Êàê ÷àñòî ÿ âèæó êàðòèíêó òàêóþ Âîî÷èþ, èëè îíà òîëüêî ñíèòñÿ: Äâå äåâî÷êè-ãåéøè î ÷¸ì-òî òîëêóþò, Çàáûâ, ÷òî äàâíî èì ïîðà ðàñõîäèòüñÿ. Íà óëèöå ò¸ìíîé âñå äâåðè çàêðûòû. Ëåíèâîå ïëàìÿ â ôîíàðèêå ñîííîì… À äåâî÷êè-ãåéøè êàê áóäòî çàáûòû Äâóìÿ îãîíüêàìè â ïðîñòðàíñòâå áåçäîííîì. Íó ÷òî âàì íå ñïèòñÿ, ïðåêðàñíûå ãåéøè? Âåäü äàæå ñâåð÷êè íåóìîë÷íû

Ruhend

Ruhend Blake Pierce Ein Riley Paige Krimi #14 Ein Meisterwerk der Spannung! Die Autorin schafft es auf hervorragende Weise den Charakteren eine psychologische Seite zu geben, die so gut beschrieben ist, dass wir uns in ihre K?pfe versetzt f?hlen, ihren ?ngsten folgen und ?ber ihren Erfolg jubeln. Die Handlung ist sehr intelligent und wird Sie das ganze Buch hindurch unterhalten. Voller Wendungen wird Sie dieses Buch bis zur letzten Seite wach halten. – Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (zu Verschwunden) RUHEND ist Band #14 in der Bestseller Riley Paige Krimi Serie, die mit dem #1 Bestseller VERSCHWUNDEN (Band #1) beginnt – einem kostenlosen Download mit ?ber 1. 000 f?nf Sterne Bewertungen! Nach einer 10-j?hrigen Pause schl?gt ein t?ckischer Serienm?rder erneut zu und hinterl?sst kaum Spuren – – wenn FBI Spezialagentin Riley Paige ihn jetzt fangen will, muss sie erst die R?tsel der Vergangenheit l?sen. Frauen warden tot aufgefunden und Riley Paige begreift in diesem d?steren psychologischen Thriller, dass sie in einem Wettlauf gegen die Zeit ist. Die Morde der Vergangenheit waren bereits zu verworren um damals gel?st werden zu k?nnen. Kann Riley sie nun, 10 Jahre sp?ter, aufl?sen? Und ihren Zusammenhang mit den gegenw?rtigen Verbrechen verstehen?W?hrend Riley eine pers?nliche Kriese erlebt, scheint das Katz-und-Maus Spiel mit einem genialen Psychopathen wom?glich zu viel f?r sie zu werden. Besonders weil irgendetwas an dem Fall Riley einfach unerkl?rbar st?rt…Ein Actionreicher Thriller voller Spannung ist RUHEND Band # 14 einer fesselnden neuen Serie – – mit einer geliebten neuen Hauptfigur – – die sie bis in die sp?te Nacht dazu verleiten wird weiterzubl?ttern. Band # 15 der Riley Paige Serie ist bald erh?ltlich. Blake Pierce Ruhend. Ein Riley Paige Krimi 14 Blake Pierce Blake Pierce ist die Autorin der RILEY PAIGE Bestseller Krimiserie, die bisher zw?lf B?nde (weitere B?nde folgen) umfasst. Blake Pierce ist ebenso die Autorin der MACKENZIE WHITE Krimiserie, bestehend aus acht B?nden; der AVERY BLACK Krimiserie, aus sechs B?nden bestehend; der KERI LOCKE Krimiserie, aus f?nf B?nden bestehend; ebenso die neue Serie DAS MAKING of RILEY PAIGE, die mit Band #1 BEOBACHTET beginnt. Blake Pierce ist eine begeisterte Leserin und schon ihr ganzes Leben lang ein Fan des Krimi- und Thriller-Genres. Blake freut sich von Ihnen zu h?ren, also besuchen Sie www.blakepierceauthor.com (http://www.blakepierceauthor.com/) und bleiben Sie in Kontakt! Copyright © 2018 Blake Pierce Alle Rechte vorbehalten. 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Copyright Umschlagsbild Photographee.eu, genutzt unter der Lizenz von Shutterstock.com ANDERE B?CHER VON BLAKE PIERCE JESSIE HUNT PSYCHOTHRILLER SERIE DIE PERFEKTE FRAU (Band #1) DER PERFEKTE BLOCK (Band #2) DAS PERFEKTE HAUS (Band #3) CHLOE FINE PSYCHOTHRILLER SERIE NEBENAN (Band #1) DIE L?GE EINES NACHBARN (Band #2) SACKGASSE (Band #3) KATE WISE MYSTERY SERIE WENN SIE W?SSTE (Band #1) WENN SIE S?HE (Band #2) DIE MAKING OF RILEY PAIGE SERIE BEOBACHTET (Band #1) WARTET (Band #2) LOCKT (Band #3) RILEY PAIGE KRIMI SERIE VERSCHWUNDEN (Band #1) GEFESSELT (Band #2) ERSEHNT (Band #3) GEK?DERT (Band #4) GEJAGT (Band #5) VERZEHRT (Band #6) VERLASSEN (Band #7) ERKALTET (Band #8) VERFOLGT (Band #9) VERLOREN (Band #10) BEGRABEN (Band #11) ?BERFAHREN (Band #12) GEFANGEN (Band #13) RUHEND (Band #14) GEMIEDEN (Band #15) MACKENZIE WHITE KRIMI SERIE BEVOR ER T?TET (Band #1) BEVOR ER SIEHT (Band #2) BEVOR ER BEGEHRT (Band #3) BEVOR ER NIMMT (Band #4) BEVOR ER BRAUCHT (Band #5) EHE ER F?HLT (Band #6) EHE ER S?NDIGT (Band #7) BEVOR ER JAGT (Band #8) VORHER PL?NDERT ER (Band #9) VORHER SEHNT ER SICH (Band #10) AVERY BLACK KRIMI SERIE DAS MOTIV (Band #1) LAUF (Band #2) VERBORGEN (Band #3) GR?NDE DER ANGST (Band #4) RETTE MICH (Band #5) ANGST (Band #6) KERI LOCKE KRIMI SERIE EINE SPUR VON TOD (Band #1) EINE SPUR VON MORD (Band #2) EINE SPUR VON SCHW?CHE (Band #3) EINE SPUR VON VERBRECHEN (Band #4) EINE SPUR VON HOFFNUNG (Band #5) PROLOG Gareth Ogden stand am Strand und schaute hinaus auf den Golf von Mexiko. Gerade war Ebbe und der Golf war still – die Wasser ruhig und die Wellen niedrig. Er konnte einige M?wen im immer dunkler werdenden Himmel erkennen und h?rte, wie ihre m?den Schreie ?ber die Wellen hallten. Er zog an seiner Zigarette und l?chelte bitter w?hrend er dachte… Die M?wen klingen beinahe so, als w?rden auch sie dieses Wetter hassen. Er war sich nicht sicher, wieso er ?berhaupt aufgebrochen war, um hierher zu kommen. Fr?her hatte er die Ger?usche und Ger?che des Strandes am Abend genossen. Vielleicht war es sein Alter oder schlicht dieses schw?le Wetter, welches es schwer machte, ?berhaupt irgendetwas zu genie?en. Die Sommer wurden immer hei?er. Selbst nachdem, so wie jetzt, die Sonne untergegangen war, konnte die Meeresbriese ihm keine erleichternde Abk?hlung verschaffen, und die Luftfeuchtigkeit war erstickend. Er rauchte seine Zigarette zu Ende und trat sie mit dem Fu? in den Sand. Dann wandte er sich vom Wasser ab, um sich auf den Weg zur?ck zu seinem Haus zu machen – einem verwitterten Geb?ude dessen Fenster einen Blick auf die alte Stra?e und den leeren Strand boten. W?hrend er durch den Sand stapfte, dachte Gareth an die Reparaturen, die der letzte Hurrikan vor ein paar Jahren notwendig gemacht hatte. Die gro?e Veranda vor dem Haus musste komplett erneuert werden sowie Teile der Wandbekleidung und einige Dachziegel. Tats?chlich jedoch hatte er gro?es Gl?ck gehabt, und die Struktur des Geb?udes selbst hatte keine ernsthaften Sch?den davongetragen. Amos Crites, dem die Nachbarh?user auf beiden Seiten von Gareths Haus geh?rten, hatte beinahe alles von Grund auf wiederaufbauen m?ssen. Dieser gottverdammte Sturm, dachte er sich und schlug nach einigen Moskitos. Die Immobilienwerte waren seither stark gefallen. Er tr?umte davon, das Haus zu verkaufen und Rushville zu verlassen, jedoch w?rde niemand genug daf?r zahlen wollen. Gareth hatte in dieser Stadt sein gesamtes Leben verbracht, und er hatte wirklich nicht das Gef?hl, dass sie es ihm leicht gemacht hatte. Seiner Meinung nach ging es mit Rushville schon eine ganze Weile bergab – sp?testens seitdem sie angefangen hatten, die Autobahn nebenan zu bauen. Er konnte sich noch an die Zeit davor erinnern, als Rushville ein kleines, aber bl?hendes St?dtchen mit viel Sommertourismus gewesen war. Doch diese Tage waren l?ngst vorbei. Gareth schl?pfte durch ein Loch im h?lzernen Strandzaun und lief hinunter zur Stra?e. Als er f?hlte, wie die Hitze durch die Sohlen seiner Schuhe drang, schaute er zu seinem Haus hinauf. In den Fenstern des ersten Stocks brannte einladendes Licht… Fast so, als w?rde dort jemand leben. „Leben“ schien nicht gerade das passende Wort f?r Gareths eigene einsame Existenz zu sein. Und die Gedanken an fr?hlichere Tage – als seine Frau Kay noch am Leben gewesen war und sie beide ihre Tochter Cathy gro?zogen – stimmten ihn nur noch trauriger. Als er den Weg zu seinem Haus entlangging, ersp?hte Gareth etwas durch die Gittert?r – einen Schatten, der sich im Inneren des Hauses bewegte. Wer konnte das sein? fragte er sich. Er war nicht ?berrascht, dass sich ein Besucher selbst hineingelassen hatte. Die Eingangst?r stand sperrangelweit offen, und die Gittert?r war nicht abgeschlossen. Gareths Freunde konnten schlie?lich immer kommen und gehen wie es ihnen beliebte. „Es ist ein freies Land“, pflegte er ihnen zu sagen. „Wird jedenfalls behauptet.