Êàê ÷àñòî ÿ âèæó êàðòèíêó òàêóþ Âîî÷èþ, èëè îíà òîëüêî ñíèòñÿ: Äâå äåâî÷êè-ãåéøè î ÷¸ì-òî òîëêóþò, Çàáûâ, ÷òî äàâíî èì ïîðà ðàñõîäèòüñÿ. Íà óëèöå ò¸ìíîé âñå äâåðè çàêðûòû. Ëåíèâîå ïëàìÿ â ôîíàðèêå ñîííîì… À äåâî÷êè-ãåéøè êàê áóäòî çàáûòû Äâóìÿ îãîíüêàìè â ïðîñòðàíñòâå áåçäîííîì. Íó ÷òî âàì íå ñïèòñÿ, ïðåêðàñíûå ãåéøè? Âåäü äàæå ñâåð÷êè íåóìîë÷íû

Wenn Sie Rennen W?rde

Wenn Sie Rennen W?rde Blake Pierce „Ein Meisterwerk von Thriller und Mystery. Auf gro?artige Art und Weise hat Blake Pierce seine Charaktere entwickelt, und dabei deren psychologischen Seiten so pr?zise beschrieben, dass wir uns in deren Gedankenwelt einfinden und ihren ?ngsten und ihren ErfolgserlebnisseN folgen k?nnen. Dieses Buch ist so reich an unerwarteten Wendungen, dass es Sie bis tief in die Nacht wachhalten wird, bis zur letzten Seite.“Buch- und Film-Kritiken, Roberto Mattos (?ber Once Gone)WENN SIE RENNEN W?RDE (Ein Kate Wise Mystery) ist das dritte Buch in der neuen psychologischen Krimireihe von Bestseller Autor Blake Pierce, dessen Nummer 1 Bestseller Once Gone (Buch Nr. 1) - erh?ltlich als gratis Download - mehr als eintausend 5-Sterne-Kritiken erhalten hat.Kate Wise, eine sechsundf?nfzigj?hrige FBI-Agentin; wird aus ihrem Ruhestand gerissen, als ein zweiter Ehemann aus einem wohlhabenden Vorort New York Citys ermordet aufgefunden wird; erschossen auf dem Nachhauseweg. Kann dies ein Zufall sein?Der eine Fall, den Kate niemals l?sen konnte, hat sie ein Jahrzehnt lang verfolgt. Nun, zehn Jahre sp?ter, wird ein weiterer Ehemann aus dem gleichen Vorort ermordet aufgefunden - get?tet auf die gleiche Art und Weise wie der erste.Gibt es eine Verbindung, und wenn ja, welche?Kann Kate ihren damalige Misserfolg wettmachen und den Fall l?sen, bevor die Spuren kalt werden?WENN SIE RENNEN W?RDE ist das dritte Buch dieser actionreichen Thrillerreihe, der Ihr Herz schneller schlagen l?sst und garantiert, dass Sie das Buch bis sp?t in die Nacht nicht aus der Hand legen.Buch Nr. 4 in der KATE WISE MYSTERY Serie kann ab sofort vorbestellt werden. WENN SIE RENNEN W?RDE (Ein Kate Wise Mystery – Buch 3) Blake Pierce Blake Pierce Blake Pierce ist der Autor der f?nfzehnteiligen RILEY PAGE Mystery-Bestsellerserie (Fortsetzung in Arbeit). Blake Pierce hat au?erdem folgende B?cher geschrieben: Die MACKENZIE WHITE Mystery-Serie, bestehend aus neun B?chern (Fortsetzung in Arbeit), die AVERY BLACK Mystery-Serie, bestehend aus sechs B?chern (Fortsetzung in Arbeit) und die KERI LOCKE Mystery-Serie, aus bestehend aus f?nf B?chern, DAS ENTSTEHEN DER RILEY PAGE Mysterie-Serie, das aus drei B?chern besteht (Fortsetzung in Arbeit), die KATE WISE Mystery-Serie, bestehend aus vier B?chern (Fortsetzung in Arbeit), die CHLOE FINE Psychothriller, bestehend aus drei B?chern (Fortsetzung in Arbeit) und die JESSE HUNT Psychothriller, die aus drei B?chern besteht (Fortsetzung in Arbeit). Als leidenschaftlicher Leser und langj?hriger Fan von Mystery- und Thriller-Romanen freut sich Blake Pierce, von Ihnen zu h?ren. Besuchen Sie www.blakepierceauthor.com (http://www.blakepierceauthor.com) f?r weitere Infos und um auf dem Laufenden zu bleiben. Copyright © 2018 Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Au?er durch Genehmigung gem?? U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieses Buches ohne ausdr?ckliche Genehmigung des Autors vervielf?ltigt, vertrieben oder in irgendeiner Form ?bermittelt oder in Datenbanken oder Abfragesystemen gespeichert werden. Dieses E-Book ist nur f?r ihren pers?nlichen Gebrauch lizenziert. Es darf nicht weiterverkauft oder an Dritte weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit anderen teilen m?chten, erwerben Sie bitte f?r jeden Empf?nger eine zus?tzliche Kopie. Wenn Sie dieses Buch lesen, aber nicht gekauft haben, oder es nicht f?r Sie gekauft wurde, geben Sie es bitte zur?ck und erwerben Sie eine eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit des Autors respektieren. Dieses Buch ist Fiktion. Namen, Figuren, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorf?lle sind vom Autor frei erfunden oder werden fiktiv verwendet. ?hnlichkeiten mit echten Personen, lebendig oder verstorben, sind zuf?llig. Einband Image Copyright Tom Tom, unter der Lizenz von Shutterstock.com. B?CHER VON BLAKE PIERCE JESSIE HUNT PSYCHOTHRILLER-SERIE DIE PERFEKTE EHEFRAU (Buch Nr. 1) DER PERFEKTE BLOCK (Buch Nr. 2) DAS PERFEKTE HAUS (Buch Nr. 3) CHLOE FINE PSYCHOTHRILLER-SERIE NEBENAN (Buch Nr. 1) DES NACHBARS L?GE (Buch Nr. 2) SACKGASSE (Buch Nr. 3) KATE WISE MYSTERY-SERIE WENN SIE W?SSTE (Buch Nr. 1) WENN SIE S?HE (Buch Nr. 2) WENN SIE RENNEN W?RDE (Buch Nr. 3) WENN SIE SICH VERSTECKEN W?RDE (Buch Nr. 4) DAS MAKING OF RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE BEOBACHTET (Buch 1) WARTET (Buch 2) LOCKT (Buch 3) RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE VERSCHWUNDEN (Buch 1) GEFESSELT (Buch 2) ERSEHNT (Buch 3) GEK?DERT (Buch 4) GEJAGT (Buch 5) VERZEHRT (Buch 6) VERLASSEN (Buch 7) ERKALTET (Buch 8) VERFOLGT (Buch 9) VERLOREN (Buch 10) BEGRABEN (Buch 11) ?BERFAHREN (Buch 12) GEFANGEN (Buch 13) RUHEND (Buch 14) MACKENZIE WHITE MYSTERY-SERIE BEVOR ER T?TET (Buch 1) BEVOR ER SIEHT (Buch 2) BEVOR ER BEGEHRT (Buch 3) BEVOR ER NIMMT (Buch 4) BEVOR ER BRAUCHT (Buch 5) EHE ER F?HLT (Buch 6) EHE ER S?NDIGT (Buch 7) BEVOR ER JAGT (Buch 8) VORHER PL?NDERT ER (Buch 9) VORHER SEHNT ER SICH (Buch 10) AVERY BLACK MYSTERY-SERIE DAS MOTIV (Buch 1) LAUF (Buch 2) VERBORGEN (Buch 3) GR?NDE DER ANGST (Buch 4) RETTE MICH (Buch 5) ANGST (Buch 6) KERI LOCKE MYSTERY-SERIE EINE SPUR VON TOD (Buch 1) EINE SPUR VON MORD (Buch 2) EINE SPUR VON SCHW?CHE (Buch 3) EINE SPUR VON VERBRECHEN (Buch 4) EINE SPUR VON HOFFNUNG (Buch 5) INHALT KAPITEL EINS (#u81ed95fe-e3b7-5505-a5ba-5b53b6453385) KAPITEL ZWEI (#uaf5dd3de-f3a5-530c-827c-1b8df1a69ed4) KAPITEL DREI (#u51f48938-2bfc-5148-a12c-0c8a2d9ddec9) KAPITEL VIER (#u8102cecc-6386-5a4a-93d4-c36941a8bd18) KAPITEL F?NF (#ua672b661-1b20-5bc9-b219-0972dc4238da) KAPITEL SECHS (#u792d5f6f-565c-5749-a709-34cc901d48d8) KAPITEL SIEBEN (#litres_trial_promo) KAPITEL ACHT (#litres_trial_promo) KAPITEL NEUN (#litres_trial_promo) KAPITEL ZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL ELF (#litres_trial_promo) KAPITEL ZW?LF (#litres_trial_promo) KAPITEL DREIZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL VIERZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL F?NFZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL SECHSZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL SIEBZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL ACHTZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL NEUNZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL ZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL EINUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL DREIUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL VIERUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL F?NFUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL SECHSUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL ACHTUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL NEUNUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL EINS Ihre Nerven standen in Flammen und sie meinte, sich jeden Augenblick ?bergeben zu m?ssen. Die Boxhandschuhe an ihren H?nden f?hlten sich fremd an und der Kopfschutz erstickte sie fast. Nichts davon war neu f?r Kate Wise – sie trainierte jetzt seit knapp zwei Monaten, aber bisher noch nie mit einem wirklichen Sparringpartner. Ihr war nat?rlich klar, dass es hier um erster Linie um Spa? ging und es ein Teil ihres Workouts war, aber trotzdem machte es sie nerv?s. Sie schlug auf den K?rper eines anderen ein, und das war etwas, was sie noch nie auf die leichte Schulter genommen hatte. Sie blickte auf ihren Sparringpartner, der auf der anderen Seite des Rings stand. Sie versuchte die j?ngere Frau - die genau wie Kate Mitglied dieses Fitnessstudios war und am gleichen Boxing-Kurs teilnahm – nicht als Gegnerin wahrzunehmen. Die Frau hie? Margo Dunn, und sie nahm aus dem gleichen Grund wie Kate an diesem Kurs teil, n?mlich, weil es der perfekte Fullbody-Workout war, ohne dass man dabei viel laufen oder Gewichte stemmen musste. Margo grinste Kate an, als der Trainer ihr den Mundschutz einlegte. Kate nickte zur?ck, w?hrend auch ihrer eingelegt wurde. Als er richtig sa?, sp?rte Kate, wie sich ein Schalter in ihr umlegte. Sie war jetzt im Box-Modus. Klar, sie war immer noch nerv?s und die Situation lie? sie sich etwas unwohl f?hlen, aber jetzt war der Zeitpunkt gekommen, loszulegen. Einsatz zu zeigen. Nur sieben Leute schauten zu – Trainer und zwei andere Mitglieder des Studios, die einfach neugierig waren. Am Rande des Rings l?utete jemand eine kleine Glocke, die den Start des Kampfes signalisierte. Kate trat in die Mitte des Rings, wo Margo schon stand. Ihre Handschuhe ber?hrten sich und beide traten zwei respektvolle Schritte zur?ck. Und dann ging es los. Kate umkreiste ihre Gegnerin ein wenig, ihre F??e fanden den Rhythmus, den sie gelernt hatte; so, als w?rde sie tanzen. Sie trat vor und schlug zum ersten Mal zu. Margo wehrte den Schlag mit Leichtigkeit ab, aber es war gut f?rs warm werden. Mit ihrer Linken schlug Kate nochmals zu. Wieder wehrte Margo den Schlag ab und landete dann ihrerseits einen Schlag mit ihrer Linken, die Kate an der Seite des Kopfes traf. Sie hatte nicht hart zugeschlagen – schlie?lich war dies ein Sparring-Match – und der Schlag wurde abfedert durch den schweren Kopfschutz. Trotzdem verlor Kate fast ihre Balance. Du bist sechsundf?nfzig, dachte sie. Was glaubst du eigentlich, was zum Teufel du hier machst? Noch w?hrend sie ?ber diese Frage nachdachte, landete Margo einen rechten Haken, dem Kate mit einer solchen Beh?ndigkeit auswich, dass sie sogleich an Selbstbewusstsein gewann. Und wie sie mit Leichtigkeit den Schlag abwehrte, motivierte sie in h?chstem Ma?e. Du wei?t ganz genau, warum du das hier tust, dachte sie. Nach neun Wochen hast du neun Kilo verloren und die beste Muskeldefinition, die du je gehabt hast. Du f?hlst dich zwanzig Jahre j?nger und jetzt mal ehrlich… hast du dich jemals zuvor so stark gef?hlt? Nein, das hatte sie nicht. Zwar hatte sie in Sachen Boxen noch verdammt viel zu lernen, aber die Grundlagen hatte sie schon verinnerlicht. Mit dieser Einstellung fest im Kopf verankert, trat sie vor, t?uschte einen linken Haken vor, um dann mit der Rechten zuzuschlagen. Als sie direkt Margos Kinn traf, legte sie mit der Linken nach … und dann nochmal. Beide Schl?ge trafen hundertprozentig und in Margos Augen trat ein ?berraschter Ausdruck, als sie r?ckw?rts in die Seile taumelte. Trotzdem grinste sie. Genau wie Kate wusste Margo, dass dies mehr oder weniger nur Training war, und sie hatte gerade eine Lektion gelernt: Achte immer auf die vorget?uschten Schl?ge deines Gegners. Margo erwiderte mit zwei gezielten Schl?gen auf Kates K?rper, von denen einer Kates Rippen traf. Sie rang einen Moment nach Atem, w?hrenddessen sie noch einen Schlag einsteckte. Sie sah noch, wie Margos harter rechter Haken von links kam, aber ihr blieb keine Zeit mehr zu reagieren. Sie versuchte auszuweichen, aber es war zu sp?t. Der Schlag traf sie mit voller Wucht seitlich am Kopf und lie? sie nach hinten taumeln. Einen Moment lang war ihr schwindelig. Ihre Sicht verschleierte sich und ihre Knie f?hlten sich schwach an. Sie dachte daran, ihre Knie einfach nachgeben zu lassen, nur um sich eine kurze Pause g?nnen zu k?nnen. Tja… also doch zu alt hierf?r…. Doch dann dachte sie: Kennst du irgendeine andere Frau ?ber f?nfzig, die solch einen Schlag einsteckt und trotzdem noch steht? Sie erwiderte mit zwei Schl?gen und dann noch einen, den sie auf Margos Torso richtete. Nur einer der ersten beiden Schl?ge traf sein Ziel, aber der Schlag auf den Torso war genau richtig platziert. Margo stolperte r?ckw?rts in die Seile. Sie stie? sich ab und versetzte Kate einen Kinnhaken, der nicht wirklich weh tun sollte, sondern Kate nur dazu veranlassen sollte, ihre Arme zur Abwehr nach oben zu rei?en, damit Margo dann auf ihren ungesch?tzten K?rper einschlagen konnte. Kate machte jedoch das Z?gern in Margos Bewegungen aus und erkannte blitzschnell ihre Taktik. Statt den Kinnhaken abzuwehren, wich sie nach rechts aus, wartete das volle Momentum von Margos Schlag ab, und landete dann selbst einen harten Schlag mit ihrer Rechten, der Margo an der Seite ihres Kopfes traf. Margo ging sofort zu Boden. Sie fiel vorn?ber auf den Bauch und rollte sich schnell ab. Sie zog sich in ihre Ecke zur?ck und nahm den Mundschutz heraus. Dann l?chelte sie Kate ungl?ubig an. „Tut mir leid“, sagte Kate und kniete sich vor Margo. „Das muss es nicht“, entgegnete Margo. „Es ist kaum zu glauben, wie du es schaffst, so schnell zu sein. Ich muss mich bei dir entschuldigen. Wegen deines Alters hatte ich angenommen, dass du… langsamer bist.