Åù¸ ÷óòü-÷óòü è ìàðò îòïóñòèò Êîðàáëèêè â ðó÷üè àïðåëÿ. Âåñíà ñïåøèò. È ìîë÷à, ñ ãðóñòüþ, Ñíåãà ñìåíèëèñü íà êàïåëè. Äåíü ïðèáàâëÿåòñÿ óêðàäêîé, Ïîâèñíóâ íà îêîííîé ðàìå, È ïàõíåò ñëèâî÷íîé ïîìàäêîé Âåñåííèé âåòåð óòðîì ðàííèì. È õî÷åòñÿ ðàñïðàâèòü ïëå÷è:), Êàê êîøêà, æìóðèòüñÿ îò ñâåòà.. È âñïîìíèòü âäðóã, ÷òî âðåìÿ ëå÷èò, È æèçíü áåæèò äîðîãîé â

Lauert

Lauert Áëåéê Ïèðñ L A U E R T (DAS MAKING OF RILEY PAIGE—BUCH 5) B L A K E P I E R C E Blake Pierce Blake Pierce ist der USA Today Bestsellerautor der RILEY PAIGE Mystery-Reihe, die bisher sechzehn B?cher umfasst. Er ist ebenfalls der Autor der MACKENZIE WHITE Mystery-Reihe, die bisher aus dreizehn B?chern besteht, der AVERY BLACK Mystery-Reihe, die aus sechs B?chern besteht, der KERI LOCKE Mystery-Reihe, die in f?nf B?chern erh?ltlich ist, der DAS MAKING OF RILEY PAIGE Mystery-Reihe, die bisher f?nf B?cher umfasst, der KATE WISE Mystery-Reihe, von der bisher sechs B?cher erh?ltlich sind, der spannenden CHLOE FINE psychologischen Suspense-Mystery-Reihe, die bisher aus f?nf B?chern besteht, der JESSIE HUNT psychologischen Suspense-Thriller-Reihe, von der es bisher f?nf B?cher gibt, der AU-PAIR psychologischen Suspense-Thriller-Reihe, die bisher aus zwei B?chern besteht, und der ZOE PRIME Mystery-Reihe, von der bisher zwei B?cher erwerblich sind. Blake ist selbst ein passionierter Leser und lebenslanger Fan der Mystery- und Thriller-Genres, weshalb er sich freuen w?rde, von Ihnen zu h?ren. Besuchen Sie doch seine Webseite www.blakepierceauthor.com (http://www.blakepierceauthor.com), um mehr ?ber ihn herauszufinden und in Kontakt zu bleiben! Copyright © 2019 Blake Pierce Alle Rechte vorbehalten. Au?er durch eine Genehmigung nach dem U.S. Copyright Act von 1976, darf kein Teil dieses Buches ohne ausdr?ckliche Genehmigung der Autorin vervielf?ltigt, vertrieben oder in irgendeiner Form ?bermittelt, in Datenbanken oder Abfragesystemen gespeichert werden. Dieses E–Book ist nur f?r ihren pers?nlichen Gebrauch lizenziert. Es darf nicht weiterverkauft oder an Dritte weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit anderen teilen m?chten, erwerben Sie bitte f?r jeden Empf?nger eine zus?tzliche Kopie. Wenn Sie dieses Buch lesen, aber nicht gekauft haben, oder es nicht f?r Sie gekauft wurde, geben Sie es bitte zur?ck und erwerben Sie eine eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit der Autorin respektieren. Dieses Buch ist eine fiktive Geschichte. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorf?lle sind von der Autorin frei erfunden oder werden fiktiv verwendet. ?hnlichkeiten mit echten Personen, lebendig oder verstorben, sind zuf?llig. Copyright Umschlagsbild Runis, genutzt unter der Lizenz von Shutterstock.com. B?CHER VON BLAKE PIERCE DAS AU-PAIR SO GUT WIE VOR?BER (BAND #1) SO GUT WIE VERLOREN (BAND #2) SO GUT WIE TOT (BAND #3) JESSIE HUNT PSYCHOTHRILLER-SERIE DIE PERFEKTE FRAU (BAND #1) DER PERFEKTE BLOCK (BAND #2) DAS PERFEKTE HAUS (BAND #3) DAS PERFEKTE L?CHELN (BAND #4) DIE PERFEKTE L?GE (BAND #5) CHLOE FINE PSYCHOTHRILLER-SERIE NEBENAN (BAND #1) DIE L?GE EINES NACHBARN (BAND #2) SACKGASSE (BAND #3) STUMMER NACHBAR (BAND #4) KATE WISE MYSTERY-SERIE WENN SIE W?SSTE (BAND #1) WENN SIE S?HE (BAND #2) WENN SIE RENNEN W?RDE (BAND #3) WENN SIE SICH VERSTECKEN W?RDE (BAND #4) WENN SIE FLIEHEN W?RDE (BAND #5) WENN SIE SICH F?RCHTEN W?RDE (BAND #6) DAS MAKING OF RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE BEOBACHTET (BAND #1) WARTET (BAND #2) LOCKT (BAND #3) NIMMT (BAND #4) LAUERT (BAND #5) T?TET (BAND #6) RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE VERSCHWUNDEN (BAND #1) GEFESSELT (BAND #2) ERSEHNT (BAND #3) GEK?DERT (BAND #4) GEJAGT (BAND #5) VERZEHRT (BAND #6) VERLASSEN (BAND #7) ERKALTET (BAND #8) VERFOLGT (BAND #9) VERLOREN (BAND #10) BEGRABEN (BAND #11) ?BERFAHREN (BAND #12) GEFANGEN (BAND #13) RUHEND (BAND #14) GEMIEDEN (BAND #15) VERMISST (BAND #16) EINE RILEY PAIGE KURZGESCHICHTE EINST GEL?ST MACKENZIE WHITE MYSTERY-SERIE BEVOR ER T?TET (BAND #1) BEVOR ER SIEHT (BAND #2) BEVOR ER BEGEHRT (BAND #3) BEVOR ER NIMMT (BAND #4) BEVOR ER BRAUCHT (BAND #5) EHE ER F?HLT (BAND #6) EHE ER S?NDIGT (BAND #7) BEVOR ER JAGT (BAND #8) VORHER PL?NDERT ER (BAND #9) VORHER SEHNT ER SICH (BAND #10) VORHER VERF?LLT ER (BAND #11) VORHER NEIDET ER (BAND #12) AVERY BLACK MYSTERY-SERIE DAS MOTIV (BAND #1) LAUF (BAND #2) VERBORGEN (BAND #3) GR?NDE DER ANGST (BAND #4) RETTE MICH (BAND #5) ANGST (BAND #6) KERI LOCKE MYSTERY-SERIE EINE SPUR VON TOD (BAND #1) EINE SPUR VON MORD (BAND #2) EINE SPUR VON SCHW?CHE (BAND #3) EINE SPUR VON VERBRECHEN (BAND #4) EINE SPUR VON HOFFNUNG (BAND #5) INHALT PROLOG (#u18305d24-393f-59c1-b1bd-ee645f0c1b0f) KAPITEL EINS (#u2e974a8f-514b-5151-afec-594e9986be6c) KAPITEL ZWEI (#u327d82ee-2a66-5001-8890-790595d358cb) KAPITEL DREI (#uf7982663-d2ec-5245-9bf1-5cdb599d3c08) KAPITEL VIER (#u2c6437d2-519a-508b-b3b2-48a382f4eb4f) KAPITEL F?NF (#u73e950ec-978e-57c4-95d1-38160fbf0e16) KAPITEL SECHS (#u5ca1465e-9f43-57f7-a998-aa1a7239aa70) KAPITEL SIEBEN (#u81eccbf9-5d25-54e7-aff7-72dd9f71fd42) KAPITEL ACHT (#litres_trial_promo) KAPITEL NEUN (#litres_trial_promo) KAPITEL ZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL ELF (#litres_trial_promo) KAPITEL ZW?LF (#litres_trial_promo) KAPITEL DREIZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL VIERZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL F?NFZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL SECHZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL SIEBZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL ACHTZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL NEUNZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL ZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL EINUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL DREIUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL VIERUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL F?NFUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL SECHSUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL ACHTUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL NEUNUNDZWANIG (#litres_trial_promo) KAPITEL DREI?IG (#litres_trial_promo) KAPITEL EINUNDDREI?IG (#litres_trial_promo) PROLOG Kimberly Dent stellte ihren Kragen gegen die K?lte hoch. Sie war sp?ter als sonst unterwegs, aber es war nur ein kurzer, sicherer Weg zu ihr nach Hause vom Haus ihrer Freundin Goldie Dowling. Die Nacht war nicht unangenehm kalt und Kimberly gefiel es, wie die k?hle Luft auf ihren Wangen brannte und dass sie ihren eisigen Atem sehen konnte. Es war eigentlich sogar sehr sch?n und die Stra?enlaternen beleuchteten die ?berbleibsel des Schneefalls von letzter Woche. Kimberly war sich sicher, dass ihre Eltern nichts dagegen haben w?rden, dass sie so sp?t noch unterwegs war. Ihre Schulnoten waren gut und Mom und Dad vertrauten darauf, dass sie sich nicht in Geschichten verstricken w?rde –– nicht, dass es besonders viele Geschichten zum verstricken gab, in einer kleinen, langweiligen Stadt wie Dalhart. Au?erdem schliefen beide ihrer Eltern bestimmt mittlerweile. Wie die meisten Menschen in dieser Nachbarschaft gingen sie immer fr?h zu Bett. Sie summte eine Pop Melodie, merkte aber, dass sie nicht wusste, um welches Lied es sich handelte. Wahrscheinlich irgendetwas Neues, was ich im Radio geh?rt habe. Es war komisch, dass sie einen Ohrwurm von einem Lied hatte, das sie nicht einmal kannte. Aber das schien ihr in letzter Zeit oft zu passieren. Nat?rlich w?rde auch dieses Lied eines Tages genauso vertraut sein, weil ein altes Paar Schuhe. Und doch w?rde sie niemals in der Lage sein, sich daran zu erinnern, wann und so sie es genau zum ersten Mal geh?rt hatte. Dieser Gedanke machte sie irgendwie traurig. Dann wiederum war dieser ganze Abend irgendwie traurig gewesen. Goldie und sie hatten all die ?blichen Dinge getan, die sie ?ber die Jahre verbunden hatten –– die Fingern?gel der anderen lackiert, sich gegenseitig frisiert, zu einigen ihrer Lieblingslieder getanzt, Karten gespielt, etwas ferngesehen. Doch dann hatten sie sich gestritten –– oder zumindest war Goldie sauer auf Kimberly geworden. Und das wegen einer Nichtigkeit, dachte Kimberly. Kimberly hatte nichts getan, au?er Goldie zu fragen, ob diese sich sicher war, dass sie nach ihrem Schulabschluss im Fr?hjahr hier in Dalhart bleiben wolle. Goldie hatte sie deswegen angefaucht. „Willst du sagen, ich soll Clint nicht sofort heiraten?“, wollte Goldie wissen. Kimbely war entr?stet. Sie wusste, dass Goldie und Clint es ernst miteinander meinten. Sie waren schon seit der Mittelstufe zusammen. Aber Goldie hatte nie irgendetwas von Heirat gesagt. Und falls Clint Goldie einen Antrag gemacht haben sollte, so hatte Goldie das sicherlich nicht erw?hnt. Nat?rlich wusste Kimberly, dass Goldies Eltern begeistert sein w?rden, wenn sie Clint heiraten und hier in Dalhart ans?ssig werden w?rde, wenn sie direkt Kinder haben w?rde. Doch das schien nie Goldies eigenen Vorstellungen entsprochen zu haben. Jedenfalls nicht bis zum heutigen Abend. Dann hatte Kimberly den Fehler begangen, Goldie an ihren langj?hrigen Traum zu erinnern, nach New York oder L.A. zu ziehen und eine Schauspielerin zu werden. „Ach, werd‘ erwachsen“, hatte Goldie gesagt. „Wir sind schon zu alt f?r diese kindischen Tr?umereien.“ Diese Worte hatten Kimberly wirklich getroffen, aber nicht so hart wie das, was Goldie als N?chstes sagte. „Oder glaubst du immer noch, dass du eine Olympiagymnastin wirst?“ Kimberly war entsetzt gewesen. Nein, sie hatte nicht mehr davon getr?umt, seit sie zw?lf oder dreizehn gewesen war. Es erschien ihr gemein von Goldie, dass sie das aus dem nichts wieder hervorgeholt hatte. Trotzdem hoffte Kimberly auf viel mehr, als Dalhart zu bieten hatte. Sie konnte es kaum erwarten hier raus zu kommen. Sie dachte sich, dass sie direkt nach Memphis ziehen und den ersten Job annehmen w?rde, den man ihr anbot, um zur Abwechslung mal das Gro?stadtleben zu genie?en. Sie hatte das bisher noch zu niemandem erw?hnt –– nicht einmal zu Goldie. Und der heutige Abend hatte sich ganz bestimmt nicht wie der richtige Zeitpunkt angef?hlt, um es ihr zu sagen. Kimberly war sich sicher, dass ihre Eltern gegen jedwede derartige Idee sein w?rden. Sie hoffte blo?, dass sie stark genug sein w?rde, um auf dem zu beharren, was sie wollte, wenn die Zeit zum Abschied kommen w?rde. Sie hatte nun die H?lfte ihres Weges hinter sich und summte immer noch dieselbe Melodie, wobei sie sich immerzu fragte, welches Lied es war. Dann h?rte sie ein komisches, schrilles Ger?usch. Zuerst dachte sie, dass es der Wind war. Doch eigentlich gab es grade mal eine leichte Brise in der Luft. Sie blieb abrupt stehen und horchte. Irgendjemand pfeift! begriff sie. Nicht nur das. Irgendjemand pfiff dieselbe Melodie, die sie soeben gesummt hatte. Pl?tzlich h?rte das Pfeifen auf. Sie rief leise, aber bestimmt: „Bist du das, Jay? Wenn ja, ist das nicht gerade witzig.