“ Als er die lange, schiefe Treppe zur Veranda emporstieg, dachte Gareth sich, dass es sich bei seinem Besuch um Amos Crites handeln k?nnte. Vielleicht war Amos vom anderen Ende der Stadt, wo er lebte, hierher gekommen, um nach seinen Strandh?usern zu schauen. Gareth wusste, dass keines der beiden H?user f?r den August, einem in dieser Umgebung bekannterma?en sehr hei?en und schw?len Monat, vermietet worden war. Ja, ich wette, er ist es, dachte Gareth sich, als er ?ber die Veranda ging. Amos kam des ?fteren vorbei, um sich ?ber alles M?gliche zu beschweren, und Gareth stimmte mit seiner eigenen Unzufriedenheit gerne in seine Tirade mit ein. Er ?berlegte, ob er und Amos in dieser Hinsicht einen schlechten Einfluss aufeinander hatten… Aber hey, wozu hat man Freunde? Gareth blieb vor der Eingangst?r stehen und sch?ttelte den Sand aus seinen Sandalen. „Hey, Amos“, rief er. „Nimm dir ein Bier aus dem K?hlschrank.“ Er erwartete, dass ihm Amos mit einem „bereits passiert“ antworten w?rde. Doch es folgte keine Antwort. Gareth vermutete, dass Amos auf der Suche nach einem Bier bereits hinten in der K?che war. Oder vielleicht war er einfach noch schlechter gelaunt als sonst. Das war f?r Gareth auch in Ordnung… Gleich und Gleich gesellt sich gern, wie man so sch?n sagt. Gareth ?ffnete die Gittert?r und ging hinein. „Hey, Amos, wie geht’s?“, rief er. Aus dem Augenwinkel bemerkte er eine blitzschnelle Bewegung. Er drehte sich um und erblickte eine schattenhafte Form, die im Licht der Wohnzimmerlampe eine Silhouette an die Wand warf. Wer auch immer es war, sprang Gareth so schnell an, dass dieser keine Zeit hatte, einen Laut von sich zu geben. Die Figur hob einen Arm, und Gareth sah in ihrer Hand Stahl aufblitzen. Etwas unsagbar Hartes rammte seinen Kopf, und es f?hlte sich so an, als w?rde eine Explosion durch sein Gehirn gehen. Dann wurde es still. KAPITEL EINS Das Morgenlicht spiegelte sich in den Wellen als Samantha Kuehling das Polizeiauto ?ber den sandigen Strandweg steuerte. Neben ihr auf dem Beifahrersitz sa? ihr Partner Dominic Wolfe… „Ich glaube es erst, wenn ich es mit eigenen Augen gesehen habe.“ Sam antwortete nicht. Weder sie noch Dominic wussten bislang, was genau dieses „es“ wirklich war. Was „es“ auch immer genau sein mochte, sie war schon jetzt ?berzeugt, dass „es“ ?beraus ernst zu nehmen war. Sie kannte den vierzehnj?hrigen Wyatt Hitt schon sein gesamtes Leben. Er konnte manchmal frech sein, wie jeder Junge in diesem Alter, doch er war kein L?gner. Und er hatte beinahe hysterisch geklungen, als er vorhin auf der Polizeistation angerufen hatte. Was er sagte, hatte nicht viel Sinn ergeben, doch er hatte eine Sache absolut klar gemacht… Irgendetwas war mit Gareth Ogden passiert. Irgendetwas Schlimmes. Mehr wusste Sam nicht. Und auch Dominic nicht. Als sie das Auto vor Gareths Haus geparkt hatte, sah sie, dass Wyatt auf der untersten Stufe der Treppe sa?, die zur Veranda f?hrte. Neben ihm lag ein Jutebeutel voll unausgetragener Zeitungen. Als Sam und Dominic aus dem Auto gestiegen waren und zu ihm hin?bergingen, schaute der flachsblonde Junge sie nicht einmal an. Er starrte immer nur geradeaus. Wyatts Gesicht war noch blasser als sonst, und er zitterte, obwohl es ein hei?er Morgen war. Es ist der Schock, begriff Sam. Dominic sprach ihn an: „Erz?hl uns, was passiert ist.“ Wyatt setzte sich auf und schaute Dominic mit leeren Augen an. Dann begann er zu stammeln. Er befand sich im Stimmbruch, was die Heiserkeit und den Schrecken in seiner Stimme noch verschlimmerte… „Er – er ist dort drin, im Haus. Mr. Ogden, meine ich.“ Dann starrte er wieder auf das Wasser des Golfs. Sam und Dominic schauten einander an. An Dominics besorgtem Gesichtsausdruck erkannte sie, dass er den Jungen ernst nahm. Beim Gedanken an das, was ihnen wahrscheinlich gleich bevorstand, lief Sam ein Schauer ?ber den R?cken, und sie dachte… Ich habe das untr?gliche Gef?hl, dass es gleich ziemlich unangenehm wird. Sie und Dominic stiegen die Treppe hinauf und ?berquerten die Veranda. Als sie durch die Gittert?r sp?hten, sahen sie Gareth Ogden. Dominic wich entsetzt einige Schritte von der T?r zur?ck. „Mein Gott!“, stie? er aus. Ogden lag r?cklings auf dem Boden, Augen und Mund waren weit aufgerissen. Auf seiner blut?berstr?mten Stirn klaffte eine offene Wunde. Dominic drehte sich blitzartig um und schrie Wyatt die Treppen hinunter an… „Was zur H?lle ist passiert? Was hast Du getan?“ Selbst ein wenig dar?ber erstaunt, dass sie Dominics Panik nicht teilte, ber?hrte Sam ruhig seinen Arm und raunte ihm zu: „Er hat gar nichts getan, Dom. Er ist nur ein Kind. Er ist nur der Zeitungstr?ger.“ Dominic sch?ttelte ihre Hand ab und st?rmte die Treppen hinunter. Er riss den armen Wyatt hoch. „Sag schon!“, schrie Dominic. „Was hast Du getan? Wieso?“ Sam rannte die Treppe hinab ihm nach. Sie griff den hysterischen Cop bei den Armen und zerrte ihn gewaltsam auf den Rasen. „Lass ihn in Ruhe, Dom“, sagte Sam. „Lass mich das machen, ok?“ Dominics Miene war jetzt genauso blass wie die Wyatts. Auch er zitterte nun. Er nickte stumm. Sam ging zu Wyatt hin?ber und half ihm, sich wieder aufzusetzen. Sie hockte sich vor ihn und legte ihm ihre Hand auf die Schulter. Sie sagte: „Es wird alles wieder gut, Wyatt. Hol einfach ein paar Mal tief Luft.“ Dem armen Wyatt gelang es nicht, ihren Anweisungen zu folgen. Stattdessen schien er gleichzeitig zu hyperventilieren und zu schluchzen. Er schaffte es dennoch, einige Worte herauszupressen: „Ich – ich wollte ihm nur die Zeitung bringen und dann habe ihn dort gefunden.“ Sam kniff die Augen zusammen und versuchte zu verstehen, was er sagte. „Wieso bist du bis zur Veranda hinaufgestiegen?“, fragte sie. „Konntest du die Zeitung nicht einfach von hier aus hochwerfen?“ Wyatt zuckte mit den Schultern und sagte: „Er wird immer – wurde immer w?tend, wenn ich das tat. Er meinte immer, das Ger?usch w?rde ihn aufwecken. Er sagte mir, ich solle auf die Veranda kommen und die Zeitung zwischen die Gitter- und die Eingangst?r stecken. Sonst w?rde sie weggeweht, sagte er. Also bin ich immer da hochgestiegen, und heute wollte ich gerade die Gittert?r ?ffnen, da sah ich – “ Wyatt schluchzte und st?hnte bei der Erinnerung an das Gesehene. Dann f?gte er hinzu… „Dann habe ich euch von meinem Handy aus angerufen.“ Sam klopfte ihm sanft auf die Schulter. „Es wird alles gut“, sagte sie. „Du hast alles richtig gemacht, indem du die Polizei gerufen hast. Warte jetzt hier.“ Wyatt warf einen Blick auf seine Tasche. „Aber diese Zeitungen – ich muss sie heute unbedingt noch austragen.“ Armer Junge, dachte Sam. Er war offensichtlich schrecklich durcheinander. Au?erdem machte sich anscheinend eine Art f?lschliches Schuldgef?hl in ihm breit. Sam nahm an, dass es eine nat?rliche Reaktion in solch einer Situation war. „Du musst gar nichts machen“, sagte sie. „Niemand wird irgendetwas sagen. Alles wird gut. Wie gesagt, wartest du jetzt einfach hier.