“ Kates Trainer – ein ergrauter Mittsechziger mit langem wei?em Bart – kletterte schmunzelnd durch die Seile. „Der gleiche Fehler ist mir auch unterlaufen“, sagte er zu Margo. „Deshalb hatte ich ungef?hr eine Woche lang ein blaues Auge. Habe genau den gleichen Schlag eingesteckt wie du eben.“ „Du brauchst wirklich nicht so entschuldigend zu klingen“, sagte Kate. „Dein Schlag, der mich am Kopf getroffen hat, hat mich fast k.o. geschlagen.“ „Er h?tte dich k.o. schlagen sollen“, entgegnete der Trainer. „Er war schon ein St?ck h?rter, als ich das eigentlich guthei?e in einem einfachen Sparring-Match.“ Dann blickte er Margo an. „Du kannst es dir aussuchen, ob du weitermachen willst oder nicht.“ Margo nickte und rappelte sich auf. Der Trainer legte ihr wieder den Mundschutz ein. Dann begaben sich beide Frauen wieder in ihre jeweiligen Ecken und warteten auf das Einl?uten der n?chsten Runde. Allerdings war es nicht die Glocke, die Kate nun h?rte, sondern das Klingeln ihres Handys. Und es war der Klingelton, der ausschlie?lich f?r Anrufe des FBIs reserviert war. Sie spuckte den Mundschutz aus und erhob ihre behandschuhten H?nde in Richtung ihres Trainers. „Tut mir leid“, sagte sie. „Den Anruf muss ich annehmen.“ Ihr Trainer wusste Bescheid ?ber ihren Teilzeitjob als Agent beim FBI. Er hielt sie f?r eine beinharte Lady (dies waren seine Worte, nicht ihre), weil sie sich weigerte, sich komplett von solch einem Job zur?ckzuziehen. Deshalb l?ste er ihre Handschuhe so schnell wie m?glich. Kate stieg durch die Seile und eilte zu ihrer Sporttasche, die an der hinteren Wand stand. Sie behielt sie immer in Reichweite, f?r den Fall, wenn eben solch ein Anruf kam. Sie griff das Handy und versp?rte sowohl Aufregung als auch Beklommenheit, als sie den Namen von Deputy Director Duran auf dem Display sah. „Agent Wise hier“, sagte sie. „Wise, hier ist Duran. Haben Sie einen Moment?“ „Ja“, sagte sie, wobei sie einen sehns?chtigen Blick in Richtung des Boxrings warf, wo Margos Trainer gerade mit ihr daran arbeitete, vorget?uschte Schl?ge rechtzeitig zu erkennen. „Was kann ich f?r Sie tun?“ „Ich hatte gehofft, dass Sie sich um einen Fall k?mmern k?nnen, und zwar umgehend. Sie und DeMarco m?ssen noch heute abfliegen.“ „Ich kann noch nicht sagen, ob das klappt“, sagte sie, und das entsprach der Wahrheit. Dies kam sehr kurzfristig und w?hrend der letzten Wochen hatte sie mehrfach mit ihrer Tochter Melissa dar?ber gesprochen, dass sie sich nicht mehr f?r solche Last-Minute-Jobs zur Verf?gung halten wollte. W?hrend des letzten Monats hatte sie sehr viel Zeit mit Melissa und ihrer Enkelin Michelle verbracht, und sie hatten endlich so etwas wie eine Routine etabliert. Eine Routine, bei der die Familie an erster Stelle stand. „Ich wei? es zu sch?tzen, dass Sie gleich an mich gedacht haben“, begann Kate. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich zusagen kann. Es ist extrem kurzfristig. Und dass wir irgendwohin fliegen m?ssen… l?sst darauf schlie?en, dass es sich um einen Fall handelt, der ziemlich weit weg ist. Ich wei? nicht, ob ich mich auf einen langen Trip einlassen kann. Um welchen Ort handelt es sich denn eigentlich?“ „New York. Kate… ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser Fall mit dem Nobilini-Fall zu tun hat.“ Bei dem Namen lief es Kate kalt den R?cken herunter. Sie vernahm ein Klingeln in den Ohren, und das hatte nichts mit dem Schlag zu tun, den ihr Margo kurz zuvor versetzt hatte. Flashbacks des Falls, der sich vor acht Jahren ereignet hatte, durchfluteten ihre Erinnerung – qu?lend, sie geradezu auslachend. „Kate?“ „Ich bin noch dran“, sagte sie. Erneut blickte sie zum Boxring her?ber. Margo machte Dehn?bungen und joggte leichtf??ig auf der Stelle, bereit f?r die n?chste Runde. Es war schade, dass es keine n?chste Runde geben w?rde. Denn sobald Kate den Namen Nobilini vernommen hatte, war ihr klar, dass sie den Fall einfach annehmen musste. Sie konnte keinesfalls ablehnen. Vor acht Jahren hatte sie sich an dem Nobilini-Fall die Z?hne ausgebissen – eine der wenigen echten Niederlagen ihrer Karriere. Und dies war nun die Gelegenheit, den Fall doch noch zum Abschluss zu bringen – den einzigen Fall, dem sie nicht gewachsen gewesen war, zu l?sen,. „Wann geht der Flug?“, fragte sie Duran. „Dulles Airport zum JFK Airport. Abflug in vier Stunden.“ Schweren Herzens dachte sie an Melissa und Michelle. Melissa w?rde kein Verst?ndnis daf?r aufbringen k?nnen, aber Kate konnte sich diese Gelegenheit schlichtweg nicht entgehen lassen. „Ich werde da sein“, sagte sie. KAPITEL ZWEI In weniger als anderthalb Stunden schaffte Kate es, ihre Sachen zu packen und nach Richmond zu fahren. Als sie sich mit ihrem Partner Kristen DeMarco bei einem Starbucks am Dulles International Airport traf, blieben ihnen kaum mehr als zehn Minuten bis zum Abflug. Die meisten anderen Passagiere waren schon an Bord der Maschine. DeMarco l?chelte und sch?ttelte ihren Kopf, als sie im Stechschritt und mit ihrem Kaffee in der Hand auf Kate zuging. „Wenn du einfach nach Washington DC umziehen w?rdest, dann m?sstest du dich nicht immer so furchtbar beeilen und dir solch einen Stress machen.“ „Das geht nicht“, entgegnete Kate, als sie aufeinandertrafen und gemeinsam zum Gate eilten. „Es reicht schon, dass dieser sogenannte Teilzeitjob mich so viel von meiner Familie fernh?lt. Wenn es auch noch eine Voraussetzung w?re, dass ich nach Washington DC umziehen muss, dann w?re ich nicht mehr dabei.“ „Und, wie geht es eigentlich Melissa und Michelle?“, wollte DeMarco wissen. „Gut geht es ihnen. Ich habe mit Melissa auf den Weg hierher telefoniert. Sie sagte, dass sie mich versteht und hat mir Gl?ck gew?nscht. Und zum ersten Mal glaube ich, dass sie es sogar ernst gemeint hat.“ „Gut. Ich habe ja gesagt, dass sie sich erstmal an die Situation gew?hnen muss. Ich k?nnte mir gut vorstellen, dass es supercool ist, so eine beinharte Mutter zu haben.“ „Naja, ich bin ja wohl alles andere als beinhart“, sagte Kate, als sie das Gate erreichten. Allerdings musste sie jetzt kurz daran denken, womit sie gerade besch?ftigt gewesen war, als Durans Anruf sie erreichte, und meinte, das Kompliment eigentlich doch akzeptieren zu k?nnen; wenigstens ein bisschen. „Das letzte, was ich von dir geh?rt habe“, sagte Kate zu DeMarco, „war, dass du an einem Dreifachmord in Maine gearbeitet hast.“ „Ja, habe ich. Vor einer Woche haben wir den Fall abgeschlossen. Insgesamt sechs Agenten waren daran beteiligt. Als Duran mich hinsichtlich dieses Falls anrief, sagte er, er wolle dich hinschicken und fragte, ob ich wieder gern mit dir ein Team bilden w?rde. Ich war nat?rlich sofort Feuer und Flamme. Ich habe ihm gesagt, dass ich auch in Zukunft bei jeder Gelegenheit mit dir im Team arbeiten will.“ „Danke“, sagte Kate und belie? es dabei. Eigentlich bedeutete ihr diese Aussage viel, aber sie wollte gegen?ber DeMarco nicht r?hrselig erscheinen. Gemeinsam bestiegen sie das Flugzeug und suchten sich ihre Pl?tze, die direkt nebeneinander lagen. Als sie es sich bequem gemacht hatten, griff DeMarco in ihr Handgep?ck und zog eine dicke Akte heraus, aus der allerlei Dokumente und anderer Papierkram hervor quollen. „Das ist alles, was es an Informationen in Sachen des Nobilini-Falls gibt“, sagte sie. „In Anbetracht dessen, dass du damals von Anfang an dabei warst, gehe ich davon aus, dass du davon alles bis ins Detail kennst?“ „Wahrscheinlich“, meinte Kate. „Es ist ein ziemlich kurzer Flug“, meinte DeMarco. „Ich m?chte die Details lieber aus erster Hand von dir h?ren, als die Notizen und Akten durchzugehen.“ Genauso dachte auch Kate. Das starke Bed?rfnis, das sie versp?rte, die Details mit DeMarco zu teilen, ?berraschte sie allerdings ein wenig. All die Jahre hatte dieser Fall an ihr genagt, er war wie eine juckende Stelle am R?cken gewesen, an die man nicht heran kam. Sie hatte jedoch mit der Zeit gelernt, den Fall und seine Details gedanklich auszusperren, um nicht st?ndig an die einzige bittere Niederlage ihrer Karriere erinnert zu werden. Als das Flugzeug langsam auf das Rollfeld zusteuerte, begann sie, DeMarco all die Details darzulegen. Einmal wurde sie von der Ansage zur sicheren Anwendung der Rettungswesen und dergleichen unterbrochen, und w?hrend dieser kurzen Pause wurde ihr bewusst, dass ihr all diese vertrauten Einzelheiten des Nobilini-Falls jetzt doch wie ganz neue Informationen vorkamen. Vielleicht lag es an den vielen Jahren, die der Fall nun zur?cklag, oder an ihrer halbherzigen Pensionierung, oder vielleicht lag aus auch an der Kombination aus beidem; jedenfalls erschien er ihr wie ein neuer und aktiver Falls. Sie erz?hlte DeMarco, dass sich der Fall in einem noblen Vorort von New York City zugetragen hatte. Es hatte nur einen Toten gegeben, aber irgendein Mitglied im Kongress, das eine enge Verbindung zu dem Opfer gehabt hatte, hatte starken Druck auf das FBI ausge?bt. Es hatte weder Fingerabdr?cke noch andere Hinweise jeglicher Art gegeben. Das Opfer, ein Mann namens Frank Nobilini, war im Midtown District von New York City tot gefunden worden. Es hatte den Anschein, als sei er auf dem Weg zur Arbeit gewesen und den einen Block von der Tiefgarage, wo er seinen Wagen abgestellt hatte, bis zu seinem B?ro zu Fu? gegangen. Der eine Schuss in den Hinterkopf, mit dem er niedergestreckt worden war, erinnerte stark an eine Hinrichtung. „Wie kann es denn wie eine Hinrichtung aussehen, wenn er offensichtlich gegen seinen Willen in eine finstere Seitengasse geschleift wurde?“, fragte DeMarco. „Das ist eine der offenen Fragen. Es wurde angenommen, dass Nobilini zusammengeschlagen wurde, bevor man ihn in diese Seitengasse schleifte und ihm in den Hinterkopf schoss. Blut und Gehirnmasse waren ?ber die ganze Wand des Geb?udes, neben dem sich die Leiche Nobilinis befand, verteilt. Die Schl?ssel zu seinem BMW hatte er noch in der Hand.“ DeMarco nickte nur und lie? Kate fortfahren. „Das Opfer lebte in einem recht noblen Vorort namens Ashton“, sagte Kate. „Es ist einer dieser Orte, dessen Vielzahl an Antiquit?tenl?den, ?berteuerten Restaurants und exklusiven Immobilien viele Besucher anlockt.“ „Und das ist genau das, was ich nicht verstehe“, meinte DeMarco. „Das ist doch einer der Orte, an dem garantiert viel getratscht wird, oder nicht? Man sollte doch annehmen, dass irgendjemand etwas wusste, oder dass ein Ger?cht im Umlauf war hinsichtlich dessen, wer der Killer ist. Aber dazu steht hier absolut nichts“, sagte sie, und klopfte ungeduldig mit dem Finger auf die umfangreiche Akte. „Das hat mich auch immer gewurmt“, r?umte Kate ein. „Ashton ist ein schickes Pflaster. Aber abgesehen davon, ist es auch eine sehr eng verbandelte Gemeinde. Jeder kennt jeden dort. Generell gehen alle h?flich miteinander um. Nachbarn, die sich untereinander helfen. Gut besuchte Veranstaltungen der Schule, um Geld f?r dies oder jenes zu sammeln. Eben alles, was so dazugeh?rt. Der Ort hat eine bl?tenreine Weste.“ „Gab es keine Motive f?r den Mord?“, fragte DeMarco. „Von einem Motiv habe ich nie etwas geh?rt. Ashton hat kaum mehr als dreitausend Einwohner. Und es mag zwar viele Besucher aus New York City und den umliegenden Gemeinden anziehen, hat aber dennoch eine extrem niedrige Kriminalit?tsrate. Deshalb war der Nobilini-Mord damals vor acht Jahren so eine gro?e Sache f?r den Ort Ashton, obwohl die Tat selbst ja gar nicht dort ver?bt wurde.