“ Ihr Freund Jay hatte vor etwa einer Woche mit ihr Schluss gemacht, und seither benahm er sich wie ein Stalker. Sie hatte mitbekommen, dass er sie vor seinen m?nnlichen Freunden schlecht redete und sich beschwerte, dass sie nicht f?r ihn „die Beine breitmachen“ wollte. Nat?rlich war das genau der Grund, aus dem er ihre Beziehung beendet hatte, aber Kimberly fand nicht, dass das sonst irgendjemanden etwas anging. Und nun musste Kimberly sich fragen –– stellte Jay ihr nach? Sie seufzte und dachte: Ich w?re nicht ?berrascht. Sie sch?ttelte den Kopf und ging weiter. Dann begann das Pfeifen erneut. Kimberly ging schneller und schaute sich andauernd um, w?hrend sie versuchte festzustellen, wo das Pfeifen herkam. Sie konnte es einfach nicht bestimmen. Aber sie begann zu hoffen, dass es doch Jay war. Der Gedanke, dass es einer von Jays Freak-Freunden sein k?nnte gefiel ihr ?berhaupt nicht. Und sie wagte es nicht, sich vorzustellen, dass es jemand sein k?nnte, den sie nicht einmal kannte. W?hrend sie weiterlief, schaute sie sich auf all die H?user um, in denen die Menschen lebten, die sie ihr gesamtes Leben lang gekannt hatte. Sollte sie an einer dieser T?ren klopfen, damit sie irgendjemand rein lie?? Nein, es ist sp?t, dachte sie. Sie konnte in den Fenstern keine Lichter sehen. Diese Menschen schliefen mittlerweile wahrscheinlich schon alle. Selbst wenn nicht, so w?rden sie sicherlich nicht erfreut sein, zu so sp?ter Stunde noch gest?rt zu werden. Und ihre Eltern w?rden ausrasten, wenn sie erfuhren, dass sie die Nachbarn so sp?t noch bel?stigte. Das Pfeifen verstummte erneut, doch das beruhigte Kimberly kein Bisschen. Die Nacht erschien ihr nun k?lter und dunkler und gruseliger, als vor nur wenigen Minuten. Als sie um eine Ecke bog, sah sie, dass in der N?he ein Kleintransporter geparkt war. Seine Scheinwerfer brannten und der Motor lief. Sie atmete erleichtert aus. Sie erkannte das Fahrzeug zwar nicht wieder, aber wenigstens war es irgendjemand. Wer auch immer hinter dem Steuer sa?, w?rde sie sicherlich die restliche kurze Strecke zu ihrem Haus fahren. Sie lief zum Wagen r?ber und merkte, dass die Seitent?r offenstand. Sie schaute hinein und sah, dass der leere, offene Innenraum von den Vordersitzen durch eine Art Gitter abgetrennt war. Sie konnte niemandem im Inneren des Wagens erkennen. Kimberly fragte sich, ob der Fahrer wom?glich Motorprobleme gehabt hatte und sich vielleicht gerade nach Hilfe umsah. Wenn es ein Fremder war, der nicht von hier kam, w?rde er nicht wissen, an wen er sich wenden sollte. Vielleicht kann ich helfen, dachte sie. Sie suchte in ihrer Handtasche nach ihrem Handy, denn sie dachte, sie k?nnte ihren Dad anrufen. Doch dann z?gerte sie einen Moment lang, unsicher, ob sie Dad wirklich aufwecken wollte, selbst wenn es darum ging einem verirrten Fremden zu helfen. Sie h?rte Schritte, die sich n?herten und als sie sich umdrehte, erblickte sie ein bekanntes Gesicht. „Ach, du bist es...“, sagte sie und versp?rte eine momentane Erleichterung. Doch sein Gesichtsausdruck lie? sie alle Worte verschlucken, die h?tten folgen k?nnen. Sie hatte seinen Blick noch nie so kalt und hart erlebt. Ohne ein Wort zu sagen, griff er nach ihr und riss ihr die Handtasche und das Handy aus der Hand. Nun stieg Angst in Kimberly hoch. Die Dinge, die sie tun k?nnte, rasten durch ihren Kopf. Um Hilfe schreien, sagte sie sich. Jemanden aufwecken. Doch pl?tzlich wurde sie hochgehoben und gewaltsam in den Kleintransporter geworfen. Die T?r knallte zu und die Innenbeleuchtung erlosch. Sie fummelte nach dem T?rgriff, doch stellte fest, dass die T?r verschlossen war. Endlich kam Kimberlys Stimme wieder. „Lass mich hier raus!“, schrie sie und h?mmerte gegen die T?r. Dann ging die Fahrert?r auf und der Mann kletterte hinein. Der Kleintransporter fuhr los. Kimberly klammerte sich am Gitter fest, das sie vom Fahrer trennte, und forderte: „Was machst du? Lass mich hier raus!“ Doch das Fahrzeug fuhr immer weiter durch die Stra?e und Kimberly wusste, dass niemand in dieser verschlafenen Nachbarschaft sie h?ren konnte. KAPITEL EINS Als der erste Schuss fiel, reagierte Riley Sweeney schnell. Genau wie sie an der Academy gelernt hatte, ging sie direkt hinter der n?chsten Abschirmung in Deckung –– einem Honda, der vor dem Motel parkte, in dem sich zwei M?rder versteckten. Sie hatte allerdings nicht das Gef?hl, dass der kompakte Wagen ihr besonders viel Schutz bieten konnte. Es war kalt zu dieser Jahreszeit im Norden des Bundesstaats New York, es fiel Schnee. Die Sichtverh?ltnisse waren ?berhaupt nicht gut. Das hier war Rileys erster bewaffneter Konflikt und sie war sich nicht sicher, dass sie ihn ?berhaupt ?berleben w?rde. Sie sah durch das Wirbeln der Schneeflocken, dass Spezialagent Jake Crivaro viel sicherer hinter einem massiven SUV Zuflucht genommen hatte. Crivaro, ihr Partner und Mentor, schaute besorgt aus, als er sich nach ihr umsah. Riley w?nschte, dass sie ihm signalisieren k?nnte, dass alles ok sein w?rde. Wie auch die sechs Polizisten vor Ort, die soeben mit ihnen anger?ckt waren, trugen Riley und Crivaro Schutzwesten. Doch Riley wusste, dass sie nicht zu viel von ihrer schusssicheren Weste erwarten durfte. Ein gezielter Schuss in den Kopf –– selbst ein versehentlicher Schuss –– k?nnte t?dlich sein. Crivaro hielt einen Lautsprecher an seinen Mund und rief hinein: „Hier spricht Spezialagent Jake Crivaro vom FBI. Ich bin hier mit meiner Partnerin und den lokalen Justizvollstreckungsbeamten. Wir haben euch umzingelt. Es gibt kein Entkommen. Kommt mit erhobenen H?nden raus.“ Es folgte keine Antwort aus dem Motelzimmer, in dem die beiden M?rder sich verschanzt hatten. Stattdessen h?rte man nur das gespenstische Pfeifen des Windes. Riley lugte vorsichtig hinter dem kleinen Auto hervor und versuchte das Motelzimmer zu identifizieren. In genau diesem Moment h?rte man ein lautes Knacken zusammen mit einem schrillen, eindringlichen Ger?usch –– etwas zwischen einem Pfeifen und einem Summen. Eine Kugel war direkt an ihr vorbeigeflogen. Riley zog ihren Kopf zur?ck aus der Sichtlinie. Sie japste, als sie begriff: Gerade hat jemand zum ersten Mal auf mich geschossen. Sie hatte viel mit echter Munition trainiert, doch nichts davon war jemals auf sie pers?nlich abgefeuert worden. Genau wie Crivaro und die Polizisten es getan hatten, hatte sie bereits ihre Waffe gezogen –– eine .40 Kaliber semiautomatische Glock. Sie f?hlte sich ungeschickt mit der Waffe in ihren H?nden. Sie dachte sich, dass sie froh sein sollte, dass sie vor Kurzem auf eine machtvollere Waffe umgestiegen war, als die .22 Kaliber Pistole, die sie zusammen mit ihrer FBI Dienstmarke bekommen hatte. Doch diese hier war weniger vertraut und sie wusste noch nicht, was sie mit ihr alles w?rde tun m?ssen. Sie wusste, dass sie jetzt nicht zur?ckschie?en durfte –– wie scheinbar alle anderen im Team auch. Sie wollten alles in ihrer Macht tun, um diese Situation ohne unn?tigen Waffeneinsatz zu beenden. Sie vermutete, dass einige der Polizisten, die sich in der N?he aufhielten, sich genauso wie sie f?hlten. Einige von ihnen waren vielleicht genauso frisch dabei, wie sie es war. Seitdem sie letztes Jahr ihre Ausbildung beim FBI abgeschlossen hatte, hatte Riley sich gefragt, wie sie sich f?hlen w?rde, wenn sie zum ersten Mal in einer derartigen Situation sein w?rde. Und jetzt, wo sie mitten drin war, wusste sie es immer noch nicht. Einer Sache war sie sich sicher –– sie hatte kein Gef?hl von Panik. Tats?chlich hatte sie ?berhaupt keine Angst. Es war eher so, als st?nde sie neben sich und w?rde von der Seite betrachten, was gerade passierte, wie eine Art emotionsloser Beobachter. Die Situation erschien ihr absolut surreal, fast traumartig. Doch sie wusste, dass ihr gesamter K?rper von Adrenalin durchstr?mt war, und dass sie bei klarem Verstand bleiben musste. Die Tatsache, dass zumindest eine Person in diesem Team wusste, was sie tat, machte ihr ein wenig Mut. Dies hier war bei Weitem nicht die erste Erfahrung dieser Art f?r Agent Crivaro. Der kleine, kr?ftige Mann war eine FBI Legende mit einer langen Liste schwieriger F?lle, die er gel?st hatte. Riley lehnte sich gegen das Auto und wartete auf irgendein Zeichen, was zu tun sei. W?hrend dieser stillen Momente dachte sie daran zur?ck, wie dieses Team sich auf der Polizeiwache vor Ort versammelt hatte. Es war blo? eine kurze Weile her, doch in diesem Moment f?hlte es sich so an, als w?ren bereits Tage oder gar Wochen vergangen. Sie wurden alle genau aufgekl?rt ?ber die M?rder, die sie zu stellen versuchen w?rden. Als sie die Fotos der beiden gesehen hatte, hatte sie gedacht: Kinder. Sie sind blo? zwei Kinder. Der siebzehnj?hrige Orin Rhodes und seine f?nfzehnj?hrige Freundin Heidi Wright hatten ihre Mordserie nur einige Tage zuvor begonnen, in dem nahegelegenen Ort Hinton. Es hatte mit einem einfachen Akt purer Verzweiflung begonnen. Heidi hatte Orin angerufen und ihm gesagt, dass sie zuhause in Gefahr sei. Orin hatte die Waffe seines Vaters genommen und war zu Heidi nach Hause gefahren und hatte sie dort vorgefunden, als sie von ihrem Vater und ihrem Bruder sexuell missbraucht wurde. Orin hatte beide ihrer Angreifer get?tet. Dann hatte sich Heidi die Waffe ihres eigenen Vaters geschnappt und sie und Orin hatten sich auf die Flucht begeben. Als sie merkten, dass sie kein Geld hatten, versuchten sie einen Spirituosenladen zu ?berfallen. Aber der ?berfall ging schief und am Ende t?teten sie den Ladenmanager und einen der Angestellten. Die Polizei war nicht sicher, was genau danach geschehen war. Sie wussten, dass die Jugendlichen im Ort Jennings aufgetaucht waren, wo sie zwei absolut unschuldige Menschen gequ?lt und ermordet hatten –– einen Handwerker mittleren Alters und ein siebzehnj?hriges M?dchen. Dann war das M?rderp?rchen erneut abgetaucht. Das war als die ?rtliche Justiz Unterst?tzung vom FBI angefordert hatte. Sie hatten das Verhalten der Teenager so verst?rend gefunden, dass sie ganz gezielt jemanden aus der Verhaltensanalyseeinheit angefragt hatten. Riley und Agent Crivaro waren aus Quantico angereist, um zu helfen, wo sie konnten. Ihnen war klar, dass Orin und Heidi irgendeine Art Hochgef?hl aus den spontanen Morden zogen. Es war sehr wahrscheinlich, dass sie immer mehr davon haben wollten. Sie brauchten keine Gr?nde mehr, um zu t?ten, und ihr Amoklauf w?rde lange noch kein Ende nehmen. In der Zeit, in der Riley und Crivaro die Situation analysiert hatten, hatte die lokale Polizei herausgefunden, dass Heidi und Orin sich in diesem Motel versteckten. Die zwei Agenten waren mit dem lokalen Team ausger?ckt, um sie festzunehmen... oder, wenn n?tig, zu t?ten. Da waren sie nun alle auf diesem Parkplatz und um sie wirbelte der Schnee. Einer der Teenager hatte sie bei ihrer Ankunft mit einem Schuss aus dem Motelzimmer begr??t und nun war noch ein zweiter Schuss gefeuert worden, der Riley selbst haarscharf verfehlt hatte. Was nun? fragte Riley sich. Agent Crivaro sprach erneut durch den Lautsprecher in einem fast schon freundlichen, mitf?hlenden Ton. „Orin, Heidi, macht es nicht noch schlimmer, als es schon ist. Wir wollen keine Probleme. Wir wollen blo? reden. Wir k?nnen das l?sen. Kommt einfach heraus mit euren H?nden, wo wir sie sehen k?nnen, alle beide.“ Es wurde wieder still bevor die Stimme eines jungen Mannes vom Fenster aus erklang. „Wir haben eine Geisel.“ Riley erschauderte vor Entsetzen. Agent Crivaros Miene verriet, dass es ihm genauso ging. Orin fuhr fort: „Es ist ein Zimmerm?dchen des Motels. Sie sagt, sie hei?t Anita. Bleiben Sie wo Sie sind, oder wir bringen sie um.“ Agent Crivaro lugte vorsichtig hinter dem SUV hervor und rief zur?ck: „Zeigt sie uns.“ Es kam keine Antwort. Riley konnte erahnen, was Crivaro dachte. Ist das ein Bluff? Vielleicht hatten sie gar keine Geisel. Vielleicht erkauften sie sich nur Zeit und versuchten ihre unabwendbare Verhaftung hinauszuz?gern. Sie verhielten sich jedenfalls nicht so, als h?tten sie tats?chlich eine Geisel. Riley hatte ?ber Geiselnahmen an der Academy gelernt und Training dazu erhalten, sie hatte also eine ziemlich gute Vorstellung davon, was sie erwarten k?nnte. Die Jugendlichen sollten jetzt verhandeln, darauf bestehen einen sicheren Fluchtweg erm?glicht zu bekommen. Doch das war nicht das, was gerade hier passierte. Die gesamte Situation schien zu einem Stillstand gekommen zu sein. Dann h?rte Riley Stimmen aus dem Motelzimmer kommen. Es war unm?glich zu verstehen, was gesagt wurde, aber es klang so, als w?rden der Junge und das M?dchen streiten. Dann erklang Heidis Stimme durchs Fenster. „Okay, wir zeigen sie Ihnen. Versuchen Sie blo? nichts.“ Riley schaute erneut hinter dem Auto hervor. Sie konnte sehen, wie die Motelzimmert?r aufging. Dann trat eine Figur in den T?rrahmen. Es schien eine Frau zu sein, die eine Winterjacke mit Kapuze trug. Ihr Gesicht war durch den Schneewirbel nicht auszumachen. Sie stand still im T?rrahmen und hielt ihre H?nde zitternd ?ber den Kopf. Orin Rhodes rief aus dem Zimmer heraus: „Okay, da ist sie. Sie haben sie gesehen.“ Crivaro sprach erneut in den Lautsprecher: „Ja, aber ihr wollt die Dinge wirklich nicht auf diese Weise angehen. Glaubt mir, ich wei?, wovon ich spreche. Ich habe es viele Male erlebt. Eine Geiselnahme macht die Dinge f?r euch nur noch schlimmer. Lasst sie einfach gehen. Lasst sie zu uns r?berkommen. Dann k?nnen wir ?ber eine vern?nftige L?sung verhandeln.