“ Sie erhob sich und schaute sich nach Dominic um, der immer noch stumm und wie erstarrt im Vorgarten stand. Sam wurde nun ein wenig w?tend. Hat er vergessen, dass er ein Cop ist? Sie rief ihm zu: „Dom, komm schon. Wir m?ssen da rein und uns das genauer ansehen.“ Doch Dom r?hrte sich nicht. Er stand da, als h?tte er seinen Geh?rsinn eingeb??t und konnte nicht h?ren, dass sie mit ihm sprach. Sie fuhr ihn in einem sch?rferen Ton an: „Dominic, komm mit verdammt!“ Dominic nickte stumm und trottete die Treppe hinauf ?ber die Veranda ins Haus hinein ihr nach. Gareth Ogden lag mit weit ausgebreiteten Armen und Beinen auf dem Boden. Er trug Shorts und ein T-Shirt. Die Wunde auf seiner Stirn war merkw?rdig pr?zise und symmetrisch. Sam kniete sich zu ihm hinab, um sie sich genauer anzusehen. Immer noch ?ber ihr stehend stammelte Dominic: „F-Fass nichts an.“ Sam h?tte ihn am liebsten gefragt, ob er sie f?r bl?d hielt. Welcher Cop wusste nicht, wie vorsichtig man an so einem Tatort sein musste? Doch als sie sich zu Dominic umwandte, sah sie, dass er immer noch blass war und zitterte. Was, wenn er ohnm?chtig wird? dachte sie. Sie zeigte auf einen Sessel in der N?he und sagte: „Setz dich mal, Dom.“ Dominic tat stumm, wie ihm gesagt wurde. Sam fragte sich, ob er jemals zuvor eine Leiche gesehen hatte. Ihre eigene Erfahrung beschr?nkte sich auf die Beerdigungen ihrer Gro?eltern. Nat?rlich war das hier etwas ganz anderes. Doch trotzdem f?hlte sich Sam merkw?rdig ruhig, als sei sie Herr der Lage – fast so, als h?tte sie sich schon eine ganze Weile lang auf eine derartige Situation vorbereitet. Dominic teilte dieses Gef?hl offenbar nicht. Sie schaute sich Ogdens Wunde genauer an. Sie ?hnelte ein wenig dem riesigen Krater auf der Landstra?e in der N?he von Rushville von vor einem Jahr – eine komische, klaffende ?ffnung, die dort eigentlich nicht hingeh?rte. Noch merkw?rdiger war, dass die Haut um die Wunde herum unversehrt geblieben war – vollkommen unbesch?digt sah sie so aus, als h?tte sie sich nur so weit gedehnt, wie das Objekt, das sich in Ogdens Kopf gebohrt hatte, Platz gebraucht hatte. Sam begriff sofort, um welches Objekt es sich dabei gehandelt haben musste. Sie rief Dominic zu: „Jemand muss mit einem Hammer auf ihn eingeschlagen haben.“ Dominic, dem es offenbar wieder besser ging, erhob sich aus dem Sessel und kniete sich neben Sam, um die Leiche genauer betrachten zu k?nnen. „Woher wei?t du, dass es ein Hammer war?“, fragte er. Obwohl Sam sehr wohl wusste, dass es wie ein perverser Witz klingen musste, antwortete sie… „Ich kenn’ mich aus mit Werkzeug.“ Es stimmte. Als sie ein kleines M?dchen gewesen war, hatte sie von ihrem Vater mehr ?ber die richtige Handhabung verschiedener Werkzeuge erfahren, als die meisten Jungs der Stadt in ihrem gesamten Leben. Und die Einkerbung von Ogdens Wunde hatte exakt dieselbe Form, wie das runde Ende eines ganz normalen Hammers. Die Wunde war zu gro? um beispielsweise von einem Kugelhammer herzur?hren. Au?erdem musste es ein gr??erer Hammer gewesen sein. Nur so konnte ein einziger Schlag so t?dlich sein wie in diesem Fall. Ein Klauenhammer oder ein Rei?hammer, dachte sie. Etwas anderes kommt nicht in Frage. Sie sagte zu Dominic: „Ich frage mich, wie der M?rder hier reingekommen ist.“ „Oh, das kann ich dir sagen“, erwiderte Dominic. „Ogden hat sich nicht einmal bem?ht, daran zu denken, seine T?r abzuschlie?en. Selbst dann nicht, wenn er das Haus verlassen hat. Er lie? sie manchmal sogar nachts sperrangelweit offen stehen. Du wei?t doch wie die Leute, die in der Strandstra?e leben, drauf sind – sie sind dumm und gutgl?ubig.“ Sam fand es traurig, die Worte „dumm“ und „gutgl?ubig“ auf diese Weise im selben Satz zu h?ren. Wieso sollten die Leute in einer Stadt wie Rushville ihre H?user auch zusperren? Seit Jahren hatte es keine Gewaltverbrechen gegeben. Tja, so gutgl?ubig werden sie nun wohl nicht mehr sein, dachte sie sich. Sam sagte: „Die Frage ist jetzt, wer es war.“ Dominic zuckte mit den Schultern und sagte: „Wer auch immer es war, Ogden sieht auf jeden Fall so aus, als w?re er m?chtig ?berrascht gewesen.“ Sam stimmte ihm schweigend zu, denn der Gesichtsausdruck der Leiche lie? keinen anderen Schluss zu. Dominic fuhr fort: „Es muss jemand vollkommen fremdes gewesen sein, niemand aus der Stadt. Ich meine, Ogden war gemein, aber niemand in der Stadt hasste ihn so sehr. Au?erdem hat niemand hier Mumm genug, einen solchen Mord zu begehen. Es war wahrscheinlich jemand auf der Durchreise. Wir werden viel Gl?ck brauchen, den zu erwischen.“ Dieser Gedanke bereitete Sam Bauchschmerzen. Sie konnten nicht zulassen, dass in Rushville so etwas einfach passierte. Das konnten sie einfach nicht. Au?erdem hatte sie das starke Gef?hl, dass Dominic Unrecht hatte. Der M?rder war kein blo?er Durchreisender. Ogden war von jemandem umgebracht worden, der hier in ihrer Mitte lebte. Au?erdem wusste Sam, dass es nicht das erste Mal war, dass so etwas hier in Rushville geschah. Aber sie wusste auch, dass jetzt nicht die richtige Zeit war, um Vermutungen anzustellen. Sie sagte zu Dominic: „Du rufst Chief Crane an. Ich rufe den Bezirksgerichtsmediziner an.“ Dominic nickte und zog sein Handy hervor. Bevor sie nach ihrem eigenen Handy griff, wischte Sam sich den Schwei? von der Stirn. Es war schon jetzt ein br?tend hei?er Tag… Und er w?rde noch sehr viel hei?er werden. KAPITEL ZWEI Riley Paige sog die k?hle Meeresluft tief ein. Sie sa? drau?en auf der hohen Terrasse eines H?uschens am Meer wo sie, ihr Freund Blaine und ihre drei Teenage-T?chter bereits eine Woche verbracht hatten. In der Ferne konnte sie weitere Urlauber erkennen, die sich auf dem weiten sandigen Strand und im k?hlen Wasser des Meeres vergn?gten. Riley konnte April, Jilly und Crystal im seichten Wasser spielen sehen. Es gab zwar eine Strandwache mit Rettungsschwimmern vor Ort, aber trotzdem war Riley froh, dass sie einen guten Blick auf die M?dchen hatte. Blaine hatte es sich auf einer Strandliege neben ihr bequem gemacht. Er sagte: „Na, bist du froh, dass du meine Einladung angenommen und hierher gefahren bist?“ Riley dr?ckte seine Hand und sagte: „Heilfroh, ich k?nnte mich glatt daran gew?hnen.“ „Das will ich doch schwer hoffen“, entgegnete Blaine und dr?ckte ebenfalls ihre Hand. „Wann war das letzte Mal, dass du so einen Urlaub gemacht hast?“ Die Frage lie? Riley einen Moment lang stutzen. „Ich habe wirklich keine Ahnung“, sagte sie. „Das muss Jahre her sein.“ „Dann haben wir ja einiges nachzuholen“, sagte Blaine. Riley l?chelte und dachte… Ja, noch eine ganze weitere Woche genauer gesagt. Sie hatten soweit allesamt eine tolle Zeit hier gehabt. Ein wohlhabender Freund von Blaine hatte ihm angeboten, sein Strandhaus in Sandbridge Beach zwei Augustwochen lang zu nutzen. Als Blaine sie eingeladen hatte mitzukommen, hatte Riley eingesehen, dass sie es Jilly und April schuldete mehr Zeit mit ihnen fernab der Arbeit zu verbringen. Nun dachte sie allerdings… Ich habe es auch mir selbst geschuldet. Vielleicht, wenn sie diesen Sommer genug ?bung bek?me, konnte sie sich sogar daran gew?hnen, sich ab und zu etwas zu g?nnen. Als sie hier angekommen waren, war Riley ?berrascht gewesen, wie elegant das Haus war. Es war ein sch?ner Bau, auf Pf?hlen gebaut, und von der gro?z?gigen Terrasse aus hatte man einen herrlichen Blick auf den Strand. Es gab sogar einen Au?enpool hinten im Garten. Sie waren am Tag von Aprils sechzehntem Geburtstag hier angekommen. Riley und die M?dchen hatten den Tag mit einer Shoppingtour und dem Besuch des Aquariums im nur wenige Kilometer entfernten Virginia Beach verbracht. Seither hatten sie diesen Ort nicht mehr verlassen, und die M?dchen schienen alles andere als gelangweilt zu sein. Blaine lie? Rileys Hand sanft fallen und stand von seiner Liege auf. Riley brummte: „Hey, wo willst du denn hin?