“ „Und es gab nie andere Morde, die dem Nobilini-Mord ?hnelten?“ „Nein. Jedenfalls nicht bis heute. Ich bin der Meinung, dass die starke FBI-Pr?senz den Killer damals vergrault hat. In solch einer kleinen Stadt ist es fast unm?glich, das FBI nicht zu bemerken.“ Hier hielt Kate inne und griff nach der dicken Akte, die vor DeMarco auf dem Klapptisch lag. „Was genau hat dir Duran denn eigentlich zu dem Nobilini-Fall erz?hlt?“ „Eigentlich kaum etwas. Er sagte nur, dass wir es sehr eilig h?tten und bat deshalb, dass ich mich anhand der Akte mit dem Fall vertraut mache.“ „Hast du mitbekommen, welche Art Waffe im Nobilini-Mord benutzt wurde?“, fragte Kate. „Ja, und zwar eine Ruger Hunter Mark IV, was ich merkw?rdig finde. Das wirkt unprofessionell. Das ist eine verdammt teure Waffe f?r den Mord an einem scheinbar zuf?lligen Opfer; einem Mord ohne jedes erkennbare Motiv.“ „Da bin ich ganz deiner Meinung. Die Kugel und die H?lse gaben damals schnell Aufschluss auf die verwendete Tatwaffe. Aber allein die Tatsache, dass der Mord mit einer so sch?nen und sehr teuren Waffe ver?bt wurde, ist an sich schon aussagekr?ftig. Es besagt, dass jemand, der keine Ahnung vom T?ten hat, diesen Mord ver?bt hat.“ „Was verleitet dich zu der Annahme?“ „Jeder, der etwas von T?ten versteht, w?sste, dass eine Ruger Hunter Mark IV eine Patronenh?lse hinterl?sst. Damit ist diese Waffe eine wirklich schlechte Wahl.“ „Und ich gehe davon aus, dass unser jetziges Opfer mit eben solch einer Waffe get?tet wurde?“, fragte DeMarco. „Duran sagt, der Mord wurde mit genau derselben Waffe ver?bt.“ „Das hei?t also, dass der Nobilini-Killer sich acht Jahre Zeit gelassen hat, um erneut zuzuschlagen. H?chst merkw?rdig.“ „Das bleibt abzuwarten“, entgegnete Kate. „Alles, was mir Duran mitgeteilt hat, war, dass das Opfer sozusagen in Pose zur?ckgelassen wurde. Und dass es sich bei der Waffe, die das Opfer t?tete, um die gleiche Waffe handelt wie im Nobilini-Fall.“ „Ja, und er sagte auch, dass der Mord in Midtown New York ver?bt wurde. Ich frage mich, ob das jetzige Opfer irgendetwas mit dem Ort Ashton verbindet.“ Kate zuckte nur mit den Schultern. Kurz darauf wurde das Flugzeug auf Grund von Turbulenzen leicht durchgesch?ttelt, und beide schwiegen. Es hatte Kate gut getan, die Details des Nobilini-Falls noch einmal Revue passieren zu lassen. Damit hatte sie die Spinnenweben beseitigt, die den Fall umgaben, und ihn wieder zum Leben erweckt. Und es kam ihr in den Sinn, dass die acht Jahre, die seit dem Fall vergangen waren, es ihr nun vielleicht erlaubten, die Geschehnisse aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. *** Es war schon eine ganze Weile her, seitdem Kate zum letzten Mal in New York gewesen war. Mit ihrem verstorbenen Mann Michael hatte Kate kurz vor seinem Tod ein Wochenende hier verbracht. Sie staunte jedesmal aufs Neue dar?ber, wie unglaublich lebendig, voll und bunt New York war. Die Stra?en waren so derma?en verstopft, dass New York den Verkehrskollaps, der st?ndig in Washington DC drohte, absolut l?cherlich erscheinen lie?. Dass es fast 21 Uhr an einem Freitagabend war, machte die Sache kaum besser. Sie erreichten den Tatort um 20:42 Uhr. Kate parkte den Mietwagen so dicht wie m?glich am Polizeiabsperrband. Der Tatort befand sich in einer finsteren Seitengasse der 43. Stra?e, nur einige Blocks von Central Station – wo zu jeder Tages- und Nachtzeit viel los war – entfernt. Am Zugang zu der Gasse standen zwei mit den K?hlern einander zugewandt parkende Polizeiwagen. So versperrten sie weder die Sicht auf das gelbe Band, das den Tatort umgab, noch versperrten sie die Seitengasse selbst, aber machten dennoch jedem Neugierigen, der versuchte, einen Blick zu erheischen, klar, dass dies ?rger nach sich ziehen w?rde. Als Kate und DeMarco das Band erreichten, versuchte ein Beamter, ihnen den Zugang zu versperren, doch als Kate ihm ihre FBI-Marke zeigte, zuckte er nur mit den Schultern und hob das Band f?r sie an, so dass sie darunter hindurch schl?pfen konnten. Kate fiel auf, dass der Beamte zumindest nicht offensichtlich DeMarco eines n?heren Blickes w?rdigte und fragte sich unbewusst, ob DeMarco, die offen lesbisch lebte, an m?nnlichem Interesse Ansto? genommen oder es als Kompliment verstanden h?tte. „FBI“, kommentierte der Beamte nur, „ich habe schon geh?rt, dass sie euch gerufen haben. Scheint mir etwas ?bertrieben. Wie es aussieht, handelt es sich hier um einen ziemlich simplen Fall.“ „Wir ?berpr?fen nur etwas“, meinte Kate, als sie und DeMarco in die finstere Gasse traten. Die Polizeiwagen am Zugang der Seitengasse waren in einem Winkel geparkt, so dass ihre Scheinwerfer die ansonsten dunkle Gasse beleuchteten. Die langen Schatten von Kate und DeMarco lie?en die Szene geradezu unheimlich erscheinen. Am Ende der Gasse, wo sie auf eine Steinmauer traf, befanden sich zwei Polizeibeamte und ein Beamter in Zivil, die alle in einem Halbkreis standen. Etwas lehnte in ihrer Mitte an der Mauer. Das Opfer, nahm Kate an. Sie gingen zu den dreien hin?ber, zeigten erneut ihre FBI-Marken, und stellten sich den drei Beamten vor. „Freut mich, Sie kennenzulernen“, sagte einer der Beamten. „Um ehrlich zu sein, frage ich mich allerdings, warum es dem FBI so wichtig ist, hier jemanden herzuschicken.“ „Herrgott nochmal“, meinte der Beamte in Zivil. Er schien in seinen Vierzigern zu sein und wirkte leicht ungepflegt. Lange, dunkle Haare, Dreitagebart und eine Brille, die Kate an jedes Bild erinnerte, das sie jemals von Buddy Holly gesehen hatte. „Das haben wir doch nun schon mehrfach durchgekaut“, sagte er. Er blickte Kate an, rollte die Augen und fuhr fort: „Wenn es um einen Tatort geht, der ?lter als eine Woche ist, will das NYPD nichts mehr davon wissen. Es ?bersteigt deren Vorstellungskraft, dass jemand einen ungekl?rten Mord von vor acht Jahren ausbuddeln will. Ich war ?brigens derjenige, der das FBI verst?ndigt hat. Ich wei?, dass sich das FBI damals in den Nobilini-Fall eingeschaltet hat. Da ging es doch auch um irgendeine Freundschaft mit einem Kongressmitglied, richtig?“ „Richtig“, sagte Kate. „Und ich war als der leitende Agent mit dem Fall betraut.“ „Oh. Sch?n Sie kennenzulernen. Ich bin Detective Luke Pritchard. Ich bin ein wenig besessen von ungekl?rten F?llen. Was hier meine Aufmerksamkeit erregt hat, war die Waffe, die scheinbar benutzt wurde, und die Tatsache, dass der Mord nach einer Hinrichtung aussieht. Wenn Sie genau hinschauen, sehen Sie Schrammen an der Stirn des Opfers. Der Killer hat ihn offensichtlich gezwungen, sich mit der Stirn an die Steinmauer zu lehnen, und zwar genau hier.“ Er legte seine Hand an die Mauer, auf die gro?fl?chig inzwischen getrocknetes Blut gespritzt war. „Darf ich?“, fragte Kate. Die zwei Polizeibeamten zuckten mit den Schultern und traten einen Schritt zur?ck. „Tun Sie sich keinen Zwang an“, sagte einer von ihnen. „Wo jetzt ein Detective und zwei FBI-Agents involviert sind, ?berlassen wir den Fall gerne Ihnen.“ „Viel Spa? dabei“, f?gte der andere Beamte hinzu, als sich beide schon abwandten und die Seitengasse verlie?en. Kate und DeMarco gingen vor dem Opfer in die Hocke. Pritchard trat einen Schritt zur?ck, um ihnen etwas mehr Raum zu geben, blieb aber dicht bei ihnen. „Also“, begann DeMarco, „ich w?rde sagen, es ist ziemlich klar, woran er gestorben ist.“ Dies war richtig. Im Hinterkopf des Opfers befand sich ein einzelnes Einschussloch. Es war recht sauber, wenn auch an den R?ndern leicht verkohlt und blutig – genau wie damals bei Frank Nobilini. Dieses Opfer hier war ein Mann, den Kate auf Ende Drei?ig oder Anfang Vierzig sch?tzte. Er trug teure Fitnesskleidung – eine d?nne Kapuzenjacke mit Rei?verschluss und teuer wirkende Fitnesshosen. Die Schn?rb?nder seiner High-Class-Laufschuhe waren sorgf?ltig gebunden und die Apple-Kopfh?rer lagen wie absichtlich platziert neben seinem Kopf. „Ist er schon identifiziert worden?“, fragte Kate. „Ja“, sagte Pritchard. „Er hei?t Jack Tucker. Nach den Ausweispapieren in seinem Portemonnaie wohnt er in einer Stadt namens Ashton. Das war f?r mich eine noch st?rkere Verbindung zu dem Nobilini-Fall.“ „Kennen Sie Ashton, Detective?“, fragte Kate. „Nicht besonders gut. Ich bin ein paar Mal durchgefahren, aber der Ort sagt mir nicht sonderlich zu. Zu perfekt, zu ruhig; st??t mir sauer auf.“ Kate wusste, was der Detective damit meinte. Sie fragte sich, wie er es wohl finden w?rde, wieder nach Ashton zur?ckkehren zu m?ssen. „Wann wurde die Leiche entdeckt?“, fragte DeMarco. „Heute morgen um 4:30 Uhr. Um kurz nach 5 Uhr bin ich hier am Tatort eingetroffen und habe gleich die Verbindungen zum Nobilini-Fall erkannt. Ich musste das NYPD geradezu anflehen, die Leiche nicht zu bewegen, bis Sie eintreffen, denn ich meine, Sie m?ssen den Tatort und die Leiche selbst in Augenschein nehmen.“ „Na, das hat Sie bei denen sicher sehr beliebt gemacht“, kommentierte Kate. „Ach was, daran bin ich nun wirklich gew?hnt. Ich meine das ernst, wenn ich sage, dass mich viele der Polizisten hier „Cold Case Pritchard“ nennen.“ Kate wusste, dass unaufgekl?rte F?lle polizeiintern oftmals als „Cold Cases“ bezeichnet wurden und fand den Spitznamen f?r Pritchard daher passend. „Sie haben das ganz richtig entschieden“, stimmte Kate ihm zu. „Selbst wenn sich herausstellt, dass die F?lle nichts miteinander zu tun haben… dennoch l?uft ja jemand frei herum, der diesen Mann erschossen hat. Jemand, den wir so schnell wie m?glich ausfindig machen m?ssen, denn wir m?ssen in Betracht ziehen, dass dies kein Einzelfall war.“ „Tja, dazu kann ich nichts sagen“, sagte Pritchard. „Ich habe das, was mir zu dem Fall durch den Kopf ging, als Sprachnotiz aufgenommen. Sie k?nnen es sich gern anh?ren.“ „Das k?nnte sehr hilfreich sein. Ich gehe davon aus, dass die Forensiker Fotos gemacht haben?“ „Ja, die digitalen Fotos stehen sicherlich schon zur Verf?gung.“ W?hrend sie Jack Tuckers Leichnam nicht aus den Augen lie?, erhob sich Kate langsam. Jack Tuckers Kopf war nach rechts gedreht, so als starre er sehns?chtig auf die Kopfh?rer, die so sorgsam neben ihn gelegt worden waren. „Ist seine Familie schon informiert worden?“, fragte DeMarco. „Nein. Und ich bef?rchte, dass das NYPD diese Aufgabe nun mir ?berl?sst, da ich sie doch davon abgehalten haben, den Leichnam abzutransportieren, bis Sie beide eingetroffen waren.“ „Wenn es Ihnen nichts ausmacht, dann w?rde ich gerne diese Aufgabe ?bernehmen. Je weniger Leute mit den Details vertraut sind, desto besser.“ „Nat?rlich, wenn Sie dies f?r das Beste halten“, gab Pritchard zur?ck. Schlie?lich wandte Kate ihren Blick von dem Leichnam ab und blickte in Richtung des Zugangs der Seitengasse, wo die beiden Beamten mit dem Polizisten, der f?r Kate und DeMarco das Absperrband angehoben hatte, zusammen standen. Kate hatte schon mehr Todesnachrichten ?berbringen m?ssen als sie noch z?hlen konnte, und es wurde niemals einfacher. Tats?chlich schien es sogar von Mal zu Mal schwieriger zu werden. Allerdings hatte sie auch gelernt, dass es gerade in den Momenten tiefster Trauer war, dass die Betroffenen sich an die kleinsten Details erinnerten. Kate hoffte, dass dies auch diesmal zutraf. Und wenn dem so war, dann half ihr vielleicht eine nichtsahnende Witwe, einen Fall abzuschlie?en, der sie fast ein Jahrzehnt lang verfolgt hatte. KAPITEL DREI Die Fahrt von Midtown nach Ashton dauerte nur zwanzig Minuten. Es war 21:20 Uhr, als sie den Tatort verlie?en, und der Verkehr New York Citys war nach wie vor unnachgiebig und z?h. Als sie den dichtesten Teil des Verkehrs hinter sich gelassen hatten und endlich auf dem Freeway waren, wurde Kate bewusst, dass DeMarco ungew?hnlich still war. Sie sa? auf dem Beifahrersitz und starrte geradezu rebellisch auf die an ihr vorbeiziehende Skyline von New York. „Alles klar bei dir?“, fragte Kate. DeMarco antwortete sofort, ohne sich jedoch Kate zuzuwenden. Damit war Kate klar, dass DeMarco etwas besch?ftigt hatte, schon seitdem sie den Tatort verlassen hatten. „Ich wei?, dass du diesen Job schon eine Weile machst und dich wirklich auskennst“, begann sie. „Aber ich habe erst ein einziges Mal eine Todesnachricht ?berbringen m?ssen, und ich habe es gehasst. Ich habe mich ganz furchtbar gef?hlt. Und ich h?tte mir wirklich gew?nscht, dass du das mit mir besprochen h?ttest, bevor du uns freiwillig f?r den Job gemeldet hast.