“ Riley bezweifelte, dass Crivaros Rechnung aufgehen w?rde, und sie vermutete, dass er es genauso sah. Wieso w?rde das Paar ihr einziges Ass im ?rmel in einem solchen Moment aufgeben? Dann, zu Rileys ?berraschung, machte die Frau ein paar Schritte auf sie zu. Das Herz pochte ihr in der Kehle, als sie h?rte, wie Orin aus Protest etwas Unverst?ndliches knurrte. Riley konnte ihn nicht sehen, aber was sie sah, gefiel ihr ganz und gar nicht. Wird er sie erschie?en? fragte sie sich. Doch die Frau machte ein paar weitere unsichere Schritte weg vom Motel. Vielleicht, dachte Riley sich, hatten Orin und Heidi endlich ihr Gefallen am Morden verloren. Doch Riley war sich unsicherer denn je dar?ber, was gerade passierte. Wenn das Paar die Geisel tats?chlich hatte gehen lassen, was w?rden sie als N?chstes tun? Was konnten sie tun? Sie k?nnen sich ergeben, dachte Riley. Oder sie k?nnten k?mpfen. Nat?rlich w?re es Selbstmord, wenn sie das tun w?rden. Riley hatte eine Vorstellung davon, was sie erwarten konnte, wenn eine Schie?erei ausbrechen w?rde. Das Paar hatte keine Chance in einer echten Schie?erei, nicht gegen ein solches Team. Es war unwahrscheinlich, dass sie dem Kugelhagel standhalten k?nnten und sie w?rden sicherlich all ihre Munition verschossen haben, lange bevor diese dem Team ausging. Die ultimative Entscheidung war zwischen Kapitulation und Tod. Die Frau ging schweigend ?ber den B?rgersteig und trat dann auf den Parkplatz. Riley beobachtete Crivaro und fragte sich, was ihr Mentor als N?chstes tun w?rde. W?rde er der Frau entgegenkommen und sie begr??en, dann sicherstellen, dass sie so schnell wie m?glich an einen sicheren Ort gebracht wurde? Bisher hatte er noch keine Anstalten gemacht, seine Deckung hinter dem SUV zu verlassen. Dann wurden die Schritte der Frau beunruhigend schnell. Sie kam Riley immer n?her, scheinbar ohne sie gesehen zu haben. Und nun konnte Riley das Gesicht der Frau erkennen. Es war schlie?lich doch gar keine Geisel. Es war Heidi Wright selbst und sie zog irgendetwas aus ihrer Jackentasche hervor. Sie hat eine Waffe, begriff Riley. Riley wusste, was sie zu tun hatte, doch trotzdem z?gerte sie. Die Pistole des M?dchens feuerte und streute ziellose Sch?sse ?ber die Barrikaden, hinter denen sich Polizei und Agenten versteckten. Dann entdeckte sie Riley. Sie l?chelte ein seltsam unschuldiges L?cheln, als sie ihre Waffe auf die junge Agentin richtete. F?r einen gef?hlten Bruchteil einer Sekunde starrte Riley in den Schaft der Pistole. Dann begriff sie, dass sie ihre eigene Waffe bereits gezogen hatte und direkt ins Zentrum von Heidis Brust zielte. Riley feuerte einen einzigen Schuss. Heidi stolperte r?ckw?rts, die Pistole fiel ihr aus der Hand. Ihr L?cheln war verschwunden und einem Ausdruck von Schock und Entsetzen gewichen. Dann sackte sie auf dem Boden in sich zusammen. Riley konnte Orins Stimme schreien h?ren: „Heidi!“ Sie fuhr herum und sah, wie mehrere Polizisten die Motelzimmert?r st?rmten. Mit einer Miene erstaunten Horrors trat Orin aus dem Zimmer. Er hob seine H?nde hoch ?ber den Kopf, w?hrend er ?ber den Parkplatz zu seiner erschossenen Freundin her?berstarrte. Er blieb absolut gef?gig, als einer der Polizisten ihm Handschellen anlegte und ihm seine Rechte vorlas. Von einem tiefen Horror ergriffen, ging Riley zum M?dchen her?ber. Blut sprudelte aus der Wunde in ihrer Brust und f?rbte den Schnee auf dem Parkplatzasphalt rot. Heidis Augen waren weit aufgerissen, ihr Mund japste stumm nach den letzten Atemz?gen. Dann wurde sie komplett still. Der Ausdruck ihres toten Gesichts war unbeschreiblich traurig. Riley begann am gesamten K?rper zu zittern und ihre eigene Pistole fiel ihr beinahe aus der Hand. Pl?tzlich stand Agent Crivaro an ihrer Seite und nahm ihr sanft ihre Waffe weg. Riley f?hlte sich nun komplett bet?ubt. Sie konnte sich selbst sagen h?ren: „Was habe ich getan?“ Crivaro legte seinen Arm um ihre Schulter und sagte: „Du hast es gut gemacht, Riley. Du hast getan, was du tun musstest.“ Doch Riley konnte nur immer wieder wiederholen: „Was habe ich getan?“ „Komm, suchen wir dir einen Platz, wo du dich hinsetzen kannst“, sagte Crivaro. Riley konnte sich kaum aufrecht halten, als Crivaro sie vorsichtig zu einem der Polizeibusse f?hrte. Sie sp?rte immer noch, wie die Augen des toten M?dchens sie anstarrten. Ich habe jemanden get?tet, dachte sie. Sie hatte noch nie zuvor in ihrem Leben jemanden get?tet. Und nun hatte sie keine Ahnung, wie sie damit klarkommen sollte. KAPITEL ZWEI Als Rileys Verlobter, Ryan Paige, versuchte seinen Arm um ihre Schulter zu legen, entzog sie sich ihm. Es war heute Abend nicht das erste Mal, dass sie reflexartig seinen Ber?hrungen auswich. Sie war sich sicher, dass es seine Gef?hle verletzte, aber sie konnte nicht anders. Nach der Schie?erei in Jennings, war Riley mit Jake nach Quantico zur?ckgeflogen und dann mit dem Auto zur?ck nach DC gefahren. Sie sa? auf der Couch neben Ryan in ihrer kleinen Erdgeschosswohnung, doch die Bilder in ihrem Kopf waren noch vom ersten Teil dieses langen Tages. Riley konnte Heidi Wrights tote Augen in den Schneefall starren sehen und war nicht in der Lage ihre Schuldgef?hle abzusch?tteln. Sie wusste, dass es irrational war, aber sie sp?rte nicht, dass sie gerade irgendjemandes Zuneigung verdiente. „Was kann ich tun?“, fragte Ryan. „Nichts“, antwortete sie. „Bleib einfach hier bei mir sitzen.“ Sie sa?en schweigend da und Riley war dankbar f?r Ryans Anwesenheit. Die letzten Monate ?ber hatten sie ihre Differenzen gehabt, aber in diesem Moment erschien er ihr als genau der gutaussehende, aufrichtige und r?cksichtsvolle junge Mann, in den sie sich in ihrem letzten Semester an der Universit?t verliebt hatte. In der Zwischenzeit ging sie in Gedanken immer wieder das durch, was passiert war, seitdem sie Heidi erschossen hatte. Es war alles wie im Traum und w?hrend ihres Fluges zur?ck nach Quantico hatte Agent Crivaro ihr immer wieder gesagt, dass sie im Zustand des Schocks war. Ich nehme an, das bin ich immer noch, dachte sie. Sie hatte immer noch alle physischen Symptome des Schocks, einschlie?lich kalter, schwitzender H?nde und eines Zustandes von immer wiederkehrendem Schwindel und Verwirrung. Wie lange w?rde es dauern, bis diese Symptome verschwanden? Mit emotionsloser und monotoner Stimme, die selbst ihr merkw?rdig vorkam, hatte sie Ryan soeben den gesamten Vorfall geschildert. Sie konnte sich gerade noch davor zur?ckhalten, die Ereignisse nicht aus der dritten Person Perspektive zu erz?hlen. Es war schwierig gewesen das Wort „ich“ zu verwenden, als sie ?ber ihre eigenen Handlungen sprach. Sie wollte die ganze Zeit daran glauben, dass diese ganze Sache jemand anderem passiert war. Als sie fertig war, hatte Ryan mit einer sanften Stimme gesagt: „Eine Sache verstehe ich immer noch nicht. Ich nehme an, dass es irgendwie Sinn gemacht hat, dass Heidi so getan hat, dass sie die Geisel war, zumindest f?r einige Momente. Es war ein verzweifelter Bluff. Aber wieso ist sie direkt auf den Parkplatz gekommen? Wieso hat sie versucht...?“ Ryan verstummte, aber sie wusste, welche Worte er nicht auszusprechen wagte. „Wieso hat sie versucht, dich umzubringen?“ Riley erinnerte sich an den Moment, als das M?dchen im Eingang des Motelzimmers gestanden hatte, bevor sie die fatalen Schritte auf den Parkplatz machte, und wie sie Orins unverst?ndlichen Protest vernommen hatte. Sie sagte zu Ryan: „Orin wollte nicht, dass sie da raus geht. Er hatte versucht, sie zu ?berreden. Aber ich nehme an, sie dachte... sie hatte begriffen... dass es vorbei war. Sie wollte ihren Abgang machen...“ Ihre eigene Stimme verhallte nun, als ein dummes Clichå ihr auf der Zunge lag. „...mit Pauken und Trompeten.“ Ryan sch?ttelte den Kopf. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie du dich f?hlen musst“, sagte er. „Aber meine G?te, Riley, sie und ihr Freund haben sechs Menschen ermordet. Du kannst nicht sagen, dass sie das, was mit ihr passiert ist, nicht verdient hat.“ Riley hatte das Gef?hl, als w?re der Klang dieses Wortes wie eine Ohrfeige. Verdient. In diesem Moment f?hlte sie sich selbst so schmerzlich unw?rdig von Ryan Aufmerksamkeit oder gar Zuneigung zu erhalten. Es war ihr nicht in den Sinn gekommen, zu denken, dass Heidi Wright verdient hatte, was Riley ihr angetan hatte. Hat Ryan recht? dachte sie. Sie dachte ?ber das Wenige nach, was sie vom Leben des M?dchens wusste –– einem Leben von unvorstellbarer Grausamkeit und Missbrauchs, wie es aussah. Heidi und ihr Freund hatten ihren Amoklauf begonnen, als ihr eigener Vater und Bruder sie sexuell missbraucht hatten. Riley konnte Orin keinen Vorwurf daraus machen, dass er diese M?nner umgebracht hatte. Dann, nachdem das passiert war, mussten Orin und Heidi sich beide zu verzweifelt gef?hlt haben, um zu begreifen, was sie taten. Und auch zu jung, dachte Riley. Erneut konnte Riley nicht anders, als an Heidis frisches, l?chelndes Gesicht zu denken, in dem Moment, als sie die Waffe auf Riley gerichtet hatte –– dem Moment vor ihrem eigenen Tod. Riley murmelte laut: „Heidi war nur ein Kind, Ryan. Sie hat es nicht verdient, so zu sterben. Was sie verdient hatte, war ein besseres Leben, als das, in dem sie feststeckte. Ryan sah Riley mit einem ungl?ubigen Blick an. „Aber du hattest keine Wahl“, sagte er. „Wenn du nicht geschossen h?ttest, w?rst du jetzt ganz bestimmt...“ Er verstummte erneut. Riley wusste, welches Wort er einfach nicht aussprechen konnte. Tot. „Ich wei?“, sagte Riley seufzend. „Das ist was Agent Crivaro mir auch immer wieder sagt. Er sagt, es w?re gerechtfertigt. Dass es sogar Einhaltung der Vorschrift war. Es war Selbstverteidigung, ein klarer Fall ‚unmittelbarer Gefahr des Todes oder ernsthafter K?rperverletzung‘.“ „Crivaro hat recht, Riley“, sagte Ryan. „Das wei?t du bestimmt.“ „Ich wei?“, sagte Riley. Und rational betrachtet wusste sie es auch wirklich. Doch auf irgendeiner grundlegenden Ebene konnte sie dieses Urteil einfach nicht akzeptieren. Sie hatte gerade das Gef?hl von ihrem ganzen K?rper beschuldigt zu werden. Sie fragte sich, ob sie dieses Gef?hl jemals ?berwinden w?rde. Ryan ber?hrte vorsichtig ihre Hand und Riley lie? zu, dass er sie festhielt. Ryans Hand f?hlte sich beinahe hei? an, gegen den kalten Schwei? auf ihrer Haut. Ryan sagte: „Riley, wie oft wirst du sowas durchmachen m?ssen?“ „Das ist meine Arbeit“, sagte Riley. „Ja, aber... was f?r eine Arbeit ist das, die dich dazu bringt, dich so schrecklich zu f?hlen? Ist das wirklich was du aus deinem Leben machen willst?“ „Irgendjemand muss es machen“, sagte Riley. „Musst du dieser irgendjemand sein?“, fragte Ryan. Riley hatte keine Ahnung, wie sie diese Frage beantworten sollte. Und so sehr sie Ryans F?rsorge auch sch?tzte, sie war sich nicht sicher, wie aufrichtig diese wirklich war. Um wen war Ryan im tiefsten Inneren wirklich besorgt –– und Riley oder um sich selbst? Sie hasste es, ihn so zu hinterfragen, aber sie konnte nicht anders. W?hrend der kurzen Zeit, in der sie zusammen waren, hatte sie zu ihrem Entsetzen feststellen m?ssen, dass Ryan einen egoistischen Zug hatte. Und er hatte gen?gend rein egoistische Gr?nde das zu hassen, was sie gerade tat. Er hasste sogar ihre t?gliche Anfahrtszeit nach Quantico. Es nahm ihm seinen hochgesch?tzten Ford Mustang weg und zwang ihn, die ?ffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen, um t?glich zu seiner Arbeit in einer Anwaltskanzlei zu kommen. Er hatte nicht versucht die Tatsache, dass er das erniedrigend fand, vor ihr zu verbergen. Ryan dr?ckte ihre Hand und sagte: „Vielleicht solltest du einfach ?ber eine Ver?nderung nachdenken. Wir k?nnen von meinem Gehalt leben. Wir haben sogar ein Sparkonto aufgemacht. Selbst wenn du zuhause bleiben w?rdest –– und ich wei?, dass du das nicht willst –– k?nnte ich trotzdem f?r uns beide sorgen. Ich k?nnte uns sogar schon bald eine sch?nere Wohnung mieten. Du musst das nicht machen... f?r uns.“ Riley sagte nichts. Ryan sagte: „Vielleicht ist das etwas, wor?ber du mit deinem Therapeuten sprechen solltest.