit f?nfzig Jahren im Besitz der Familie. Mein verstorbener Mann hat geholfen, aber ich mache den gr??ten Teil des Papierkrams, was ist damit?” „Ich habe mich gefragt, ob es Streitigkeiten gab. Fehlende Pakete, Beschwerden. Zerbrechliche Gegenst?nde, die zerschlagen wurden. In einem so gro?en Geb?ude muss es jemanden mit einem Problem gegeben haben.”, Adele schluckte. „Insbesondere alles von vor bis zu zehn Jahren.” Die Vermieterin blinzelte hinter ihrer dicken Brille. „Ich habe einen Ordner f?r Beschwerden. Ich bin mir nicht sicher, wie lange sie zur?ckgehen. Aber ohne einen Durchsuchungsbefehl kann ich Ihnen den eh nicht zeigen.” Adele nickte einmal und sp?rte ein Kribbeln auf ihrer Haut. „Dass Sie Ihre Mieter nicht verraten wollen, verstehe ich. Aber was ist mit Mietern, die hier nicht mehr wohnen? Leute, die gegangen sind? Sicherlich w?re es keine Verletzung der Privatsph?re. Genauer gesagt… was ist mit meiner Mutter?” Jetzt war es an Adele, die Vermieterin zu studieren und geduldig zu warten. Die Frau runzelte die Nase. „Du wirst nicht locker lassen, oder?”  Ihre alte Stimme knarrte schon fast, aber ein Schimmer in ihren Augen veranlasste Adele zu sagen: „Wenn ich k?nnte, w?rde ich. Bitte, die Mieter interessieren mich nicht. Nur der Postbote. Das w?re sowieso eine ?ffentliche Information gewesen, oder nicht?” Die Frau r?usperte sich. „Haben Sie versucht, die Firma anzurufen?” Adele zuckte zusammen. „Ja.” „Und?” „Die sagen, die Informationen seien vertraulich.”  Adele f?gte schnell hinzu: „Aber das ist auf deren Seite. Die m?ssen Mitarbeiterunterlagen sch?tzen. Aber ein ?ffentlicher Streit – ein fehlendes Paket … Oder”, sie leckte sich die Lippen,“ manipulierte Post … Das w?re aktenkundig. Bitte, ich w?rde nicht fragen, wenn es nicht wichtig w?re. Elise Romei, erinnern Sie sich an sie? Meine Mutter. Wir haben vor fast f?nfzehn Jahren hier gelebt.” Zu Adeles ?berraschung schien die Frau auf den Namen zu reagieren; Sie blinzelte eulenhaft hinter ihrer Brille. „Elise Romei?”, fragte sie. „Nat?rlich erinnere ich mich an sie. Ich erinnere mich noch an den Polizisten, der vorbeikam und Fragen stellte. Tragisch. Sie sagen, Elise ist Ihre Mutter?” Adele nickte. „Ich wei? nicht, ob Sie sich erinnern, aber ich habe auch hier gewohnt. Mit meiner Mutter – ich h?tte es bei der Unterzeichnung des Mietvertrags erw?hnen sollen, hielt es aber nicht f?r relevant.” „Ja? Ist es jetzt aber?” Adele nickte langsam und geduldig. Sie beobachtete die ?ltere Frau. Irgendwie erblickte sie in diesen intelligenten Augen, die in einer faltigen Leuchte steckten, etwas Vertrautes. Die Frau sah zur?ck zu Adele, studierte sie, bewertete sie und sagte dann: „Ich kann keine Versprechungen machen, aber ich werde es ?berpr?fen. Gib mir ein paar Stunden. Wenn auf einem der Streitformulare der Name eines Postboten steht, an dem Ihre Mutter beteiligt war, kann ich es Ihnen zur Verf?gung stellen. Andere Mieter – das geht nicht. Wird dir das reichen?” Adele l?chelte und ein Hauch von Erleichterung breitete sich in ihr aus. „Das w?rde mir die Welt bedeuten, danke.” Die Vermieterin l?chelte, sie kniff die Augen wieder zusammen und sie nickte einmal. Dann begann sie langsam die T?r zu schlie?en. Adele atmete erleichtert auf und starrte auf die geschlossene, frisch gestrichene T?r. Jetzt musste sie nur noch warten. Die Vermieterin hatte ihre Nummer. Sie konnte nur hoffen, dass sich die Idee auszahlen w?rde. Jemand hatte Notizen ausgetauscht. Handschriftlich. Lustig? Dieser letzte Teil ergab immer noch keinen Sinn, aber Adele hoffte, dass sie es herausfinden konnte, indem sie mit dem Postboten sprach. Was w?re, wenn er der M?rder war? Jemand, der vor Jahren Pakete geliefert hatte, h?tte das perfekte Alibi gehabt, um sich in Geb?ude zu schleichen und seine unwissenden Opfer auszuspionieren. Adele war sich nicht sicher, aber sie f?hlte sich n?her als zuvor. Trotzdem unterdr?ckte sie die Emotionen, wollte ihre Hoffnungen nicht wecken, verlie? das Haus und ging auf die Stra?e hinaus. Sie hielt einen Moment inne und stand vor einer Bushaltestelle gegen?ber eines geschlossenen Caf?s. ?ber sich bemerkte sie einen Tempolimitschild. Kilometer, keine Meilen. Kleine Unterschiede, aber sie versch?rften sich. Adele seufzte. Sie musste nur warten, bis die Vermieterin antwortete. KAPITEL DREI Diesmal f?hlte es sich anders an, das DGSI-Hauptquartier zu betreten. Nicht mehr als Interpol-Korrespondentin, sondern wieder als Mitarbeiter. Kein richtiger Agent, aber trotzdem eine Ressource. Freiberufliche Ermittlerin. Zumindest hatte Executive Foucault ihre Position so bezeichnet. Als sie jedoch durch die Seitent?ren eintrat und an der Sicherheitskontrolle vorbeikam, ging sie nicht zum B?ro des Executive. Stattdessen lief Adele geradewegs auf die Treppe zu und ging nach unten. Es war erst eine halbe Stunde her, seit sie mit der Vermieterin gesprochen hatte. Sie hatte ihr Telefon ?berpr?ft, w?hrend sie in dem Auto gefahren war, das die Agency ihr zur Verf?gung gestellt hatte. Aber nachdem Adele im Pariser Verkehr einen kleinen Fehler gemacht hatte und von allen anderen Verkehrsteilnehmern angehupt worden war, hatte sie entschieden, dass es vielleicht das Beste war, irgendwo zu parken. Sie ging die Treppe hinab und genoss die k?rperliche Ert?chtigung. Einer der Gr?nde, warum Adele gerne lief, war, dass sie die schiere Bewegung genoss. Die Art, wie sich ihre Arme und Beine unter der Anstrengung anspannten gefiel ihr. Ein ?hnliches Gef?hl der Lebendigkeit ?berkam sie, wenn sie Treppen lief – Kontrolle. In der unteren Etage f?hrte ein langer Korridor zu offenen und leeren alten R?umen. Der Keller des DGSI war seit Jahren verlassen. Und doch nutzte ihn eine Person, wie sie wusste, immer noch. F?r einen Moment glaubte sie, den schwachen G?rgeruch in der Luft wahrnehmen zu k?nnen. Sie klopfte mit den Fingerkn?cheln gegen die zweite T?r von links und warf einen Blick auf die Uhr an ihrem Handgelenk. Es war fast neun Uhr abends. Was bedeutete, dass der gr??te Teil der Mitarbeiter in der Agency f?r heute bereits Schluss gemacht hatten. Was auch bedeutete, dass er immer noch hier sein w?rde. „Was?”  kam eine schroffe Stimme von innen. „John, ich bin es”, antwortete Adele. „Ich wer?”, fragte John, seine Stimme etwas weniger schroff. Sie rollte die Augen und drehte ohne zu warten den T?rgriff und stie? die T?r auf. John sa? auf seiner Couch, ohne Hemd, mit dem Kopf angelehnt und einem Glas gef?llt mit Eis und klarer Fl?ssigkeit in der linken Hand. Ein Auge war geschlossen, als w?re er mitten in einem Nickerchen, aber das andere war offen und starrte sie an. Er sah aus, als h?tte er einen Kater. Sein Hemd war hinter seinem Kopf zusammengerollt. Adele sp?rte, wie die Ecke ihrer Lippen zuckte und sie be?ugte ihn. Sie waren schon einmal gemeinsam schwimmen gewesen, auf Roberts Anwesen. Aber es war damals dunkel gewesen. Jetzt, in der Hitze des Kellerraums, war Johns Brust entbl??t. Sie hatte immer gewusst, dass er Brandflecken an der Unterseite seines Kinns und am Hals hatte, aber Adele hatte nicht bemerkt, wie gro? die Wunde wirklich war. Sich ?berkreuzende Muster aus Narbengewebe zierten die gesamte linke Seite seines Torsos und kr?uselten sich unter seinem Arm bis zum Rand seiner Taille. Das Brandmal schien sich zu winden, w?hrend John atmete und sich wie die schuppige Haut einer Schlange zu auszusehen. Unter dem Brandmal und auch sonst, war es offensichtlich, dass John Zeit im Fitnessstudio verbrachte – seine schwei?nassen, nackten Muskeln blitzten unter den einzelnen Gl?hbirne hervor, die von der Decke baumelte. „Gef?llt dir, was du siehst?”, fragte er mit einem Schnurren in seiner Stimme. Adele r?usperte sich und blinzelte. Sie riss ihren Blick von der roten Stelle auf seinem K?rper weg und sah John an. Die Augen des gutaussehenden Agenten waren verdeckt und sein dunkles Haar war aus seinem Gesicht gek?mmt. Trotz der Brandwunde sah er zufrieden aus, als er ihren Blick erwiderte. „Tut es… tut es weh?”, fragte sie sanft und sah ihm immer noch in die Augen. „Jeden Tag”, sagte er mit einem Achselzucken. „Bist du hier, um die Aussicht zu bewundern oder die lokale K?che zu probieren?” Er klimperte mit seinem Glas in ihre Richtung und nickte in Richtung der provisorischen Brennerei gegen?ber der Couch, die an der Wand stand. Adele war schon einmal hier gewesen und hatte bemerkt, dass John k?rzlich seine Sammlung von Bechern und Ausgussgef?sen erweitert hatte. Sie wusste nicht viel ?ber Alkohol, aber John hatte einen guten Geschmack. Adeles Blick schielten zur Kante der Couch, ihre Augen huschten zu einem kleinen Glasrahmen. Anstelle eines Gem?ldes oder eines Fotos zeigte das Portr?t jedoch ein einzelnes metallisches Emblem, das an einem Band befestigt war. Adele blinzelte. „Ist das eine Ehrenlegion?” fragte sie. John bemerkte ihr Interesse und streckte schnell die Hand aus, warf das Ding von der Couch und dr?ckte es gegen die Wand. Adele war verbl?fft ?ber die unbek?mmerte Art und Weise, wie er die h?chste Ehrenmedaille des franz?sischen Milit?rs behandelte und wagte es zu fragen: „Ist das deine?” John grunzte, seine Augen immer noch geschlossen„Nicht meine”, sagte er. „Sie haben sie mir gegeben, aber es ist nicht meine.” Die einzige andere Dekoration, die John im Raum aufbewahrte, waren die beiden Bilder einer Gruppe von M?nnern. Alle trugen W?stenkleidung, alle Mitglieder der Commandos Marine, der franz?sischen Navy SEALS. Die Bilder waren abgenutzt und waren von der Sonne fleckig geworden und dennoch in Ehrenpositionen ?ber der Couch platziert, wo John sie im Liegen sehen konnte. „Wie hast du diese Narbe bekommen?” fragte Adele leise und nickte Agent Renee zu. John rollte mit den Schultern und nahm einen langen Schluck aus seinem