“ „Das tut mir leid, das habe ich gar nicht bedacht. Allerdings ist es in einigen F?llen einfach Teil des Jobs. Auch wenn das jetzt herzlos klingt, es ist am besten, sich gleich zu Anfang daran zu gew?hnen. Au?erdem leiten wir jetzt die Ermittlungen; was bringt es also, diese miese Aufgabe dem armen Detective aufzudr?cken?“ „Trotzdem… wie w?re es in Zukunft mit einer kleinen Vorwarnung, was das anbelangt?“ In DeMarcos Tonfall schwang Wut mit, etwas, was Kate von DeMarco noch nicht geh?rt hatte, zumindest nicht an sie gerichtet. „Klar“, antwortete sie nur und belie? es dabei. Den Rest der Fahrt nach Ashton schwiegen beide. Da Kate schon so oft Todesnachrichten ?berbracht hatte, wusste sie, dass Spannungen innerhalb des Teams die Aufgabe erschwerte. Allerdings war ihr auch klar, dass DeMarco keine Ratschl?ge annehmen w?rde, solange sie w?tend war. Diese Lektion, meinte Kate, w?rde sie vielleicht einfach lernen m?ssen, indem sie sich in die Aufgabe st?rzte. Um 21:42 Uhr erreichten sie das Haus der Tuckers. Es erstaunte Kate nicht, dass das Licht auf der Veranda brannte, ebenso wie quasi jedes andere Licht innerhalb des Hauses. Seiner Kleidung nach zu urteilen, war Jack Tucker auf seiner morgendlichen Joggingrunde unterwegs gewesen. Die Frage, warum sein Leichnam in New York gefunden worden war, warf deshalb viele Frage auf. Die Antwort auf all diese Fragen konnte eventuell seine besorgte Ehefrau geben. Eine besorgte Ehefrau, die kurz davor ist herauszufinden, dass sie jetzt Witwe ist, dachte Kate. Mein Gott, ich hoffe, sie haben keine Kinder. Kate parkte den Wagen vor dem Haus und stieg aus. Dann stieg auch DeMarco aus, langsam, so als wolle sie Kate damit unmissverst?ndlich klar machen, dass es ihr ganz und gar nicht passte, hier dabei sein zu m?ssen. Sie gingen den mit Steinplatten ausgelegten Weg zur Haust?r entlang und Kate sah, wie sich die Vordert?r ?ffnete, noch bevor sie die Stufen der Veranda erreicht hatten. Die Frau, die in der T?r stand, erblickte sie und erstarrte. Es hatte den Anschein, dass es ihr nicht leicht fiel, Worte zu finden. Am Ende konnte sie nichts weiter sagen als „Wer sind Sie?“ Ganz langsam griff Kate in ihre Jackentasche und zog ihre FBI-Marke hervor. Bevor sie sie der Frau richtig zeigen konnte, hatte diese schon begriffen, was los war. Man konnte es in ihren Augen sehen. Ihr Gesichtsausdruck fiel langsam in sich zusammen. Und als Kate und DeMarco endlich die Treppenstufen erreicht hatten, ging die Frau auf die Knie und begann zu schreien. *** Wie sich herausstellte, hatten die Tuckers in der Tat Kinder. Und zwar drei, im Alter von sieben, zehn und dreizehn Jahren. Sie alle waren noch wach und hielten sich im Wohnzimmer auf, w?hrend sich Kate alle M?he gab, die Ehefrau – Missy, wie sie sich unter krampfhaften Schluchzern vorgestellt hatte – nach drinnen und aufs Sofa zu bef?rdern. Die Dreizehnj?hrige war sogleich an der Seite ihrer Mutter, w?hrend DeMarco versuchte, die anderen beiden auf Abstand zu halten, w?hrend deren Mutter versuchte, die schlimme Nachricht, die sie soeben erhalten hatte, zu verinnerlichen. Mit leicht schlechtem Gewissen meinte jetzt auch Kate, dass sie DeMarco gegen?ber vielleicht doch etwas unbedacht vorgegangen war. Diese ersten zwanzig Minuten im Hause der Tuckers waren herzzerrei?end. Ihr selbst fiel nur ein einziger anderer Moment w?hrend ihrer gesamten Karriere ein, der ebenso schlimm gewesen war. Sie beobachtete, wie DeMarco sich um die beiden Kinder k?mmerte und vermutete, dass sie ihr dies noch sehr lange nachtragen w?rde. Irgendwann inmitten des Chaos wurde Missy Tucker klar, dass sie jemanden finden musste, der bei den Kindern sein konnte, wenn sie irgendeine Hilfe f?r Kate und DeMarco sein wollte. Immer wieder unterbrochen von langem Schluchzen rief sie ihren Schwager an, dem sie nun ihrerseits die Nachricht vom Tod seines Bruders ?berbringen musste. Der Bruder von Jack Tucker lebte auch in Ashton, und seine Frau und er fuhren sofort los, um sich um die Kinder zu k?mmern. In erster Linie, um Missy und den Kinder etwas Privatsph?re zu erm?glichen und mit ihrer Trauer klarzukommen, holte Kate Missys Einverst?ndnis ein, sich im Haus umzugucken und so vielleicht auf etwas zu sto?en, was darauf hinwies, was dazu gef?hrt haben konnte, dass Jack Tucker ermordet worden war. Sie begannen im Eheschlafzimmer, wo sie die Nachttische der Eheleute Tucker durchsuchten und private Gegenst?nde untersuchten, begleitet vom Schluchzen der Familie, das von unten zu ihnen herauf drang. „Das hier ist wirklich das Allerletzte“, meinte DeMarco. „Das ist es. Und es tut mir leid, DeMarco. Wirklich. Ich dachte nur, dass es so f?r alle Beteiligten leichter wird.“ „Ach, wirklich?“, schoss DeMarco zur?ck. „Ich wei?, dass ich dich nicht allzu gut kenne. Was ich allerdings wei? ist, dass du dazu neigst, alles daran zu setzen, um dir selbst soviel Druck wie irgend m?glich zu machen. Deshalb verstehe ich nur allzu gut, dass es dir Schwierigkeiten bereitet, die relativ einfach Balance zwischen deiner Familie und der Arbeit f?r das FBI zu finden.“ „Wie bitte?“, hakte Kate nach und sp?rte, wie die Wut in ihr hochkochte. „Tut mir ja leid, aber genau so ist es doch“, entgegnete DeMarco und zuckte die Schultern. „Die hiesige Polizei h?tte dies doch erledigen k?nnen und du k?nntest schon l?ngst woanders nach Spuren in diesem Fall suchen.“ „Ohne Zeugen ist die Ehefrau die beste Option“, entgegnete Kate. „Au?erdem muss sie gerade den Tod ihres Mannes verdauen. Es ist f?r alle Beteiligten eine beschissene Situation. Aber du musst dar?ber hinwegkommen, dass dir die Situation an die Nieren geht. Und frage dich doch mal, wer es denn im Gro?en und Ganzen am schwersten hat; du oder die trauernde Witwe, die da unten sitzt?“ Kate war sich nicht bewusst gewesen, wie laut sie bei ihren letzten Worten geworden war. DeMarco starrte sie einen Moment lang an, bevor sie dann einfach den Kopf sch?ttelte, wie ein zurechtgewiesener Teenager, dem nichts mehr zu sagen einfiel, und den Raum verlie?. Als auch Kate mit der ?berpr?fung des Schlafzimmers fertig war, sah sie, dass DeMarco den Flur entlang ein B?ro und eine kleine Bibliothek untersuchte. Kate entschied, DeMarco einen Augenblick in Frieden zu lassen und ging selbst nach drau?en, um sich dort nach irgendwelchen Hinweisen umzusehen. Sie erwartete eigentlich nicht, auf etwas zu sto?en, als sie so um das Haus herumging, aber ihr war bewusst, dass es grob fahrl?ssig gewesen w?re, nicht alles zu untersuchen. Als sie wieder das Haus betrat, sah sie, dass Jack Tuckers Bruder und dessen Frau inzwischen eingetroffen waren. Der Bruder und Missy hielten sich in einer festen, verzweifelten Umarmung, w?hrend seine Ehefrau bei den Kindern kniete und sie umarmte. Kate bemerkte den leeren Gesichtsausdruck der Dreizehnj?hrigen – einem M?dchen, das ihrem Vater sehr ?hnelte, und Kate konnte nicht umhin, DeMarco ihre Wut nicht l?nger ?belzunehmen. „Agent Wise?“ Gerade als sie wieder nach oben gehen wollte, kam ihr Missy den Flur entlang entgegen geeilt. Kate wandte sich um. „Ja?“ „Wenn wir uns unterhalten sollen, dann bitte jetzt. Ich wei? nicht, wie viel l?nger ich mich noch zusammenrei?en kann.“ Ihr kamen schon jetzt Klagelaute und St?hnen ?ber die Lippen. In Anbetracht dessen, dass sie die Nachricht des Todes ihres Mannes vor kaum einer Stunde erhalten hatte, musste Kate sie f?r ihre St?rke wirklich bewundern. Mit einem schnellen Blick zum Wohnzimmer hinter sich, in dem sich ihre Kinder und Verwandten aufhielten, ging sie rasch die Treppe hinauf. DeMarco, die sich gerade das Medizinschr?nkchen im Badezimmer oben vorgenommen hatte, gesellte sich zu ihnen und zu dritt gingen sie in das Eheschlafzimmer, das Kate und DeMarco schon untersucht hatten. Missy setzte sich auf die Bettkante; sie wirkte wie eine Frau, die gerade aus einem Albtraum erwacht war, nur um sich bewusst zu werden, dass er niemals enden w?rde. „Sie haben mich gefragt, warum Jack in New York City gewesen ist“, begann sie. „Jack arbeitete in einer leitenden Funktion in der Buchhaltung einer ziemlich gro?en Firma – bei Adler and Johnson. In letzter Zeit haben sie Tag und Nacht an den Finanzen einer Firma in South Carolina, die mit der Stilllegung von Atomkraftwerken zu tun hat, gearbeitet. Wenn es richtig sp?t wurde, hat er in New York ?bernachtet.“ „Haben Sie ihn heute Abend zur?ck erwartet, oder haben Sie angenommen, er ?bernachte in New York im Hotel?“, fragte DeMarco. „Ich habe heute Morgen gegen 7 Uhr mit ihm gesprochen, bevor er zu seiner morgendlichen Joggingrunde aufgebrochen ist. Er sagte, dass er nicht nur plane, heute Abend nach Hause zu kommen, sondern sogar ziemlich fr?h – circa gegen 16 Uhr.“ „Ich nehme an, Sie haben zu einer bestimmten Uhrzeit anfangen, ihn anzurufen, als Sie feststellten, dass er sich versp?tete?“ „Ja, aber erst so gegen 19 Uhr. Wenn es bei seiner Firma richtig zur Sache geht, zerrinnt ihnen Zeit oftmals zwischen den Fingern.“ „Mrs. Tucker, das FBI wurde eingeschaltet, weil die Umst?nde des Mordes an Ihrem Mann sich decken mit denen eines Falls von vor acht Jahren. Das damalige Opfer war ein Mann, der auch hier in Ashton lebte, und ebenfalls in New York get?tet wurde“, erkl?rte Kate. „Es gibt keine handfesten Beweise, die diese Verbindung untermauern, aber die Umst?nde ?hneln sich dennoch ausreichend, dass das FBI den Fall an sich gezogen hat. Deshalb ist es sehr wichtig, dass Sie dar?ber nachdenken, ob Ihr Mann sich Feinde gemacht hat.“ Es war Missy anzusehen, dass sie wieder mit den Tr?nen k?mpfte. Sie unterdr?ckte das Bed?rfnis, ihrer Trauer freien Lauf zu lassen und bekam sich wieder in den Griff. „Nein, mir f?llt niemand ein. Das sage ich nicht nur, weil ich meinen Mann liebe, sondern weil er ein sehr gutherziger Mensch war. Abgesehen von einigen kleinen Meinungsverschiedenheiten bei der Arbeit kann ich mich an keinen wirklichen Streit in seinem Leben erinnern.“ „Wie sieht es mit engen Freunden aus?“, fragte Kate. „Gibt es Freunde, insbesondere m?nnliche, mit denen er Zeit verbrachte und die vielleicht eine andere Seite Ihres Mannes kennengelernt haben k?nnten?“ „Nun ja, er hatte diese Gruppe von Freunden - drau?en im Yachtclub, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die irgendetwas Negatives ?ber ihn zu berichten haben.“ „Haben Sie die Namen von denjenigen, mit denen Ihr Mann dort seine Zeit verbrachte, damit wir uns mit ihnen unterhalten k?nnten?“, fragte DeMarco. „Ja, es gab diesen harten Kern der Gruppe… mein Mann und noch drei weitere. Sie haben sich am Yachtclub getroffen, oder gingen zusammen in eine Zigarren-Bar, wo sie Sport geguckt haben. Vor allem Football.“ „Wissen Sie, ob einer der anderen Feinde hatte?“, wollte DeMarco wissen. „Selbst eifers?chtige Ex-Frauen oder Familienmitglieder, mit denen es nicht so glatt lief?“ „Ich wei? nicht. Ich kenne die nicht allzu gut und…“ Das unkontrollierte Schluchzen, das von unten zu ihnen drang, unterbrach Missy. Sie blickte zur Schlafzimmert?r mit einem Gesichtsausdruck, der Kate im Herzen weh tat. „Das war Dylan, unser mittleres Kind. Er und Jack waren…“ Mit zitternder Lippe hielt sie inne und versuchte, sich zusammenzurei?en. „Es ist okay, Mrs. Tucker“, sagte DeMarco. „Gehen Sie nach unten zu Ihren Kindern. Wenn Sie noch so nett w?ren, uns die Namen von Jacks Freunden aus dem Yachtclub zu geben, haben wir erstmal gen?gend Informationen.