“ Riley zuckte pl?tzlich zusammen. Sie bereute es Ryan gesagt zu haben, dass sie jetzt mindestens eine Therapiesitzung besuchen musste. Nachdem sie und Crivaro in Quantico gelandet waren, hatte der leitende Spezialagent Erik Lehl ihr mitgeteilt, dass Therapie verpflichtend war, jetzt wo sie das erste Mal Gewalt mit Todesfolge angewendet hatte. Sie hatte noch keinen Termin ausgemacht. Ryan sagte: „Riley, ich mache mir Sorgen. Was wirst du tun? Was werden wir tun?“ Riley begann ein wenig ungeduldig zu werden. Sie sagte: „Ryan, m?ssen wir das wirklich alles jetzt besprechen?“ Ryan schaute gedem?tigt und sagte: „Nein, nat?rlich nicht. Ich gehe uns mal was zu Abendessen machen.“ „Nein, ich mache das“, sagte Riley. „Red‘ keinen Unsinn“, sagte Ryan. „Du musst dich ausruhen. Ich werde mich um alles k?mmern. Soll ich dir einen Drink machen?“ Riley nickte und Ryan ging in die K?che. Ein paar Minuten sp?ter kam er mit einem Glass Bourbon auf Eis zur?ck und stellte es auf den Kaffeetisch vor Riley ab. Dann kehrte er in die K?che zur?ck und klapperte dort rum, als er das Abendessen vorbereitete. Riley w?nschte wirklich, er h?tte sie heute Abend kochen lassen. Sie brauchte irgendetwas, egal was, womit sie sich besch?ftigen konnte. Sie hatte wahrhafte Angst davor, den ganzen morgigen Tag frei zu haben. Als sie so alleine auf der Couch sa? und an ihrem Bourbon nippte, sp?rte sie, wie eine Welle der Emotionen in ihr hochkam. Bevor sie wusste wie ihr geschah, fing sie an zu schluchzen. Sie versuchte so leise wie m?glich zu sein, sodass Ryan sie nicht h?ren w?rde und nicht zur?ckk?me, um zu versuchen sie zu tr?sten. Sie wollte nicht getr?stet werden. Das einzige was sie tun wollte, war weinen. W?hrend ihres Fluges zur?ck nach Quantico hatte Agent Crivaro ihr immer und immer wieder gesagt, dass es in Ordnung war, zu weinen. „Mach schon, lass es raus“, hatte er immer wieder gesagt. Doch irgendwie war sie einfach nicht dazu in der Lage gewesen –– nicht bis jetzt. Und nun f?hle es sich gut an, einfach die Gef?hle aus sich heraussprudeln zu lassen, nach so einem langen, schrecklichen Tag. Sie weinte und weinte, bis sie sich ganz ausgelaugt f?hlte. Als ihre Tr?nen aufgeh?rt hatten zu flie?en, dachte Riley sich, dass sie am besten sofort ins Bad gehen sollte und ihr Gesicht waschen, damit Ryan sie nicht so sehen w?rde. Doch bevor sie sich von der Couch erheben konnte, klingelte das Festnetztelefon. Sie h?rte, wie Ryan ihr zurief: „Ich mach das schon.“ „Nein, ich mach’s“, rief sie zur?ck. Sie war n?her am Telefon, als Ryan. Und selbst so eine triviale Aufgabe, wie das Telefon zu beantworten, f?hlte sich gerade gut an –– obgleich sie sich nicht vorstellen konnte, dass der Anruf von irgendjemanden stammen k?nnte, mit dem sie gerade Lust hatte zu reden. Als sie den H?rer abnahm, h?rte sie eine vertraute Stimme. „Hey, Kleine. Wie geht’s dir?“ Rileys Stimmung war pl?tzlich viel besser, als sie diese Stimme erkannte. Sie geh?rte ihrer Zimmernachbarin aus der Zeit an der Academy, Francine Dow. „Frankie!“, stammelte sie ?berrascht. „Es –– es ist gut von dir zu h?ren!“ Riley hatte Frankie nicht gesehen, seitdem sie im Dezember ihren Abschluss gemacht hatten. Seither hatten sie nur einige Male telefoniert. Nach dem Abschluss war Frankie als Agentin dem DC Hauptquartier zugeordnet worden. Mit besorgter Stimme sagte Frankie: „Mach schon, sprich mit mir.“ Riley war ?berrascht. Sie stammelte: „Meinst du... du wei?t Bescheid...?“ „Ja, ich wei?, was passiert ist. Und du wirst nie glauben, wie ich es erfahren habe. Ich habe einen Anruf von Spezialagent Jake Crivaro selbst bekommen. Er sagte, dass er sich Sorgen um dich machte. Er sagte, dass du vielleicht mit einer Freundin reden m?sstest.“ Riley l?chelte, als sie den verehrenden Unterton in Frankies Stimme h?rte. Obwohl Riley es nicht gewusst hatte, als Agent Crivaro erstmals ein Interesse an ihren einzigartigen F?higkeiten gezeigt hatte, hatte sie seitdem feststellen m?ssen, dass er eine Art lebende Legende am FBI war. Frankie kam anscheinend nicht ?ber ihre Verbl?ffung hinweg, dass Riley nun seine Vollzeitpartnerin war. Einen Anruf von ihm zu erhalten, musste f?r Frankie unglaublich gewesen sein, dachte Riley. Frankie sagte: „Na, wie f?hlst du dich?“ „Nicht gut“, sagte Riley seufzend. „Ich nehme an, ich habe immer gewusst... dass ich eines Tage so etwas tun m?sste. Aber ich hatte keine Ahnung, wie schlecht es sich anf?hlen w?rde.“ „Naja, ich habe mich gefragt, ob du vielleicht Lust h?ttest dich zu treffen und ein bisschen Dampf abzulassen“, sagte Frankie. Riley sp?rte eine Welle der Dankbarkeit. „Oh, das w?re wundervoll, Frankie“, sagte sie. „Ich habe morgen frei. Wie w?re es, wenn wir zusammen zu Mittag essen?“ „Klingt super“, sagte Frankie. Nachdem sie sich verabredet und aufgelegt hatten, stand Riley da und starrte das Telefon in ihrer Hand an. Sie begann auf einmal etwas zu begreifen. Agent Crivaro hat Frankie kontaktiert. Er hat sie wegen mir angerufen. Es war eine ?berraschende und unglaublich aufmerksame Geste und Riley war zutiefst ger?hrt von der F?rsorge ihres Mentors. Und die Verabredung mit Frankie morgen gab ihr etwas, worauf sie sich nach solch einem schrecklichen Tag heute freuen konnte. Sie f?hlte sich pl?tzlich viel besser und ging in die K?che. Sie dachte: Ich werde Ryan mit den Abendessen helfen, ob er es will oder nicht. Der heutige Tag war schlimmer gewesen, als sie es sich jemals h?tte vorstellen k?nnen. Aber sie hatte Freunde, die ihr da durch halfen. Vielleicht w?rde es morgen einfacher sein. Schlie?lich k?nnte wohl kein Albtraum schlimmer sein, als der, den sie gerade erlebt hatte. KAPITEL DREI Kurz vor Mittag des n?chsten Tages verlie? Riley das Haus und wartete darauf, dass Frankie sie zum Mittagessen abholte. Sie fragte sich, ob sie wirklich in der Lage sein w?rde mit ihrer Studienfreundin dar?ber zu sprechen, was gestern geschehen war. Ryan war wie sonst auch zur Arbeit gefahren, froh ?ber die Gelegenheit ausnahmsweise Mal das Auto zu nehmen. Also hatte Riley ausgeschlafen und sich einen faulen Morgen gemacht. Bald schon fuhr Frankie in ihrem alten Pickup-Truck vor und Riley stieg ein. Sie merkte, dass sie sich freute die kr?ftigen Gesichtsz?ge und das rostfarbene Haar ihrer Freundin zu sehen. Sie sagte sich, dass dies definitiv ein besserer Tag sein w?rde. Frankie fuhr sie zu ihrem bevorzugten Mittagslokal in DC, Tiffin’s Grub & Pub. Sie setzten sich an einen kleinen Tisch und bestellten beide Tunfischsandwiches. Dann tranken sie Kaffee und tauschten sich ein wenig ?ber Kleinigkeiten aus, w?hrend sie das Thema von Rileys erster T?tung im Einsatz umgingen. Vielleicht kommen wir gar nicht dazu, dar?ber zu sprechen, dachte Riley. Wenn es so k?me, w?re es f?r sie in Ordnung. Einfach ein wenig Zeit mit Frankie zu verbringen, w?rde schon genug sein, um ihre Laune betr?chtlich zu heben. In der Zwischenzeit hatten sie und ihre Freundin viel nachzuholen. Frankie sagte: „Ich habe geh?rt, du hast drei weitere F?lle gehabt, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben. Das ist ziemlich eindrucksvoll. Es hei?t, du w?rst ein echtes Wunderkind –– der n?chste Jake Crivaro, sagt man.“ Riley err?tete bei diesen Worten, von denen sie wusste, dass sie hohes Lob bedeuteten. „Ich muss noch vieles lernen“, sagte sie. „Wie ist denn dein Leben hier in DC? Wie gef?llt es dir eine FBI Agentin zu sein?“ Frankie verzog die Miene und seufzte. „Es ist nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte, denke ich“, sagte sie. Riley versp?rte einen besorgten Stich. sie wusste, dass Frankie sechs Monate als verdeckte Ermittlerin in der Drogenfahndung gearbeitet hatte, bevor sie zur Academy gegangen war. Wegen ihrer Erfahrung wurde sie nach dem Abschluss einem FBI Drogenfahndungsteam zugeteilt. Riley wusste, dass Frankie gespannt und hoffnungsvoll bei der neuen Arbeitsstelle angetreten war. Nun klang sie traurig und entt?uscht. Als ihre Sandwiches kamen, bat Riley Frankie, ihr davon zu erz?hlen. Frankie nahm einen Schluck Kaffee und dachte nach. Dann sagte sie: „Wei?t du, ich habe nur Eins wirklich gelernt, als ich damals als verdeckter Cop in Cincinnati gearbeitet hatte. Ich habe begriffen, dass der ganze ‚Krieg gegen Drogen‘ ein absoluter Quatsch ist. Es ist ein Krieg, der nicht gewonnen werden kann. Das wahre Problem ist, dass es da drau?en sehr viel Leid gibt, und sehr viele ungl?ckliche Menschen. Sie wegzusperren reicht nicht, um an die Wurzel des Problems ranzukommen. Und ich nehme an, ich...“ Frankie verstummte f?r einen Moment. Dann sagte sie: „Naja, ich habe gedacht, ich kann einen Unterschied machen, wenn ich beim FBI arbeite. Ich habe gedacht, ich kann ?ndern, wie man die Dinge angeht. Aber das klappt nicht wirklich. Es ist immer das gleiche, genau wie in Cincinnati. Der einzige Unterschied ist, dass ich jetzt nicht mehr verdeckt arbeite. Aber ich bin immer noch in dieselben Vorg?nge eingebunden und ich kann ?berhaupt nichts ver?ndern. Ich f?hle mich wie ein naives Dummchen daf?r, dass ich gedacht habe, dass ich irgendetwas ?ndern k?nnte.“ Riley lehnte sich zu ihrer Freundin ?ber den Tisch und sagte: „Frankie, lass dir ein wenig Zeit. Du f?ngst gerade erst an. Sei geduldig.“ Frankie schnaubte. „Tja, naja, Geduld ist nicht wirklich eine meiner St?rken. Und ist ja auch egal, mein Problem scheint ziemlich trivial im Gegensatz zu dem, was du gestern durchmachen musstest. Crivaro klang wirklich besorgt am Telefon. M?chtest du dar?ber sprechen? M?chtest du mir erz?hlen, was passiert ist?“ Riley z?gerte einen Moment lang. Dann dachte sie aber, dass dar?ber zu sprechen einer er Gr?nde f?r dieses Treffen gewesen war. Als sie begann Frankie von allem zu erz?hlen, was gestern vorgefallen war, sp?rte sie einen Klo? im Hals. Fang nicht wieder an zu weinen, dachte sie. Sie schaffte es, ihre Tr?nen zur?ckzuhalten, als sie den Moment beschrieb, in dem sie Heidi Wright get?tet hatte. Dann sagte sie: „Frankie, sie war blo? ein Kind –– f?nfzehn Jahre alt. Es war nicht ihre Schuld, dass sie so ein mieses Leben hatte. Sie hatte gar keine guten Wahlm?glichkeiten. Sie war verzweifelt. Sie hat jemanden gebraucht, der ihr ein gutes Zuhause gegeben h?tte und etwas F?hrung und etwas Liebe. Sie hat es nicht verdient, so zu sterben.“ Frankies Miene war nun besorgt. „Ich nehme an, dass ich das Offensichtliche nicht erkl?ren muss“, sagte Frankie. Riley nickte und sagte: „Ich wei?, ich wei?. Ich hatte keine Wahl. Es war ihr Leben oder meins.“ „Und dein Leben ist wichtig, Riley“, sagte Frankie. „Es ist sehr wichtig.“ Riley musste sich nun doch eine Tr?ne aus dem Gesicht wischen. „Ich habe das Gef?hl, dass nichts jemals wieder so sein wird, wie vorher“, sagte sie. Frankie legte ihren Kopf schief und sagte: „Naja, ich musste noch nie jemanden erschie?en, aber... Ich wei? wie es ist etwas zu tun, was dich wirklich ver?ndert. Ich war auch schon mal an diesem Punkt. Ich kann es verstehen.“ Riley wusste, auf welches schreckliche Ereignis Frankie hindeutete. Damals, als sie als verdeckte Ermittlerin in Cincinnati gearbeitete hatte, hatte ein Drogendealer Frankie mit einem Messer bedroht und sie gezwungen, sich Heroin zu spritzen. Sie hatte keine Wahl gehabt. Riley erinnerte sich daran, was Frankie ihr von der ?berw?ltigenden Euphorie erz?hlt hatte, die sie damals erlebt hatte. „Wenn ich in diesem Moment gestorben w?re, w?re ich gl?cklich gestorben.“ Das war das Ereignis gewesen, dass Frankie davon ?berzeugt hatte, dass der „Krieg gegen Drogen“ sinnlos war. Riley wusste, dass Frankie mit diesem Erlebnis f?r den Rest ihres Lebens zu k?mpfen haben w?rde. Bis jetzt hatte sie sich nicht vorstellen k?nnen, wie sich das f?r sie anf?hlte. Vielleicht kann ich es jetzt verstehen, dachte sie sich. Riley nahm einen Bissen von ihrem Sandwich und ?berlegte einen Moment lang. Dann sagte sie: „Hier ist das komische daran, Frankie. Vor ungef?hr zwei Wochen wollte ich wirklich jemanden t?ten. Es hat mich meine gesamte Selbstkontrolle gekostet, es nicht zu tun.“ „Was ist passiert?“, fragte Frankie. Riley sagte: „Vielleicht hast du von diesem Fall geh?rt, an dem Crivaro und ich in Maryland gearbeitet hatten.