Glas. „Von welcher Wunde sprichst du?” Adele murmelte: „Du musst es mir nicht sagen, wenn du nicht willst.” John lachte und sch?ttelte den Kopf. „Es ist mir nicht peinlich, amerikanische Prinzessin. Es ist keine sch?ne Geschichte, du brauchst einen Drink.” Er stand auf und n?herte sich der Brennerei, dr?ckte einen Zapfen und goss die klare Fl?ssigkeit in eine rote Tasse, die gegen?ber auf der Holztheke stand. Er schlich an Adele vorbei und reichte ihr die Tasse. Als er an ihr vorbeikam, wurde sie erneut daran erinnert, wie gro? er war. Sie sah zu ihm auf, ihre Augen wanderten ?ber die Kante seines Kinns, hinunter zur Narbe und blieb dann oben in seinen gr?blerischen Blick stehen. „Hubschrauberabsturz”, sagte er einfach. „Mein dummer Arsch konnte nicht in einer geraden Linie fliegen. Von der feindlichen Fraktion getroffen.” Er zuckte mit den Schultern. „Viele gute Soldaten starben meinetwegen.” „Sie neigen nicht dazu, die L?gion d'Honneurs an schlechte Piloten zu verleihen”, sagte Adele. John beruhigte sich ein wenig und wurde steif. Er nahm einen weiteren langen Schluck aus seinem Glas und sagte: „Ich kann nicht vorgeben zu wissen, warum sie das tun, was sie tun, aber diese L?gion d'Honneur wurde von anderen verdient, ich bewahre sie nur f?r sie auf.” Adele wollte aus Neugier weiter dr?ngen, hielt dies jedoch f?r eine unn?tig aufdringlich und wechselte stattdessen das Thema. Sie nahm einen weiteren Schluck aus dem Glas und zuckte zusammen. „St?rker als beim letzten Mal.” Als die Fl?ssigkeit ihre Lippen ber?hrte begann es mit einem brennenden Gef?hl, aber es wurde barmherzig s?? und weich, im Angang. „Geheime Zutaten”, sagte John und zog die Augenbrauen hoch. Adele kippte ihre rote Tasse leicht an und beobachtete, wie die Fl?ssigkeit in den Grenzen des Beh?lters hin und her schwappte. „L?dst du immer M?dchen in deine Junggesellenbude ein, w?hrend du halbnackt bist und Alkohol trinkst?” Genauso schnell erwiderte John: „Ich habe dich nicht eingeladen, du bist ohne Erlaubnis hereingekommen.” „Und doch bist du immer noch halb ausgezogen. In der Zentrale des DGSI nicht sehr professionell.” „Oder”, sagte John mit wieder verdeckten Augen und einem wolfsartigen Grinsen auf den Lippen, „vielleicht bist du diejenige, die zu mir passen muss. Ich habe immer festgestellt, dass Moonshine am besten schmeckt, wenn man nur halb bekleidet ist. Du solltest es ausprobieren.” Sie grinste. „Das w?rde dir gefallen, oder?” John stellte sein Glas ab, erhob sich von der Couch, ging wieder an ihr vorbei und schenkte sich noch einen Drink ein. Er roch schwach nach Schwei? und Cologne. Er bewegte sich mit trittsicheren Bewegungen und hatte selbst auf kleinem Raum eine etwas Angeberisches in seinem gang. John war ein seltsamer Kerl. Zu gleichen Teilen anstrengend und zuverl?ssig. Vertrauensw?rdig und stumpf. Er hatten den beste Schuss abgefeuert, den sie jemals mit einer Pistole gesehen hatte und einer der wenigen Agenten, beim FBI, DGSI und dem BKA, denen sie voll und ganz vertraute. Und doch war er wie ein Kaktus mit Stacheln bedeckt. Jeder Versuch, jemandem wie John nahe zu kommen, endete mit einer Art Verletzung. Er tat manchmal absichtlich alles, um unausstehlich zu sein, wenn auch nur, um Leute von sich fern zu halten. Manchmal sagte er grausame Dinge, nur um eine Reaktion zu bekommen. Jetzt jedoch, w?hrend sie ihn musterte, verzogen sich seine Lippe zu einem leisen Grinsen. Wieder war sie von dem Bild dieses Streuners beeindruckt. Eine Kreatur, die gez?chtet wurde, um frei zu sein, der K?nig ihrer eigenen Seitenstra?e, aber nichts weiter. „Es ist wirklich sehr lecker”, sagte sie und nahm einen weiteren gro?en Schluck. John summte best?tigend. F?r einen Moment lang lie? Adele ihre Augen zu dem Rest von ihm hinunter wandern, vorbei an den Narben und den Brandflecken. Sie nahm die Muskulatur wahr, seinen schlanken K?rper und seine breiten Schultern in sich auf. Ihre Augen verweilten und wenn er es bemerkte, machte er keinen Kommentar. In diesem Moment begann ihr Telefon zu summen. Wie aus ihren Tr?umereien gerissen, zuckte Adele zusammen und zog ihr Handy aus der Tasche. Sie machte ein entschuldigendes Zeichen Richtung John, drehte ihm den R?cken zu und hielt sich das Telefon an ihr Ohr. „Mrs. Glaude”, sagte sie. Endlich, die Vermieterin. „Ja, hier ist Adele Sharp von Wohnung 3C?” „Ja, Ma'am. Hatten Sie die Gelegenheit, zu ?berpr?fen, was ich gefragt habe?” „Ja, aber ich f?rchte ich habe schlechte Nachrichten.” Adeles Magen sackte zusammen. Ihre Vermieterin r?usperte sich und sagte: „Ihre Mutter hat hier keinerlei Beschwerde eingereicht.” Adele blinzelte. Wie passte das zusammen? Wenn jemand ihre Post manipuliert hatte, h?tte ihre Mutter das Geb?ude sicherlich darauf aufmerksam gemacht. „K?nnte es sein, dass Ihre Unterlagen einfach nicht so weit zur?ckgehen?” „Nein”, sagte die Stimme am anderen Ende des Telefons. „Meine Unterlagen reichen vierzig Jahre zur?ck. Aber Ihre Mutter hat nichts eingereicht.” Adele runzelte die Stirn und sch?ttelte den Kopf. „Das ergibt keinen Sinn.” „Noch eine Sache, ich erinnere mich an die Situation Ihrer Mutter. Ich erinnere mich an die schrecklichen Dinge, die passiert sind. Es tut mir wirklich sehr leid. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie schlimm das gewesen sein muss…” Adele sagte nichts und fragte sich, was sie als n?chstes sagen w?rde. „Ich k?nnte daf?r in Schwierigkeiten geraten, aber ich arbeite ja eh nicht f?r die Post. Und ich mache keinen Kompromiss mit meinen Mietern. Und angesichts der Umst?nde von… dem Postboten, der in dem Geb?ude gearbeitet hat, als Sie hier mit Ihrer Mutter gelebt haben…”, sagte die Vermieterin mit einem leichten Schimmer in ihrer Stimme. Adele versteifte sich und wartete. Ihre Augen weiteten sich. „Ja?”, fragte sie. „Wer?!” „Sein Name war Antoni Bordeaux.” „Antoni Bordeaux?”, fragte Adele. Sie fing an, in ihrer Tasche herumzufummeln und versuchte das Notizbuch ihres Vaters herauszuholen, um den Namen aufzuschreiben. „Ich f?rchte, Liebes, es sind jedoch schlechtere Nachrichten”, sagte die Vermieterin. Adeles krabbelnde Finger hielten still und dr?ckten sich gegen ihren Oberschenkel. „Ach ja?” sagte sie. „Und warum?” „Antoni Bordeaux ist vor f?nf Jahren gestorben. Es tut mir sehr leid. Aber das ist das Beste, was ich tun kann … Hallo? Mademoiselle, sind Sie noch da?” Adele r?usperte sich. „Ja, Mrs. Glaude, ich bin immer noch hier. Es tut mir leid. Danke! Sie haben mehr getan, als sie glauben. Dankesch?n.” Adele verabschiedete sich, legte auf und steckte ihr Handy wieder ein. „Ist jemand gestorben?”, fragte John l?ssig. Adele merkte nicht, wie tief sie die Stirn runzelte, bis sie zu ihrem Partner blickte. Sie blinzelte und versuchte ihren Gesichtsausdruck zu kl?ren. „Ja, in der Tat.” John versteifte sich. „Oh, das tut mir leid.” „Niemand, den ich kannte.” Ein Wirbel aus Frustration und Entt?uschung durchfuhr sie. „Vor f?nf Jahren gestorben. Eigentlich ein Verd?chtiger.” John hob eine Augenbraue. „Arbeitest du an einem Fall?” „Vielleicht. Wenn du in Bezug auf deine Vergangenheit kryptisch sein willst, dann erlaube mir das anstandshalber wenigstens, auch in Bezug auf meine.” John hob seine freie Hand in gespielter Kapitulation und leerte dann den Rest seines Glases. Adele machte ihrerseits eine Pause und dachte nach. Eine Sackgasse. Der Postbote war vor f?nf Jahren gestorben. Und doch lebte der M?rder ihrer Mutter noch, dem ersten Serienm?rder zufolge, den sie in Frankreich gejagt hatte. Das hatte er gesagt. Sie sch?ttelte w?tend den Kopf. Was bedeutete diese verdammte Nachricht von ihrer Mutter? Notizen vertauschen lustig? Es ergab keinen Sinn. Sie steckte die H?nde in die Taschen und sp?rte auf der einen Seite ihr Handy und auf der anderen Seite das Notizbuch ihres Vaters. Sie n?herte sich Johns Couch und lie? sich auf die Lehne fallen, stemmte ihre F??e gegen ihn und klemmte sich in die Ecke, die Arme verschr?nkt. „Schlechter Tag im B?ro?”, fragte er. „Der Schlimmste”, antwortete sie. „Ich kann mir etwas vorstellen, das dich davon ablenken k?nnte”, sagte John mit seinem ?blichen sch?chternen L?cheln. Sie z?gerte und merkte pl?tzlich, wie nahe sie sich waren. „John, ich bin mir nicht sicher ob…” Seine Augenbrauen schossen hoch. „Wie? Nein. Ich wollte noch einen Drink sagen. Lass dich nicht von meinem schneidigen Aussehen und Charme t?uschen, amerikanische Prinzessin. Ich bin kein komplettes Arschloch.” „Also nur teilweise Arschloch?” John tippte mit einem langen Finger gegen seine Nase und zeigte auf sie. Dann stand er auf, nahm ihr die Tasse aus der Hand und f?llte sie wieder auf. Sie beobachtete ihn und genoss wieder den Anblick. Bevor sie jedoch viel davon aufnehmen konnte, begann ihr Telefon erneut zu summen. Die Vermieterin schon wieder? Bevor sich dieser Gedanke beruhigte, h?rte sie ein anderes Telefon klingeln. John runzelte die Stirn und griff nach seinem eigenen Ger?t. Fast unisono nahmen die beiden ihre Telefone an die Ohren und sagten synchron: „Ja?” Der Raum blieb f?r eine Sekunde still, w?hrend sie zuh?rten. Am anderen Ende von Adele war zu h?ren: „Agent Sharp, Sie m?ssen sich bei Executive Foucault melden.” „Jetzt?” „Wir wissen, dass es sp?t ist”, sagte die Stimme, „aber es ist dringend. Der Executive kommt pers?nlich. Er wird Sie ?ber die Details informieren.” Adele legte auf und ein paar Sekunden sp?ter folgte John dem Beispiel. „Ich muss los”, sagte sie. „Du?” „Foucaults Assistent”, sagte John. Adele runzelte die Stirn. „Solltest du ihn auch oben treffen?” John seufzte, ging hin?ber und griff nach seinem Hemd. er zog es wieder an, fast mit einem Hauch von Widerwillen. Dann schlich er sich ohne ein weiteres Wort an Adele vorbei und murmelte leise: „Das n?chste Mal bist du an der Reihe, die Aussicht zu gew?hren.” Er schob die T?r zu seiner Junggesellenbude auf und ging den Flur hinauf. Adele war aus mehr als einem Grund nerv?s und folgte ihm schnell. KAPITEL VIER Executive Foucault stand am Fenster seines B?ros im obersten Stockwerk, als John und Adele eintraten. Die milchige Glast?r schlug zu und raschelte auf dem Teppich hinter ihnen. Adele r?usperte sich und starrte die DGSI-F?hrungskraft an. Foucault drehte sich um. Er hatte ein greifvogel-?hnliches Gesicht mit dicken, dunklen Augenbrauen und noch dickeren Wangenknochen. Sein Haar war normalerweise mit Gel nach hinten gek?mmt, aber jetzt war es zerzaust, Locken baumelten an seiner Stirn vorbei und ber?hrten seine Wimpern. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und z?hmte die losen Str?hnen. Seine Silhouette war gegen das Mondlicht gerichtet, das durch das Glas str?mte. Er trug Turnschuhe und ein l?ssiges T-Shirt mit Laufshorts. Adele hatte den Executive noch nie ohne Anzug gesehen und irgendwie sah er jetzt aus wie ein Vater, der seine Kinder nach dem Fu?ball-Training abholen will. „Sir”, sagte Adele, „Sie wollten uns sehen?” Foucault hatte ein einzelnes Bild in der Hand und hatte es studiert, tiefe Furchen auf der Stirn wie Rillen in Ton. Er schwenkte das Foto in Adeles Richtung, als ob er ihr es zuwerfen wollen w?rde. John machte einen langen Schritt durch das B?ro. „Sie ist tot?”, fragte John, das gro?e Bild zu begutachtend. Der Executive sch?ttelte einmal den Kopf. „Nein”, sagte er. Er hatte eine tiefe, kr?chzende Stimme, die vom Einfluss zu vieler Zigaretten gepr?gt war. Das B?ro selbst roch nach Nikotin und abgestandenem Rauch. Zum Gl?ck wurde eines der Fenster in der hinteren Ecke immer offen gelassen. Vielleicht eine eventuelle Verletzung der Sicherheit, aber in Adele war bereit, diese Risiko im Interesse ihrer Lunge einzugehen. Foucault zeigte mit den Fingern in Richtung des Fotos. „Amerikanerin”, sagte er. „Ein Lkw-Fahrer hat sie letzte Nacht gefunden.” Adele schob sich neben John, hustete leicht und konzentrierte sich auf das Foto. Das gl?nzende Bild zeigte ein l?chelndes Gesicht, Noppenwangen und leuchtend blaue Augen. Die Frau auf dem Foto konnte nicht viel ?lter als zwanzig sein. „Lebendig, sagen Sie ?”, fragte John. Als Antwort darauf ?berreichte Foucault ihnen ein zweites Foto. Dieselbe Frau, obwohl Adele eine Sekunde brauchte, um es zu realisieren. Sie schien kaum wiederzuerkennen. Das zweite Foto zeigte ein blasses M?dchen mit fahlem Gesicht. Ihre Wangen waren hager, unterern?hrt, ihr Haar str?hnig und fleckig. Ihre Augen waren geschlossen und wenn Foucault nicht etwas gesagt h?tte, h?tte Adele gedacht, das M?dchen w?re tot. Das junge Opfer hatte blaue Flecken auf den Wangen und kleine Schnitte an den Armen am unteren Rand des Rahmens. „Was ist passiert?”  fragte Adele best?rzt. „Das ist, was ihr herauszufinden sollt.” „Sie wissen nicht, was passiert ist?” Executive Foucault seufzte. „Ich wei? nur, was sie den Deutschen sagen konnten. Die Schwarzw?lder haben sie erst vor wenigen Stunden hereingebracht.” „Die Deutschen?”, fragte John, jetzt stirnrunzelnd. Foucault presste die Lippen zusammen. „Ich bin hier, um sicherzustellen, dass Sie keinen Schaden mehr verursachen.” Er nickte John zu. „Sie gehen mit ihr. Aber nach dem Quatsch, den Sie das letzte Mal in Deutschland durchgezogen haben, bin ich hier, um Sie vor nur einem einzigen kleinen Fehltritt zu warnen.” Er hob seinen Zeigefinger und wackelte mit ihm unter Johns Nase. „Ich werde Ihre Karriere augenblicklich beenden.” John wechselte. Leise betete Adele, dass er nichts Abscheuliches sagen w?rde. Um dies zu verhindern, sprach Adele schnell. „Abwarten. Deutschland? Sie wurde nicht hier gefunden?” Foucault sch?ttelte den Kopf. „Nein. Interpol k?mmert sich darum, aber sie wollen, dass Sie in dem Fall sind. Ich kann ihnen keine Vorw?rfe machen – Sie sind der einzige Agent, den ich habe und der die dreifache Staatsb?rgerschaft besitzt. Da Sie jetzt technisch gesehen einer meiner Mitarbeiter sind, habe ich das letzte Wort. John wird sicherheitshalber mit Ihnen gehen.” Die dunklen Augenbrauen des Executive senkten sich. „Je weniger Zeit er unter meinem Dach verbringt, desto weniger ?rger kann er in Frankreich verursachen.” John l?chelte, als w?re ihm ein Kompliment gemacht worden. „Und Mrs. Jayne? Wei? sie davon?”, fragte Adele. Foucault senkte den Kopf. „Es war ihre Idee. Sie ist mit etwas anderem besch?ftigt und wollte, dass ich die Details ?bermittle. Wie dem auch sei, ich habe nicht viele… Details meine ich. Es wurden bereits Mittel f?r Reisen bereitgestellt. Sie fliegen heute Nacht ab.” „Und das M?dchen”, sagte Adele. „Sie sagten, dass sie lebt.” Ein Teil der Frustration verblasste aus Foucaults Gesichtsausdruck und wurde durch eine authentische, ruhige Traurigkeit ersetzt. Adele war es nicht gewohnt, diese Seite des Executive zu sehen, aber sie wartete ab und sah zu. „Das arme M?dchen wurde mitten auf der Autobahn halbnackt gefunden und blutete aus ihren F??en. Sie war mit kleinen Kratzern und Schnitten bedeckt, die, wie die ?rzte vermuteten, entstanden als sie durch den eiskalten Wald rannte. Die Temperaturen waren so niedrig, dass ihre Lunge auch gesch?digt wurde.” „Sie ist bewusstlos?”, fragte John. „Unterk?hlung?” Adele warf ihrem Partner einen ?berraschten Blick zu und war noch ?berraschter, als Executive Foucault antwortete: „Ja. Der Lkw-Fahrer, der sie gefunden hat, meinte es gut mit ihr, aber sein Fahrzeug war zu warm f?r sie. Die K?lte in Kombination mit der schnellen Erw?rmung hat Schaden angerichtet. Sie ist jetzt bewusstlos im Krankenhaus und hat ein Beatmungsger?t. Sie hoffen, sie nicht zu verlieren, aber es sieht nicht gut aus.” „Sie wurde halbnackt und mit kleinen Schnitten bedeckt gefunden, was bedeutet, dass sie im Wald war und vor etwas davonlief. Aber wovor?”, fragte Adele. Executive Foucault sch?ttelte den Kopf und tippte mit einem Finger gegen das Foto des amerikanischen M?dchens, auf dem sie noch l?chelte. „Wir haben nur das, was der Trucker uns gesagt hat. Er sagt, sie erw?hnte immer wieder eine Person, ein Mann, der sie verfolgt hatte. Jemand hat ihr ungeheuerliche Angst eingejagt.” „Ich wusste nicht, dass du ein besonders mitf?hlender Mann bist”, sagte John und hob eine Augenbraue. Adele zuckte bei dem respektlosen Kommentar zusammen. Foucault, der mehr Erfahrung mit John hatte, ignorierte dies v?llig. „Sie erw?hnte immer wieder, dass es noch andere g?be”, fuhr der Executive fort. „Das ist der Teil, der uns Sorgen macht. Und einer der Gr?nde, warum sie Interpol anfordern.” Seine Augen wanderten zu Adele. „Sie sagte immer wieder, er w?rde sie alle t?ten. Zumindest laut Lkw-Fahrer.” F?r einen kurzen Moment wurde Adele an das Notizbuch ihres Vaters erinnert. Kritzeleien, Notizen, Aufzeichnungen von dem, was ihre Mutter mal gesagt hatte. Und jetzt ein Lkw-Fahrer, der einem bewusstlosen M?dchens, das nicht f?r sich selbst sprechen konnte, als Sprachrohr diente. Eine Stimme f?r ein Opfer. W?rden seine Hinweise genauso nutzlos sein wie die ihres Vaters bis jetzt? „Andere, wie viele andere?”, fragte John. Foucault zuckte die Achseln. „Er wusste es nicht. Sie hat es nicht gesagt. Wenn sie aufwacht, k?nnen wir sie hoffentlich fragen. Aber im Moment w?rde ich mich nicht darauf verlassen, dass sie sich erholt.” Seine Stimme war wieder grimmig. „Es geht ihr schlecht.” Adele bewegte sich ein wenig, kreiste um Johns andere Seite und warf einen Blick aus dem Fenster in die Stra?en der Stadt. Viele der Geb?ude waren immer noch mit Lichtern ?bers?t, da Paris nicht die Stadt war, in der man fr?h ins Bett gehen konnte. „Das M?dchen, was wissen wir ?ber sie?” „Amanda Johnson”, sagte Foucault. „21 Jahre alt. Ein Studentin aus den USA, die den Sommer ?ber mit einigen Freunden in Deutschland unterwegs war. Sie trennte sich einen Monat sp?ter von den Freunden, um alleine zu reisen. Eine vermisste Person. Au?erhalb des Radars und wurde nicht wieder gesehen.” Adele sp?rte einen langsamen Schauer auf ihrem R?cken. „Amanda”, sagte sie leise. „Sie ist seit dem Sommer hier? Monate?” „F?nf Monate”, sagte Executive Foucault. „Sie wird seit f?nf Monaten vermisst.” John gab das Foto an Foucault zur?ck. „Was hat er mit ihnen gemacht? Ihr? F?nf Monate? Hinweise auf sexuelle ?bergriffe?” Der Executive sah immer noch besorgt aus, aber sein Gesichtsausdruck wurde heller, wenn auch nur ein wenig. „Nicht dass sie es sagen k?nnten, aber es scheint keine Beweise dieser Art zu geben.” Jetzt sch?ttelte Adele den Kopf. „Kein sexueller ?bergriff? Aber sie konnte nichts anderes sagen? Sie ist vor Monaten verschwunden und anscheinend wurden auch andere vermisst? Ihre Freunde, die mit ihr gereist sind?” Foucault sch?ttelte den Kopf. „Nein. Im Schwarzwald h?rt man Ger?chte”, sagte er achselzuckend. „Was f?r Ger?chte?