“ „Abendessen kochen“, sagte Blaine. Dann f?gte er mit einem frechen Grinsen hinzu: „Es sei denn, du w?rdest lieber ausw?rts essen.“ Riley lachte ?ber den kleinen Witz. Blaine besa? ein hochklassiges Restaurant in Fredericksburg, und er selbst war ein Meisterkoch. Seitdem sie hier angekommen waren, hatte es keinen Abend gegeben, an dem er nicht f?r sie ein vorz?gliches Gericht aus Meeresfr?chten gezaubert hatte. „Das kommt nicht in Frage“, antwortete Riley. „Nun marsch in die K?che und mach dich an die Arbeit.“ „Ok, Boss“, erwiderte Blaine. Er gab ihr einen fl?chtigen Kuss und ging ins Haus. Riley schaute den M?dchen noch einige Zeit beim Herumtoben in den seichten Wellen zu. Doch dann wurde Riley von einer inneren Unruhe gepackt, sodass sie ?berlegte, ob sie sich nicht zu Blaine gesellen sollte, um ihm mit dem Abendessen zu helfen. Erwartungsgem?? w?rde der sie wieder wegschicken und ihr sagen, dass sie das Kochen besser ihm ?berlassen solle. Stattdessen angelte Riley also nach dem Krimi, den sie w?hrend ihrer Zeit hier zu lesen begonnen hatte. Ihr fehlte zwar die Konzentration, die verstrickte Handlung komplett zu verstehen, doch bereitete ihr das Lesen trotzdem viel Freude. Kurze Zeit sp?ter zuckte sie zusammen und musste feststellen, dass sie kurz eingenickt war und das Buch dabei hatte fallen lassen – wie lange hatte sie nur geschlafen? Nicht dass das wichtig gewesen w?re. Der Nachmittag neigte sich sanft dem Abend zu, und die Wellen w?lbten sich weiter in die H?he. Das Wasser sah ein wenig bedrohlicher aus, nun da die rastlose Flut immer tiefer in den Strand drang. Obwohl es eine Strandwache gab, machte Riley sich Sorgen. Gerade wollte sie schon aufstehen und den M?dchen anzeigen, dass es Zeit war, aus dem Wasser zu kommen. Doch da erkannte sie, dass die M?dchen schon selbst zu diesem Schluss gekommen waren. Sie sa?en bereits am Strand und bauten eine Sandburg. Riley war erleichtert, dass ihre T?chter eine so vern?nftige Entscheidung getroffen hatten. Der anbrechende Abend zeigte Riley, dass Menschen nicht zu jeder Tageszeit an das Meer geh?rten. Einige Meeresbewohner waren zu grausamer Gewalt f?hig – Gewalt, die mindestens genauso barbarisch war wie die der menschlichen Monster, die Riley als FBI-Agentin jagte und gegen die sie k?mpfte. Riley zuckte zusammen als ihr diejenigen Monster einfielen, vor denen sie bereits ihre eigene Familie hatte besch?tzen m?ssen. Sie hatten List besessen. Und so wusste sie auch genau, dass es besser war, sich gar nicht erst mit den Monstern der Meerestiefen anzulegen. Ihren letzten Fall hat Riley vor einem Monat abgeschlossen – eine Serie schrecklicher Messermorde an wohlhabenden, m?chtigen M?nnern, die in eleganten H?usern in Georgia gelebt hatten. Seither war ihr Job ?berraschend und ungewohnt ruhig gewesen – fast schon langweilig. Sie hatte Unterlagen sortiert und Akten auf den neusten Stand gebracht, Sitzungen besucht und andere Agenten in ihren F?llen beraten. Sie hatte es au?erdem genossen, ein paar Vorlesungen vor Studenten an der FBI Akademie zu halten. Als erfahrene und beinahe schon gefeierte Agentin war Riley eine beliebte Dozentin, jedenfalls wenn sie Zeit hatte, Vorlesungen zu halten. Die jungen, hoffnungsvollen Gesichter im Vorlesungssaal zu sehen, erinnerte sie an den fr?heren Idealismus ihrer eigenen Studententage an der Akademie. Damals war sie noch voller Hoffnung gewesen, die Welt einmal von B?sewichten befreien zu k?nnen. Sie war nun sehr viel weniger hoffnungsvoll, doch sie tat immer noch ihr Bestes. Was sollte ich auch sonst tun? fragte sie sich. Es war die einzige Arbeit, die sie kannte, und sie wusste, dass sie ihre Arbeit gut machte. Sie h?rte Blaines Stimme aus dem Inneren des Hauses rufen… „Riley, Abendessen ist fertig. Ruf die Kinder rein.“ Riley stand auf und rief so laut sie konnte „Abendessen!“. Die M?dchen lie?en von der Sandburg ab, die mittlerweile recht kunstvoll und detailreich in den Himmel ragte, und liefen in Richtung des Hauses. Sie rannten unter der Terrasse, auf der Riley sa?, hindurch gen Hinterhof, um sich neben dem Au?enpool noch schnell abzuduschen. Bevor sie selbst hineinging, blieb Riley noch kurz am Gel?nder der Terrasse stehen. Sie konnte sehen, dass die Sandburg der M?dchen bereits von der herannahenden Flut umsp?lt wurde. Riley wurde ein klein wenig traurig. Doch dann ermahnte sie sich, dass das f?r Schl?sser aus Sand nun einmal ganz normal war. Als sie ein Kind gewesen war, hatte sie nur wenig Zeit am Strand verbracht. Ihre Kindheit hatte einfach anders ausgesehen. Doch w?hrend sie ihren M?dchen beim Spielen im Sand zugesehen hatte, war ihr auch bewusst geworden, dass das Wissen um die zeitliche Begrenztheit ihrer fl?chtigen Bauwerke Teil ihrer Spielfreude war. Eine gesunde Lektion des Lebens, dachte Riley. Sie verweilte noch einige Momente und schaute zu, wie das Schloss langsam im Wasser verschwand. Als sie h?rte, wie die drei M?dchen die Treppen hinaufgest?rmt kamen, drehte sie sich um und lief ?ber die Terrasse und um das Haus herum ihnen entgegen. Eines der M?dchen war Crystal, Blaines sechzehnj?hrige Tochter, die Aprils beste Freundin war. Die dritte im Bunde war die vierzehnj?hrige Jilly, die Riley erst vor kurzem adoptiert hatte. Als sich die drei kreischenden und kichernden M?dchen auf den Weg in ihr Schlafzimmer machten um sich dort vor dem Abendessen umzuziehen, bemerkte Riley einen kleinen Kratzer an Jillys Oberschenkel. Sie hielt sie sanft fest und fragte: „Wie ist das passiert?“ Jilly warf einen Blick auf den Kratzer und sagte: „Wei? nicht. War wahrscheinlich unvorsichtig. Hab mich an einer Dorne oder so verletzt.“ Riley ging in die Hocke um den Kratzer genauer anzusehen. Er war ?berhaupt nicht schlimm und Schorf hatte sich bereits zu bilden begonnen. Trotzdem kam es Riley irgendwie seltsam vor. Sie konnte sich daran erinnern, dass Jilly am Tag ihrer Ankunft einen ?hnlichen Kratzer an ihrem Arm gehabt hatte. Jilly hatte gesagt, dass Aprils Katze, Marbles, sie gekratzt h?tte. April hatte das jedoch vehement abgestritten. Jilly entzog sich der Umklammerung – als w?rde sie versuchen, weiteren Fragen aus dem Weg zu gehen, dachte Riley. „Es ist nichts Mom, ok?“ Riley sagte: „Es gibt einen Erste Hilfe Koffer im Bad. Desinfizier die Wunde bevor du zum Abendessen kommst.