“ „Ja, das war abscheulich“, sagte Frankie. „Der Name des M?rders ist Mullins, oder?“ Riley nickte. „Ja, Larry Mullins. Er wurde eingestellt, um sich um zwei kleine Kinder zu k?mmern, die er beide umbrachte –– er erw?rgte sie auf zwei verschiedenen Spielpl?tzen.“ Dann st?hnte sie leicht und f?gte hinzu: „Nat?rlich wurde Mullins noch nicht verurteilt. Das Datum f?r den Prozess wurde noch nicht einmal bestimmt und die Beweislage gegen ihn ist immer noch d?rftig. Aber Crivaro und ich wissen, dass er es war –– genauso wie die Eltern der Kinder.“ Riley hielt einen Moment lang inne, da sie die Erinnerung f?rchtete, um die es ging. „Mullins ist ein s?ffisantes Arschloch“, sagte sie. „Er ist durchtr?nkt von diesem Anschein kindlicher Unschuld, was auch der Grund war, wieso die Eltern der Kinder ihm vertraut hatten. Ich hasste ihn abgr?ndig, ab dem Moment, in dem Crivaro und ich ihn erwischt hatten. Er grinste mich an und gab mit seinem Blick praktisch zu, dass er schuldig war. Aber er wusste auch verdammt gut, dass es f?r uns schwierig sein w?rde ihm das nachzuweisen.“ Riley trommelte mit den Fingern unruhig auf dem Tisch. Sie sagte: „Und genau in dem Moment, als ich ihm die Handschellen anlegte und ihm seine Rechte las, grinste er mich wieder an und sagte zu mir: ‚Viel Gl?ck‘.“ Frankie japste leicht. Riley fuhr fort: „Gott, du kannst dir nicht vorstellen, wie w?tend mich das gemacht hat. Ich wollte ihn wirklich umbringen. Ich glaube ich habe tats?chlich nach meiner Glock gegriffen. Crivaro hat meine Schulter ber?hrt und mich warnend angeblickt. Wenn es nicht Crivaro gewesen w?re, h?tte ich Mullins wom?glich an Ort und Stelle erschossen.“ „Es ist gut, dass du es nicht getan hast“, sagte Frankie. „Vielleicht stimmt das“, sagte Riley. „Aber ich kann nicht anders, als mich zu fragen –– was, wenn Mullins der erste Mensch gewesen w?re, den ich get?tet h?tte. Ich w?rde mich sicherlich nicht so schlecht f?hlen wie jetzt. Vielleicht h?tte ich sogar ?berhaupt keine Probleme damit. Stattdessen habe ich ein dummes, armes Kind erschossen, das nie eine Chance im Leben gehabt hatte. Es ist einfach…“ Riley schluckte eine schmerzhafte Wut und Bitternis hinunter. „Es ist einfach unfair“, sagte sie. Riley und Frankie a?en einige Momente schweigend weiter. Endlich sagte Frankie in einem vorsichtigen Ton: „Wei?t du, du wirst wahrscheinlich denken, dass ich verr?ckt bin, wenn ich das sage, aber… vielleicht ist es f?r uns beide besser, dass die Dinge uns auf genau diese Art und Weise widerfahren sind.“ Riley machte gro?e Augen. „Wie meinst du das?“, fragte sie. Frankie zuckte mit den Schultern und sagte: „Naja, w?re ich nicht gezwungen gewesen mir damals Heroin zu spritzen, h?tte ich nie begriffen, wie dumm der Krieg gegen Drogen wirklich ist. Und wenn du die M?glichkeit gehabt h?ttest Larry Mullins zu erschie?en, h?ttest du es vielleicht auch in Zukunft einfach gefunden, deine t?dliche Gewalt anzuwenden –– zu einfach.“ Frankie verstummte und wischte sich eine Tr?ne aus dem Auge. „Ich wei?, dass wir beide leiden, Riley“, sagte sie. „Aber ich glaube es ist besser zu leiden, als vor Schmerz hart zu werden. Zumindest waren wir in der Lage unsere Menschlichkeit, unsere Verletzlichkeit zu bewahren, all die Dinge, die das Beste in uns ausmachen. Viele Menschen in unserem Job schaffen das nicht.“ Riley nickte langsam. Sie wusste, dass Frankie genau das sagte, was sie gerade h?ren musste. Sie begriff, dass sie wirklich Gl?ck hatte, dass sie heute Frankies Anteilnahme hatte. Das hier war besser als jegliche Therapie, auf die sie hoffen konnte. Eine Weile lang a?en sie schweigend. Dann fragte Frankie: „Und wie l?uft es mit deinem Verlobten? Habt ihr schon ein Hochzeitsdatum ausgew?hlt?“ Die Frage ?berraschte Riley. Sie stammelte: „?hm, nein, noch nicht.“ „Nein?“, sagte Frankie und schaute Riley skeptisch an. „Noch nicht“, wiederholte Riley und a? dann still weiter. Sie wurde angespannt, als sie sich vorstellte, was Frankie gerade denken musste. Sie erinnerte sich an etwas, was Frankie gesagt hatte, als sie sich gerade kennengelernt hatten… „Ich habe eine etwas voreingenommene Sicht auf M?nner im Allgemeinen.“ Obwohl Frankie selten davon sprach, wusste Riley, dass Frankies vierj?hrige Ehe in einer h?sslichen Scheidung geendet war. Frankie hatte wahrscheinlich keinerlei Gr?nde anzunehmen, dass es mit Riley und Ryan klappen w?rde. Hat sie vielleicht recht? fragte Riley sich. Schlie?lich liefen die Dinge in letzter Zeit nicht besonders gut zwischen ihnen. W?hrend sie ihre Mahlzeit beendeten, unterhielten Riley und Frankie sich ?ber Kleinigkeiten. Als Frankie sie zur?ck zu ihrer Wohnung fuhr, merkte Riley, dass sie dem Rest ihres freien Tages mit Missmut entgegensah. Sie fragte sich insbesondere, wie es heute Abend mit Ryan sein w?rde. Sie fragte sich –– was sagte es ?ber sie aus, dass sie sich nicht darauf freute ihren eigenen Verlobten zu sehen? Schlimmer noch, wurde sie vielleicht s?chtig nach den Gefahren und Qualen ihrer Arbeit? Sie wusste nur, dass sie nichts an ihren Gef?hlen ?ndern konnte. Wenn ich nicht zur?ck an die Arbeit gehe, verliere ich meinen Verstand, dachte sie. Was auch immer dort drau?en auf sie wartete, sie musste weitermachen und sich dem stellen. KAPITEL VIER Jake klopfte nerv?s mit dem Fu? auf den Boden, als er dem leitenden Spezialagenten der Verhaltensanalyseeinheit gegen?bersa?. Es klingt auf jeden Fall nach einer Serie, dachte er. Erik Lehl beschrieb gerade zwei ?hnliche Mordf?lle in Kentucky und Tennessee. Jake versuchte zu entscheiden, ob er gerade ?berhaupt dar?ber nachdenken wollte. Schlie?lich war er gestern erst in eine Schie?erei im Staat New York verwickelt gewesen. Lehl schloss seine Darlegung mit den Worten: „Agent Crivaro, der einzige Grund, wieso ich mit Ihnen dar?ber spreche ist, dass ich gerade keine anderen erfahrenen Verhaltensanalyseagenten habe, die ich dort hinschicken k?nnte.“ Jake kicherte und sagte: „Also bin ich der letzte Ausweg, wie?“ Lehl lachte nicht ?ber Jakes kleinen Witz. Nat?rlich wusste Jake sehr gut, dass sein Boss nicht gerade f?r seinen Sinn f?r Humor bekannt war. „Sie wissen, dass Sie das nicht sind“, sagte Lehl. „Ich will einfach keine Anf?nger schicken. Aber ich wei? auch, dass sie wom?glich eine Pause gebrauchen k?nnten, nach dem, was gestern vorgefallen ist. Wenn das so ist, dann ist das in Ordnung. Es ist nicht gerade ein ?ffentlich diskutierter Fall, noch nicht zumindest. Ich kann es auch die FBI Einheit vor Ort in Memphis ?bernehmen lassen. Aber der ?rtliche Sheriff ist in einer Art Panik und hat explizit die Verhaltensanalyseeinheit angefragt. Ich w?re entspannter, wenn ich w?sste, dass ich meinen besten Agenten auf den Job angesetzt habe.“ „Sie sollten mir nicht schmeicheln, Sir“, sagte Jake l?chelnd. „Sonst steigt es mir noch zu Kopf.“ Agent Lehl lachte auch jetzt nicht. Der schlaksige Mann legte seine langen Finger zu einer Raute zusammen und blickte Jake erwartungsvoll an. „Ich mach’s“, sagte Jake schlie?lich. Lehl schien genuin erleichtert zu sein. „Na dann ist ja gut“, sagte Lehl. „Ich bestelle ein Flugzeug, dass sie zum Dyersburg Regionalflughafen fliegen wird. Ich werde veranlassen, dass ein paar ?rtliche Cops Sie dort empfangen. Soll ich Ihnen einen Partner zuteilen?“ Jake rutschte auf seinem Stuhl herum. „Nee, diesen hier bekomme ich alleine hin“, sagte er. Lehl gab ein leises entr?stetes St?hnen von sich. Er sagte: „Agent Crivaro, wir haben doch dar?ber gesprochen.“ Lehls paternalistischer Ton am?sierte Jake, so als w?rde sein Boss ihn liebevoll ermahnen wollen. „Ja, ich wei?“, sagte Jake. „Sie sagen immer wieder, es sei an der Zeit, dass ich lerne mit anderen klarzukommen. Aber ich bin alt und gefestigt in meinem Charakter, Sir. Wenn Sie mich mit einem Anf?nger hinschicken, werde ich den armen nur terrorisieren. Ich k?nnte ihn ganz vergraulen. Das w?rden Sie nicht wollen.“ Dann stellte sich ein ziemlich omin?ses Schweigen ein. Ich nehme an, meine Antwort gef?llt ihm nicht, dachte Jake. Schlie?lich sagte Lehl: „Denken Sie einfach dar?ber nach, einen Partner mitzunehmen. Ich werde ihnen wegen des Fluges Bescheid geben.“ Das Gespr?ch war beendet und Jake ging wieder in sein eigenes B?ro zur?ck. Er setzte sich an seinen Schreibtisch, der mit Unterlagen ?berh?uft war, an denen er heute gearbeitet hatte. Er hatte sich mit dem „Nanny Killer“ Fall aus Maryland besch?ftigt und versucht genug Beweise zusammenzubekommen, um den Kinderm?rder namens Larry Mullins zu verurteilen. Er und Riley hatten den Mann vor einigen Wochen verhaftet. Der Prozess w?rde bald stattfinden. Obwohl Jake, Riley und das gesamte Ermittlungsteam mit fast absoluter Gewissheit wussten, dass Mullins schuldig war, machte Jake sich Sorgen, ob die Jury das auch so sehen w?rde. Jake fragte sich, ob er Lehls Bitte vorhin h?tte ausschlagen sollen. Lehl h?tte es ihm nicht vorgehalten. Und es war nicht so, als h?tte er nicht andere wichtige Dinge zu erledigen. Au?erdem war er von den Ereignissen gestern immer noch mitgenommen. Ich glaube, ich bin einfach ein Typ, der nicht nein sagen kann, dachte Jake. Er fragte sich, ob er wohl s?chtig nach der Arbeit im Au?endienst war, und nach all der Action und den Gefahren, die sie mit sich brachte. Oder vielleicht war es etwas anderes. In letzter Zeit hatte er das Gef?hl, dass sein Vertrauen in seine eigenen F?higkeiten schwand. Seine Ungewissheit ?ber den Mullins Fall verst?rkte diese Zweifel nur. Vielleicht hatte er diesen Fall angenommen, weil er einen inneren Drang versp?rte sich zu beweisen –– zu beweisen, dass er immer noch seine Arbeit machen konnte, und das nicht nur gut sondern besser, als jeder andere in der Verhaltensanalyseeinheit. Aber was, wenn diese Zeiten vorbei sind? fragte er sich. Er dachte an etwas, was Agent Lehl eben gesagt hatte. „Denken Sie einfach dar?ber nach, einen Partner mitzunehmen.“ Jake vermutete, dass es guter Rat war. Der Versuch Solo zu arbeiten, w?hrend er mit Selbstzweifeln k?mpfte, war keine gute Idee. Aber Lehl hatte ihm soeben gesagt, dass er gerade keine anderen erfahrenen Agenten zur Verf?gung hatte. Jake hatte keine Lust irgendeinem dummen, unerfahrenen Gr?nschnabel angewandten Unterricht zu geben –– nicht, wenn wahrscheinlich ein Serienm?rder auf freiem Fu? war und sich bereit machte erneut zuzuschlagen. Nat?rlich gab es da eine junge Agentin, von der Jake nicht so dachte... Riley Sweeney. Seine junge Protegå war mehr als vielversprechend. Sie hatte jetzt schon bessere F?higkeiten, als viele weitaus erfahrenere Agenten, auch wenn ihre Bewertungen der Situation oft noch erratisch waren und sie ein Problem damit hatte, Befehlen zu folgen. Eines Tages, das wusste er, w?rde sie genauso gut, wenn nicht noch besser, als er selbst sein. Ihm gefiel der Gedanke, dass sie seine Arbeit weiterf?hren w?rde, wenn er nicht mehr da war. Und es gefiel ihm, mit ihr zusammen zu arbeiten. Doch dar?ber hinaus hatte er das Gef?hl, dass er begann sich wirklich auf sie zu verlassen. Wenn es stimmte, dass seine eigenen F?higkeiten nachlie?en, so beruhigte es ihn, Riley dabei zu haben. Doch als Jake dar?ber nachdachte, seufzte er laut. Ich kann sie nicht bitten, an diesem Fall mitzuarbeiten, dachte er. Es war viel zu fr?h. Die arme Kleine war viel zu traumatisiert von den Ereignissen des gestrigen Tages. Seit der Schie?erei auf diesem verschneiten Parkplatz wurde Jake von Rileys entsetztem Gesichtsausdruck heimgesucht, als sie auf Heidi Wrights toten K?rper niederstarrte. Das tote M?dchen hatte noch j?nger ausgesehen, als ihre tats?chlichen f?nfzehn Jahre –– wie eine traurige, kaputte kleine Puppe. Obwohl Riley nichts dergleichen gesagt hatte, wusste Jake, dass sie nicht anders konnte, als sich wie eine Art M?rderin zu f?hlen. Die arme Kleine war immer noch in Schock gewesen, als er sie gestern zuletzt gesehen hatte. Nat?rlich hatten Jake und Riley beide gewusst, dass sie fr?her oder sp?ter auf jemand schie?en m?sste. Doch Jake h?tte nie gedacht, dass es unter so schrecklichen Bedingungen passieren w?rde –– und nat?rlich, h?tte auch Riley es nie gedacht. Sie braucht eine Auszeit, dachte Jake. Sie brauchte au?erdem professionellen Beistand, den Jake ihr in keiner Weise leisten konnte. Und doch fragte Jake sich, ob er wirklich das Recht hatte, so eine Entscheidung f?r sie zu treffen. Sollte sie nicht selbst entscheiden k?nnen, ob sie bereit war, wieder an die Arbeit zu gehen? Eine andere Frage machte ihm au?erdem Sorgen. Kann ich diesen Job wirklich ohne sie machen? Jake griff nach dem H?rer seines Telefonapparats und w?hlte ihre Nummer. * Riley betrat gerade ihre Wohnung, als ihr Handy klingelte. Frankie hatte sie soeben von Tiffin’s Grub & Pub nach Hause gefahren, wo die beiden Freundinnen sich ein leckeres Mittagessen geg?nnt und ein gutes Gespr?ch gehabt hatten. Riley hoffte, dass der Anruf ihr nicht die Laune verderben w?rde. Als Riley die T?r hinter sich schloss, schaute sie auf das Display. Der Anruf kam von Jake Crivaro. Sie nahm sofort ab. Sie h?rte die brummende Stimme ihres Mentors: „Riley –– Crivaro am Apparat.