“, fragte John. Diesmal antwortete Adele jedoch. „?ber Verschwundene. Einige sagen Entf?hrungen, andere sagen zuf?llige Unf?lle. Wie dem auch sei, in diesem Bereich gibt es viele Berichte ?ber vermisste Personen. Ich habe dort schon einmal einen Fall aufgesp?rt – eine Sackgasse.” Foucault schnalzte mit der Zunge. „Zumindest sagen das die Einheimischen. Ich wei? es nicht. Das ist so viel wie wir wissen. John, ich meine es ernst, halten Sie Ihre Weste sauber. Ich kann Sie nicht wieder decken.” John hielt kapitulierend die H?nde hoch. „Ich h?re Sie laut und deutlich.” Adele versuchte nicht zu laut zu seufzen. Als sie das letzte Mal zusammen in Deutschland waren, hatte John die Ausr?stung eines Kamerateams vom Rand einer Klippe geworfen. Es hatte John fast seinen Job gekostet. Nach einer Reihe von Leistungsbeurteilungen wurde er in der vergangenen Woche wieder eingestellt, befand sich jedoch auf d?nnem Eis. Ein weiterer Vorfall, k?nnte sich f?r seine Karriere als fatal erweisen, wenn nicht sogar f?r seine Freiheit. „Wir fahren heute Abend los?” fragte Adele. „Ja”, sagte Foucault. „Tickets sind gebucht. Chauffeure warten. Viel Gl?ck, Sie beiden” Er verstummte und sein Gesicht verdunkelte sich. „Ich kann es f?hlen. Da stimmt etwas nicht.” „Irgendetwas stimmt nicht mit all den F?llen, die wir bekommen”, sagte John. Der Executive nickte und winkte seufzend ab. „Vielleicht. Viel Gl?ck.” Und mit diesen Worten deutete er zart auf die T?r. *** Ein weiteres Flugzeug – eine weitere Reise. Adele hatte ein kleines Buch f?r den Flug in der Flughafenbuchhandlung gekauft, aber jetzt ignorierte sie es, nachdem sie es in das elastische Fach auf der R?ckseite des Sitzes vor sich gesteckt hatte. John neben ihr schnarchte. Er hatte die unheimliche F?higkeit einzuschlafen, wohin sie auch gingen. Sie sah zu ihm hin?ber und ihre Augen wanderten an seiner muskul?sen Brust vorbei zum Fenster, den Nachthimmel erblickend. Sie bewegten sich immer weiter – von Ort zu Ort. Der Himmel selbst hatte sich nie viel ver?ndert. Die Wolken ?ber Frankreich waren die gleichen wie die Wolken ?ber Deutschland. Die M?rder waren die gleichen. Franz?sisch oder Deutsch – die Verw?stung, die sie verursachten, war identisch. Adele verschr?nkte die Arme, blieb aber John zugewandt und sp?hte ?ber seine Brust in die Nacht hinaus, w?hrend sie sich auf den ein Flug nach Deutschland vorbereitete. KAPITEL F?NF Adele erwachte zu einem h?flichen Klopfen an der T?r ihres Motelzimmers. Sie st?hnte, streckte sich und sp?rte das Unbehagen der Nacht auf ihrem K?rper. Das kleine Motel, in dem sie neben dem Flughafen Z?rich untergebracht waren, war ungef?hr so komfortabel gewesen, wie es sich anh?rte. Die meiste Zeit der Nacht war durch das Rumpeln der Flugzeugtriebwerke das ganze Hotel ersch?ttert worden. Und wenn nicht, hatte die kaputte Heizeinheit, die einen lauwarmen W?rmestrom durch den Raum spuckte, ein aufgew?hltes Ger?usch gemacht. Adele war jemand, der Schlaf sch?tzte, aber auch jemand, der stolz darauf war, vor einem Alarm aufzuwachen. Mit einem Anflug von Frustration stellte sie fest, dass sie den Wecker ihres Telefons ?berh?rt hatte. Ein weiteres leises, h?fliches Klopfen an ihrer T?r. „Komme”, rief Adele. Es dauerte ein bisschen, aber sie zog sich schnell an, putzte sich die Z?hne ?ber dem Waschbecken, sammelte die Reste ihrer Sachen und packte sie wieder in den Koffer, den sie mitgebracht hatte. Sie schob den Koffer unter das Bett, ging zur T?r und ?ffnete sie. Sie l?chelte, als sie die Person erkannte, die auf den Stufen des Motels auf sie wartete. „Agent Marshall”, sagte Adele und nickte einmal. „Sch?n Sie wieder zu sehen.” Die junge, zwanzigj?hrige BKA-Agentin nickte zur?ck. Sie war ziemlich h?bsch und hatte eine Energie an sich, die Adele manchmal alt aussehen lie?. Beatrice Marshall neigte dazu, Dinge exakt nach den Regeln zu tun, hatte aber mehr als einmal bewiesen, dass sie eine zuverl?ssige Agentin war. Sie hatte sich alle M?he gegeben, Adele in den Skigebieten zu decken. Adele war dankbar, dass ihre Aufsichtsperson ein bekanntes Gesicht sein w?rde. Sie blickte an Marshall vorbei und blickte zu John, der sich gegen einen abgebrochenen, verrosteten St?tzbalken lehnte, der aus dem Gel?nder des Motels ragte. „Du bist fr?h auf”, sagte sie mit gerunzelter Stirn. John zwinkerte ihr zu. „Ich habe geschlafen wie ein Baby. Du schnarchst, wei?t du?” Adele starrte ihn an. „?berhaupt nicht.” John grinste als Antwort. Adele warf Agent Marshall z?gernd einen Blick zu und suchte nach einer Best?tigung f?r Johns Kommentar. Der j?ngere Agent hielt sich jedoch aus der Debatte raus. „Seid ihr zwei bereit?” fragte Marshall schlie?lich. „Ich soll euch zur Schwarzwaldstation bringen. Der Lkw-Fahrer, der das Opfer gefunden hat, wartet dort.” „Bereit und willig”, sagte John. Adeles Augen verengten sich. „Ich habe nie gewusst, dass du ein gro?er Morgen-Mensch bist”, sagte sie. John warf einen Blick auf die h?bsche Agentin Marshall und zog die Augenbrauen ?ber ihren Hinterkopf hoch, sodass nur Adele ihn sehen konnte. „Manchmal braucht der fr?he Vogel nur den richtigen Anreiz”, sagte er. „Au?erdem bin ich nicht unvorbereitet”, er winkte dem Flughafen-Motel vage zu. „Ich bin mit zwei zus?tzlichen Kissen angereist. Executive Foucault ist daf?r ber?chtigt, Agenten in M?llhalden zu fesseln, wenn sie ihn irritiert haben.” „Ja?” Adele starrte ihn an. „Du h?ttest mich warnen k?nnen.” „Habe ich vergessen.” Adele seufzte. „Du schmei?t eine Kamera von einer Klippe und am Ende werde ich daf?r bestraft. Wie kann das fair sein?” John streckte die Hand aus und t?tschelte ihr die Wange. „Ich bewundere, wie du in der Stille leidest. Wie w?re es, wenn wir uns von dem netten jungen Agenten mitnehmen lassen und mit dem Lkw-Fahrer sprechen?” Er streckte einen Arm aus, den Agent Marshall mit einem leisen Kichern akzeptierte. Mit ihrem Arm durch seinen geschlungen, stiegen sie die Metalltreppe von der zweiten Ebene des Motels hinunter, das Ger?usch eines Flugzeugmotors summte ?ber ihnen. „Netter junger Agent… am Arsch”, murmelte Adele leise. Sie ?berpr?fte ihr Pistolenhalfter noch einmal, stellte ihren G?rtel ein und folgte dann ihnen dann mit saurer Stimmung, die immer noch jedes Knarren in ihrem K?rper von der Nacht zuvor sp?rte, in Richtung des wartenden Autos. *** Die Polizeidienststelle im Schwarzwald war kleiner als Adele sich erinnerte, als sie das letzte Mal dort gewesen war. Nur ein paar Beamte sa?en in der Eingangshalle und ein Offizier musste aus dem hinteren Teil gerufen werden, um die Neuank?mmlinge zu begr??en. Agent Marshall, Adele und John warteten geduldig darauf, in den hinteren Teil des Geb?udes gef?hrt zu werden. Der LKW-Fahrer erwartete sie in einem der Verh?rr?ume. Der Mann trug ein Cordhemd und hatte einen ordentlich geschnittenen grauen Schnurrbart, der zu den melierten Stoppeln an seinen Schl?fen passte. In dem Moment, als Adele ihn zum ersten Mal sah, entschied sie, dass er freundliche Augen hatte. Es gab sanfte Lachfalten um sie herum und obwohl er seine H?nde verschr?nkte, zappelte er nicht und schien nicht nerv?s zu sein. Als Adele und John in gepolsterten Metallst?hlen dem Lastwagenfahrer gegen?ber Platz nahmen, dachte sie, dieser Mann m?sse aus hartem Material bestehen, um mitten in der Nacht auf einer verlassenen Autobahn f?r jemanden anhalten zu k?nnen. „Sind Sie Herman Carmichael?”, fragte sie leise. Der Lastwagenfahrer nickte ihr zur Begr??ung zu, sah ihr in die Augen und warf dann einen Blick auf John. Agent Marshall stand auf und erlaubte den ?lteren Agenten, das Verh?r zu leiten. „Kann ich Ihnen etwas zu trinken oder zu essen holen?”, fragte Adele. „Danke. Kaffee w?re sch?n”, sagte der Mann. John hob eine Augenbraue in Richtung Adele. Auf Franz?sisch ?bersetzte sie: „K?nnten Sie ihm einen Kaffee holen?” John schn?ffelte. „Merde. Warum ich?” „Weil du kein Wort verstehen kannst, was er sagt. Mach dich anderweitig n?tzlich!” John grummelte vor sich hin, verlie? den Tisch und stampfte aus dem Verh?rraum. Adele richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Mr. Carmichael. „Sie haben das M?dchen gefunden?” Er fuhr sich m?de mit der Hand ?ber das Gesicht, sein Gesichtsausdruck verdunkelte sich. „Ja, leider ging es ihr schlecht. Mir wurde gesagt, dass ein zu schnelles Erhitzen Schaden verursacht haben k?nnte. Habe ich sie verletzt?” Adele sch?ttelte den Kopf. „Nach allem, was mir gesagt wurde, ging es ihr schlechter, bevor Sie sie gefunden haben. Sie drau?en stehen zu lassen, w?re ein Todesurteil gewesen. Sie haben alles, was in ihrer Macht stand, getan, machen Sie sich keine Sorgen.” Mr. Carmichael atmete wieder, jetzt etwas entspannter. Ein Teil der Ersch?pfung, die sich auf seinem Gesicht abzeichnete, schien bei Adeles Worten ein wenig zu verblassen. Adele r?usperte sich. „K?nnen Sie mir noch etwas sagen? Woran haben Sie seit dem Vorfall gedacht?” Der Trucker fuhr sich mit der Hand durch den Bart und sch?ttelte den Kopf. „Es tut mir leid”, sagte er. „Ich habe schon alles gesagt…” Bevor er fertig werden konnte, betraten zwei Personen den Raum. Adele hielt ihren ?rger zur?ck und warf einen Blick ?ber die Schulter. John war zur?ckgekehrt. Neben ihm war auch eine Frau im Anzug eingetroffen, eine kleine wei?e Kaffeetasse in einem Heizkissen aus Pappe in der linken Hand. Sie trug nicht den normalen Anzug eines Polizisten. „Detective”, vermutete Adele. „Morddezernat, h?chstwahrscheinlich.” „Hallo”, sagte der Detektive auf Deutsch. Sie streckte die Tasse nach dem Mann aus und schob sich, bevor John sich bewegen konnte, auf den Stuhl neben Adele. „Ich bin Detective Klopp”, sagte sie. „Die Bezirksrichtlinie besagt, dass ich f?r diese Befragung hier sein muss.” Agent Marshall verhielt im hinteren Teil des Raumes ruhig, nahm ihr Notizbuch heraus und ihre Augen wanderten zwischen den verschiedenen Teilnehmern des Raumes hin und her. Adele rutschte ein wenig auf ihrem Stuhl herum und dr?ckte ihre H?nde gegen die k?hle Oberfl?che des Metalltisches. Sie wartete darauf, dass Mr. Carmichael etwas vom dampfenden Kaffee nahm. Er schmatzte mit den Lippen und zuckte wegen der Hitze zusammen. „Sie haben ihn bereits befragt?” Adele warf Detective Klopp einen Blick zu. „Ja. Nur hier, zur ?berpr?fung und auf jede erdenkliche Weise zu helfen.” Adele sammelte sich und zeigte auf den LKW-Fahrer. „Nun, ich habe ihn nur gefragt, ob er sich an etwas anderes aus dieser Nacht erinnern k?nne.” „Und wie ich schon sagte”, antwortete Mr. Carmichael leise, „da war niemand. Keine Autos, keine Menschen. Nur das M?dchen mit den blutigen Fu?spuren.” „Wie Sie uns bereits gesagt haben”, sagte Detective Klopp und nickte. „Und auch die