“ Schnell erhob sich Missy und rannte weinend zur T?r. DeMarco ging hinter ihr und bedachte Kate mit einem w?tenden Blick. Kate selbst blieb einen Moment l?nger inmitten des Schlafzimmers stehen und versuchte, ihre Emotionen in den Griff zu bekommen. Nein, dieser Teil des Jobs war wahrlich niemals leicht gewesen. Und die Tatsache, dass sie eigentlich kaum brauchbare Informationen von Missy bekommen hatten, machte es nur noch schlimmer. Schlie?lich betrat sie den Flur. Ihr war klar, warum DeMarco sauer auf sie war. Herrgott nochmal, sie war sogar etwas sauer auf sich selbst. Kate ging nach unten und verlie? das Haus. Sie sah, dass sich DeMarco die Tr?nen wegwischte, als sie gerade in den Wagen einstieg. Kate schloss leise die Haust?r und sp?rte, wie die Trauer sie tiefer und tiefer in einen alten Fall hineinschob, den sie schon verloren geglaubt hatte. KAPITEL VIER Um 9 Uhr morgens hatte die Nachricht von Jack Tuckers Mord in Ashton schon die Runde gemacht. Das war der Grund, warum es f?r Kate und DeMarco so einfach war, Jacks Freunde zu kontaktieren. Die Namen hatte Missy am vorigen Abend DeMarco gegeben. Nicht nur hatten sie die Nachricht vom Tod ihres Freundes schon geh?rt, sondern hatten sich sogar schon Gedanken gemacht, wie sie Missy und den Kindern zur Seite stehen konnten in dieser schweren Zeit der Trauer. Es bedurfte nur einiger kurzer Telefonate, bis Kate und DeMarco ein Treffen mit drei von Jacks Freunden am Yachtclub arrangiert hatten. Da es Samstag war, war der Parkplatz schon um 9 Uhr morgens ziemlich voll. Der Club lag direkt am Long Island Sound und hatte wohl den bestm?glichen Ausblick, ohne dass angeberische Yachtbesitzer mit ihren Yachten die Sicht versperrten. Der Club selbst war in einem zweist?ckigen Geb?ude angesiedelt, das im Kolonialstil gehalten war, jedoch mit einer modernisierten Fassade und sch?ner Gartenlandschaft. Kate wurde von einem Mann begr??t, der sie schon am Eingang empfing. Er trug ein einfaches Hemd und Khakihosen – was wahrscheinlich als legere Kleidung zu werten war f?r jemanden, der hier Mitglied war. „Sind Sie Agent Wise?“, fragte er. „Ja. Und dies ist mein Partner, Agent DeMarco.“ DeMarco nickt nur. Ihr ?rger des vorherigen Abends war noch nicht verflogen. Als sie sich gestern Abend im Hotel getrennt hatten, hatte DeMarco nicht ein einziges Wort gesagt. Heute Morgen hatte sie sich gerade einmal ein kurzes Guten Morgen beim Fr?hst?ck herausgepresst, aber mehr hatte sie heute noch nicht gesagt. „Ich bin James Cortez. Wir haben vorhin telefoniert. Die anderen sind hinten auf der Terrasse und warten auf Sie“, sagte der Mann und f?gte hinzu, „mit Kaffee.“ Er f?hrte sie durch den Club, der mit seinen hohen Decken und der warmen Einrichtung eine charmante Atmosph?re verstr?mte. Kate fragte sich, was es wohl kosten mochte, hier Mitglied zu sein. Der Preis lag definitiv au?erhalb ihrer Preisklasse. Dies wurde umso klarer, als sie die Terrasse betraten, die den Blick auf den Long Island Sound freigab. Es war wundersch?n. Man blickte direkt aufs Wasser, mit der Skyline New York Citys auf der anderen Seite. An einem hohen Holztisch, auf dem Platten mit Geb?ck und Bagels sowie eine Kanne Kaffee standen, sa?en zwei weitere M?nner. Beide blickten auf, als die Agents sich n?herten, und erhoben sich, um sie zu begr??en. Einer von ihnen war jung, sicherlich nicht ?lter als Drei?ig, w?hrend James Cortez und der andere Mann locker Mitte Vierzig waren. „Duncan Ertz“, stellte sich der junge Mann vor und streckte ihnen seine Hand entgegen. Kate und DeMarco gaben den beiden die Hand und stellten sich ihrerseits vor. Der ?ltere Mann hie? Paul Wickers, war gerade in den Ruhestand gegangen. Er war als Stockbroker t?tig gewesen und schien gern dar?ber zu reden, da dies so ungef?hr das erste war, was er sagte, nachdem er sich vorgestellt hatte. Kate und DeMarco setzten sich und Kate nahm sich eine Tasse Kaffee sowie Zucker und Sahne. „Es tut einem richtig weh, an die arme Missy und die Kinder zu denken“, begann Duncan und biss herzhaft in ein St?ck Plunderkuchen. Kate ?bermannte die Erinnerung an den vorherigen Abend und dachte, sie m?sse unbedingt sehen, wie es um die arme Missy stand. Sie blickte ?ber den Tisch hinweg DeMarco an und fragte sich, ob sie nicht auch ?berpr?fen sollte, wie es um DeMarco stand. Kate ?berlegte, ob DeMarco sich die gestrige Situation vielleicht auf Grund eines Ereignisses in ihrer eigenen Vergangenheit so sehr zu Herzen genommen hatte. Etwas, das sie noch nicht verarbeitet hatte. „Also“, begann Kate, „Missy hat Sie als diejenigen genannt, die Jack – abgesehen von seiner Familie - am n?chsten standen. Ich versuche, mir ein Bild zu machen, was f?r eine Art Mensch er au?erhalb seiner Arbeit und seines Zuhauses war.“ „Das ist ja genau das“, antwortete James Cortez. „Jack war immer derselbe, unabh?ngig davon, wo er war. Er war gerade heraus. Einer, der immer anderen helfen wollte. Wenn er ?berhaupt einen Fehler hatte, dann w?rde ich sagen war es, dass er zu tief in seiner Arbeit steckte.“ „Er erz?hlte immer Witze“, sagte Duncan. „Viele davon waren zwar nicht sonderlich lustig, aber er liebte es trotzdem, sie zu erz?hlen.“ „Das stimmt auf jeden Fall“, f?gte Paul hinzu. „Und er hatte keine Geheimnisse, die er mit Ihnen geteilt hat?“, fragte DeMarco. „Vielleicht eine Aff?re, oder auch nur Gedanken an eine Aff?re?“ „Oh Gott, nein“, rief Paul aus. „Jack Tucker hat seine Frau unglaublich geliebt. Ich kann mit Sicherheit behaupten, dass der Mann alles an seinem Leben geliebt hat. Seine Frau, seine Arbeit, seine Kinder…“ „Deshalb ergibt das alles keinen Sinn“, meinte James. „Ich meine das jetzt auf die respektvollste Art und Weise, aber aus der Sicht eines Au?enstehenden war Jack absoluter Durchschnitt in allen Bereichen. Fast langweilig.“ „Haben Sie eine Ahnung, ob es zwischen ihm und dem Mordopfer von vor acht Jahren irgendeine Verbindung gab?“, fragte Kate. „Einem Mann namens Frank Nobilini, der auch in Ashton lebte, und der auch in New York ermordet wurde.“ „Frank Nobilini?“, wiederholte Duncan Ertz, sch?ttelte dabei aber den Kopf. „Ach ja, der…“, meinte James. „Der arbeitete doch f?r diese High-Profile-Marketingagentur, die all die gro?en Jobs machte. Seine Frau hie? Jennifer. Deine Frau kennt sie bestimmt“, sagte er an Paul gewandt. „Nette Frau. Sehr engagiert in der Gemeinde und in der F?rderung zur Einbringung von Eltern in den Schulalltag. Solche Sachen eben.“ Ertz zuckte die Schultern. Anscheinend war er noch neu in dieser Gruppe und kannte sich damit nicht aus. „Und Sie glauben, der Mord an Jack k?nnte etwas zu tun haben mit dem an Nobilini?“, hakte Paul nach. „Die Ermittlungen stehen noch ganz am Anfang. Es ist noch viel zu fr?h, um zu spekulieren“, antwortete Kate. „Aber angesichts der Umst?nde m?ssen wir diese M?glichkeit durchaus in Betracht ziehen.“ „Kennen Sie die Namen derer, mit denen Jack zusammen gearbeitet hat?“, fragte DeMarco. „Er hat nur zwei Vorgesetzte“, sagte Paul. „Einer von ihnen hei?t Luca. Er lebt in der Schweiz und kommt drei- bis viermal im Jahr her. Der andere lebt hier, ein Kerl namens Daiju Hiroto. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er der Leiter von Adler and Johnson am Standort New York City ist.“ „Nachdem, was Jack erz?hlt hat, scheint Daiju so einer zu sein, der praktisch in seinem B?ro lebt“, meinte Duncan. „Kam es oft vor, dass Jack am Wochenende gearbeitet hat?“, fragte Kate. „Immer mal wieder, ja“, antwortete James. „Und in der letzten Zeit h?ufiger. Sie sind inmitten eines Jobs, in dem sie eine Firma unterst?tzen, die mit dem R?ckbau von Kernkraftwerken zu tun hat. Als ich das letzte Mal mit Jack gesprochen habe, sagte er, wenn sie es richtig anpackten, dann k?nnte damit ein riesiges Verm?gen gemacht werden.“ „Ich verwette eine Stange Geld, dass heute sein ganzes Team arbeitet“, meinte Paul. „Vielleicht k?nnen die Ihnen etwas erz?hlen, wovon wir nichts wissen.“ DeMarco schob James Cortez ihre Visitenkarte zu und nahm sich dann ein St?ck Geb?ck, das mit Kirschen garniert war. „Bitte rufen Sie uns an, wenn Ihnen in den n?chsten Tagen noch etwas einf?llt.“ „Und bitte behalten Sie die Sache mit dem Fall vor acht Jahren f?r sich“, f?gte Kate hinzu. „Das letzte, was wir brauchen, ist, dass die Leute in Ashton Panik bekommen.“ Paul nickte, da ihm klar war, dass sie in erster Linie ihn angesprochen hatte. „Vielen Dank, meine Herren“, sagte Kate, nahm noch einen letzten Schluck Kaffee und ?berlie? die M?nner ihrem Fr?hst?ck. Gedankenverloren blickte sie ?ber die Long Island Sound hinweg, auf dem ein Segelboot langsam durchs Wasser glitt, so, als ziehe es den Beginn des Wochenendes hinter sich her. „Ich besorge die Adresse von Jack Tuckers B?ro“, sagte DeMarco und hatte schon ihr Handy in der Hand. Aber selbst bei diesen Worten klang sie distanziert und kalt. Sie und ich werden dies hier regeln m?ssen, bevor es ein Eigenleben annimmt, dachte Kate. Klar, sie ist beinhart, aber ich werde sie daran erinnern m?ssen, dass ihr solch ein Verhalten nicht zusteht. Und ich werde nicht z?gern, ihr genau das unmissverst?ndlich klar zu machen. *** Die B?ror?ume von Adler and Johnson lagen in einem der glamour?seren Hochh?user Manhattans. Sie nahmen die gesamte erste und zweite Etage eines Geb?udes ein, in dem ansonsten eine Anwaltskanzlei, ein Immobilienmakler und ein kleiner Verlag ans?ssig waren. Wie sich herausstellte, sollte Paul Wickers Recht behalten. Die meisten, die zu Jack Tuckers Team geh?rten, waren an diesem Samstag tats?chlich bei der Arbeit. Im B?ro lag der Duft starken Kaffees, und obwohl ?ber den R?umlichkeiten eine Atmosph?re von Gesch?ftigkeit lag, arbeiteten die acht Leute dort konzentriert und still. Sie wurden sogleich von Daiju Hiroto begr??t, der sie in sein ger?umiges B?ro f?hrte. Er wirkte wie ein Mann zwischen den Fronten – einerseits hatte er ein Projekt, das er zum Abschluss bringen musste, andererseits war er von tiefer Trauer ?ber den Tod seines Mitarbeiters und Freundes erf?llt. „Ich habe es heute Morgen geh?rt“, begann er, w?hrend er hinter seinem gro?en Schreibtisch Platz nahm. „Ich bin seit heute Morgen um sechs bei der Arbeit und eine unserer Mitarbeiterinnen – Katie Mayer – hat diese schlimme Nachricht ?berbracht. Zu dem Zeitpunkt waren f?nfzehn Mitarbeiter hier, und ich habe es allen freigestellt, sich das Wochenende frei zu nehmen. Sechs von ihnen haben das Angebot angenommen, um Jack Respekt zu zollen.“ „W?ren Sie nicht selbst der Vorgesetzte dieses Teams, w?ren Sie dann selbst gegangen?“, fragte Kate. „Nein. Es mag egoistisch klingen, aber der Job muss zu Ende gebracht werden. Wir haben nur noch zwei Wochen bis zum Ende der Frist, und wir sind leicht in Verzug. Und die Arbeitspl?tze von mehr als f?nfzig Mitarbeitern sind in Gefahr, wenn wir das Projekt nicht fristgerecht zu einem erfolgreichen Abschluss bringen.“ „Wer in Ihrem Team kannte Jack Ihrer Meinung nach am besten?“, fragte DeMarco. „Wahrscheinlich ich selbst. Jack und ich haben ?ber die letzten zehn Jahre hinweg mehrfach eng an sehr gro?en Projekten zusammen gearbeitet. Sie sind zusammen durch die Welt gereist, haben die N?chte durchgearbeitet und verhandelt; wir haben an Meetings teilgenommen, von denen der Rest des Teams nicht einmal etwas wusste.“ „Aber Sie haben erw?hnt, dass jemand anderes zuerst von seinem Tod erfahren hat“, fragte DeMarco nach. „Ja, Katie. Sie wohnt auch in Ashton und ist recht eng mit Jacks Ehefrau befreundet.“ Kate wollte schon etwas zu der Tatsache sagen, dass es beleidigend war, dass Hiroto selbst nicht nach Hause gegangen war und damit auch den anderen im Team, die zur?ckgeblieben waren, die Chance genommen hatte, zu trauern. Doch sie war sich auch bewusst, dass M?nner manchmal von ihrer Arbeit getrieben waren, und sie meinte, dass es ihr nicht zustand, eine Wertung abzugeben. „W?hrend all der Zeit, die Sie Jack kannten, hat er da jemals Geheimnisse gehabt, von denen Sie wussten? Zum Beispiel seiner Frau gegen?ber?“, fragte DeMarco. „Nicht, dass ich w?sste. Und falls er doch welche hatte, dann war er nicht jemand, der sie mit mir h?tte teilen wollen. Aber unter uns gesagt, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er Geheimnisse hatte oder ein Doppelleben f?hrte. Er war ein Guter. Bei ihm wusste man, woran man ist.“ „Sie k?nnen sich also nicht vorstellen, warum ihn jemand umbringen wollte?“, bohrte Kate weiter. „Nein. Das Ganze ist komplett absurd.“ Hier hielt Daiju inne und blickte durch die Glaswand, hinter der das Gro?raumb?ro lag, in dem seine Mitarbeiter arbeiteten, auf sein Team. „Und es ist hier in New York City passiert?“, fragte er. „So ist es. Haben Sie versucht, ihn zu erreichen, als Sie bemerkten, dass er nicht zur Arbeit erschien?