“ „Ok, werde ich machen“, sagte Jilly. Riley schaute ihr nach, als sie April und Crystal ins Schlafzimmer nachrannte. Nichts, wor?ber man sich Sorgen machen sollte, sagte Riley sich. Aber es fiel ihr schwer, sich keine Sorgen zu machen. Jilly lebte erst seit Januar bei ihnen. W?hrend eines Falls in Arizona hatte Riley Jilly unter schrecklichen Umst?nden kennengelernt und gerettet. Nach einigen pers?nlichen und juristischen K?mpfen hatte Riley Jilly letzten Monat endlich adoptieren d?rfen. Und Jilly schien sehr gl?cklich mit ihrer neuen Familie zu sein. Und au?erdem… Es ist blo? ein kleiner Kratzer – nichts, wor?ber man sich Sorgen machen m?sste. Riley ging in die K?che um Blaine dabei zu helfen, den Tisch zu decken und das Abendessen zu servieren. Die M?dchen gesellten sich schon bald zu ihnen, und so setzten sie sich an den Tisch – es gab k?stliche Flunderfilets in Tartar Sauce. Alle waren gl?cklich und lachten. Als Blaine das Abendessen schlie?lich mit einem K?sekuchen zu seinem kulinarischen H?hepunkt f?hrte, hatte sich l?ngst ein warmes, wohliges Gef?hl in Rileys Bauch breitgemacht. Wir sind wie eine Familie, dachte sie. Oder vielleicht war das nicht ganz richtig. Vielleicht, nur vielleicht… Wir sind wirklich eine Familie. Es war so lange her, dass Riley sich so gef?hlt hatte. W?hrend sie ihr Dessert aufa?, dachte Riley erneut… Ich k?nnte mich wirklich daran gew?hnen. * Nach dem Abendessen machten sich die M?dchen auf, vor dem Zubettgehen in ihrem Schlafzimmer noch ein paar Brettspiele zu spielen. Riley gesellte sich mit einem Glas Wein zu Blaine auf die Terrasse. Sie beobachtete, wie es um sie herum langsam Nacht wurde. Beide schwiegen eine lange Weile. Riley geno? dieses Schweigen, und sie sp?rte, dass auch Blaine das tat. Sie konnte sich nicht daran erinnern, mit ihrem Ex-Mann Ryan viele dieser einfachen, angenehm ruhigen Momente geteilt zu haben. Sie hatten eigentlich immer entweder geredet oder einander absichtlich angeschwiegen. Und wenn sie nicht miteinander gesprochen hatten, hatten sie einfach in ihren eigenen Welten gelebt. Doch Blaine f?hlte sich gerade sehr wie ein Teil von Rileys Welt an… Und was f?r eine sch?ne Welt das war. Der Mond schien hell und als die Nacht dunkler wurde, kamen die Sterne heraus – die Kraft ihres Glanzes so fernab der Stadt war kaum zu fassen. Das Licht des Mondes und der Sterne spiegelte sich in den dunklen Wellen des Golfs. Weit in der Ferne verschwamm der Horizont bis er endg?ltig verschwunden war, und es schien, dass Meer und Himmel eins waren. Riley schlo? die Augen und lauschte einen Moment lang dem Ger?usch der Wellen. Es gab ?berhaupt keine anderen Ger?usche – weder Stimmen, noch Fernseher, noch Verkehr. Riley atmete gl?cklich lang und tief ein. So als ob er auf ihren Seufzer antwortete, sagte Blaine… „Riley, ich habe mich gefragt…“ Er hielt inne. Riley ?ffnete ihre Augen und schaute ihn an, ein klitzekleines Gef?hl der Sorge im Blick. Dann fuhr Blaine fort… „Meinst Du, dass wir einander bereits eine lange Zeit kennen, oder doch eher eine kurze Weile?“ Riley l?chelte. Es war eine interessante Frage. Sie kannten sich nun seit ungef?hr einem Jahr und hatten vor ungef?hr drei Monaten beschlossen, dass sie sich voll und ganz aufeinander einlassen wollten. In dieser Zeit waren sie einander sehr nahe gekommen. Sowohl sie selbst, als auch ihre Familien waren durch Momente gro?er Gefahr gegangen, in denen Blaine unglaublichen Erfindungsreichtum und Mut bewiesen hatte. Durch all dies hatte Riley ihm zunehmend ihr Vertrauen und ihre Bewunderung geschenkt. „Das ist schwer zu sagen“, sagte sie. „Beides, nehme ich an. Es kommt mir wie eine lange Zeit vor, weil wir uns so nahe gekommen sind. Dann scheint es wieder erst so kurz, weil… naja, ich manchmal nicht glauben kann, wie schnell wir uns so nahe gekommen sind.“ Es stellte sich erneut eine Stille ein – eine Stille, die Riley bewusst machte, dass Blaine sich genauso f?hlte. Dann sagte Blaine… „Was meinst du… sollte als n?chstes passieren?“ Riley schaute ihm in die Augen. Sein Blick war ernst und fragend. Riley l?chelte und sprach aus, was ihr als erstes in den Kopf kam. „Wieso, Blaine Hildreth – machst Du mir gerade einen Antrag?“ Blaine l?chelte und erwiderte: „Komm mit rein. Ich muss dir etwas zeigen.“ KAPITEL DREI Riley stockte nun ein wenig der Atem. Eine ganze Welt voller zuk?nftiger M?glichkeiten schien sich vor ihr zu er?ffnen, und sie wusste nicht genau, was sie von all dem halten sollte. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Also nahm sie einfach ihr Glas Wein und folgte Blaine ins Esszimmer. Blaine ging zu einem Schrank und holte eine gro?e Papierrolle heraus. Als sie hier angekommen waren, hatte Riley gesehen, wie er die Rolle aus dem Auto herausgeholt hatte, zusammen mit anderem Strandkram, aber sie hatte nicht nachgefragt, was sie genau enthielt. Er rollte das Papier auf dem Esstisch auseinander und stellte Tassen auf die Ecken, um es zu beschweren. Es sah nach einem komplizierten Grundriss aus. „Was ist das?“, wollte Riley wissen. „Erkennst du es nicht?“, erwiderte Blaine. „Es ist mein Haus.“ Riley warf nun leicht verwirrt einen zweiten, genaueren Blick auf die Zeichnung. Sie sagte: „?hm… es sieht zu gro? aus, um dein Haus zu sein.“ Blaine kicherte und sagte: „Das liegt an diesem Fl?gel hier, der noch nicht gebaut ist.“ Riley wurde etwas schwindlig, als Blaine die Zeichnungen weiter erl?uterte. Er erkl?rte, dass der neue Fl?gel Schlafzimmer f?r April und Jilly haben w?rde. Und nat?rlich w?rde es eine separate Wohnung f?r Gabriela, Rileys Hausm?dchen, geben. Gabriela w?rde weiterhin f?r sie arbeiten k?nnen, wenn erst einmal alles fertig gebaut war. Der neue Grundriss sah sogar ein kleines B?ro f?r Riley vor. Sie hatte kein eigenes B?ro mehr seitdem Jilly eingezogen war. Als Ersatz hatte sie ihr Schlafzimmer notd?rftig umfunktioniert. Riley war gleichzeitig ?berrumpelt und am?siert. Nachdem er seine Ausf?hrungen beendet hatte, sagte sie… „Dann – ist das deine Art mich zu fragen, ob ich dich heiraten will?“ Blaine stammelte: „Ich – ich nehme an, ja. Ich wei?, dass es nicht besonders romantisch ist. Kein Ring, kein auf die Kniefallen.“ Riley lachte und sagte: „Blaine, wenn du dich vor mich hinkniest, ich schw?re dir, dass ich dir eine klatsche.“ Blaine starrte sie ?berrascht an. Aber Riley meinte das ernst. Sie musste an Ryan denken. Wie er ihr damals vor so vielen Jahren einen Antrag gemacht hatte. Da waren sie sie noch jung und arm gewesen – Ryan ein noch wenig erfolgreicher Anwalt und sie Praktikantin beim FBI. Ryan hatte das gesamte Ritual aufgef?hrt. Kniend hatte er ihr einen Ring, den er sich eigentlich wirklich nicht hatte leisten k?nnen, vor die Nase gehalten. Damals war es ihr durchaus romantisch vorgekommen. Doch ihre Ehe hatte ein so b?ses Ende genommen, dass in Rileys Erinnerung nichts als Bitterkeit geblieben war. Blaines sehr viel weniger traditioneller Antrag erschien ihr im Vergleich dazu geradezu perfekt. Blaine legte seinen Arm um Rileys Schultern und k?sste ihren Hals. „Wei?t du, verheiratet zu sein h?tte auch seine praktischen Vorz?ge“, sagte er. „Wir m?ssten nicht in separaten Schlafzimmern schlafen, immer wenn die Kinder dabei sind.“ Sein Kuss und seine Anspielung riefen in Riley ein lustvolles Kribbeln hervor. Ja, das w?re durchaus ein Vorzug, dachte sie. Intime Momente waren rar. Die beiden schliefen selbst in diesem wundervollen Urlaub in getrennten Schlafzimmern. Riley seufzte tief und sagte: „Es gibt hier viel zu bedenken, Blaine. F?r uns beide.“ Blaine nickte. „Ich wei?. Deshalb erwarte ich auch nicht, dass du freudig ‚ja, ja, ja!‘ schreiend durch die Gegend h?pfst. Ich wollte dich nur wissen lassen,… dass es mir schon l?nger durch den Kopf geht, und dass ich hoffe, dass es auch dir schon einmal durch den Kopf gegangen ist.“ Riley l?chelte und gab zu: „Ja, es ist mir auch schon mal durch den Kopf gegangen.