“ Sein vertrauter Gru? brachte Riley zum L?cheln. Sie antwortete beinahe: Ich wei?. Stattdessen sagte sie: „Was gibt’s?“ Sie h?rte, wie Crivaro unentschlossen grunzte. Dann sagte er: „?hm, ich wollte nur... als ich dich gestern das letzte Mal gesehen habe, ging es dir nicht gut. Geht es dir besser?“ Riley versp?rte einen Funken Neugierde. Sie war sich sicher, dass Crivaro wegen mehr anrief, als sich blo? nach ihrem Wohlbefinden zu erkundigen. „Ja, es geht mir besser“, sagte sie. „Ich denke aber, es wird noch eine ganze Weile dauern. Gestern war... naja, irgendwie hart, wissen Sie?“ „Ich wei?“, sagte Crivaro. „Es tut mir leid, dass alles so gekommen ist. Hast du bereits einen Therapietermin ausgemacht?“ „Noch nicht“, sagte Riley. „Z?gere das nicht hinaus“ „Das werde ich nicht“, sagte Riley, obwohl sie sich ?berhaupt nicht sicher war, dass sie es auch wirklich ernst meinte. Es gab eine peinliche Pause. Dann sagte Crivaro: „Naja, ich dachte, dass ich dich wissen lasse, dass ich in K?rze nach Tennessee fliege. Es gab dort ein paar Morde, einen in Kentucky und einen in Tennessee, und es sieht danach aus, als k?nnten sie das Werk eines Serienm?rders sein. Lehl hat mir den Auftrag gegeben.“ Rileys Neugierde stieg an. Sie fand es komisch, dass Crivaro diese Begebenheit in genau diesem Moment mit ihr teilen wollte. „Ich hoffe, es l?uft gut“, sagte sie. „Ja, naja...“ Eine noch l?ngere Pause stelle sich ein. Dann sagte Crivaro: „Lehl sagt, dass ich mit einem Partner an diesem Fall arbeiten soll. Er hat niemanden au?er Anf?nger anzubieten und ich dachte ich rufe an und frage... Nee, es ist eine schlechte Idee, vergiss, dass ich was gesagt habe.“ Riley sp?rte ein aufgeregtes Kribbeln. „Wollen Sie, dass ich mitkomme?“, fragte sie. „Nein, ich h?tte nicht anrufen sollen, tut mir leid. Ich bin sicher, das ist das letzte, was du gerade tun m?chtest. Du musst dich ausruhen, Zeit mit deinem Verlobten verbringen, den Kopf freibekommen. Du musst auch ein paar Therapiesitzungen machen, bevor du wieder an die Arbeit gehst. Du wei?t, dass du fr?her oder sp?ter diese psychologische Evaluation machen musst.“ Aber nicht jetzt sofort, dachte Riley. Nicht, wenn ich bereits irgendwo anders an einem anderen Fall arbeite. Es platze ihr heraus: „Ich mach’s.“ Sie h?rte Crivaro seufzen. “Riley, ich bin mir da nicht sicher.“ Riley sagte: „Tja, ich bin mir sicher. Mit wem k?nnten Sie sonst noch arbeiten? Sie brauchen jemand harten, jemanden der Sie kennt. Andernfalls w?rden Sie nur einen armen Anf?nger terrorisieren.“ Crivaro kicherte und sagte: „Ja, das ist so ziemlich, was ich Lehl gesagt habe. Jedenfalls k?mmert er sich gerade um einen Flug nach Tennessee. Soll ich nach DC fahren und dich abholen?“ „Nein, das m?ssen Sie nicht“, sagte Riley. „Mit dem Zug geht es schneller. Ich kenne den Fahrplan auswendig, es gibt einen Zug, der bald kommt. Wenn Sie mich am Quantico Bahnhof abholen, k?nnen wir direkt zur Landebahn fahren.“ Riley sagte ihm die Ankunftszeit und Crivaro antwortete: „Na gut.“ Er z?gerte und stammelte: „Und, ?hm...“ Riley sp?rte, dass er mit sich rang, um die richtigen Worte zu finden. Schlie?lich sagte er einfach: „Danke.“ Riley wollte schon beinahe sagen: „Nein, danke Ihnen.“ Stattdessen sagte sie: „Ich bin bald da.“ Sie beendete den Anruf und starrte auf ihr Handy als sie sich auf die Couch setzte. Sie war ?berrascht, dass sie soeben diese Entscheidung getroffen hatte. Sie hatte wirklich kein bisschen ?berlegt. Habe ich gerade einen Fehler gemacht? fragte sie sich. Es f?hlte sich nicht nach einem Fehler an. Eigentlich f?hlte sie tiefe Erleichterung. Ihr Drang zur?ck an die Arbeit zu kehren verwunderte sie. Doch was sie an dem Telefonat am meisten verwundert hatte, war Crivaros Ton gewesen. Er hatte beinahe wie ein Schuljunge geklungen, der ein M?dchen um ein Rendezvous bat. Er will wirklich mit mir zusammenarbeiten, dachte sie. Er will mit niemand anderem zusammenarbeiten. Es gab ihr ein wohliges Gef?hl, gewollt zu werden –– und vielleicht sogar gebraucht. Doch als sie sich von der Couch erhob, um ins Schlafzimmer zu gehen und ihre Reisetasche zu holen, fiel ihr etwas ein. Ryan. Sie musste ihn anrufen, und ihn informieren. Und sie bezweifelte, dass er es gelassen nehmen w?rde. Sie erinnerte sich an ihr Gespr?ch gestern Abend und wie er ihr Druck gemacht hatte die Verhaltensanalyseeinheit zu verlassen, und daran, was sie darauf geantwortet hatte. „Ryan, m?ssen wir das wirklich jetzt besprechen?“ Nat?rlich hatten sie es bisher nicht geschafft, dar?ber zu reden. Sie hatten einfach keine Zeit daf?r gehabt. Doch nun ?bernahm Riley trotzdem einen neuen Fall. Sie nahm den H?rer des Festnetztelefons in die Hand und w?hlte nerv?s Ryans Nummer. Er klang fr?hlich, als er sich am anderen Ende meldete. „Hallo S??e, ich freue mich, dass du angerufen hast. Ich habe heute Abend einen Tisch in diesem Restaurant reserviert, das wir beide so m?gen, Hugo’s Embers. Klingt das nicht gro?artig? Du wei?t wie schwer es ist, dort einen Tisch zu bekommen.“ Riley schluckte nerv?s. Sie sagte: „Ja, das ist toll, Ryan, aber... das m?ssen wir auf einen anderen Abend verschieben.“ „Huch?“ Riley unterdr?ckte ein Seufzen. „Agent Crivaro hat gerade angerufen“, sagte sie. „Er will, dass ich mit ihm an einem Fall in Tennessee arbeite. Ich mache mich jetzt auf, um noch einen Zug nach Quantico zu erwischen.“ Ein angespanntes Schweigen hing in der Leitung. „Riley, ich kann nicht sagen, dass mir das gef?llt“, sagte Ryan. „Bist du bereit wieder zur Arbeit zu gehen? Du warst gestern ziemlich fertig. Und au?erdem...“ Es folgte erneutes Schweigen. Dann sagte Ryan: „Riley, wir brauchen das. Einen romantischen Abend zu zweit, meine ich. Es ist schon lange her, dass wir... du wei?t schon.“ Es dauerte einen Moment, bis Riley verstand, was er meinte. Dann begriff sie: Oh mein Gott. Er spricht von Sex. Wir lange war es her, dass sie Liebe gemacht hatten? Sie wusste es nicht und begriff, dass sie in letzter Zeit ?berhaupt nicht daran gedacht hatte. Zwischen den zwei F?llen, an denen sie diesen Monat bereits gearbeitet hatte, war sie ersch?pft gewesen. Und dazu kam noch, dass sie sich auf den bevorstehenden Mullins Prozess vorbereitete. Sie sagte: „Ich mache das wieder gut, versprochen.“ „Riley, darum geht es nicht. Du hast das beschlossen, ohne mit mir zu sprechen.“ Riley versp?rte einen Stich von Wut. Werde ich Ryan jedes Mal zu Rate ziehen m?ssen, wenn ich einen neuen Fall annehme? Aber das letzte was sie wollte, war mit ihm in diesem Moment dar?ber zu streiten. Sie hatte einfach keine Zeit daf?r. Sie sagte: „Es tut mir leid. Wirklich. Wir reden dar?ber, wenn ich nach Hause komme.“ „Ich m?chte nicht, dass du fliegst“, sagte Ryan mit flehender Stimme. „Ich muss hinfliegen“, sagte Riley. „Es ist mein Job.“ „Aber –– “ „Tsch?ss, Ryan. Ich muss den Zug erwischen. Ich liebe dich.“ Sie legte auf und sackte mit einem verzweifelten Seufzen zusammen. Soll ich Crivaro zur?ckrufen? fragte sie sich. Soll ich ihm sagen, ich kann den Fall doch nicht ?bernehmen? Crivaro w?rde es sicherlich verstehen. Er hatte ihr das ja bereits so gesagt. Doch dann sp?rte Riley eine Welle des Grolls in sich aufkommen. Ryan hatte kein Recht sie so unter Druck zu setzen, besonders nicht nach dem, was gestern passiert war. Sie hatte einen Job zu erledigen und sie konnte Ryan nicht f?r den Rest ihres Lebens um Erlaubnis bitten, ihn zu machen. Sie eilte ins Schlafzimmer, holte ihre Reisetasche und verlie? die Wohnung, um den Zug zu bekommen. KAPITEL F?NF Das Leben begann sich f?r Riley wie ein einziger langer Flug mit Jake Crivaro anzuf?hlen. Gerade erst gestern Abend waren sie aus New York zur?ckgeflogen. Nun waren sie erneut im FBI Jet, auf dem Weg ins westliche Tennessee. Es ist fast so, als w?re ich gar nicht zuhause gewesen, dachte sie. Auf eine gewisse Art und Weise w?nschte sie, dass es so gewesen w?re. Es w?re sch?n, glauben zu k?nnen, dass ihr Streit mit Ryan am Telefon heute morgen ein blo?er Traum gewesen war, dass alles gut war zwischen ihnen. Leider wusste sie, dass all das wirklich geschehen war. Und nat?rlich ging das auch die schrecklichen Ereignisse des gestrigen Tages an. Mein ganzes Leben f?hlt sich gerade wie ein b?ser Traum an, dachte sie. Wie ein Albtraum von endlosen Fl?gen, Gefahren und pl?tzlichem Tod. Sie sch?ttelte ihre d?steren Gedanken ab und schaute zu Crivaro. Er sa? neben ihr und schaute einige handschriftliche Notizen durch, die er zum bevorstehenden Fall gemacht hatte. Er erkl?rte: „Vor ungef?hr einer Woche wurde eine Leiche im Wald gefunden, in der N?he von Brattledale in Raffel County, Kentucky. Das Opfer war ein junges M?dchen, Natalie Booker.“ „Wie wurde sie ermordet?“, fragte Riley. „Erdrosselt“, sagte Crivaro. „Wenn es ein blo?er Einzelfall in nur einem Staat gewesen w?re, w?rde es uns nichts angehen. Aber gestern kam eine weitere Leiche dazu, ein weiteres junges M?dchen namens Kimberly Dent, auch erdrosselt, wahrscheinlich vom selben M?rder. Ihre Leiche befand sich am Waldrand in der N?he von Dalhart, Tennessee –– hinter der Staatengrenze.“ „Was es zu einem FBI Fall macht“, sagte Riley. „Wenn wir ihn ?bernehmen wollten.“ „Genau“, sagte Crivaro. “Au?erdem hat Raffel County Sheriff, Ed Quayle, ausdr?cklich um die Hilfe der Verhaltensanalyseeinheit gebeten, also sind wir auf jeden Fall dabei.“ Crivaro schloss sein Notizbuch. „Das ist so ziemlich alles, was ich bisher wei?“, sagte er. „Sheriff Quayle wird uns am Flughafen empfangen, ich bin mir sicher, er wird mehr haben.“ Riley nickte zustimmend und sie schwiegen eine Weile lang. W?hrend sie dasa? und aus dem Fenster starrte, begannen Rileys Gedanken sich erneut um die schreckliche Schie?erei von gestern zu drehen. Riley h?rte wie Crivaro leise sagte: „Du siehst m?de aus.“ Sie drehte sich zu ihm und sah, dass er sie besorgt anschaute. „Ich nehme an, das bin ich auch irgendwie“, sagte Riley. „Ich habe gestern Nacht nicht viel geschlafen.“ „Bist du sicher, dass du es schaffst, an diesem Fall zu arbeiten?“ „Ich bin mir sicher“, sagte Riley. Doch sie merkte, dass sie sich gar nicht so sicher war. Und sie konnte an Crivaros besorgtem Blick ablesen, dass er ihre Zweifel sp?rte. Er sagte mit sanfter Stimme: „Es ist hart, was dir gestern wiederfahren ist.“ Riley zuckte mit den Schultern und sagte: „Ich nehme an, Sie wissen wie sich das anf?hlt.“ „Nicht wirklich, nein.“ Riley war ?berrascht, das zu h?ren. Hat er nie jemanden get?tet? fragte sie sich. Crivaro hatte w?hrend der F?lle, an denen Riley mit ihm bisher gearbeitet hatte, nie schie?en m?ssen. Es w?re einmal beinahe so weit gekommen, als ein Verr?ckter kurz davor gewesen war Riley eine t?dliche Dosis Amphetamine zu spritzen. Doch Crivaros damaliger Partner Mark McCune hatte damals den Schuss abgegeben, der den M?rder niedergestreckt hatte. Nichtsdestotrotz war Riley sich sicher, dass Crivaro auf irgendjemanden geschossen haben musste w?hrend seiner mehr als zwanzigj?hrigen Karriere als FBI Agent –– wahrscheinlich viele Male. Aber es muss ein erstes Mal gegeben haben, dachte sie. Vielleicht w?rde es ihr helfen, wenn er ihr davon erz?hlte. Vorsichtig fragte sie: „Agent Crivaro... k?nnten Sie mir vom ersten Mal erz?hlen, als Sie auf jemanden schie?en mussten?