“ „Oh ja, das habe ich. Mehrfach. Als ich ihn bis mittags noch immer nicht erreicht hatte, habe ich es sein lassen. Jack war immer sehr scharfsinnig, sehr smart. Wenn er mal f?r einige Stunden eine Auszeit brauchte – und das kam von Zeit zu Zeit vor – dann habe ich ihn sie nehmen lassen.“ „Mr. Hiroto, wir w?rden gern kurz mit einigen der anderen Mitarbeiter sprechen. Ist das in Ordnung?“, fragte Kate und nickte in Richtung der Glaswand. „Ja, nat?rlich, bitte. Tun Sie sich keinen Zwang an.“ „Und k?nnten Sie uns bitte die Kontaktdaten derjenigen besorgen, die heute nach Hause gegangen sind“, bat DeMarco. „Nat?rlich.“ Das Gro?raumb?ro, das Kate und DeMarco jetzt betraten, war durch schulterhohe Trennw?nde in einzelne Arbeitspl?tze unterteilt, in denen gro?en Schreibtische mit Monitoren standen. Es roch nach starkem Kaffee. Noch bevor sie auch nur mit einem der anderen Mitarbeiter gesprochen hatten, war Kate klar, dass sie das Gleiche wie zuvor zu h?ren bekommen w?rden. Wenn mehrere Personen jemanden als normal und eher schlicht bezeichneten, dann entsprach dies gew?hnlich den Tatsachen. Innerhalb von f?nfzehn Minuten hatten sie mit allen der acht anderen Mitarbeiter gesprochen, die sich noch im B?ro befanden. Kate hatte Recht gehabt; alle beschrieben Jack als gutherzig, lieb und smart; er war keiner gewesen, der sich mit anderen anlegte. Und zum zweiten Mal an diesem Morgen bezeichnete jemand Jack Tucker als langweilig – im besten Sinne nat?rlich. Irgendwo in Kates Hinterkopf r?hrte sich etwas, eine Erinnerung an einen Spruch, den sie irgendwann einmal geh?rt hatte. Dass man die gelangweilte Ehefrau oder den gelangweilten Ehemann besser im Auge behalten sollte – weil die Langweile sie vielleicht irgendwann durchdrehen lie?. Aber sie konnte sich einfach nicht genau an den Spruch erinnern. Nachdem sie noch einmal in Hirotos B?ro vorbeischauten, um sich die Liste mit den Namen der abwesenden Mitarbeiter geben zu lassen, verlie?en Kate und DeMarco das Geb?ude und traten hinaus in einen wunderbaren New Yorker Samstagmorgen. Kate musste an die arme Missy denken, die an diesem Morgen mit der Last des Schicksals zu k?mpfen hatte und f?r die das Leben wohl erst einmal nicht mehr wunderbar sein w?rde. *** Den restlichen Vormittag verbrachten sie mit den Mitarbeitern, die das B?ro morgens verlassen hatten. Es waren tr?nenreiche Begegnungen und einige waren richtiggehend w?tend, dass ein so gutherziger Mensch wie Jack Tucker ermordet worden war. Die Begegnungen waren genau wie die mit den Mitarbeitern im B?ro, wenngleich in weniger verhaltener Atmosph?re. Kurz nach Mittag sprachen sie mit dem letzten Mitarbeiter – einem Mann namens Jerry Craft. Sie erreichten sein Haus, als er gerade in seinen Wagen stieg. Kate parkte hinter ihm und verhinderte so, dass er wegfuhr. Sie erntete daf?r einen gereizten Blick. Als sie ausstiegen und auf ihn zugingen, bemerkten sie seine ger?teten Augen und seinen melancholischen Ausdruck. „Entschuldigen Sie bitte die St?rung“, begann Kate und zeigte ihm ihre FBI-Marke. DeMarco trat neben sie und hielt ihm auch ihre Marke hin. „Wir sind Agents Wise und DeMarco. Wir m?chten gern kurz mit Ihnen ?ber Jack Tucker sprechen.“ Der gereizte Ausdruck in Jerrys Gesicht verfl?chtigte sich. Er nickte und lehnte sich gegen seinen Wagen. „Ich w?sste nicht, was ich Ihnen erz?hlen k?nnte, was Sie nicht schon von anderen geh?rt haben. Ich nehme an, dass Sie schon mit Mr. Hiroto und den anderen im B?ro gesprochen haben?“ „Das haben wir“, entgegnete Kate. „Aber wir wollen auch vor allem mit denen sprechen, die das B?ro heute Morgen verlassen haben – was darauf hinweist, dass sie eine engere Verbindung zu Jack hatten.“ „Da bin ich nicht sicher, ob das so stimmt“, sagte Jerry. „Es waren nur einige von uns, die sich auch au?erhalb der Arbeit mal gesehen haben, und Jack war normalerweise keiner von ihnen. Einige haben heute Morgen wahrscheinlich Mr. Hirotos Angebot angenommen, einfach um den Tag freizubekommen.“ „Haben Sie eine Ahnung, warum Jack normalerweise nicht mit den anderen au?erhalb der Arbeit zusammentraf?“, fragte DeMarco. „Ich glaube, es gibt keinen eigentlichen Grund. In seiner Freizeit war er gern zuhause bei seiner Frau und den Kindern. Er hatte unglaublich lange Arbeitszeiten. Er sah keinen Sinn darin, mit den gleichen Leuten, die er den ganzen Tag bei der Arbeit sah, danach noch in einer Bar abzuh?ngen. Wissen Sie, er hat seine Familie wirklich ?ber alles geliebt. F?r Geburtstage und Jahrestage hat er sich immer extravagante Dinge f?r sie einfallen lassen. Hat bei der Arbeit von seinen Kinder erz?hlt, und wie stolz er auf sie ist.“ „Sie meinen also auch, dass er ein perfektes Leben f?hrte?“, fragte Kate. „So scheint es jedenfalls. Allerdings, kann man ?berhaupt ein perfektes Leben f?hren? Ich meine, sogar Jack hatte hin und wieder Stress mit seiner Mutter, aber haben wir das nicht alle?“ „Worum ging es da?“ „Nichts Gro?artiges. Einmal habe ich ihn bei der Arbeit mit seiner Frau telefonieren h?ren. Er stand im Treppenhaus, um etwas Privatsph?re zu haben, aber ich sa? gerade an einem der Arbeitspl?tze, dessen Fenster aufs Treppenhaus hinaus geht, deshalb habe ich ihn geh?rt. Ich erinnere mich deshalb so gut daran, weil dies das einzige Mal war, dass er nicht in gl?cklichem Tonfall mit seiner Frau gesprochen hat.“ „Und in dem Telefonat ging es um seine Mutter?“, hakte Kate nach. „Da bin ich mir ziemlich sicher, ja. Ich habe ihn damit etwas aufgezogen, als er wieder hereinkam, aber er war nicht in der Stimmung f?r Witze.“ „Wissen Sie irgendetwas ?ber seine Eltern?“ „Nein. Wie ich schon sagte, er war ein klasse Typ, aber er war nicht direkt ein Freund.“ „Wohin wollten Sie gerade, als wir eintrafen?“, fragte DeMarco. „Ich wollte gerade einen Strau? Blumen f?r seine Familie kaufen und ihn vorbeibringen. Ich habe seine Frau und seine Kinder mehrfach bei Weihnachtsfeiern und Firmenveranstaltungen getroffen. Eine tolle kleine Familie. Es ist eine verdammte Schande, dass das passiert ist. Da kann einem wirklich schlecht werden.“ „Gut, Mr. Craft, dann werden wir Sie nicht l?nger aufhalten“, sagte Kate. „Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben.“ Als sie im Wagen sa?en und Kate den R?ckw?rtsgang einlegte, sagte sie zu DeMarco: „Kannst du bitte die Informationen zu Jacks Mutter einholen?“ „Schon dabei“, antwortete DeMarco; in ihrer Stimme schwang noch immer K?lte mit. Kate selbst musste sich zusammenrei?en, um ruhig zu bleiben. Wenn DeMarco ihre Wut vom vergangenen Abend noch zeigen wollte, dann war das ihre Sache. Kate jedenfalls war entschlossen, dies auf keinen Fall den Fortschritt der Ermittlungen beeintr?chtigen zu lassen. Gleichzeitig musste sie ein ironisches Grinsen unterdr?cken. Sie hatte soviel Zeit damit verbracht, mit sich zu k?mpfen; zu entscheiden, ob ihre neue Position beim FBI sie zuviel Zeit mit ihrer Familie kostete. Und hier sa? sie nun, im Wagen mit einer Frau, die sie so sehr an ihre eigene Tochter Melissa erinnerte, dass es schon fast be?ngstigend war. W?hrend DeMarco am Telefon auf der Suche nach Informationen ?ber Jacks Mutter von einer Abteilung des FBI in die n?chste durchgestellte wurde, wanderten Kates Gedanken zu Melissa und Michelle. Sie dachte daran, wie Melissa reagiert hatte, als sich Kate damals so stark in den Nobilini-Fall involviert hatte. Das lag nun acht Jahre zur?ck; damals war Melissa einundzwanzig gewesen, noch ziemlich auf Anti geb?rstet und fand eigentlich alles, was Kate tat, voll daneben. Eine Zeitlang hatte Melissa ihre Haare pink gef?rbt. Eigentlich hatte das richtig gut ausgesehen, aber Kate hatte es nie fertig gebracht, ihr das zu sagen. Es war f?r beide eine anstrengende Zeit gewesen, selbst als ihr Mann Michael noch am Leben war und ihr bei Melissas Erziehung zur Seite stand. „Das ist ja interessant“, sagte DeMarco pl?tzlich und riss Kate damit aus ihren Gedanken. Sie legte das Handy in den Scho? und hatte pl?tzlich einen Funken Aufregung in den Augen. „Was ist interessant?“, fragte Kate. „Jacks Mutter hei?t Olivia Tucker, sechsundsechzig Jahre alt, wohnhaft in Queens, New York. Bl?tenreine Weste, abgesehen von einer klitzekleinen Sache.“ „Was f?r eine klitzekleine Sache?“ „Vor zwei Jahren hat ihr jemand die Polizei auf den Hals gehetzt. Der Anruf kam von Missy Tucker, in der Nacht, als Olivia Tucker versuchte, sich gewaltsam Zutritt zu Missys und Jacks Haus zu verschaffen. Die beiden tauschten einen Blick aus, und Kate sp?rte, wie die Spannung zwischen ihnen abebbte. Gute Spuren neigten nun einmal dazu, selbst distanzierte Partner zusammen zu bringen. Mit dem Gef?hl, etwas Brauchbares in H?nden zu haben, wendete Kate den Wagen und gab Gas in Richtung Queens. KAPITEL F?NF Olivia Tucker lebte in einem Apartmentblock, wie es sie zu Hauf gab in Jackson Heights in Queens. Als Kate und DeMarco dort ankamen, hatte sie gerade Besuch von einem Pastor aus der Gegend. Er war es, der die T?r ?ffnete. Er war ein schwarzer, hochgewachsener Mann, der ernsthaft und sehr traurig aussah. Es betrachtete die Agents skeptisch und seufzte leise. „Kann ich Ihnen helfen?“ „Wir m?ssen mit Mrs. Tucker sprechen“, sagte DeMarco. „Darf ich fragen, wer Sie sind?“ „Ich bin Leland Toombs, der Pastor ihrer Kirche. Und darf ich fragen, wer Sie sind?“ Wie ?blich stellten sie sich vor und zeigten ihre FBI-Marken. Toombs trat einen Schritt zur?ck und blickte sie missbilligend an. „Sie verstehen, dass sie sehr aufgebracht ist, ja?“ „Nat?rlich“, sagte Kate. „Wir versuchen, den Killer ihres Sohnes ausfindig zu machen und hoffen, dass sie vielleicht ein wenig Licht in die Sache bringen kann.“ „Wer ist da?“, fragte eine zittrige Stimme aus dem hinteren Teil des Apartments. Dann erschien eine Frau und kam auf die Eingangst?r zu. „Es ist das FBI“, sagte Leland zu ihr. „Aber Olivia… ich schlage vor, dass du dir einen Moment Zeit nimmst, um zu ?berlegen, ob du einem Gespr?ch gewachsen bist.“ Olivia Tucker kam zu T?r. Sie sah arg mitgenommen aus. Ihre Augen waren blutunterlaufen und es schien, als habe sie sogar Schwierigkeiten zu gehen. Sie blickte zu Kate und DeMarco und legte dann eine beruhigende Hand auf Toombs‘ Schulter. „Ich denke, es ist n?tig, mit ihnen zu sprechen“, sagte sie. „Pastor Toombs, bitte geben Sie uns einen Augenblick.“ „Ich denke, ich sollte vielleicht besser dabei sein.“ Sie sch?ttelte den Kopf. „Nein. Ich wei? das zu sch?tzen, aber das muss ich alleine tun.“ Toombs runzelte die Stirn und sah dann die Agents an. „Seien Sie taktvoll, bitte. Sie nimmt es sehr schwer.“ Dann blickte er Olivia noch ein letztes Mal an und verlie? das Apartment. „Rufen Sie mich an, wenn Sie irgendetwas brauche, Olivia“, sagte er ?ber die Schulter zur?ck ihr zu. Olivia blickte ihm nach und sagte dann, „kommen Sie doch bitte ins Wohnzimmer.“ Ihre Stimme war sanft und rau zugleich und sie war unsicher auf den Beinen, so als w?ssten ihre Beine nicht, was von ihnen verlangt wurde. „Wussten Sie, dass die Polizei mich anrief und mir mitteilte, was passiert war, erst volle sechs Stunden, nachdem sein Leichnam entdeckt worden war?“ „Warum hat das so lange gedauert?“, wunderte sich Kate. „Ich nehme an, dass sie dachten, dass Missy mich informieren w?rde. Nat?rlich haben sie es ihr zuerst mitgeteilt. Aber erst sp?ter, als Missy sich weigerte, mich zu informieren, rief die Polizei schlie?lich an.“ „Sind Sie sicher, dass sich Missy geweigert hat?“, fragte DeMarco. „W?re es unter den Umst?nden nicht m?glich, dass sie es vergessen hat?“ Daraufhin zuckte Olivia nur mit den Schultern, aber in einer Geste, die nicht Ich wei? es nicht ausdr?ckte, sondern eher Es ist mir wirklich egal. „Wollen Sie damit sagen, dass Sie der Meinung sind, dass Missy Sie absichtlich nicht informieren wollte?“, hakte Kate nach. „Ganz ehrlich, ich wei? es wirklich nicht. Die Frau ist so unglaublich rachs?chtig. Der w?rde ich alles zutrauen. Sie hat es wahrscheinlich vergessen, damit sie nicht mit mir sprechen muss, oder – Gott bewahre! – mich sehen muss.“ „W?rden Sie uns bitte erz?hlen, warum Sie sie nicht m?gen?