wilden, weit hergeholten Behauptungen, die sie gemacht hat.” Der LKW-Fahrer z?gerte. „Sie sagte, es g?be noch andere”, er schluckte und hob dann eine Hand, als w?rde er einem Lehrer im Unterricht ein Zeichen geben. „Sagte, jemand h?tte sie gefangen genommen und w?rde sie alle t?ten.” Adele sah jedoch zu dem deutschen Detektiv hin?ber. “Glauben Sie nicht, dass die Kommentare des M?dchens ernst genommen werden sollten?” Detective Klopp sch?ttelte den Kopf. Ihr Haar war zu einem ordentlichen Knoten zur?ckgezogen und sie hatte kaum Make-up-Spuren auf ihren Gesichtsz?gen. Ihre Wangenknochen waren hoch und ihre Augen suchten nach etwas, als sie Adele studierte. „Das M?dchen war unterern?hrt, hungerte, fror und war mitten im Wald”, sagte sie. „Alles ernst zu nehmen, was sie gesagt hat”, sie r?usperte sich und bewegte sich ein wenig. „k?nnte an dieser Stelle nicht ratsam sein.” Adele warf einen Blick auf Agent Marshall und dann zur?ck. „Ist das die offizielle Position dieser Abteilung?” Detective Klopp l?chelte Mr. Carmichael beruhigend zu. Sie wandte sich an Adele, hatte aber noch immer den Lastwagenfahrer im Blick. „So ist es. Herman”, sagte sie, „erz?hlen Sie ihr bitte, wie sich das M?dchen verhalten hat, als Sie sie das erste Mal getroffen haben.” Der Lkw-Fahrer bewegte sich unbehaglich. „Nun, wie ich schon sagte, sie redete davon, dass es noch andere g?be. Aber als ich zum ersten Mal auf sie stie?, sagte sie ?berhaupt nichts. Tats?chlich f?hlte es sich fast so an, als k?nnte sie mich nicht sehen. Ich fuhr meinen Truck von der Stra?e und versuchte, ihr auszuweichen. Sie stand mitten auf der Autobahn und trug keine Kleidung.” Er wurde ein bisschen rot, r?usperte sich und sch?ttelte den Kopf. „Schlechtes Gesch?ft. Schlechtes Gesch?ft. Jedenfalls stand das Fr?ulein dort; schien mich nicht zu sehen, bis ich direkt bei ihr war. Ich habe sie sogar angesprochen, aber sie starrte nur in die Ferne.” Detective Klopp winkte mit der Hand, als w?rde sie etwas in der Luft zeigen. „Ich hoffe Sie verstehen jetzt”, sagte sie, „warum es vielleicht nicht das Beste w?re, das M?dchen beim Wort zu nehmen.” Adele senkte den Kopf, um zu zeigen, dass sie es verstanden hatte. Sie versuchte noch einige Minuten lang verschiedene Fragen, aber der Lkw-Fahrer ?bermittelte nichts, was Executive Foucault ihnen noch nicht gesagt hatte: Jemand, so das M?dchen, hatte andere in Gefangenschaft. Das M?dchen schien aus offensichtlichen Gr?nden verst?rt zu sein. Sie war mit kleinen Schnitten und blauen Flecken bedeckt, als sie durch den Wald rannte. Mehr als das, hatte der Lkw-Fahrer nichts hinzuzuf?gen. Adele bedankte sich leise und erhob sich von ihrem Stuhl. John verfolgte sie mit Fragen auf Franz?sisch, aber sie ignorierte ihn und sagte zu Marshall, als sie den Verh?rraum verlie?en: „Wo ist das Krankenhaus?” Marshall sah Adele an. „Du willst selbst mit ihr sprechen?” „So wie es sich anh?rt, wird das wohl nicht m?glich sein?” Marshall sch?ttelte den Kopf. „Sie liegt im Koma. Aber ich kann dich ins Krankenhaus bringen, wenn du willst.” Adele nickte. „Vielleicht haben die ?rzte etwas gefunden, was uns helfen k?nnte. Der Lkw-Fahrer kann uns jedenfalls nicht weiterhelfen.” Adele konnte f?hlen, wie sich etwas in ihrem Bauch verschlimmerte. Die scheinbare Vorahnung von Executive Foucault kam zu ihr zur?ck. Das war schlecht. Etwas an diesem Fall f?hlte sich unheimlich an. Adele begann ein ?hnliches Gef?hl zu sp?ren. Sie war sich nicht sicher warum. Aber irgendwie war sie sich nicht sicher, ob sie den H?hepunkt dieser Untersuchung miterleben wollte. Ihr Magen verdrehte sich, als sie die Polizeistation verlie?en und zur?ck zum Auto gingen, um sich auf den Weg ins Krankenhaus vorzubereiten. KAPITEL SECHS „Dieses Mal hole ich keinen Kaffee”, sagte John streng. Adele sch?ttelte den Kopf, als sie die Stufen zur Vorderseite des Krankenhauses hinaufging. Agent Marshall stand bereits neben den rotierenden Glast?ren. Sie l?chelte h?flich und bedeutete Adele und John zu folgen. Die drei Agenten betraten die Lobby des Krankenhauses und wurden von dem kr?nklich s??en Geruch von Reinigungsfl?ssigkeiten und Desinfektionsmitteln begr??t. Adele sp?rte einen pl?tzlichen Juckreiz in ihrem Nacken. Sie sch?ttelte den Kopf. Etwas an Krankenh?usern machte ihr Angst. Insgeheim hoffte sie, wenn sie jemals zu krank sein w?rde, w?rden die Leute so freundlich sein, sie in Ruhe zu lassen, um in ihrem Bett zu sterben, anstatt sie an einen schrecklichen Ort wie diesen zu schleppen. Sie mochte ?rzte auch nicht besonders. John ging zur Rezeption und sagte auf Franz?sisch. „Mademoiselle. Haben Sie franz?sischsprachige ?rzte, die Amanda Johnson behandelt haben?” Die Frau hinter der Theke starrte ihn nur z?gernd an. Sie warf einen Blick auf einen ihrer Partner, aber der junge Mann zuckte nur mit den Schultern. Agent Marshall n?herte sich und ber?hrte John sanft am Ellbogen. Sie sprach leise und schnell mit den Krankenschwestern und schlie?lich wurden sie zu einem Aufzug am anderen Ende des gro?en Atriums geleitet. Sie kamen an ein paar k?nstlichen Topfpflanzen vorbei. Wieder wurde Adele daran erinnert, wie sehr sie Krankenh?user hasste. „Geht es dir gut?”, fragte John, als sich die Aufzugst?ren ?ffneten und sie eintraten. „Nat?rlich”, antwortete sie knapp. „Du schwitzt”, sagte er. „Es ist kalt. Warum schwitzt du?” „Ich schwitze nicht, halt die Klappe.” Adele wandte sich ab, aber als John seine Aufmerksamkeit wieder auf Marshall richtete und sich mit dem jungen Agenten unterhielt, w?hrend der Aufzug den Boden hinauffuhr, wischte sich Adele schnell ?ber die Stirn. Feuchtigkeit. Sie schwitzte. Verdammt. Sie w?rde ihre Gef?hle in Schach halten m?ssen, selbst an einem Ort wie diesem. Sie stiegen aus dem Aufzug und wurden von einer weiteren langen Halle mit Glasfenstern auf beiden Seiten konfrontiert. Sie konnte entfernte Piept?ne h?ren. Ein weiteres Ger?usch, das an ihr sie so kratzte wie Fingern?gel an einer Tafel. „Bist du sicher, dass es dir gut geht?” murmelte John in ihr Ohr. „Mir geht es gut. Mal sehen, ob wir diesen Arzt finden k?nnen.” Als Marshall dies h?rte, sagte sie h?flich: „Der f?r Amanda zust?ndige Chefarzt spricht Englisch. Ich bat ihn, uns vor ihrem Zimmer zu treffen. Hier entlang.” Marshall f?hrte sie an drei geschlossenen T?ren vorbei. Zwei von ihnen hatten Vorh?nge, aber einer war offen, drei Krankenschwestern trugen gr?ne Peelings und versuchten, einen alten, gebrechlichen Mann auf einen Tragebarre zu heben. Die Szene, die D?fte, das Piepen und all das versetzten Adele in einen weiteren Krampf existenzieller Angst. Aus irgendeinem Grund dachte sie an Robert. Sie dachte an seinen Husten, sein Alter. Vielleicht sollte sie morgen ein paar Stunden l?nger laufen. Ja, das w?rde helfen, ihren Geist zu kl?ren. Sie kamen schlie?lich vor einer offenen Glast?r zum Stehen. Ein Mann wartete auf sie. Er hatte ein Stethoskop in die Tasche seines blauen Peelings gesteckt und ein Namensschild an seiner Brust befestigt. „Dr. Samuel”, sagte Agent Marshall, „wir haben telefoniert.” Der Arzt war ein ?lterer Mann mit einem rein wei?en Bart und kr?uselnden Augen. Aber wo die Augen des Lkw-Fahrers Linien vom L?cheln hatten, waren Dr. Samuels Linien, die eines Besorgniserregenden. „Ich habe nicht viel Zeit”, sagte er, ohne H?flichkeiten auszutauschen. „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?” Der Arzt sprach fast perfekt Englisch. Johns Gesichtsausdruck hellte sich auf und er antwortete selbst in stark akzentuiertem Englisch. „Sie sind f?r Amanda Johnsons Fall verantwortlich?” Der Arzt nickte einmal. Mehr sagte er nicht, er wartete, einen Fu? im Raum, einen Fu? drau?en. Im Inneren entdeckte Adele die zerknitterte Gestalt des Opfers, die auf einem Bett lag. Der Raum war dunkel, das Licht aus. Auf drei verschiedenen Bildschirmen wurden die Vitalwerte des M?dchens angezeigt, wobei Zahlen und blinkende Lichter pulsierten. Das M?dchen lag regungslos unter zwei Decken. Das Beatmungsger?t schien ein Fremdk?rper zu sein – ein eindringendes Ger?t. Die R?hren und das Metall und die blinkenden Lichter dienten nur dazu, Adeles Angst zu vertiefen. Das M?dchen schien so klein zu sein, als w?re jemand in einer riesigen B?renfalle gefangen. Adele zitterte und sah weg, weigerte sich l?nger zu starren. „K?nnen Sie uns etwas sagen?”, fragte Adele durch enge Lippen. „Wird sie sich erholen?” Der Arzt sprach in schnellen, abgeschnittenen W?rtern. Es klang, als w?re er ?ber die Frage ver?rgert, aber Adele vermutete, dass er ?ber alles ver?rgert war. „Das arme M?dchen hat Stunden in diesem Wald verbracht”, sagte er. „Hier, ?berzeugen Sie sich selbst.” Er zog ein Klemmbrett aus einem Schlitz neben der T?r und ?berreichte es Adele. Sie blickte nach unten und bl?tterte durch die Fotos. Ihre Augen verengten sich mit jedem weitern. Zuerst sah sie die F??e des M?dchens. Die ganze Zeit tiefe Schnitte, abgezogenes Fleisch, Schmutz unter den Zehenn?geln und in den Wunden. Zwei der Zehenn?gel fehlten vollst?ndig und einige der Zehen hatten einen bl?ulichen Schimmer. „Erfrierung?”, fragte Adele. „Fast”, sagte Dr. Samuel. „Diese Schnitte, sehen Sie sie? Vom Barfu?laufen durch den Wald. Raues Gel?nde, was auch immer sie erschreckt hat, hielt sie trotz der Schmerzen am Laufen.” Adele nickte. “Und der Rest von ihr?” Der Arzt nahm das obere Bild ab und legte es ?ber die R?ckseite des Bretts. Er zeigte auf das n?chste. „Weitere blaue Flecken und kleine Schnitte entlang ihres K?rpers, hier und hier.” Adele erblickte Kratzer ?ber ihrem Bauchnabel und weitere blaue Flecken auf der Brust des M?dchens. „Aber hier”, sagte er, „das sind alte Wunden. Alte Narben.” „Wie alt?”, fragte Adele schnell. Der Arzt sch?ttelte den Kopf. „In ihrem Zustand ist es schwer zu sagen. Wir