“ Crivaro zuckte mit den Schultern. Er schien nicht besonders beunruhigt von der Frage. „Naja, das ist eine uralte Geschichte“, sagte er. „Hast du jemals von dem Magrette Bank ?berfall von 1980 geh?rt?“ Riley machte gro?e Augen. „Nat?rlich habe ich davon geh?rt“, sagte sie. „Wir haben das an der Academy durchgenommen. Ich habe sogar mit anderen Kadetten Teile davon nachgestellt. Der Fall wird immer als Anti-Terrorismus- und ?berlebenstraining genutzt. Hatten Sie etwas damit zu tun?“ Crivaro l?chelte ein komisches L?cheln. „Ja, zum Ende hin jedenfalls. Willst du davon h?ren?“ Riley nickte stumm. Crivaro sagte: „Naja, erz?hl mir, was zu bereits dar?ber wei?t. Ich will dich nicht mit Details langweilen, die du bereits eine Millionen Mal geh?rt hast.“ Riley schnaubte beinahe auf. An der Geschichte des Magrette ?berfalls gab es rein gar nichts Langweiliges. Nichtsdestotrotz sagte sie: „Naja, ich wei?, dass das ganze Ding verr?ckt war –– und extrem gewaltt?tig. Eine Gang aus sechs Bankr?ubern hat eine Bank in Magrette, Pennsylvania gest?rmt, bewaffnet bis an die Z?hne und in Kampfanz?ge des Milit?rs gekleidet. Sie zwangen die Bankschalterbeamten $20,000 in Bar rauszugeben.“ „Das war damals viel Geld“, sagte Jake. „Aber die ?rtliche Polizei hat Wind davon bekommen, w?hrend der ?berfall noch im Gange war,“ sagte Riley. „Als sie am Tatort anr?ckten, brach eine Schie?erei direkt dort vor der Bank aus.“ Jake sch?ttelte den Kopf. „Diese armen Cops“, sagte er. „Sie hatten keine Ahnung, wie unterbewaffnet sie waren.“ Riley sagte: „Ein Deputy wurde getroffen –– f?nf Mal, wenn ich mich richtig erinnere.“ „Unglaublich, aber er ?berlebte es“, sagte Crivaro. „Die R?uber bekamen es hin, zu ihrem Fluchtfahrzeug zu gelangen“, fuhr Riley fort. „Dann lieferten sie sich mit den Cops eine wilde Verfolgungsjagd. Die R?uber schossen auf die Polizeiautos, bewarfen sie sogar mit selbstgemachten Bomben. Alle m?glichen Transportmittel wurden besch?digt, inklusive eines Polizeihubschraubers. Die R?uber schafften es, die Polizei f?r eine Weile abzuh?ngen.“ Crivaro grunzte leicht. „Ja, das war der Moment, an dem das FBI eingeschaltet wurde –– mich mit eingeschlossen“, sagte er. „Fr?h am n?chsten Morgen hatte eins unserer Teams die Gang irgendwo in einem nahegelegenen Wald aufgesp?rt, doch es stellte sich als Falle heraus. Wir wurden mit einem Kugelhagel begr??t. Unser Team Chief, Val Davidson, war sofort tot.“ Crivaro schauderte und sagte: „Er wurde von einer Kugel aus einem Sturmgewehr getroffen. Hat fast seinen gesamten Sch?del weggeblasen. Ich hatte sowas noch nie erlebt.“ Einen Moment lang schwieg er und sein Blick kehrte ins Innere. Dann sagte er: „Wir alle erwiderten das Feuer, auch ich, obwohl wir unsere Angreifer kaum richtig zu sehen bekamen in diesem Wald. Die Sch?sse schienen von ?berall und gleichzeitig aus dem Nichts zu kommen. Ich habe aber den allerletzten Schuss gefeuert. Einen Bruchteil einer Sekunde nachdem ich geschossen hatte, h?rte ich einen Aufschrei aus dem Wald. Dann war die Schie?erei zu Ende und alles wurde still.“ Crivaro schlurfte nerv?s mit den F??en ?ber den Boden. Er sagte: „Dann kamen uns f?nf der R?uber mit erhobenen H?nden entgegen. Sie stellten sich! Ich und ein weiterer Kerl gingen in den Wald hinein, um herauszufinden, was vor sich ging. Wir fanden Wallace Combs, den Anf?hrer der Bande, tot auf dem Boden liegen. Erschossen, mit einer Kugel mitten in die Brust. Der Rest der Gang erz?hlte uns daraufhin, dass Combs sie ?berzeugt hatte bis zum Tode zu k?mpfen. Doch wie sich herausstellte, konnten sie ohne ihn nicht weitermachen.“ Crivaro schielte, so als ob er erneut mit dem Unglaublichen k?mpfte. „Ich hatte ihn get?tet“, sagte er. „Aber ich hatte ihn nicht einmal gesehen. Ich habe einfach in den Wald hineingeschossen. Es war der gl?cklichste verdammte Zufall auf der Welt.“ Crivaro verstummte f?r einen Moment. „Ich kann nicht sagen, dass ich mich jemals schuldig daf?r gef?hlt hatte“, sagte er, „aber es hat mich ver?ndert. Es hat mich h?rter gemacht, nehme ich an. Teilweise war das, weil ich meinen Chief hatte so sterben sehen. Seit diesem Zeitpunkt hatte ich nie ein Problem damit, meine Waffe einzusetzen.“ Dann schaute er Riley direkt in die Augen. Er sagte: „Es ist f?r jedermann eine andere Erfahrung –– dieses erste T?ten, meine ich. Was mir damals wiederfahren ist –– naja, es ist etwas ganz anderes, als das, was dir gestern wiederfahren ist. Ich habe den Mann, den ich erschossen hatte, nicht gesehen, bis er tot war. Es hat sich nicht so pers?nlich angef?hlt, so... naja, ich habe keine wirkliche Ahnung, wie es sich f?r dich anf?hlt.“ Bei diesem Worten zuckte Riley zusammen. Einen Augenblick lang sah sie wieder dieses unschuldige junge Gesicht mit toten Augen in den Schneefall hinaufstarren. So gut es ihr auch getan hatte vorhin mit Frankie dar?ber zu sprechen, wusste Riley, dass sie immer noch mit vielem zu k?mpfen hatte. Und es wird seine Zeit brauchen, dachte sie. Crivaro t?tschelte ihre Schulter. „Na, willst du dar?ber sprechen?“, sagte er. Riley dachte einen Moment lang nach und sch?ttelte dann den Kopf. „Das ist vielleicht auch besser so“, sagte Crivaro. „Ich bin nicht der Typ, der dir da weiterhelfen kann. Ich habe nicht das richtige Feingef?hl. Du musst wirklich mit einem Therapeuten sprechen, genau wie Lehl dich angewiesen hat. Versprich mir, dass du einen Termin ausmachst, sobald wir wieder in Quantico gelandet sind.“ „Ich verspreche es“, sagte Riley. Doch sie sp?rte eine akute Angst, als sie diese Worte sagte. Sie fragte sich, wie sie ?ber diese schrecklichen Dinge mit einem Unbekannten sprechen sollte. Wie sollte ihr das helfen? Und wieso geht es ?berhaupt irgendjemanden etwas an? Kann ich mich da nicht irgendwie rauswinden? Doch nat?rlich wusste sie, dass sie es nicht konnte. Ein Befehl war ein Befehl, und ein Versprechen ein Versprechen. Und ?berhaupt, sie und Crivaro waren kurz davor einem m?glichen Serienm?rder nachzujagen. Ich habe wahrscheinlich schlimmere Dinge vor mir, als einen Arztbesuch, dachte sie sich mit einem bitteren L?cheln. KAPITEL SECHS Der gro?e, grimmige Mann, der Riley und Crivaro erwartete, als sie aus dem Flieger stiegen, machte ?berhaupt keinen herzlichen Eindruck. Riley nahm an, dass es sich um Sheriff Quayle handeln musste, der eigentlich ihre Hilfe angefordert hatte. Doch er stand blo? da auf der Landebahn mit verschr?nkten Armen und einem w?tenden Ausdruck im Gesicht. Er schaute so drein, als w?rde er finden, dass Riley und Crivaro bereits etwas getan hatten, dass ihm nicht gefiel. Findet er, wir sind sp?t dran, oder so? fragte Riley sich. Sie fand, dass sie hier so schnell eingetroffen waren, wie man es von ihnen vern?nftigerweise erwarten konnte. Riley und Crivaro holten ihre Dienstmarken zum Vorschein und stellten sich vor. Quayle machte keine Anst?nde dasselbe zu tun. „Kommen Sie“, sagte er unwirsch. „Ich fahre Sie dort hin.“ Riley konnte nur annehmen, dass „dort“ den Tatort meinte. Ein Mann weniger Worte, dachte Riley sich. Sie und Crivaro folgten ihm durch den kleinen Flughafenterminal, dann hinaus auf den Parkplatz. Das Wetter war ?hnlich wie das in Virginia –– kalt, aber nicht zu sehr. Nicht wie es im Staat New York gewesen war. Doch es lag Schnee und es war kalt genug, dass Riley froh war sich warm angezogen zu haben. Riley, Crivaro und Quayle stiegen in einen Polizeiwagen, der mit „Raffel County Sheriff“ beschriftet war. Als er den Parkplatz verlie?, grummelte Quayle leise: „Was f?r ein Tag, an dem wir Leute wie Sie in unserer Gegend brauchen.“ Riley warf Crivaro einen fragenden Blick zu. „Wieso mag er uns nicht?“, fl?sterte sie kaum h?rbar. Schlie?lich, wie Crivaro ihr im Flugzeug erz?hlt hatte, hatte Quayle h?chstpers?nlich eine Ermittlung seitens des FBI angefragt, und sogar explizit nach der Hilfe von Verhaltensanalyseagenten verlangt. Crivaro l?chelte leicht und zuckte mit den Schultern, so als w?rde er ihr sagen wollen, dass er es ihr sp?ter erkl?ren w?rde. Dann sagte Crivaro zu Quayle: „Was k?nnen Sie uns zu den Morden sagen?“ „Nicht viel –– noch nicht“, sagte Quayle. „Deshalb sind sie hier.“ „Kannten die Opfer einander?“, fragte Crivaro. „Nicht, dass ihre Eltern w?ssten“, sagte Quayle. „Es ist m?glich, nehme ich an. Es sind nur zehn Minuten mit dem Auto von Dalhart zu Brattdale, einige Leute besuchen einander. Doch normalerweise bleiben die Leute in Dalhart hier und unter sich. Ein bisschen autark, k?nnte man sagen.“ „Was k?nnen Sie mir ?ber das Opfer aus diesem Ort erz?hlen?“, fragte Crivaro. Quayle seufzte bitter. „Kimberly Dent war ein gutes M?dchen“, sagte er. „Eine wirklich nette Kleine. Ich kannte sie seit ihrer Geburt. Ich bin mit beiden ihrer Eltern zur Schule gegangen, Phil und Claudia –– sie waren quasi seit ihrer Kindheit zusammen. Gute Leute. Niemand hat je irgendetwas gegen sie gehabt. Dann wiederum gibt es nichts als gute Leute in dieser Gegend. Wir haben keine Probleme wie die, an die Leute wie Sie gewohnt sind.“ Riley wusste nicht genau, wen oder was Sheriff Quayle mit „Leute wie Sie“ meinte, aber sie bemerkte eine herabsetzende Note in seiner Stimme, als er diese Worte sagte. Bald daraufhin bog Quayle vom Highway auf eine kleinere Landstra?e ab. Als sie hinaus aufs Land fuhren, betrachtete Riley die h?bsche, schneebedeckte H?gellandschaft mit vereinzelten B?umen hier und da, aus dem Fenster. Obwohl die Landschaft keine Berglandschaft war, die das westliche Virginia, wo Riley aufgewachsen war, wurde Riley an Szenen ihrer Kindheit in den Appalachen erinnert. Die Fahrt brachte Erinnerungen in Riley hoch –– mache waren nostalgische, aber viele waren traurige. Vieles an ihrer Kindheit war schwierig gewesen, besonders nachdem ihre Mutter vor ihren Augen in einem S??igkeitenladen erschossen worden war. Obwohl die Sch?nheit dieser Landschaft sie zutiefst r?hrte, hatte sie in einem sehr jungen Alter gelernt, dass Sch?nheit und H?sslichkeit oft Seite an Seite koexistierten. Und hier ist etwas sehr H?ssliches passiert, dachte sie. „Wir sind gleich da“, sagte Sheriff Quayle. Als sie hinter eine weitere Kurve bogen, sah Riley ein geparktes Auto und zwei Menschen –– einen Mann und eine Frau –– dastehen, wo die Stra?e breit genug war, um Fahrzeuge am Stra?enrand zu parken. Es sah danach aus, als h?tte der Verkehr den meisten Schnee in der Gegend zum Schmelzen gebracht. Die zwei Menschen standen wenige Meter von der Stra?e entfernt und schauten beide auf etwas. Es war ein wei?es, ungef?hr einen Meter hohes Kreuz. Kimberly Dents Eltern, vermutete Riley. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung bei dem Gedanken, die trauernden Eltern kennenzulernen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass jetzt gleich tun zu m?ssen und sie war sich sicher, dass auch Crivaro das nicht erwartet hatte. Sheriff Quayle fuhr an die Stra?enseite und parkte sein Fahrzeug hinter dem bereits dort stehenden Auto. Riley und Crivaro stiegen mit ihm zusammen aus und gingen alle auf das Paar zu, das ihre Ankunft kaum bemerkt zu haben schien. Riley konnte nun das Denkmal am Stra?enrand genauer erkennen. Das einfach gestrichene Holzkreuz trug die Aufschrift von Kimberly Dents Namen. Irgendjemand –– das Paar, wie Riley vermutete –– hatte einen Strau? k?nstlicher Blumen davorgelegt. Das Paar stand mit gesenkten K?pfen da, wie in der Kirche. Der Mann hatte einen Holzhammer in der Hand, er musste das Kreuz also gerade eben erst in die Erde geklopft haben. Das Paar hatte das Kreuz mit Steinen, die ein Herz formten, umrahmt. Das Paar drehte sich um, als sie Sheriff Quayles Stimme vernahmen. „Phil, Claudia, ich habe zwei Leute dabei, die ich euch vorstellen will.“ Sheriff Quayle stellte Phil und Claudia Dent Riley und Crivaro vor. Riley und Crivaro sprachen beide ihr Beileid aus und entschuldigten sich daf?r, dass sie in so einem Moment einige Fragen stellen mussten. Riley sah, dass Phil und Claudia beide ernste, hagere Gesichter hatten. Zweifellos sahen sie trauriger als sonst aus, aber Riley hatte das Gef?hl, dass sie auch unter anderen Umst?nden nicht sehr oft l?chelten. Sie fragte sich, ob ihre Tochter auch so eine ernste Miene getragen hatte. Irgendwie bezweifelte sie das. Ohne genau zu wissen, wieso, stellte Riley sich Kimblery Dent als typisch fr?hliche und ausgelassene Jugendliche vor. In einer monotonen und ausdruckslosen Stimme sagte Claudia zu Riley und Crivaro: „Ich hoffe Sie finden denjenigen, wer das getan hat.