“ Einige Momente lang schauten sie einander in die Augen. Erneut genoss Riley die Stille zwischen ihnen. Doch sie wusste nat?rlich auch, dass sie diese Fragen nicht unbeantwortet lassen konnten. Schlie?lich sagte Riley: „Lass uns wieder rausgehen.“ Sie f?llten ihre Gl?ser mit Wein auf und gingen wieder auf die Terrasse, um sich dort wieder hinzusetzen. Die Nacht wurde mit jedem Augenblick sch?ner. Blaine nahm Rileys Hand in seine. „Ich wei?, dass es eine gro?e Entscheidung ist. Wir m?ssen beide ?ber vieles nachdenken. Zum einen waren wir beide schon einmal verheiratet. Und…naja in der Zwischenzeit sind wir nicht j?nger geworden.“ Riley dachte still… Umso mehr haben wir einen Grund eine feste Bindung einzugehen. Blaine fuhr fort: „Vielleicht sollten wir erst einmal damit anfangen, all die Gr?nde aufzuz?hlen, aus denen das vielleicht keine so gute Idee w?re.“ Riley lachte und sagte: „Oh, Blaine – m?ssen wir das wirklich tun?“ Aber sie wusste, dass er Recht hatte. Dann kann ich auch gleich den Anfang machen, dachte sie. Sie holte einmal langsam und tief Luft und sagte: „Zum einen m?ssen wir an mehr als nur an uns denken. Wir haben beide bereits Kinder, drei Teenager genauer gesagt. Und wenn wir heiraten, werden wir auch zu Stiefeltern – ich f?r deine Tochter und du f?r meine beiden M?dels. Das ist schon mal eine ziemlich gro?e Sache.“ „Ich wei?“, sagte Blaine. „Aber ich finde den Gedanken sch?n, ein Vater f?r April und Jilly zu sein.“ Riley h?rte die Aufrichtigkeit in seinen Worten und sp?rte pl?tzlich einen Klo? im Hals. „Mit Crystal geht es mir genauso“, sagte sie. Dann f?gte sie mit einem Kichern hinzu: „Meine M?dels haben bereits eine Katze und einen Hund. Ich hoffe, dass das ok ist.“ Blaine sagte: „Schon in Ordnung. Ich werde auch keine Haustierkaution von euch verlangen.“ Ihr Lachen schallte harmonisch durch die Abendstille. Dann sagte Riley: „Ok, du bist dran.“ Blaine seufzte tief und sagte: „Wir haben beide Ex-Partner.“ Riley seufzte ebenfalls und erwiderte: „Das ist wohl wahr.“ Ein Schaudern durchfuhr sie, als sie sich an ihre einzige Begegnung mit Blaines Ex-Frau, Phoebe, erinnerte. Diese Frau hatte die arme Crystal in betrunkener Rage physisch angegriffen. Riley hatte das M?dchen nur mit M?he aus den H?nden der Frau befreien k?nnen. Blaine hatte Riley erz?hlt, dass die Ehe mit Phoebe eine Jugends?nde gewesen war, und dass er sie geheiratet hatte, bevor er wusste, dass sie eine bipolare St?rung hatte und f?r sich und andere eine Gefahr darstellte. Als k?nnte er Rileys Gedanken erraten, sagte Blaine… „Ich stehe kaum noch im Kontakt mit Phoebe. Sie lebt wohl bei ihrer Schwester Drew. Ich melde mich ab und zu bei Drew. Sie sagt, dass Phoebe eine Therapie macht und dass es ihr besser geht, aber dass sie nie an mich oder Crystal denkt. Ich bin mir sicher, dass sie unsere Leben endg?ltig verlassen hat.“ Riley musste schlucken als sie sagte… „Ich w?nschte, dass ich dasselbe von Ryan behaupten k?nnte.“ Blaine dr?ckte Rileys Hand und sagte: „Naja, er ist Aprils Vater. Er wird weiterhin ein Teil eures Lebens sein wollen. Auch Jillys. Ich kann das verstehen.“ „Du siehst ihn in einem zu guten Licht“, sagte Riley. „Wirklich? Wieso?“ Riley dachte nach… Wo soll ich anfangen? Ryans einziger Versuch Frieden zu schlie?en und wieder mit ihr zusammenzukommen war desastr?s gescheitert – besonders im Hinblick auf Jilly und April, die einmal mehr hatten lernen m?ssen, dass sie sich in keinster Weise auf ihn verlassen konnten. Riley hatte keine Ahnung, wie viele Freundinnen Ryans Leben in der Zwischenzeit betreten und wieder verlassen hatten. Sie nahm einen Schluck Wein und sagte: „Ich denke nicht, dass wir Ryan oft zu sehen bekommen werden. Und ich finde, dass das gut so ist.“ Riley und Blaine schwiegen eine Weile. Als sie so dasa?en und in die Nacht starrten, begannen sich Rileys Sorgen um Phoebe und Ryan langsam aufzul?sen. Sie konnte die wundervolle W?rme von Blaines Gegenwart wieder genie?en. Die Stille wurde durch das Ger?usch von Schritten, Stimmen und Lachen unterbrochen, als die M?dchen schlie?lich aus ihrem Zimmer gerannt kamen. Es klang so, als w?rden sie etwas in der K?che tun – wahrscheinlich holten sie sich einen Mitternachtssnack, dachte Riley. W?hrenddessen begannen Riley und Blaine ?ber verschiedene m?gliche Hindernisse zu sprechen – dar?ber, wie ihre sehr unterschiedlichen Berufe einander m?glicherweise in die Quere kommen konnten, dar?ber, dass Riley das Townhaus verkaufen m?sste, das sie vor nur einem Jahr gekauft hatte, dar?ber, wie sie ihre Finanzen aufteilen w?rden und andere, ?hnlich geartete Dinge. Als sie sprachen, dachte Riley… Eigentlich wollten wir doch nur Gr?nde finden, die einer Ehe im Weg stehen. Stattdessen erschien das Ganze mit jedem Moment der verstrich eine viel bessere Idee zu sein, als sie anfangs geglaubt hatte. Das wirklich wunderbare war jedoch, dass keiner von ihnen es laut aussprechen musste. Ich h?tte eben so gut ja sagen k?nnen, dachte sie sich. Sie f?hlte sich auf jeden Fall so, als w?ren sie bereits verlobt. Und dieses Gef?hl gefiel ihr. Ihr Gespr?ch wurde unterbrochen, als April mit Rileys Handy in der Hand auf die Terrasse gerannt kam. Das Handy vibrierte. Als sie das Telefon an Riley ?bergab, sagte April… „Hey, Mom – du hast dein Telefon in der K?che liegen gelassen. Du wirst angerufen.“ Riley unterdr?ckte ein Seufzen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass der Anruf von einer Person kam, mit der sie gerade gerne sprechen wollte. Wie erwartet sah sie auf dem Display, dass es sich bei dem Anrufer um ihren Boss, Spezialagent Brent Meredith, handelte. Best?rzt begriff sie… Er will, dass ich sofort zur Arbeit zur?ckkehre. KAPITEL VIER Als Riley den Anruf annahm, h?rte sie Merediths vertraut grimmige Stimme. „Wie verl?uft Ihr Urlaub, Agentin Paige?“ Riley musste sich zusammenrei?en, um nicht zu sagen: „Bis gerade eben sehr gut.“ Stattdessen antwortete sie: „Es ist alles wunderbar. Danke der Nachfrage.“ Sie erhob sich aus ihrem Sessel und begann auf der Terrasse auf und abzugehen. Meredith grummelte z?gerlich und sagte dann… „H?ren Sie zu, wir haben einige merkw?rdige Anrufe von einer Polizistin in Mississippi erhalten – aus einem kleinen Strandst?dtchen Namens Rushville. Sie arbeitet dort an einem Mordfall. Einem B?rger der Stadt wurde der Sch?del mit dem Hammer eingeschlagen und…“ Meredith hielt erneut inne und sagte dann… „Sie hat die Vermutung, dass sie es mit einem Serienm?rder zu tun haben.“ „Wieso?“, wollte Riley wissen. „Weil etwas ?hnliches schon einmal in Rushville passiert ist – vor ungef?hr zehn Jahren.“ Riley runzelte ?berrascht die Stirn. Sie sagte: „Das ist eine lange Zeit zwischen den Morden.“ „Ja, ich wei?