pr?fen es noch. Wir glauben jedoch nicht, dass dies f?r ihre aktuelle Situation relevant ist.” „?ber f?nf Monate alt?”, fragte Adele. Aber der Arzt sch?ttelte noch einmal den Kopf. „L?nger. Es ist jedoch”, sagte er leise, „ungef?hr innerhalb dieses Zeitraums.” Er bl?tterte zum letzten Foto, auf dem die Oberseite des Kopfes des M?dchens zu sehen war, bei dem einige Haare abrasiert waren. „Was ist das?”,fragte John. Adele sah nur hin. Es gab feine Narben auf einem etwas hervorstehenden Hautlappen. Es war geheilt, aber schlecht. „Das ist f?nf Monate alt?”, fragte Adele. „F?nf Monate ohne Behandlung oder Krankenhaus. F?nf Monate, in denen jemand daran herumhackte. Ja. Sie k?nnen sehen, wie sich das Narbengewebe ausgebreitet hat und wie die Wunde nie vollst?ndig versiegelt wurde.” Adele drehte sich leicht zu John und Agent Marshall um und hob die Augenbrauen. „Vor f?nf Monaten. Glaubst du, so hat der Angreifer sie unterworfen?” Dr. Samuel r?usperte sich. „Es war ein Schlag auf den Hinterkopf. Er h?tte sie sehr wohl bewusstlos machen k?nnen, wenn Sie sich das fragen.” Adele presste die Lippen fest zusammen und dachte nach. Sie sah zu dem runzligen Gesicht des Arztes auf. „Noch etwas?” „Ich habe einige andere Verletzungen gefunden. Anzeichen von Missbrauch. Ein gebrochener Arm, schlecht geheilt. Markierungen, die mit blauen Flecken beim Stanzen ?bereinstimmen. Ich habe auch Kratzer auf dem R?cken des M?dchens von einem Tier oder langen Fingern?geln gesehen.” „Vielleicht einer der anderen, die vom Psycho entf?hrt wurden?” sagte John leise. „Sie sagte, es g?be andere.” Adele machte eine Pause, als sie ?ber diese beunruhigende Vorstellung nachdachte und wandte sich dann erneut an den Arzt. „Wie stehen die Chancen, dass sie mit uns sprechen kann?” Der Arzt stand immer noch mit einem Fu? in der T?r und sch?ttelte den Kopf. „Nicht gut. Die Chancen, sich ?berhaupt zu erholen, sind gering. Wie ich schon sagte, sie war stundenlang in diesem Wald und rannte durch das Unterholz. Die Schnitte sind nicht das einzige, wor?ber wir uns Sorgen machen m?ssen. Die K?lte selbst forderte ihren Tribut von ihren Lungen. Sie war unterk?hlt, als sie hierherkam.” „Sie ist sediert?” „Gegen einige der Schmerzen. Aber nicht stark. Sie liegt im Koma. An einem Beatmungsger?t.” Adele warf einen Blick zur?ck in den Raum und es dauerte einen Moment, aber dann entdeckte sie die Luftkompressionsmaschine, ein wei?es Plastikding mit vielen Kn?pfen. „Das M?dchen blieb nur so lange auf den Beinen, weil sie aus hartem Material gemacht war”, sagte der Arzt. „Die meisten Menschen h?tten es nicht so weit im Wald schaffen k?nnen. Vor allem nicht so lange. Adrenalin hielt sie am Laufen. Sie hatte Gl?ck, dass sie dabei die Autobahn gefunden hat. Wenn nicht, w?re sie in einem Loch in diesem Wald gestorben.” Adele runzelte die Stirn. „Das ist ein krankhafter Gedanke.” „Und doch plausibel… Sehen Sie, ich habe andere Patienten. Wenn es sonst nichts gibt”, sagte Dr. Samuel und verstummte. Adele warf ihren Gef?hrten einen Blick zu, aber sie blieben still. Die Ermittler verabschiedeten sich vom Arzt und sahen zu wie er mit langen Schritten, die seinem alten Aussehen entgegenwirkten, den Flur entlang ging. Adele wandte sich an Marshall. „Hast du die Telefonnummer der Eltern des M?dchens?” Marshall antwortete prompt. „In den USA? Mit dem Zeitunterschied ist es sp?t genug am Tag, dass Sie sie am Telefon sein k?nnten.” Adele nickte dankbar und wartete, w?hrend Marshall in ihrem Notizbuch nach den entsprechenden Details suchte. Die T?r, in der der Arzt gestanden hatte, schwang immer noch zu, verlangsamt durch einen Federmechanismus ?ber dem Rahmen. Als sich die T?r schloss, unterbrach sie die Sichtlinie in den Raum mit dem Beatmungsger?t und Amanda Johnson. “Lass uns einen Pausenraum finden, damit ich diesen Anruf t?tigen kann”, sagte Adele, ihr Mund war wieder eine grimmige Linie. *** Adele h?rte das leise Klingeln des Telefons. Es f?hlte sich seltsam beruhigend an – das k?hle Metall dr?ckte sich gegen ihre Wange. Sie sa? mit einem ihrer Knie an Johns langem Bein. Er lie? sich mit verschr?nkten Armen auf seinem Stuhl nieder, seine Augen waren auf sie gerichtet. Agent Marshall stand wieder. Adele fragte sich, ob die junge Agentin jemals m?de wurde. Marshall hatte die T?r des Pausenraums hinter sich geschlossen und die Jalousien geschlossen, um die Privatsph?re zu sch?tzen. Adele h?rte dem Klingeln zu. Sie warf einen Blick auf die Nummer unter ihrem verschr?nkten Arm, handgeschrieben auf dem zerrissenen St?ck Papier, das Marshall ihr gegeben hatte. Korrekte Nummer. Vielleicht hatte sie die Zeitzone falsch verstanden. Noch ein Klingeln. Adele wollte gerade das Telefon schlie?en, als die statische Aufladung unterbrochen wurde und dann sagte eine Stimme am anderen Ende: „Hallo, wer ist da?” Die Stimme war wachsam und dringend. „Hallo, mein Name ist Agent Sharp, ich bin bei Interpol. Ist das Mr. Johnson?” Sie h?rte jetzt eine schwache Stimme, als w?re das Telefon f?r einen Moment abgesenkt worden. „Schatz, es ist Interpol; Sie sind in der Leitung. Ja, gerade jetzt. Beeil dich.” Dann wurde die Stimme wieder lauter. „Entschuldigen Sie die Versp?tung. Wir sind mit dem Hund spazieren gegangen. Gibt es ein Update? Nun…” Eine Pause und der Mann r?usperte sich. „Ich kann mir vorstellen, dass Sie wegen unserer Tochter anrufen.” Adele beruhigte sich, bevor sie nickte und knackig sagte: „Ja. Es tut mir leid, wenn wir uns versp?tet haben. Ihre Tochter lebt noch, ich wollte damit beginnen…” Bevor sie weitermachen konnte, h?rte sie am anderen Ende ein leises Keuchen. Die zweite, schw?chere Stimme, die sie kaum erkennen konnte, sagte: „Danke, Gott. Danke, lieber Jesus.” Die erste Stimme, Mr. Johnson, sagte: „Das ist gut zu h?ren. Zuletzt haben wir geh?rt, dass sie nicht sicher waren, ob sie es schaffen w?rde.” Adele runzelte die Nase. Sie hatte nicht bemerkt, dass sie als einzige Nachrichtenlieferantin f?r die Familie Johnson bestimmt war. Sie nahm an, weil sie Amerikanerin war, machte es Sinn, dass die Deutschen es ihr ?berlassen hatten. Sie wechselte schnell den Kurs und versuchte, diese neue Rolle schnell zu ?bernehmen. „Es ist noch fr?h”, sagte Adele schnell. „Sie ist in keinem guten Zustand. Ich werde Sie nicht anl?gen. Sie sind sich immer noch nicht sicher, ob sie sich vollst?ndig erholen wird.” W?hrend sie sprach, sp?rte Adele, wie ihre Stimme zitterte. Eine leichte Fragmentierung des Klangs – aber eine, die sie trotzdem ?berraschte. Obwohl sie das Telefon hochhielt, runzelte sie die Stirn. Eine Schwellung seltsamer Gef?hle stieg in ihrer Brust auf. Adele schloss die Augen und versuchte sich zu konzentrieren – aber obwohl Mr. Johnson ihr am anderen Ende antwortete, fiel es ihr schwer, sich um seine Worte zu k?mmern. Blutungen… Blutungen… Immer bluten… Ein Bildblitz – ein Traum oder ein Schnappschuss von einem alten Foto – Adele erinnerte sich kaum. Normalerweise kam es nachts zu ihr. Ihre Mutter verst?mmelt in einem franz?sischen Garten. Tot. Sie erinnerte sich, dass sie nach Deutschland zur?ckgeflogen war, um mit ihrem Vater zusammen zu sein. Sie erinnerte sich an die Anrufe … ?hnlich. Anrufe von Nationen weg. Telefonanrufe, die die erschreckendste Erfahrung ihres Lebens waren. Und am Ende? Nichts. Ihre Mutter ist immer noch tot. Der M?rder ist weg. Diesmal konnte die Geschichte nicht mit nichts enden. Diesmal k?nnen Telefonanrufe aus anderen L?ndern nicht einfach statisch sein – wei?es Rauschen vor dem Hintergrund eines Ungl?cks. Diesmal musste es anders sein. Adele schluckte die Galle zur?ck, die in ihrem Hals aufstieg. Sie schloss die Augen gegen die pl?tzlichen Bilder, die die Innenseiten ihrer Augenlider peitschten. Und dann tat sie beim Ausatmen ihr Bestes, um zuzuh?ren. Mr. Johnson sprach immer noch. „…?berhaupt nichts? K?nnen wir auf irgendeine Weise helfen?” Adele schluckte erneut. Ihre Stimme klang kratzig in ihren Ohren und f?r einen Moment sp?rte sie Marshalls Augen auf sich und beobachtete sie. Schlie?lich kr?chzte sie: „Einige der besten ?rzte der Welt sind hier. Sie tun, was sie k?nnen. Und… und ich auch…”Sie biss diesen letzten Satz ab. Die Dringlichkeit – das Bed?rfnis zu versprechen. Um die ?ngste zu zerstreuen, wirbelten die Schrecken in Amandas Familie auf. Adele kannte die Angst, aber f?r sie war sie voller Trauer. Vorerst blieb den Johnsons dieser besonders bittere Widerhaken erspart. Aber wenn die ?rzte nicht gewinnen w?rden, w?rden auch sie teilnehmen. „Schatz”, sagte die zweite Stimme, eine sanftere Stimme. „es wird alles gut. Hab Vertrauen. Es wird okay sein.” Sie h?rte ein weiteres fl?sterndes Gespr?ch zwischen freundlichen Stimmen, die nicht umstritten waren. Adele versp?rte einen kleinen Anflug von Erleichterung. Nach ihrer Erfahrung gab es zwei Reaktionen auf solch schlechten Nachrichten. Es w?rde entweder Familien n?her zusammenr?cken oder sie vollst?ndig auseinander rei?en und nur Tr?mmer zur?cklassen. Zumindest f?r den Moment nahmen die Johnsons den besseren Weg. Sie w?rden sich in den kommenden Tagen brauchen. Adele sagte: „Wir werden Sie kontaktieren, sobald wir etwas Neues wissen.” Diesmal sprach Mr. Johnson. „Unsere Amanda ist ein hartes M?dchen. Sie wird sich erholen. Wirklich. Vertrauen Sie mir.” Adele l?chelte leicht und traurig. Aber es verblasste, als die gleichen Gef?hle von fr?her um ihre Aufmerksamkeit k?mpften. Blut… „Das hoffe ich sehr. Sie ist stark. Da liegen Sie nicht falsch.” Adele dachte an die Kommentare des Arztes. Stundenlang in den W?ldern rennen, die K?lte, ihre F??e bluten. Ein ausgerenkter Ellbogen. Prellungen auf ihrem K?rpers. Das M?dchen hatte etwas Schreckliches erlitten. Genauso wie Elise gelitten hatte. Zumindest war Amanda lebend herausgekommen. „Wenn es jemanden