“, bat DeMarco. „Oh, ich mochte sie nie, nicht wirklich. Anfangs war sie ziemlich charmant, das muss man ihr lassen. Als sie noch versuchte, sich bei mir beliebt zu machen. Aber in dem Moment, als Jack ihr den Verlobungsring ansteckte, hat sie sich in einen anderen Menschen verwandelt. Sie wurde kontrollierend. Manipulativ. Sie wusste nie das gute Leben zu sch?tzen, das sie f?hrt. Vielleicht hat sie Jack tief im Innern geliebt – auf eine kranke, verdrehte Art und Weise – das bezweifel ich ja gar nicht. Aber sie hat ihn nie zu sch?tzen gewusst.“ „K?nnen Sie das etwas n?her ausf?hren?“, fragte Kate. „Sie wollte immer etwas anderes – sie wollte immer mehr. Und das hat sie nie verheimlicht. Alles was sie hatte, egal, was es war – Kinder, einen wohlhabenden Ehemann, egal was – es war nie gut genug f?r sie. Nichts, was Jack je tat, war gut genug f?r sie.“ Kate bemerkte den Ausdruck blanken Hasses in Olivias Gesicht. Olivia glaubte jedes Wort, das sie sagte. Doch Kate konnte ihr selbst nach der kurzen Zeit, die sie Missy Tucker erlebt hatte, nicht so recht glauben. „Wissen Sie, ob Jack dasselbe ihr gegen?ber empfunden hat?“ „Oh Gott, nein. Er war total geblendet. Von ihr und ihrer Schauspielerei.“ „Sie schlie?en also aus, dass er eine Aff?re hatte?“ Der Ausdruck des Schocks auf Olivias Gesicht war Antwort genug. „Angesichts dessen, was ich in den letzten Stunden durchgemacht habe… wie k?nnen Sie es wagen, mir so eine Frage zu stellen? Sind Sie absichtlich so unsensibel und unversch?mt?“ „Ich stelle die Frage lediglich, weil es uns einen Anhaltspunkt geben w?rde, wo wir anfangen sollten zu suchen. Wenn er in eine Aff?re verwickelt w?re, dann g?be uns das eine F?lle an Spuren, denen wir nachgehen k?nnten. Denn, um ehrlich zu sein, haben wir im Moment gar nichts – keine Zeugen, und auch keine Verd?chtigen.“ „Keine Verd?chtigen? Ich habe Ihnen doch gerade gesagt, wer es getan hat. Es war seine hasserf?llte Ehefrau.“ Kate und DeMarco tauschten einen unbehaglichen Blick aus. Egal, ob Olivia Tucker Recht behalten sollte oder nicht, dieser Fall w?rde noch sehr unangenehm werden, bevor er abgeschlossen war. Kate lie? Olivias Kommentar im Raum stehen und beschloss, nicht weiter darauf einzugehen. Als sie weitersprach, w?hlte sie ihre Worte mit Bedacht. „Sind Sie sicher, dass Sie diese Behauptung so stehenlassen wollen?“, fragte Kate. „Wenn Sie dabei bleiben, dann muss ich diesen Hinweis ernst nehmen und ihm nachgehen. Das hie?e, dass ich Missy Tucker als Mordverd?chtige behandeln muss.“ „Tun Sie Ihren Job, wie Sie es f?r richtig halten“, meinte Olivia nur. „Aber ich kenne die Frau. Sie wollte immer etwas anderes. Sie wollte raus aus der Ehe mit Jack, aber ohne zu riskieren, dabei alles zu verlieren. Gibt es einen einfacheren Weg, dieses Ziel zu erreichen, als den eigenen Ehemann umzubringen?“ Kate meinte, w?hrend ihrer gesamten Karriere noch nie jemandem begegnet zu sein, der so blind vor Hass gewesen war wie diese Frau. Kate hatte schon alles gesehen – Schwiegereltern, Schwager, sich entfremdete Geschwister und so weiter. Aber diese Frau spielte in einer ganz anderen Liga. „Ich sollte wohl erw?hnen“, sagte DeMarco, „dass wir den Gro?teil unserer Zeit hier damit verbracht haben, alles ?ber sowohl Jack als auch Missy zu erfahren. Zwar haben wir noch nicht alle Berichte, aber nichts von dem, was wir bisher geh?rt haben, l?sst darauf schlie?en, dass es in der Ehe Probleme gab.“ „So ist es“, stimmte Kate zu. „Es gab auch keine finanziellen Probleme, Missy hat eine wei?e Weste, es gibt nichts in dieser Richtung. Sie hingegen haben keine ganz reine Weste, Olivia. Wollen Sie mir von der Nacht erz?hlen, als Missy die Polizei rufen musste, weil Sie versuchten, sich gewaltsam Zutritt zu ihrem Haus zu verschaffen?“ „Jack hatte Probleme bei der Arbeit“, begann Olivia, und man sah, dass ihr unbehaglich zumute war. „Er hatte eine Panikattacke erlitten. Ich rief an, um zu sehen, wie es ihm geht, und um mit meinen Enkeln zu sprechen, aber Missy hat es nicht zugelassen. Sie sagte mir, dass Jack es mir zwar nicht sagen wollte, aber dass ich einer der Gr?nde f?r seine Panikattacke war. Als ich nochmals angerufen habe, hat sie einfach aufgelegt, deshalb habe ich mich kurzerhand dazu entschieden, einfach hinzufahren. Wir – Missy und ich - haben uns gestritten und sie hat mich vor die T?r gesetzt; sie weigerte sich, mich wieder einzulassen. Danach… habe ich wohl etwas die Kontrolle verloren und sie hat daraufhin die Polizei verst?ndigt.“ „Wenn n?tig, werden wir uns mit dem Vorfall befassen“, sagte Kate. „Aber um ehrlich zu sein, nichts, was wir gesehen haben, weist darauf hin, dass Missy einen Grund gehabt h?tte, ihren Mann umzubringen. Unserer Meinung nach gibt es kein Motiv.“ „Wenn Sie der Meinung sind, warum zum Teufel sind Sie dann ?berhaupt hier?“ „Um ehrlich zu sein… weil Ihr Name im Zuge der Ermittlungen aufgetaucht ist. Einer von Jacks Mitarbeiter hat zuf?llig ein Telefonat mitgeh?rt, in dem Jack einen Streit mit seiner Frau hatte… und es ging um Sie. Wir haben Sie ?berpr?ft und sind auf eben jenen Vorfall gesto?en.“ Olivia l?chelte auf eine Art und Weise, wie man alte Ganoven in Filmen l?cheln sieht. „Na dann. Wie es scheint, haben Sie sich ja schon Ihre Meinung ?ber mich gebildet.“ „Nein, das trifft nicht zu. Wir wollen nur…“ „Nehmen Sie es mir nicht ?bel, aber ich muss Sie bitten zu gehen. Ich m?chte in Ruhe um meinen Sohn trauern.“ Kate war sich bewusst, dass ihre Zeit mit Olivia Tucker abgelaufen war. Wenn sie noch weiterbohrte, w?rde die Frau dicht machen. Au?erdem hatten sie von ihr keinerlei brauchbare Informationen bekommen – es sei denn, ihre Anschuldigungen gegen ihre Schwiegertochter beinhalteten doch ein F?nkchen Wahrheit. Und das bezweifelte Kate. „Danke, dass Sie mit uns gesprochen haben“, sagte Kate. „Unser herzlichstes Beileid.“ Olivia nickte, erhob sich und verlie? das Wohnzimmer. „Den Ausgang finden Sie sicher selbst“, sagte sie noch, bevor sie in den hinteren Teil des Apartments verschwand. Auch Kate und DeMarco gingen. Sie hatten keine brauchbare Spur, waren allerdings leicht verst?rt auf Grund der Anschuldigungen, die Olivia gegen ihre Schwiegertochter ausgesprochen hatte. „Glaubst du, dass da irgendetwas dran ist?“, fragte DeMarco. Motiviert durch den Fall schien sie ihre Wut langsam ?berwunden zu haben. „Ich glaube, genau jetzt, in diesem Moment, w?hrend sie nach Antworten sucht, glaubt sie, was sie sagt. Ich glaube, sie nimmt die ?ngste, die sie ?ber die Jahre hatte und b?ndelt sie, vergr??ert sie, um etwas - beziehungsweise jemanden - zu haben, worauf sie die Schuld und ihre eigene Wut projizieren kann.“ DeMarco nickte, als sie in den Wagen stieg. „Was immer es war, es war extrem unsch?n.“ „Und ich glaube auch, dass sie selbst damit aus dem Schneider ist. Trotzdem sollten wir Missy im Auge behalten, um ihre Sicherheit zu gew?hrleisten. Vielleicht sollten wir auch die Polizei in Ashton davon in Kenntnis setzen, dass Olivia mental so auf der Kippe steht.“ „Ja, und was dann?“ „Dann lassen wir alles noch einmal Revue passieren. Vielleicht bei ein, zwei Gl?sern Wein im Hotel.“ Das schien eine gute Idee zu sein, aber trotzdem konnte Kate nicht umhin, immer wieder an Missy Tucker zu denken, und dass ihre Welt jetzt nur noch eine H?lle dessen war, was ihr Leben einmal ausgemacht. Kate konnte sich sehr genau daran erinnern, wie es sich anf?hlte, den Mann, den man liebte, zu verlieren; den Mann, der einen so gut kannte wie ein Buch, das er eine Million Male gelesen hatte. Es war so herzzerrei?end, dass es daf?r keine Worte gab, und lie? das Leben aus einem selbst heraus sickern. Jetzt dieses Gef?hl wieder zu erleben, wo sie zum Hotel zur?ckfuhr, motivierte sie mehr als alles andere. Es veranlasste sie, tief in ihrer Erinnerung zu graben, wo sich die Details des ersten Falls versteckt gehalten hatten, seit dem Zeitpunkt, als sich der Nobilini-Fall ereignet hatte. Ihre Gedanken versuchten einen Namen zu greifen – ein Name, der ihr nur allzu gut bekannt war, der aber ihrer bewussten Erinnerung entging. An diesen Namen war sie vorhin, als sie Jack Tuckers Freunde im Yachtclub getroffen hatte, unbewusst erinnert worden. Cass Nobilini. Du wei?t, dass dort die Antworten liegen, dachte Kate. Vielleicht war es so. Und zur Not w?rde sie dort nach den Antworten suchen. Allerdings hoffte sie, dass es dazu nicht kommen w?rde. Sie hoffte, dass sie Cass Nobilini in ihrem ganzen Leben niemals wiedersehen m?sse. Sie wusste aber auch, dass die Chancen daf?r denkbar schlecht standen – dass sie Cass Nobilini wahrscheinlich sogar eher fr?her als sp?ter wiedersehen sollte. KAPITEL SECHS Sie hatten es sich gerade an der Hotelbar gem?tlich gemacht, als der Ansturm der G?ste, die hier zu Abend essen wollten, begann. Obwohl sie sich auf ein Glas Wein freute, sah sie dem Burger, den sie bestellt hatte, mit noch viel mehr Vorfreude entgegen. Oft genug verga? sie, wenn sie mitten in den Ermittlungen steckte, zu Mittag zu essen; dann war sie abends halb verhungert. Als sie endlich mit Genuss von ihrem Burger abbiss, sah sie, wie DeMarco ihr verhalten zul?chelte. Es war ihr erstes echtes L?cheln dieses Tages. „Was?“, fragte Kate mit vollem Mund. „Nichts“, entgegnete DeMarco und besch?ftigte sich mit ihrem Salat mit gegrilltem H?hnchen. „Wei?t du, es hat etwas Tr?stendes, eine schlanke Frau deines Alters so essen zu sehen.“ Kate nickte, w?hrend sie den Bissen hinunter schluckte. „Ich habe das Gl?ck, einen unglaublichen Metabolismus zu haben.“ „Ach Gott, du ?rmste…“, neckte DeMarco. „Tja, was soll ich sagen. Immerhin kann ich essen wie ein Pferd.“ Sie schwiegen kurz, um dann in schallendes Gel?chter auszubrechen. Es f?hlte sich gut an, dass Kate ganz sie selbst sein konnte, nach all den Spannungen zwischen DeMarco und ihr. Nach dem zu urteilen, was sie kurz darauf sagte, schien DeMarco dies genauso zu empfinden. „Tut mir leid, dass ich den ganzen Tag so bitter war. Diese Sache, einer Familie so eine Todesnachricht ?berbringen zu m?ssen… das ist hart. Ich meine, nat?rlich ist es hart, aber f?r mich ist es noch h?rter. Ich habe etwas in meiner Vergangenheit, das hat mich gezeichnet. Ich dachte, ich bin dar?ber hinweg, aber anscheinend nicht.“ „Was ist passiert?“ DeMarco schwieg einen Moment; vielleicht dachte sie dar?ber nach, ob sie so tief in die Vergangenheit eintauchen wollte. Sie nahm noch einen gro?en Schluck Wein und entschloss sich dann, zu erz?hlen. Mit einem tiefen Seufzer begann sie. „Schon im Alter von vierzehn wusste ich, dass ich lesbisch bin. Meine erste Freundin hatte ich mit sechszehn. Als ich siebzehn war, entschlossen meine Freundin Rose und ich uns – Rose war neunzehn – dass wir uns outen. Wir haben es immer geheim gehalten, vor allem gegen?ber unseren Eltern. Also sollte es nun losgehen – wir wollten es ihnen erz?hlen. Wir wollten uns zuerst bei ihr zuhause treffen, um es ihren Eltern zu sagen. Die dachten, wir sind einfach beste Freundinnen. Ich war immer bei ihr, und andersrum, wei?t du? Jedenfalls sitze ich also bei ihren Eltern auf der Couch und bekomme diesen Anruf. Von der Polizei. Sie sagten mir, dass Rose einen Unfall gehabt hatte und noch am Unfallort gestorben ist. Sie haben mich angerufen anstatt ihrer Eltern, weil neunzig Prozent der Nachrichten auf ihrem Handy von mir waren, oder von ihr an mich. Ich bin sofort zusammengebrochen, und ihre Eltern sitzen da, haben keine Ahnung, was zum Teufel los ist – warum ich so weine, warum ich auf dem Boden knie. Und ich musste es ihnen sagen. Ich war diejenige, die Roses Eltern sagen musste, was mir die Polizei gerade mitgeteilt hatte.“ Sie hielt inne, stocherte in ihrem Salat und f?gte dann hinzu, „das war der absolut schlimmste Augenblick meines Lebens.“ Nur mit M?he konnte Kate DeMarco anblicken, die ihre Geschichte nicht wie jemand erz?hlt hatte, der emotional involviert ist, sondern sie hatte die Ereignisse wie ein Roboter abgespult. Kate wurde nun klar, warum DeMarco so heftig reagiert hatte, als sie sie am vorherigen Abend mitgeschleift hatte, um Missy Tucker die schlechten Nachrichten zu ?berbringen. „Wenn ich davon gewusst h?tte, dann h?tte ich dir niemals diese Sache aufgehalst“, sagte Kate. „Ich wei?. Gestern Abend wusste ich das auch, aber meine Gef?hle haben mich nicht logisch denken lassen. Um ehrlich zu sein, ich musste erst einmal selber damit klarkommen. Tut mir leid, dass du das abbekommen hast.