“, erwiderte Meredith. „Ich habe mit ihrem Chief gesprochen, und er hat gesagt, dass an der Sache nichts nichts dran w?re. Er meinte, sie sei einfach eine Kleinstadtpolizistin, die das Abenteuer sucht. Die Sache ist aber, dass sie immer wieder anruft, und sie macht nicht gerade den Eindruck, verr?ckt zu sein. Vielleicht handelt es sich also doch um…“ Erneut wurde Meredith still. Riley blickte ins Innere des Hauses und sah, dass Blaine den M?dchen in der K?che eine Kleinigkeit zu Essen zubereitete. Sie sahen alle so gl?cklich aus. Riley wurde beim Gedanken, den Urlaub vorzeitig beenden zu m?ssen, ganz elendig zumute. Dann sagte Meredith: „Schauen Sie, ich dachte nur, falls Sie vielleicht schon zu viel vom Urlaub haben und Ihnen die Arbeit bereits fehlt, k?nnten Sie vielleicht runter nach Mississippi fahren und – “ Von sich selbst ein wenig ?berrascht h?rte Riley, wie ihre Stimme ihn scharf unterbrach. „Nein“, sagte sie. Es wurde wieder still in der Leitung, und Riley sp?rte, wie ihr Herz zu rasen begann. Grundg?tiger, dachte sie. Ich habe Brent Meredith gerade eine Absage erteilt. Sie konnte sich nicht daran erinnern, das jemals zuvor getan zu haben – aus sehr gutem Grund. Meredith war bekannt daf?r, eine starke Abneigung gegen das Wort ‚nein’ zu haben, insbesondere wenn es viel zu tun gab. Riley machte sich auf eine saftige Standpauke gefasst. Stattdessen vernahm sie ein ?chzendes Seufzen. Meredith sagte: „Ja, ich h?tte es eigentlich besser wissen sollen. Wahrscheinlich ist an der Sache eh nichts dran. Es tut mir leid, sollte ich Sie gest?rt haben. Genie?en Sie den Rest Ihres Urlaubs.“ Dann hatte Meredith aufgelegt. Riley blieb auf der Terrasse stehen und starrte auf ihr Handy. Merediths letzter Satz ging ihr nicht aus dem Kopf… „Es tut mir leid, sollte ich Sie gest?rt haben.“ Das klang ?berhaupt nicht nach dem Chief. Entschuldigungen jeglicher Art waren einfach nicht sein Stil. Was war da also wirklich los? Riley hatte das Gef?hl, dass Meredith auch nicht an das glaubte, was er da eben von sich gegeben hatte… „Wahrscheinlich ist an der Sache eh nichts dran.“ Riley hatte den Verdacht, dass irgendetwas an dem Bericht der Polizistin Merediths Interesse geweckt hatte und dass sich in ihm das nagende Gef?hl, dass es da tats?chlich einen Serienm?rder in Mississippi gab, festgesetzt hatte. Doch da es keine wirklichen Beweise gab, w?re es ?bertrieben gewesen, von Riley zu verlangen, ihren Urlaub zu unterbrechen, um den Fall zu ?bernehmen. Riley starrte weiterhin auf ihr Handy und begann zu ?berlegen… Sollte ich ihn vielleicht zur?ckrufen? Sollte ich nach Mississippi fahren und wenigstens kurz nachsehen, was da los ist? Sie wurde von Aprils Stimme aus ihren Gedanken gerissen. „Und, was ist los? Ist der Urlaub vorbei?“ Riley drehte sich um und sah, dass ihre Tochter auf die Terrasse gekommen war und sie mit beleidigter Miene ansah. „Was? Wie kommst du darauf?“, fragte Riley. April seufzte und sagte: „Komm schon, Mom. Ich hab’ gesehen, von wem der Anruf kam. Du hast einen neuen Fall, stimmt’s?“ Riley blickte wieder zur K?che, wo Blaine und die anderen beiden M?dchen noch immer dabei waren, Snacks vorbereiteten. Doch auch Jilly warf Riley kurz einen besorgten Blick zu. Pl?tzlich fragte Riley sich… Was zur H?lle habe ich da gerade gedacht? Sie l?chelte April an und sagte… „Nein, ich muss nirgends hin. Stell dir vor…“ Sie l?chelte stolz und fuhr fort… „Ich habe ‚nein‘ gesagt.“ Aprils Augen weiteten sich. Dann lief sie zur?ck in die K?che und rief den anderen laut zu… „Hey Leute! Mom hat nein zu einem Fall gesagt!“ Die beiden anderen M?dchen begannen „Yay!“ und „Gut gemacht!“ zu schreien, und Blaine schenkte Riley einen freudigen Blick. Die M?dchen begannen sich untereinander scherzhaft zu necken, und Jilly sagte zu ihrer Schwester… „Ich habe es dir gesagt. Ich hab’ gesagt, dass sie ‚nein‘ sagen wird.“ April entgegnete: „Nein, hast du nicht. Du warst noch pessimistischer als ich.“ „Stimmt ja gar nicht“, behauptete Jilly. „Du schuldest mir zehn Dollar.“ „Wir haben nie darauf gewettet!“ „Doch haben wir!“ Die zwei M?dchen schubsten einander spielend und kicherten, w?hrend sie sich weiter scherzhaft zankten. Riley lachte ebenfalls und sagte: „Ok, Kinder. Jetzt ist gut mit der Streiterei. Verderbt uns nicht den perfekten Urlaub. Lasst uns lieber etwas essen.“ Dann gesellte auch Riley sich zu der plappernden, lachenden Truppe und den zubereiteten Abendsnacks. W?hrend sie a?en, warfen sie und Blaine sich immer wieder liebevolle Blicke zu. Sie waren tats?chlich ein Paar mit drei Teenagern. Riley fragte sich… Wann hatte ich nur das letzte Mal einen so wundervollen Abend? * Riley lief barfu? ?ber den Strand. Das Morgenlicht spiegelte sich in den Wellen. Die M?wen schrien, und es wehte eine k?hle, sanfte Brise. Das wird ein sch?ner Tag, dachte sie. Doch etwas stimmte nicht. Sie brauchte einen Moment, um zu verstehen, was es war… Ich bin ganz alleine. Sie suchte den Strand mit Blicken ab, doch konnte weit und breit niemanden entdecken. Wo sind sie alle hin? fragte sie sich. Wo waren April und Jilly und Crystal? Und wo war Blaine? Eine merkw?rdige Panik begann in ihr aufzusteigen. Gleichzeitig kam ihr ein schrecklicher Gedanke… Vielleicht habe ich das alles nur getr?umt. Ja, vielleicht hatte es die letzte Nacht nie so gegeben. Vielleicht war nichts von alledem passiert. Die liebevollen Momente mit Blaine, in denen sie ihre gemeinsame Zukunft geplant hatten. Das Lachen ihrer zwei T?chter – und auch Crystals Lachen, die bald ihre dritte Tochter sein w?rde. Das warme Gef?hl der Geborgenheit und der Zugeh?rigkeit – ein Gef?hl, das sie ihr gesamtes Leben lang gesucht hatte, nach dem sie sich immer gesehnt hatte. Alles nur ein Traum. Und nun war sie allein – genauso allein wie sie es immer in ihrem Leben gewesen war. In diesem Moment drangen Worte und Gel?chter an ihr Ohr. Sie drehte sich um, und da waren sie… Blaine, Crystal, April und Jilly rannten ?ber den Sand und warfen einander einen Strandball zu. Riley atmete auf. Nat?rlich war es echt, dachte sie. Nat?rlich habe ich es mir nicht nur eingebildet. Riley lachte gl?cklich und begann ihnen entgegenzurennen. Doch dann hielt sie etwas Hartes und Unsichtbares zur?ck. Wie eine unsichtbare Wand schob sich dieses etwas zwischen sie und die Menschen, die sie am meisten liebte. Riley lief die Wand ab, fuhr mit den H?nden tastend ?ber sie und dachte… Vielleicht kann man sie irgendwie umgehen. Dann h?rte sie ein bekanntes heiseres Lachen. „Gib’s auf, Kindchen“, sagte eine Stimme. „Dieses Leben ist nichts f?r dich.“ Riley drehte sich um und sah jemanden in nur wenigen Metern Entfernung vor ihr stehen. Es war ein Mann in der Uniform eines Marine Colonels. Er war gro? und schlank, sein Gesicht verbraucht und faltig von jahrelanger Wut und vom Alkoholkonsum. Er war der allerletzte Mensch auf dieser Welt, den Riley sehen wollte. „Daddy“, murmelte sie ern?chtert. Er kicherte d?ster und sagte: „Hey, du brauchst nicht so schrecklich verbittert zu klingen. Ich dachte, du w?rdest dich freuen, mit deinem eigenen Fleisch und Blut endlich wiedervereint zu werden.“ „Du bist tot“, sagte Riley. Er zuckte mit den Schultern und sagte: „Nun ja, wie du wei?t, h?lt mich das nicht davon ab, mich ab und zu bei dir zu melden.“ Riley musste sich eingestehen, dass das der Wahrheit entsprach. Es war nicht das erste Mal, dass sie ihren Vater seit seinem Tod letztes Jahr traf. Und es war auch nicht das erste Mal, dass seine Anwesenheit sie verwirrte. Sie begriff nicht, wie sie mit einem Toten sprechen konnte. Doch einer Sache war sie sich sicher. Sie wollte nichts mit ihm zu tun haben. Sie wollte von Menschen umgeben sein, die sie nicht in den Selbsthass trieben. Sie drehte sich um und wollte schon weiter in Richtung von Blaine und den M?dchen laufen, die weiterhin mit dem Strandball spielten. Doch erneut wurde sie von der unsichtbaren Wand aufgehalten. Ihr Vater lachte. „Wie oft muss ich es dir eigentlich noch sagen? Du geh?rst nicht zu ihnen.