gibt, auf den ich wetten w?rde, w?re sie es. Aber sehen Sie mal.” Adele behielt trotz des pl?tzlichen Hinterhalts ihrer Gedanken wieder einen professionellen Ton bei. Eine ge?bte F?higkeit – aber eine, die nicht leichtfertig kam. “Ich muss wissen, ob es ?blich war, dass Ihre Tochter mit Freunden reiste?” Diesmal antwortete die weibliche Stimme am Telefon. „Inspektor, Sir”, sagte die Stimme und deutete an, dass Adele nicht ?ber die Freisprecheinrichtung redete. „Ja, Ms. Johnson?” „Oh ja. Es tut uns leid. Fr?ulein.” Adele hielt ihren Ton sanft und v?llig zurechtweisend. „Mein Name ist Agent Sharp.” „Agent Sharp. Unsere Tochter machte diese Reisen die ganze Zeit mit ihren Freunden. Manchmal trennten sie sich und machten sich auf den Weg und erkundeten eine Weile auf eigene Faust, bevor sie sich wieder zusammenschlossen.” „Und dann ist sie verschwunden? Wann hat sie sich abgespalten?” „Ja”, sagte die Stimme der Frau, die f?r eine Sekunde knackte, dann aber weiter machte. „Das k?nnen wir Ihnen leider nicht beantworten.” „Gab es damals etwas Seltsames? Irgendwelche Anrufe? Jemand, der sie gest?rt hatte? Vielleicht sogar eine ihrer Freundinnen?” „Nichts. Nichts dergleichen. Amanda war ?bergl?cklich ?ber diese Reise. Bei allen ihren Telefonanrufen lachte sie, w?hrend sie uns von den Dingen erz?hlte, die sie gesehen hatte. Sie liebte es zu reisen. Nichts Au?ergew?hnliches.” „Mr. Johnson?”, fragte Adele. Es gab ein weiteres Fummeln und Mr. Johnsons Stimme ert?nte wieder. „Ich bin sicher, sie hat damit nichts Beleidigendes gemeint, Liebes. Sie will nur alle Fakten erfahren. “Jetzt lauter sagte er: „Nichts. Genau wie meine Frau sagt. Amanda war gl?cklich. Aufgeregt. Wer w?rde ihr so etwas antun? War sie … war sie es selbst? Als wir zum ersten Mal kontaktiert wurden, sagte die deutsche Polizei, sie h?tten sie gefunden. Hat jemand mit ihr gesprochen? Haben Sie irgendwelche Verd?chtigen?” Adele hasste diesen Teil. Der notwendige, aber schmerzhafte Schleier zwischen Angeh?rigen und der Untersuchung. Sie tat ihr Bestes, um damit umzugehen, indem sie sagte: „Schlie?lich hoffen wir, alles herauszufinden. Daf?r muss ich mir allerdings etwas Zeit nehmen. Nach allem, was ich gesehen und geh?rt habe, ist Ihre Tochter ein sehr starkes M?dchen. Ich w?rde meine Gedanken darauf konzentrieren. ?berlassen Sie mir den Rest, okay?” Etwas schweres Atmen, aber dann: „In Ordnung. Vielen Dank, Agent Sharp.” „Eine andere Sache”, sagte Adele. „Wenn Sie mir einen Gefallen tun k?nnten und ich wei?, dass es eine gro?e Frage ist, aber es wird helfen; K?nnten Sie nach bestem Wissen die Reiseroute Ihrer Tochter aufschreiben? Von dem Moment an, als sie die USA verlie?, bis zu dem Zeitpunkt, als sie vermisst wurde. Alles, was Sie sich vorstellen k?nnen. Wohin sie m?glicherweise mit ihren Freunden gereist ist, alle E-Mails, die sie von den verschiedenen Orten gesendet hat, die Sie besucht haben. Hotels, Motels, B&Bs. Wie gesagt, ich wei?, dass es viel ist, aber es w?rde helfen. Der Agent, der Sie zum ersten Mal kontaktiert hat, gibt Ihnen meine E-Mail. Sie k?nnen es mir direkt schicken.” „Ich gebe mein bestes”, sagte Mr. Johnson mit einer leichten Belastung seiner Stimme. F?r einen Moment herrschte Stille. Dann biss sich Adele auf die Lippe und bevor sie sich aufhalten konnte, machte sich ein Hauch von dem, was sie innerlich f?hlte, im Raum bemerkbar. “Ich werde herausfinden, wer das getan hat. Ich verspreche es Ihnen”, sagte sie und ihre Stimme war pl?tzlich angespannt. „Ich werde herausfinden, wer das getan hat. Ihre Tochter hat das verdient … Ich wei?, es ist be?ngstigend, weit weg zu sein. Aber wissen Sie, ich … ich kenne dieses Gef?hl. Und ich werde denjenigen finden. Ich verspreche es.” Dieses pl?tzliche Leck im Damm der Emotionen schien eine ?hnliche Reaktion am anderen Ende des Telefons auszul?sen. Adele h?rte jemanden leise im Hintergrund weinen, bevor Mr. Johnson mit schroffer Stimme sprach. „Ein k?hnes Versprechen, Agent Sharp. Ich glaube halb, dass Sie es ernst meinen.” „Das tue ich.” „Guten Abend, Agent. Gott stehe Ihnen bei.” Sie verabschiedeten sich und Adele senkte ihr Handy, sodass das trauernde Paar zuerst die Leitung schlie?en und den Anruf beenden konnte. „Und?”, fragte John. Er hatte eine T?te Chips aus dem Automaten geholt, aber gn?digerweise darauf gewartet, die T?te zu ?ffnen. “Nichts”, sagte sie ?ber das Ger?usch kauender Chips. Sie atmete durch die Nase und beruhigte sich so gut sie konnte. Danach musste sie sich neu fokussieren. Der Fall kam zuerst. Versprechen bedeuteten nichts ohne Durchsetzung. „Zumindest nichts Neues. Es war ?blich, dass sie sich voneinander trennten. Ich wei? es nicht. Wir m?ssen vielleicht mit einigen ihrer Freunde sprechen. Wir werden sehen.” „?blich, dass sie f?nf Monate lang vermisst wird?” sagte John. „Etwas ist passiert – etwas Au?ergew?hnliches. Aber was?” Adele nickte. „Hier kommen wir ins Spiel.” Sie steckte ihr Handy ein und ging dann zur T?r. KAPITEL SIEBEN Adele sa? an dem kleinen Tisch in ihrem Motelzimmer am Flughafen. John sa? ihr gegen?ber, seine Augen waren auf den Laptop-Bildschirm gerichtet und durchsuchten die auf seinem Computer ge?ffneten Dateien. Er hatte seinen Pullover ausgezogen und nur ein enges schwarzes T-Shirt an. Es half, auf interessante Weise, seine muskul?se Form zu betonen. Adele zog es vor ihn zu beobachten, statt den Inhalt auf ihrem Bildschirm. „Etwas gefunden?”, fragte sie und beobachtete ihn immer noch. John sah hin?ber und sie schaute schnell weg, schluckte dabei und tat so, als h?tte sie einfach die kleine K?che gescannt. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit pflichtbewusst wieder auf ihren Bildschirm und ihre Augen wurden glasig, als sie durch die verschiedenen Akten und Aufzeichnungen bl?tterte, auf die Agent Marshall ihnen Zugriff gew?hrt hatte. Vorerst half der junge Agent bei der Organisation einer Fahndung im Schwarzwald. Aber Adele wollte zuerst andere vermisste Personen untersuchen. „?berraschende Anzahl”, sagte John. „Hier ist ein Kerl namens Henry Walker. Wurde vor zwei Jahren vermisst. Eine andere, Cynthia Davis, wird seit letztem Jahr vermisst. Beide Amerikaner.” Er hob deutlich die Augenbrauen. Er fuhr fort: „Ein anderer namens Pierre Costa. Franz?sischer Landsmann. Wurde vor drei Jahren vermisst. Zwei weitere M?dchen wurden gleichzeitig vermisst. Beides letztes Jahr.” „Wie viele von ihnen wurden wieder gefunden?”, fragte Adele und warf einen Blick ?ber den Rand ihres Laptops. Diesmal untersuchte sie weder das enge Hemd noch seine lange, gut proportionierte Gestalt. Johns Augen fanden ihre und er hielt ihren Blick fest. Seine n?chsten Worte verdr?ngten alle Gedanken an ihren Partner. „Drei von ihnen wurden gefunden. Zwei mit Kugeln im Hinterkopf. Einer am Fu?e einer Schlucht, sieht aus wie ein Wanderunfall.” Adele nagte an ihrer Unterlippe. Wir suchen niemanden, der gefunden wurde. Konzentrier dich nur auf diejenigen, die vermisst werden. Sag mir, wie viele du findest.” John zog hoch und es gab ein schnelles Klicken. Er fuhr fort, durch die Akten zu bl?ttern. Adele ihrerseits achtete genauer auf die Details der wenigen Namen, die sie bereits in der Datenbank gefunden hatte. Alle im Schwarzwald. Insgesamt sechs bisher. Alle im College-Alter. Alle scheinbar fremd. Sie tippte mit den Fingern gegen die Basis ihres Computers und genoss das Gef?hl, mit den H?nden zu trommeln. Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zur?ck und sp?rte, wie das robuste Metall keinen Zentimeter unter ihr nachgab. Ein Teil von ihr wollte ihren regul?ren Lauf machen. Es war ein paar Tage her, seit sie es geschafft hatte zu trainieren. Sie wurde es leid, die ganze Zeit zu sitzen. Wenn sie nur ihre Haltung ?ndern wollte, stand sie auf und ging um den Tisch herum. Zum Teil, als sie ihre Finger gegen ihren Oberschenkel trommelte, wusste sie, dass sie von ihrem Besuch im Krankenhaus nerv?s war. Sie hasste Krankenh?user. Aber teilweise sp?rte sie das Gef?hl der Vorahnung. Die Vorahnungen von Executive Foucault nagten an ihren Gedanken. Warum hielt Foucault diesen Fall f?r bedrohlich? Es schien kalkuliert, dachte Adele bei sich. Es war etwas Kluges daran. Etwas, das darauf hindeutete, wer auch immer hinter Ms. Johnsons Verschwinden und anschlie?endem Missbrauch steckt, wusste genau, welches Ziel er gew?hlt hatte. Ein Fremder. College-Alter. Wehrlos, ohne Verbindungen in der Gegend, was bedeutete, dass niemand sie vermissen konnte. Ihre Eltern waren durch einen Ozean getrennt. Der M?rder hatte sein Opfer ausgew?hlt – es war nicht zuf?llig gewesen. „Und?”, fragte sie. John sah zu ihr auf und runzelte leicht die Stirn. „Sechzehn Namen in den letzten drei Jahren. Alle werden noch vermisst. Alle bis auf einen sind in den Zwanzigern.” „College-Alter”, sagte Adele. „Und wie viele von ihnen sind Ausl?nder?” John ?berflog die Liste und sah wieder auf. „Mehr als die H?lfte”, sagte er. Er drehte seinen Computer, um Adele die Dateien anzuzeigen, die er ausgew?hlt und getrennt hatte. Adele las die Namen durch. Wie John sagte, ging das Verschwinden drei Jahre zur?ck. “Hast du weiter zur?ckgeschaut?”, fragte Adele. John sch?ttelte den Kopf. „Die Aufzeichnungen wurden vor mehr als f?nf Jahren in eine andere Zust?ndigkeit verschoben. Ich kann einige finden, aber die Detaillierung ist nicht so pr?zise. Es wird l?nger dauern.” Adele seufzte. „Nun, es ist ein Anfang. M?glicherweise sechzehn Opfer…” Sie zuckte zusammen. „Was glaubst du, macht er mit ihnen?” Ihr Blick grub sich in Johns Augen. Er zuckte mit den Schultern. „Ich w?nschte, ich w?sste es.” Er machte eine Pause und runzelte die Nase. „Naja, irgendwie auch nicht.” „Glaubst du, er hat sowohl Jungs als auch die M?dchen entf?hrt?” ,fragte Adele. „Die H?lfte