“ „Ist schon in Ordnung“, meinte Kate. „Musstest du das oft tun w?hrend deiner Karriere? Ich meine, solche Nachrichten ?berbringen?“ „Oh ja. Und es wird nie einfacher. Es erleichtert die Sache ein wenig, sich selbst emotional zu distanzieren. Aber leicht wird diese Aufgabe nie.“ Sie schwiegen eine Zeitlang. Der Kellner kam und f?llte die Weingl?ser auf, und Kate machte sich wieder ?ber ihren Burger her. „Wie l?uft es eigentlich mit deinem Kerl?“, fragte DeMarco. „Allen hei?t er, richtig?“ „Das l?uft ganz gut. Er ist jetzt an dem Punkt unserer Beziehung, an dem er sich Sorgen dar?ber macht, dass ich beim FBI bin. Ihm w?re es lieber, wenn ich einen Schreibtischjob h?tte. Oder ganz zuhause bliebe.“ „Dann ist es also ziemlich ernst mit euch?“ „Scheint so. Einerseits finde ich das aufregend. Andererseits gibt es einen kleinen Teil in mir, der denkt, dass dies Zeitverschwendung sein k?nnte. Er und ich, wir gehen beide auf die sechzig zu. In dem Alter noch eine neue Beziehung anzufangen f?hlt sich irgendwie… merkw?rdig an.“ Da sie sp?rte, dass DeMarco gern mehr dar?ber geredet h?tte, wechselte sie schnell das Thema. „Und wie sieht es bei dir aus? Ist dein Liebesleben in die G?nge gekommen, seitdem wir uns das letzte Mal dar?ber unterhalten haben?“ DeMarco sch?ttelte den Kopf und l?chelte. „Nein, aber das ist meine eigene Wahl. Ich bin gern im Land der One-Night-Stands unterwegs, solange ich noch kann.“ „Und macht dich das gl?cklich?“ DeMarco schien ehrlich ?berrascht von der Frage. „Irgendwie schon. Ich habe momentan keinen Kopf f?r die Pflichten und Verantwortungen, die zu einer festen Beziehung geh?ren.“ Kate schmunzelte. Sie selbst war nie im Land der One-Night-Stands unterwegs gewesen. Sie hatte Michael kennengelernt, als sie noch am College war. Sie heirateten anderthalb Jahre sp?ter. Schon beim ersten Kuss war ihr klar, dass sie mit ihm ihr Leben verbringen wollte. „Also, was ist der n?chste Schritt in unserem Fall?“, fragte DeMarco. „Ich ?berlege, ob es Sinn macht, sich mit dem alten Fall, dem Nobilini-Fall, noch einmal pers?nlich zu befassen, anstatt nur die Akten durchzugehen. Ich frage mich, ob es inzwischen innerhalb der Nobilini-Familie neue Erkenntnisse gegeben hat. Aber… es verh?lt sich ?hnlich wie bei dir und dem Tod deiner Freundin… es ist nichts, womit ich mich freiwillig gern befassen m?chte.“ „Das hei?t, morgen stehen noch mehr unangenehme Besuche und Gespr?che an?“ „Vielleicht. Ich bin mir noch nicht sicher.“ „Gibt es irgendetwas, das ich wissen sollte, bevor ich blindlings in etwas hineinstolpere?“ „Wahrscheinlich ja. Aber glaub mir… das heben wir uns lieber f?r morgen fr?h auf. Sonst wird es heute Abend zu sp?t, und es wird mir den Schlaf rauben.“ „Oh. Ich sehe schon, in welche Richtung das geht.“ „Genau…“ Sie tranken ihren Wein aus und bezahlten. Auf dem Weg in ihre Zimmer dachte Kate ?ber die Geschichte nach, die DeMarco ihr erz?hlt hatte – dieses traurige Erlebnis in ihrer Vergangenheit. Wieder einmal wurde ihr bewusst, wie sie wenig ?ber ihren Partner wusste. Wenn sie eine normale Arbeitsbeziehung h?tten, in der sie sich fast t?glich s?hen, dann w?re das etwas anderes. So aber sahen sie sich nur alle paar Monate ein- oder zweimal. Sie fragte sich, ob sie sich genug M?he gab, DeMarco wirklich kennenzulernen. Ihre Wege trennten sich vor ihren Zimmern, die sich direkt gegen?ber lagen. Kate versp?rte das Bed?rfnis, noch etwas zu sagen – irgendetwas, um DeMarco zu zeigen, dass sie ihre Offenheit zu sch?tzen wusste. „Ich m?chte mich noch einmal f?r gestern Abend entschuldigen“, sagte sie. „Mir wird langsam klar, dass ich dich nicht gen?gend kenne, um solche Entscheidungen f?r uns beide treffen zu k?nnen.“ „Es ist okay, wirklich“, sagte DeMarco. „Ich h?tte dir gleich davon erz?hlen sollen.“ „Wir m?ssen beide mehr daran arbeiten, uns besser kennenzulernen. Das ist absolut n?tig, wenn wir uns unser Leben anvertrauen. Vielleicht sollten wir deshalb auch au?erhalb der Arbeit mehr gemeinsame Zeit verbringen.“ „Ja, das w?re gut“, meinte DeMarco, als sie ihre T?r aufschloss. „Du sagtest, du wolltest dir noch ein paar Gedanken machen zu dem alten Fall, dem Nobilini-Fall. Sag Bescheid, falls du etwas besprechen m?chtest.“ „Das mache ich“, sagte Kate. Und damit verschwanden beide in ihre jeweiligen Zimmer und beschlossen so den gemeinsamen Abend. Kate entledigte sich ihrer Schuhe und setzte sich direkt an den Laptop. W?hrend sie ihn hochfuhr, rief sie Director Duran an. Wie schon erwartet, nahm er den Anruf nicht selbst entgegen, sondern Kates Anruf landete bei seiner Pers?nlichen Assistentin Nancy Saunders in seinem Vorzimmer. Kate bat sie darum, ihr schnellstm?glich die digitalisierten Akten des Nobilini-Falls zu emailen. Zwar hatte DeMarco einige der Akten im Gep?ck, aber das waren nur die mit generellen Informationen zum Fall. Kate hatte das Bed?rfnis, sich wieder neu mit den unappetitlichen Details vertraut zu machen. Saunders versprach, sich darum zu k?mmern, und dass Kate die Email sp?testens am n?chsten Morgen um 9 Uhr erhalten w?rde. Cass Nobilini, dachte Kate. Sofort, als Duran die m?gliche Verbindung des aktuellen Falls mit dem Nobilini-Fall erw?hnte, hatte sie an die Frau denken m?ssen. Als sie die Klagelaute und das Weinen von Missy Tucker h?rte, die gerade vom Tod ihres Mannes erfahren hatte, musste sie wieder an Cass Nobilini denken. Und dann wieder, als sie mit Jack Tuckers Freunden sprach. Cass Nobilini, Frank Nobilinis Mutter. Die Frau, die es als beleidigend und absolut verwerflich angesehen hatte, dass die Medien den Mord an ihrem Sohn insbesondere auf Grund der Tatsache aufgriffen, dass er einst mehreren bekannten Mitgliedern des Kongresses als Finanzieller Berater zur Seite gestanden hatte. Kate schalt sich daf?r, dass sie angenommen hatte, dass der aktuelle Fall sie nicht auf die eine oder andere Weise zum Nobilini-Fall zur?ck f?hren w?rde. Die Erinnerung an Cass Nobilini blieb f?r den restlichen Abend im Vordergrund ihrer Gedanken, selbst als sie sich schlie?lich hinlegte und langsam einschlief. *** Sie sah noch immer den Tatort vor sich. Durch die vielen Jahre, die inzwischen vergangen waren, war die Erinnerung etwas eingerostet und verblasst, aber wann immer sie tr?umte, gab es von Verschwommenheit keine Spur. In ihren Tr?umen sah sie alles messerscharf vor sich, so, als s?he sie fern. Auch in dieser Nacht, als sie kurz nach 21 Uhr einschlief und sich dann bis Mitternacht unruhig im Schlaf hin und her w?lzte, sah sie die Szene wieder vor sich. Sie sah Frank Nobilini vor sich, get?tet in einer Seitengasse liegend, seine BMW-Schl?ssel noch in der Hand. Im Zuge der Ermittlungen war sie bei ihm zuhause gewesen. Er hatte in einem Haus mit vier Schlafzimmern in Ashton gelebt. In der Garage, in der es nach frisch gem?htem Gras roch, hatte sie mit der Untersuchung des Hauses begonnen. Sie kam sich fast wie in einem Geisterhaus vor, so als ob sich Frank Nobilinis Geist dort aufhielte und nur auf sie wartete. Vielleicht war er genau dort auf dem leeren Platz in der Garage, wo sein BMW – der mehrere Blocks vom Fundort seiner Leiche auf einem Parkplatz entdeckt worden war – h?tte stehen sollen. In der Garage war es kalt gewesen; Kate hatte damals das Gef?hl gehabt, sich in einer Grabkammer zu befinden. Aus Gr?nden, die sie nie verstanden hatte, war dies die Szene, an die sich ?ber die Jahre tief in ihr Ged?chtnis gebrannt hatte. In Frank Nobilinis Fall hatte es keinerlei Hinweise darauf gegeben, warum ihn jemand umgebracht hatte. Man h?tte annehmen k?nnen, dass sich jemand seines sehr sch?nen BMWs bem?chtigen wollte, aber die Autoschl?ssel hatte man in Franks Hand gefunden. Sein Haus war sauber gewesen – und zwar so sauber, dass es schon fast unheimlich wirkte. Es lagen keine Papiere herum, es gab keine Eintr?ge in seinem Kalender, keinerlei Post. Nichts. In ihrem Traum sah Kate sich in der Seitengasse stehen. Wie ein Kind, das vorsichtig einen Tropfen Sirup auf dem K?chentisch ber?hrt, fuhren ihre Finger ?ber die an der Hauswand klebende Masse. Sie wandte sich um und blickte hinter sich, in Richtung des Eingangs zur Gasse, aber sie sah stattdessen das Innere von Nobilinis Garage. Als ob man sie hereingebeten hatte, stieg sie im Traum die h?lzerne Treppe hinauf, die zur Verbindungst?r zur K?che f?hrte. Dann bewegte sie sich auf eine flie?ende Art und Weise, wie man es nur in Tr?umen konnte; sie schwebte eher, als dass ihre Beine sie trugen. Irgendwie gelangte sie in das Badezimmer und blickte in die Duschwanne entlang der hinteren Wand. Sie war gef?llt mit Blut. Etwas schien sich unter der Oberfl?che zu bewegen und lie? kleine Bl?schen aufsteigen. Wenn eine die Oberfl?che erreichte und zerplatzte, hinterlie? dies kleine Blutspritzer an der gekachelten Wand. Vor Schreck stolperte sie r?ckw?rts zur Badezimmert?r hinaus und in den Flur, wo ihr Frank Nobilini entgegen kam. Hinter ihm stand seine Frau Jennifer und schaute dem Geschehen zu. Sie winkte Kate sogar kurz zu, als ihr toter Ehemann den Flur entlang auf sie zu taumelte. Frank bewegte sich langsam, zombieartig, mit einem starken Hinken. „Es ist alles okay“, sagte da eine Stimme hinter ihr. Sie wandte sich um und sah Cass Nobilini, Franks Mutter, auf dem Boden sitzen. Sie sah m?de aus, geschlagen… als warte sie auf des Henkers Schwert. „Cass…?“ „Du h?ttest den Fall niemals gel?st. Das hattest du einfach nicht drauf. Aber die Zeit… die ?ndert Dinge, nicht wahr?“ Kate wandte sich wieder zu Frank um, der immer noch auf sie zukam. Als er an der T?r zum Badezimmer vorbeikam, sah Kate, dass das Blut ?ber den Rand der Duschwanne getreten und ?ber den Boden gelaufen war und sich jetzt im Flur ausbreitete. Als Frank in das Blut trat, war ein schmatzendes Ger?usch zu vernehmen. Frank Nobilini l?chelte sie an und erhob wie zum Gru?e eine schon vermoderte, abgefaulte Hand. Kate trat einige Schritte r?ckw?rts, hob die H?nde vors Gesicht und begann zu schreien. Durch ihr Schreien wachte sie auf. Dieses verdammte Haus. Sie hatte nie begriffen, warum es sie so verst?rt hatte. Vielleicht lag es an Jennifer Noblinis Schreien, die damals durch dieses perfekt scheinende Haus gehallt waren… das alles war total surreal gewesen. Wie etwas aus einem Horrorfilm. Kate setzte sich im Bett auf und drehte sich zur Bettkante. Nachdem sie ein paar Mal tief Luft geholt hatte, blickte sie auf ihren Wecker: es war 1:22 Uhr morgens. Das einzige Licht im Raum stammte von den Digitalzahlen ihres Weckers und von der Lampe drau?en, deren schwacher Schein kaum durch die geschlossenen Jalousien drang. Sie hatte schon zuvor von Cass Nobilini und diesem ersten Fall getr?umt, aber dieser Traum war wirklich allzu realistisch gewesen. Ihr Herz h?mmerte noch in ihrer Brust, als sie aus dem Bett stieg und zum Minik?hlschrank ihres Hotelzimmers ging, um sich dort eine Flasche Wasser zu holen. Sie trank davon, w?hrend sie das Zimmer durchquerte und sich auf die Bettkante neben ihrem Laptop, der auf dem Nachttisch daneben stand, setzte. Sie knipste die Nachttischlampe an, fuhr den Laptop hoch und checkte ihre Emails. Sie hatte nur eine neue Mail, und die kam von Director Durans Assistentin Nancy Saunders. Die hatte einen Agent beauftragt, die Nobilini-Akte auszubuddeln, welche ihr kurz vor Mitternacht gemailt wurde. Êîíåö îçíàêîìèòåëüíîãî ôðàãìåíòà. Òåêñò ïðåäîñòàâëåí ÎÎÎ «ËèòÐåñ». Ïðî÷èòàéòå ýòó êíèãó öåëèêîì, êóïèâ ïîëíóþ ëåãàëüíóþ âåðñèþ (https://www.litres.ru/pages/biblio_book/?art=51921954&lfrom=688855901) íà ËèòÐåñ. Áåçîïàñíî îïëàòèòü êíèãó ìîæíî áàíêîâñêîé êàðòîé Visa, MasterCard, Maestro, ñî ñ÷åòà ìîáèëüíîãî òåëåôîíà, ñ ïëàòåæíîãî òåðìèíàëà, â ñàëîíå ÌÒÑ èëè Ñâÿçíîé, ÷åðåç PayPal, WebMoney, ßíäåêñ.Äåíüãè, QIWI Êîøåëåê, áîíóñíûìè êàðòàìè èëè äðóãèì óäîáíûì Âàì ñïîñîáîì.
Íàø ëèòåðàòóðíûé æóðíàë Ëó÷øåå ìåñòî äëÿ ðàçìåùåíèÿ ñâîèõ ïðîèçâåäåíèé ìîëîäûìè àâòîðàìè, ïîýòàìè; äëÿ ðåàëèçàöèè ñâîèõ òâîð÷åñêèõ èäåé è äëÿ òîãî, ÷òîáû âàøè ïðîèçâåäåíèÿ ñòàëè ïîïóëÿðíûìè è ÷èòàåìûìè. Åñëè âû, íåèçâåñòíûé ñîâðåìåííûé ïîýò èëè çàèíòåðåñîâàííûé ÷èòàòåëü - Âàñ æä¸ò íàø ëèòåðàòóðíûé æóðíàë.