“ „Wir werden unser Bestes geben“, sagte Crivaro. „Haben Sie irgendeine Ahnung, wer ihrer Tochter etwas B?ses wollte?“ Phil sagte ziemlich spitz: „Jemand, der uns nicht mag.“ Riley war verwundert ?ber seine Betonung auf dem Wort uns. Claudia sagte: „Niemand von hier. Jemand von irgendwo anders.“ Sie richtete sich etwas auf und f?gte hinzu: „Es kommt immer mehr zu sowas in dieser Welt.“ W?hrend Crivaro dem Paar weitere Fragen stellte, hatte Riley das Gef?hl, dass ihr Einiges immer klarer wurde –– einschlie?lich der schroffen Einstellung des Sheriffs ihnen gegen?ber. Sie dachte an etwas, das er ihr und Crivaro w?hrend der Fahrt gesagt hatte. „Wir haben keine Probleme wie die, an die Leute wie Sie gewohnt sind.“ Er hatte auch gesagt: „Was f?r ein Tag, an dem wir Leute wie Sie in unserer Gegend brauchen.“ Aus ihrer eigenen Kindheit wusste Riley, dass l?ndliche Bewohner „ein bisschen autark“ sein konnten, wie Sheriff Quayle sich ausgedr?ckt hatte, und an ihren antiquierten Lebensvorstellungen festhalten konnten. Doch das Leben dort drau?en ver?nderte sich schnell und ver?nderte sich st?ndig. Riley vermutete, dass Phil und Claudia das Gef?hl hatten, als w?rde die Welt sie in letzter Zeit umzingeln, ihre Lebensweise bedrohen. Und nun hatte der Mord an ihrer Tochter dieses Gef?hl in ihnen nur noch versch?rft. Sie wollen wirklich nicht daran glauben, dass der M?rder einer von ihnen sein k?nnte, dachte Riley. Stattdessen wollten sie glauben, dass der M?rder irgendein Au?enseiter war, irgendjemand, der solche Menschen wie sie hasste –– irgendjemand aus der Welt, aus der Riley und Crivaro kamen. Es machte Riley traurig, dass es gut m?glich war, dass sie sich irrten. W?hrend Riley ?ber all das nachdachte, stellte Crivaro dem Paar weitere Fragen. „Hatte Kimberly einen Freund?“, fragte Crivaro. Die Eltern zuckten leicht zusammen. „Nein“, sagte Phil. „Bestimmt nicht“, f?gte Claudia hinzu. Riley und Crivaro tauschten fl?chtig ?berraschte Blicke aus. Das Paar klang beinahe so, als h?tten sie die Frage beleidigend gefunden. Dann sagte Crivaro: „Und eine beste Freundin? Ein anderes M?dchen, meine ich.“ Claudia sagte: „Das w?re Goldie Dowling.“ „K?nnten Sie mir sagen, wie wir sie erreichen?“, fragte Crivaro. Sheriff Quayle sagte zu Crivaro: „Das kann ich f?r Sie ?bernehmen.“ Crivaro nickte und sagte dem Paar, dass er erstmal keine weiteren Fragen hatte. Er bat sie, das B?ro des Sheriffs zu kontaktieren, falls ihnen irgendetwas einfallen sollte, was wichtig sein k?nnte. Claudia trat einen Schritt vom Denkmal zur?ck und nickte, zufrieden mit dem Anblick. Sie sagte: „Die Leute werden bald Blumen und so etwas hierherbringen, um es zu verzieren. Es wird sehr h?bsch aussehen. Aber ich hoffe, die Leute haben einen gesunden Menschenverstand und bringen keine echten Blumen. Die w?rden bei diesem Wetter schnell verwelken.“ Dann verzog sie die Miene und f?gte hinzu: „Alles Lebendige w?rde verwelken, wenn man es hier lassen w?rde.“ Riley konnte eine ganze Welt kalter Verbitterung in diesen schillernden Worten heraush?ren. Als die Dents sich abwendeten und zu ihrem Auto gingen, bemerkte Riley zwei Dinge. Phil und Claudia hatten einander keinerlei physische W?rme oder Trost gespendet. Sie hatten sich nicht einmal an den H?nden gehalten. Au?erdem hatte keiner der beiden geweint. Riley fragte sich, ob das ungew?hnlich war, besonders f?r die Frau. Dann erinnerte sie sich an ihre eigenen Reaktionen, nachdem sie Heidi Wright get?tet hatte –– die Taubheit, die stundenlang an ihr gehaftet hatte, bis sie endlich alleine in ihrer Wohnung weinen konnte. Vielleicht hat sie bereits sehr viel geweint, dachte Riley. Oder vielleicht hat ihre Trauer noch nicht richtig eingesetzt. Als das Paar davonfuhr, sagte Sheriff Quayle zu Riley und Crivaro: „Kommen Sie, ich zeige Ihnen, wo die Leiche gefunden wurde.“ Sie begannen sich vom Stra?enrand zu entfernen und gingen auf die etwas abseits wachsenden B?ume und Gestr?pp zu. Crivaro fragte: „Haben Sie irgendeine Ahnung, was f?r ein Fahrzeug der M?rder benutzt hat?“ „Nein, und ich wei? nicht, wie wir es herausfinden k?nnten“, sagte Quayle und zeigte auf den Boden. „Der Seitenstreifen hier ist mit einer dicken Schotterschicht bedeckt und es liegt kaum noch Schnee. Ein Fahrzeug w?rde hier keinerlei nennenswerte Reifenabdr?cke hinterlassen.“ Crivaro schnaubte. Er blieb stehen und ging in die Hocke. Riley begriff, was er sah. Herabgefallene Bl?tter formten einen verr?terischen Haufen an einer Stelle, wo der Schotter endete. Crivaro fegte die Bl?tter weg und sagte zu Quayle: „Schauen Sie mal.“ Wie erwartet, sah Riley eine teilweise verwischten Reifenspur im Dreck, wo der Schotter endete. „Irgendwer hat hier geparkt“, sagte Crivaro und fuhr die Spur mit dem Finger nach. „Er war schlau genug die Spur zu verwischen, sodass wir keine solide forensische Analyse machen k?nnen. Aber der Grund war noch zu kalt und er war in Eile. Er hat sogar ein paar Bl?tter dr?ber gesch?ttet, um das, was von der Spur ?brig geblieben ist, zu verbergen. Sein Fahrzeug war schwer genug, um Spuren zu hinterlassen. Sie sind jedoch nicht klar genug, um bestimmen zu k?nnen um welche Fahrzeugart es sich handelt.“ Crivaro erhob sich wieder und die drei warteten einen kurzen Weg hin?ber zum verlassenen Gestr?pp am Rande des Seitenstreifens. Quayle zeigte auf den Boden und sagte: „Wie sie sehen k?nnen, gibt es um diese Jahreszeit nicht viel Blattwerk und sie trug einen roten Parka. Sie war also ziemlich gut von der Stra?e aus zu sehen. Ein Fahrer entdeckte sie heute morgen und rief uns an.“ „Wann wurde die Leiche abtransportiert?“, fragte Crivaro. „Um die Mittagszeit“, sagte Quayle. „Der Gerichtsmediziner wollte sie nicht l?nger als n?tig dem Unwetter ?berlassen.“ Riley konnte sehen, wo die Bl?tter angedr?ckt waren, weil dort die Leiche gelegen hatte. Crivaro b?ckte sich hinab, um einen genaueren Blick auf die Stelle zu werfen. Crivaro ber?hrte den Boden und sagte: „Kimberly wurde nicht direkt hier umgebracht.“ Quayle schaute ?berrascht. „Das hat der Gerichtsmediziner auch gesagt, ausgehend vom vermuteten Todeszeitpunkt“, sagte Quayle. „Aber woher wussten Sie es?“ Riley konnte genau sehen, was Crivaro meinte. Sie wusste, was er sagen w?rde, als er begann zu gestikulieren und es Quayle zu erkl?ren. „Es gibt keine Kampfspuren. Die einzigen Auff?lligkeiten sind das heruntergetrampelte Gestr?pp, durch das der M?rder die Leiche getragen hatte und diese Mulde, wo der K?rper gelegen hatte. Es sieht so aus, als w?re sie ziemlich vorsichtig hier abgelegt und nicht einfach gedankenlos abgeworfen worden. Was hat ihr Gerichtsmediziner noch feststellen k?nnen?“ „Die Todesursache ist Strangulation, irgendwann gestern“, sagte Quayle. „Er konnte den genauen Todeszeitpunkt nicht ermitteln.“ Crivaro sagte: „Ich hoffe, Sie haben gute Fotos beider Tatorte.“ Quayle nickte und sagte: „Ja, und die Tatorte sehen sich sehr ?hnlich. Der Sheriff dr?ben in Brattledale stimmt mir zu, es muss sich um denselben M?rder handeln. Ich zeige Ihnen die Bilder, wenn wir auf der Wache sind.“ W?hrend Crivaro und Quayle weitersprachen, versuchte Riley sich auf ihre Umgebung zu konzentrieren. Ihr unikales Talent war es, in die Gedanken des M?rders einzudringen, meistens an derlei Tatorten. Es war eine komische F?higkeit und erschien selbst ihr unheimlich. Doch Crivaro hatte ihr oft versichert, dass es nichts Hellseherisches oder Mystisches daran gab. Riley hatte blo? au?ergew?hnlich gute Intuitionen und Instinkte –– genau wie Crivaro selbst. Nat?rlich war es einfacher, wenn ein Tatort frischer war und die Leiche noch nicht abtransportiert worden war. Doch selbst hier sp?rte sie ein leichtes Kribbeln, ein unbestimmtes Gef?hl von der Anwesenheit des M?rders. Doch sie versp?rte keine Gef?hle von Anfeindung oder Wut. War das, weil der Mord selbst an einem anderen Ort stattgefunden hatte, wom?glich mehrere Stunden bevor die Leiche hierher gebracht worden war? Hatte der M?rder den Hass auf das Opfer bereits ausgelebt? Nein, das ist es nicht, dachte Riley sich. Sie sp?rte, dass der M?rder ?berhaupt keine Wut empfunden hatte. Schlie?lich war die Leiche auf eine scheinbar sorgf?ltige und vielleicht sogar respektvolle Art und Weise hier hingelegt worden. Was ist mit Schuldgef?hlen? fragte Riley sich. Nein, sie konnte auch keine Schuldgef?hle sp?ren. Und wie immer wurde ihr Bauchgef?hl vom Anblick des Tatorts selbst untermauert. Der M?rder hatte die Leiche mehr oder weniger sichtbar abgelegt, wo man sie in den fr?hen Morgenstunden auf jeden Fall entdecken w?rde. Er hatte nicht versucht seine Tat zu verbergen. Er hatte ?berhaupt keine Schuld versp?rt. Vielleicht f?hlte er sich stolz? Das konnte Riley nicht sagen. Doch sie sp?rte schon, dass er wom?glich eine gewisse Genugtuung versp?rt hatte von dem, was er getan hatte. Als er diesen Ort verlassen hatte, hatte er das Gef?hl gehabt, als habe er das Richtige getan, vielleicht sogar, als habe er seine Pflicht erf?llt. Riley schauderte, als ein anderes Gef?hl ?ber sie kam. Er ist nicht fertig. Er wird es erneut tun. Ihr Tagtraum wurde von Crivaros Stimme unterbrochen. „Komm Riley. Gehen wir.“ Sie wand sich um und sah, dass Crivaro und der Sheriff bereits aus dem Unterholz zur?ck zum Seitenstreifen staksten. „Quayle f?hrt uns auf die Polizeiwache des Ortes“, f?gte Crivaro hinzu. Riley folgte ihnen und sie alle stiegen in den Wagen des Sheriffs. Als der Sheriff losfuhr, sah Riley sich auf das Kreuz um, dass das Paar vorhin als Andenken an ihre Tochter aufgestellt hatte. Nat?rlich hatte sie schon hunderte solcher Wegkreuze an Stra?enr?ndern gesehen, aber sie hatte immer angenommen, dass sie im Gedenken an Autounfallopfer aufgestellt worden waren. Es erschien Riley irgendwie merkw?rdig ein solches Wegkreuz am Ort eines gr?sslichen, grausamen und vors?tzlichen Verbrechens aufzustellen. Keine weiteren Kreuze, dachte sie. Das hier muss ein Ende haben. KAPITEL SIEBEN Es war nicht die einbrechende Dunkelheit, die Riley Unbehagen bereitete. Als Sheriff Quayle sie in das kleine St?dtchen Dalhart fuhr, schaute sie auf die reihenweise dastehenden bescheidenen H?uschen, einige von ihnen dunkel, andere von Innen hell erleuchtet. Die H?user waren ordentlich und die Stadt machte einen durchaus gem?tlichen und sicheren Eindruck. Riley dachte an etwas, das Claudia Dent ?ber den M?rder gesagt hatte. „Niemand von hier. Jemand von irgendwo anders.“ Riley wusste nicht, ob sie darauf hoffen sollte, dass die Frau recht hatte, oder eher darauf, dass sie unrecht behielt. Was Riley, Crivaro und die Polizei anging, so war das Einzige, was z?hlte, dass der M?rder so bald wie m?glich geschnappt werden w?rde. Doch galt das auch f?r die Dents und all die anderen Menschen, die in diesem verschlafenen Ort lebten? Was, wenn der M?rder sich als einer von ihnen herausstellte –– vielleicht sogar ein vertrauensvoller Freund, Nachbar und B?rger? W?rde das St?dtchen sich von dem nagenden Horror eines solchen Schocks jemals erholen k?nnen? Êîíåö îçíàêîìèòåëüíîãî ôðàãìåíòà. Òåêñò ïðåäîñòàâëåí ÎÎÎ «ËèòÐåñ». Ïðî÷èòàéòå ýòó êíèãó öåëèêîì, êóïèâ ïîëíóþ ëåãàëüíóþ âåðñèþ (https://www.litres.ru/pages/biblio_book/?art=51922522&lfrom=688855901) íà ËèòÐåñ. Áåçîïàñíî îïëàòèòü êíèãó ìîæíî áàíêîâñêîé êàðòîé Visa, MasterCard, Maestro, ñî ñ÷åòà ìîáèëüíîãî òåëåôîíà, ñ ïëàòåæíîãî òåðìèíàëà, â ñàëîíå ÌÒÑ èëè Ñâÿçíîé, ÷åðåç PayPal, WebMoney, ßíäåêñ.Äåíüãè, QIWI Êîøåëåê, áîíóñíûìè êàðòàìè èëè äðóãèì óäîáíûì Âàì ñïîñîáîì.
Íàø ëèòåðàòóðíûé æóðíàë Ëó÷øåå ìåñòî äëÿ ðàçìåùåíèÿ ñâîèõ ïðîèçâåäåíèé ìîëîäûìè àâòîðàìè, ïîýòàìè; äëÿ ðåàëèçàöèè ñâîèõ òâîð÷åñêèõ èäåé è äëÿ òîãî, ÷òîáû âàøè ïðîèçâåäåíèÿ ñòàëè ïîïóëÿðíûìè è ÷èòàåìûìè. Åñëè âû, íåèçâåñòíûé ñîâðåìåííûé ïîýò èëè çàèíòåðåñîâàííûé ÷èòàòåëü - Âàñ æä¸ò íàø ëèòåðàòóðíûé æóðíàë.