der Namen auf meiner Liste sind m?nnlich. Aber auch im College-Alter. Und die meisten von ihnen sind fremd.” „Der Schwarzwald ist ein beliebtes Touristenziel, vor allem f?r Rucksacktouristen”, sagte John. „Ich habe mit Agent Marshall dar?ber gesprochen.” „Ich denke, das ist die Vorgehensweise des M?rders”, sagte Adele. „Er jagt junge Leute, die nicht von hier sind. Er wei?, dass sie wehrlos sind. Er wei?, dass sie einfache Ziele sind.” John zuckte zusammen. „Also muss er irgendwie Zugang zu diesen Informationen haben.” „Es ist nicht schwer zu bekommen. Ihr Alter ist offensichtlich und sobald er mit einigen von ihnen spricht oder sie ansieht, kann er feststellen, dass sie aus einem anderen Land stammen.” John verschr?nkte die Arme. „Also, was sagt uns das?” „Das sagt uns”, sagte Adele leise, „dass dieser Kerl klug ist. Er plant das. Er wei?, was er tut. Er hielt Amanda mehr als f?nf Monate lang entf?hrt und gefangen. Einige dieser Namen reichen drei Jahre zur?ck. Die Menschen sind seit Ewigkeiten im Schwarzwald verschwunden. Was ist, wenn er die ganze Zeit operiert hat?” In der K?che herrschte eine seltsame Stille. Sie sahen sich an und Adele zitterte. Johns besorgter Gesichtsausdruck schien sich weiter zu verdunkeln. Es war John, der zuerst das Thema wechselte; Mit einem leichten Ruck sch?ttelte er den Kopf und sagte: „Die deutschen Beh?rden organisieren eine Fahndung, um die W?lder zu durchsuchen. Werden wir ein Teil davon sein?” „Wir m?ssen den Fundort untersuchen”, sagte Adele. John kratzte sich an der Seite seines Kinns. „Adele, mir gef?llt dieser Fall ganz und gar nicht.” „Mir auch nicht”, sagte sie. „Aber wenn wir etwas finden, kann das der Fahndung helfen. Nach dem, was Marshall gesagt hat, versammeln sie mehr als einhundert Menschen.” John grummelte. „Hundert dumme Leute, die ?ber den Tatort trampeln und Beweise zerst?ren. Solche Dinge werden h?chstwahrscheinlich den M?rder selbst anziehen.” „Nicht M?rder.” John hob eine Augenbraue. “Amandas Angreifer – Entf?hrer – er hat noch niemanden get?tet, von dem wir wissen.” Adele hielt bei ihren eigenen unangenehmen Gedanken inne. Vage sp?rte sie einen Schauer auf ihrem R?cken. Ein Entf?hrer – mit Opfern, die m?glicherweise Jahre zur?ckreichen. Sie dachte an Amanda – was das arme M?dchen gelitten hatte. Was w?rden die anderen in diesem Moment ertragen? Jeder erinnert an die Notlage der Opfer des Entf?hrers. Wenn sie noch am Leben waren. „Nun, wenn er kein M?rder ist, bedeutet das, dass wir die Chance haben, diese Menschen, die Amanda erw?hnt hat, wiederzufinden.” Adele ging immer noch in der kleinen K?che auf und ab und h?rte zum dritten Mal in der letzten halben Stunde das Rumpeln eines Strahltriebwerks ?ber sich. Sie verschr?nkte die Arme, starrte John an und nahm eine ?hnliche Haltung ein wie er. „Glaubst du, wir k?nnen dem Wort von Amanda vertrauen? Der Detective vorhin schien zu glauben, dass sie halluziniert.” John kratzte sich am Ohr und schloss seinen Laptop. Er schien dankbar, die Akten au?er Sichtweite zu bringen. „Ich bin mir nicht sicher”, sagte er. „Ich verstehe, was der Detective meint. Das M?dchen ist nicht gerade eine zuverl?ssige Zeugin. Vielleicht hat sie halluziniert.” “Glaubst du, sie halluziniert seit f?nf Monaten?” John sch?ttelte den Kopf. Er atmete leise und seine Nasenfl?gel flackerten vom Druck der Luft. „Offensichtlich nicht. Sie wurde vermisst. Normalerweise gibt es Leichen oder mehrere Opfer, wenn wir zu einem solchen Fall hinzugezogen werden. Im Moment verlassen wir uns auf die Aussage einer unzuverl?ssigen Zeugin, die noch lebt.” „Wohl eher: die fast tot ist.” John sch?ttelte den Kopf. „So oder so. Es ist ein seltsamer Fall. Aber wie du sagtest, sollten wir uns erstmal die Szene ansehen, in der sie gefunden wurde.” Adele war teilweise dankbar, das kleine, stickige Motelzimmer verlassen zu k?nnen. Und sie war dankbar, dass sie sich wieder bewegte, um aus einer sitzenden Position herauszukommen. Keine Krankenh?user mehr, keine beengenden Motelzimmer mehr. „Lass mich meine Jacke holen, ich bin gleich da”, rief sie ?ber ihre Schulter, als John vom Tisch zur T?r des Motelzimmers ging. KAPITEL ACHT Der Fremde packte das Lenkrad seines Lieferwagens und bewegte sich mit einer sanften Geschwindigkeit die Autobahn vor dem Schwarzwald hinauf. Er hatte ein angenehmes L?cheln auf den Lippen und summte leise die d?steren Melodien klassischer Musik, die aus den Lautsprechern seines Minivans kamen. Innerlich war der Geist des Fremden jedoch in Aufruhr. Wenn man ihn ansah, w?re es fast unm?glich gewesen, die Emotionen zu erkennen. Und doch packte seine rechte Hand alle paar Momente das Lenkrad und drehte sich. Seine linke Hand blieb steinig. Immer noch regungslos, leer. „Weglaufen? Mach doch!” murmelte er leise. Er sprach zu sich selbst, immer noch durch l?chelnde Lippen. Der Mann war ein Cham?leon. Er wusste, wie man die Rolle spielt, vielleicht besser als jeder andere. Diese Stra?en waren im Allgemeinen sp?t in der Nacht leer, da die Leute nach dem Schneesturm vor zwei Wochen gern die Flecken der Autobahn mit kaputten Sicherheitslichtern meiden wollten. Aber tags?ber kam ein ordentlicher Verkehr durch die W?lder. Der Mann benutzte diese Stra?e nat?rlich jeden Tag. Dies war sein Zuhause. Und ein Zuhause musste respektiert werden. Aus einem respektlosen Zuhause wurde ein Haus. Und ein Haus wurde zur Last. Und eine Last wurde zu etwas, das man aufgeben musste. Die rechte Hand des Mannes packte wieder das Lenkrad und dr?ckte sich wei? gegen das Leder. Ungehorsam. So dumm. Alle Kinder mussten bestraft werden. Wenn sie nicht bestraft w?rden, w?rden sie sich schlecht benehmen. Und es gab nichts Sch?dlicheres an einem Haus als respektlose Kinder. Er war damit aufgewachsen. Bei dem Gedanken r?usperte er sich und passte die R?nder seines ?rmels an. Direkt ?ber seiner linken Hand konnte er den verdrehten, geschmolzenen Teil der Haut erkennen, der schlecht verheilt war. Die Verbrennungen durch Zigaretten gingen den ganzen Arm hoch, ?ber die Brust und den R?cken. Er hatte Bestrafung gekannt. Und es hatte ihn dazu gebracht, herauszufinden, wie es ihm ging. Das L?cheln fixierte st?ndig sein Gesicht. Menschen waren oft von ihm angezogen worden, allein aufgrund seiner Pers?nlichkeit. „Mit Honig f?ngst du mehr Fliegen”, murmelte er leise und wiederholte einen Kommentar, den seine Mutter immer sagte. Zum ersten Mal seit einer Weile blitzte sein L?cheln authentisch auf und er erhaschte einen Blick auf seine Z?hne, gepflegt und reinwei? im Spiegel nach hinten. Alles an dem Mann war gut gepflegt und ordentlich. Der Innenraum seines Fahrzeugs war sauber, kein Staub oder Tierhaare oder weggeworfener M?ll auf dem Armaturenbrett. Die Teppiche waren alle gesaugt und an Ort und Stelle. Die R?cksitze waren makellos. Drau?en war der Minivan der gleiche. Gewaschen, sauber. Er hatte sich gut darum gek?mmert. Er hatte ihn poliert. Auch im Winter. Der Mann wusste, wie er sich um seine Sachen k?mmern musste und wie man auf sich selbst aufpasst. Und vor allem wie man sich um seine Familie k?mmert. „Familie. Teufel noch mal. Diese kleine verdammte Schlampe, wie kann sie es wagen!” Er l?chelte wieder und stoppte das pl?tzliche Pl?tschern der Wut. Wut war unpassend. Wut war teuer. Nein, seine rechte Hand drehte sich, seine linke Hand blieb stehen. Normalerweise bestrafte er jeden, der versuchte zu fliehen. Er schickte eine Nachricht an die anderen. Ohne Disziplin wurde ein Zuhause ein Haus. Ein Haus wurde zur Last. Einige von ihnen k?nnten jetzt Hoffnung haben. Hoffnung auf Rebellion. Und Rebellion kostet alles. Nein, die Leute mussten lernen, ihre Eltern zu respektieren. Gehorchen. Er war ein schwieriges Kind gewesen. Er wusste das. Er hatte die Strafen verdient, die er bekommen hatte. Vor sich sah der Mann blinkende Lichter durch seine Windschutzscheibe. Seine Augen verengten sich, aber nur f?r einen kurzen Moment, dann kehrte sein L?cheln zur?ck und sein angenehmer Ausdruck fiel ?ber sein Gesicht wie Wolle ?ber einen Wolf. Er hatte nicht langsamer gemacht, er hatte seine Geschwindigkeit ?berhaupt nicht angepasst. Der saubere Minivan fuhr direkt auf den Kontrollpunkt zu und blieb mit zwei Autos zur?ck stehen. Er beobachtete das rote Coup?, zwei Autos voraus, dass sich vom Kontrollpunkt entfernte. Das Auto vor ihm hielt an und einer der Beamten beugte sich vor und unterhielt sich ein wenig mit dem Fahrer. Der Mann f?hlte nichts. Keine Angst. Keine Schuld. Nichts. Sie w?rden nichts ahnen. Er hatte nie irgendetwas getan. Es hatte schon fr?her Fahndungen gegeben. Sieben von ihnen, soweit er sich erinnern konnte. Er hatte das lange genug gemacht, so lange dass die Schafe den Wolf nicht mehr erkennen konnten. Das Vlies, das er trug, war immer besser und getarnter geworden. Sein L?cheln blieb auf seinen Lippen haften. Seine rechte Hand drehte sich fast gegen seinen Willen weiter am Lenkrad. Das Auto vor ihm fuhr weg und spuckte etwas Staub aus. Der Mann folgte ihm. Êîíåö îçíàêîìèòåëüíîãî ôðàãìåíòà. Òåêñò ïðåäîñòàâëåí ÎÎÎ «ËèòÐåñ». Ïðî÷èòàéòå ýòó êíèãó öåëèêîì, êóïèâ ïîëíóþ ëåãàëüíóþ âåðñèþ (https://www.litres.ru/pages/biblio_book/?art=63590571&lfrom=688855901) íà ËèòÐåñ. Áåçîïàñíî îïëàòèòü êíèãó ìîæíî áàíêîâñêîé êàðòîé Visa, MasterCard, Maestro, ñî ñ÷åòà ìîáèëüíîãî òåëåôîíà, ñ ïëàòåæíîãî òåðìèíàëà, â ñàëîíå ÌÒÑ èëè Ñâÿçíîé, ÷åðåç PayPal, WebMoney, ßíäåêñ.Äåíüãè, QIWI Êîøåëåê, áîíóñíûìè êàðòàìè èëè äðóãèì óäîáíûì Âàì ñïîñîáîì.
Íàø ëèòåðàòóðíûé æóðíàë Ëó÷øåå ìåñòî äëÿ ðàçìåùåíèÿ ñâîèõ ïðîèçâåäåíèé ìîëîäûìè àâòîðàìè, ïîýòàìè; äëÿ ðåàëèçàöèè ñâîèõ òâîð÷åñêèõ èäåé è äëÿ òîãî, ÷òîáû âàøè ïðîèçâåäåíèÿ ñòàëè ïîïóëÿðíûìè è ÷èòàåìûìè. Åñëè âû, íåèçâåñòíûé ñîâðåìåííûé ïîýò èëè çàèíòåðåñîâàííûé ÷èòàòåëü - Âàñ æä¸ò íàø ëèòåðàòóðíûé æóðíàë.