“ Riley sch?ttelte es am ganzen K?rper – ob vor Wut oder Trauer konnte sie nicht genau sagen. Sie drehte sich zu ihrem Vater um und schrie… „Lass mich in Ruhe!“ „Bist du dir sicher?“, fragte er. „Ich bin alles, was du hast. Ich bin alles, was du bist.“ Riley brummte: „Ich bin ?berhaupt nicht wie du. Ich wei?, was es bedeutet zu lieben und geliebt zu werden.“ Ihr Vater sch?ttelte den Kopf und scharrte mit den F??en im Sand. „Es ist nicht so, dass ich kein Mitleid h?tte“, sagte er. „Es ist ein verdammt sinnloses Leben, das du da f?hrst – Gerechtigkeit f?r Menschen einzufordern, die bereits tot sind, f?r genau die Menschen, die keine Gerechtigkeit mehr brauchen. So wie ich in Vietnam, in einem dummen Krieg, den man nicht gewinnen konnte. Doch du hast keine Wahl, und es ist an der Zeit, dass du damit Frieden schlie?t. Du bist ein J?ger, genau wie ich. Ich habe dich so erzogen. Wir kennen nichts anderes – keiner von uns beiden.“ Riley schaute ihm jetzt direkt in die Augen, so als k?nnte sie ihm so ihren Willen aufzwingen. Manchmal gewann sie, wenn sie ihn zum Blinzeln brachte. Doch heute war keiner dieser Tage. Sie blinzelte selbst und musste den Blick abwenden. Ihr Vater lachte h?hnisch und sagte: „Ach, wenn du alleine sein willst, so sei es. Auch ich kann auf deine Gesellschaft gut und gerne verzichten.“ Er drehte sich um und lief in die andere Richtung, den Strand hinab. Riley drehte sich um und musste mitansehen, wie auch ihre Lieben sich aufmachten, zu gehen – April und Jilly hielten sich an der Hand, Blaine und Crystal machten sich auf ihren eigenen Weg. Als sie begannen im morgendlichen Nebel zu verschwinden, begann Riley auf die unsichtbare Wand einzuschlagen und zu schreien… „Kommt zur?ck! Bitte, kommt zur?ck! Ich liebe euch alle!“ Ihre Lippen bewegten sich zwar, doch kein Laut kam ?ber sie. * Riley riss die Augen auf und fand sich im Bett liegend wieder. Ein Traum, dachte sie. Ich h?tte wissen m?ssen, dass es nur ein Traum war. In ihren Tr?umen begegnete sie ihrem Vater gelegentlich. Wie h?tte sie ihn sonst sehen k?nnen, jetzt wo er tot war? Sie brauchte einen weiteren Augenblick um zu bemerken, dass Tr?nen ihr ?ber die Wangen liefen. Die ?berw?ltigende Einsamkeit, die Isolation von den Menschen, die sie am meisten auf der Welt liebte, die warnenden Worte ihres Vaters… „Du bist ein J?ger, genau wie ich.“ Kein Wunder, dass sie in solch einem Zustand aufgewacht war. Sie griff nach einem Taschentuch und versuchte, ihr Schluchzen zu beruhigen. Doch auch nachdem ihr das gelungen war, wollte das Gef?hl der Einsamkeit nicht weichen. Sie machte sich bewusst, dass die Kinder gleich im Zimmer nebenan waren und sie und Blaine entschieden hatten, in getrennten Zimmern zu schlafen. Doch das half ihr jetzt auch nicht. So ganz allein in der Dunkelheit hatte sie das Gef?hl, dass alle anderen Menschen irgendwo sehr weit weg sein mussten, auf der anderen Seite der Welt. Sie ?berlegte kurz, ob sie aufstehen und sich zu Blaine ins Bett schleichen sollte, aber… Die Kinder. Sie ?bernachteten in separaten Zimmern wegen der Kinder. Sie sch?ttelte die Kissen neben ihrem Kopf auf und versuchte wieder einzuschlafen, doch die Gedanken konnte sie so leicht nicht absch?tteln… Ein Hammer. Irgendjemand wurde in Mississippi mit einem Hammer ermordet. Sie sagte sich, dass es nicht ihr Fall war, und dass sie Brent Meredith eine Absage erteilt hatte. Doch selbst als der Schlaf sie langsam wieder ?berkam, lie? ein Gedanken sie noch immer nicht los… Ein M?rder ist auf freiem Fu?. Es gibt einen Fall, der gel?st werden muss. KAPITEL F?NF Als Samantha morgens das Rushville Polizeirevier betrat, hatte sie das ungute Gef?hl, dass ihr einiger ?rger bevorstand. Gestern hatte sie ein paar Anrufe get?tigt, die sie vielleicht nicht h?tte machen sollen. Vielleicht sollte ich endlich lernen, mich nur um meine eigenen Angelegenheiten zu k?mmern, dachte sie. Doch irgendwie fiel es ihr schwer, sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten zu k?mmern. Sie versuchte immer, die Dinge richtigzustellen – manchmal auch Dinge, die nicht richtiggestellt werden konnten, oder Dinge, von denen andere Leute nicht wollten, dass man sie richtigstellte. Wie immer wenn sie zur Arbeit kam, konnte Sam keinen einzigen Cop weit und breit entdecken. Nur die Sekret?rin des Chiefs, Mary Ruckle, sa? bereits an ihrem Platz. Die anderen Polizisten machten sich oft ?ber Sam lustig… „Die gute alte verl?ssliche Sam“, sagten sie. „Morgens immer die erste und abends die letzte.“ Jedoch klangen diese Bemerkungen meist eher nach Spott als nach Anerkennung. Sie versuchte sich stets vor Augen zu f?hren, dass es f?r sie ganz nat?rlich war, die „gute alte verl?ssliche Sam“ aufzuziehen. Sie war j?nger als sie alle und arbeitete zudem noch nicht so lange auf dem Rushville Revier. Es half auch nicht, dass sie die einzige Frau im gesamten Revier war. Einen Moment lang schien Mary Ruckle Sams Ankunft gar nicht bemerkt zu haben. Sie war damit besch?ftigt, sich die Fingern?gel zu lackieren – eine Besch?ftigung, mit der sie den Gro?teil des Arbeitstages zubrachte. Sam verstand den Reiz einer Manik?re nicht. Sie hatte unlackierte N?gel, die sie regelm??ig schnitt, was einer der vielen Gr?nde sein mochte, weshalb die Leute sie f?r nun ja… Unweiblich hielten. Nicht dass Sam gefunden h?tte, dass Mary Ruckle sonderlich attraktiv gewesen w?re. Ihr Gesicht war immer angespannt und hatte diesen Ausdruck von Gemeinheit, so als h?tte ihr jemand eine zwickende W?scheklammer auf die Nase gesetzt. Immerhin war Mary verheiratet und hatte drei Kinder, und nur wenige Leute in Rushville trauten Sam zu, vergleichbares zu erreichen. Ob Sam selbst so ein Leben wollte, wusste sie nicht. Sie versuchte, nicht zu viel ?ber die Zukunft nachzudenken. Vielleicht war das der Grund, aus dem sie sich immer so intensiv auf genau das konzentrierte, was ihr an jedem gegebenen Tag bevorstand. Sie konnte sich nicht wirklich irgendeine Zukunft f?r sich selbst vorstellen, zumindest sagte ihr keine derjenigen Optionen zu, die ihr hier in Rushville offenstanden. Mary pustete auf ihre N?gel und als sie zu Sam aufschaute sagte sie… „Chief Crane will dich sehen.” Sam nickte seufzend. Genau wie erwartet, dachte sie. Sie betrat das B?ro des Chiefs. Er spielte gerade Tetris auf seinem Computer. „Einen Moment“, grummelte er, als er h?rte, dass Sam den Raum betreten hatte. Abgelenkt von Sams Ankunft verlor er das Spiel nur wenige Augenblicke sp?ter. „Verdammt“, sagte er und starrte weiter auf den Bildschirm. Sam machte sich bereit. Er war wahrscheinlich schon vorher sauer auf sie gewesen. Das Verlieren der Tetrispartie hatte seine Laune bestimmt nicht besser gemacht. Der Chief drehte sich in seinem Drehstuhl zu ihr um und sagte… „Kuehling, setzen.“ Sam setzte sich gehorsam auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Er starrte sie einige Momente lang betont nachdenklich an w?hrend seine Fingerspitzen in Dreieckspose wichtigtuerisch in die H?he ragten. Wie immer konnte er Sam damit nicht beeindrucken. Crane war um die Drei?ig, er sah auf eine langweilige Art und Weise gut aus – so wie Sam sich einen Versicherungskaufmann vorstellte. Dank des Machtvakuums das Chief Jason Swihart hinterlassen hatte als er vor zwei Jahren pl?tzlich wegzog, war Crane zum Polizeichief aufgestiegen. Swihart war ein guter Chief gewesen, und alle hatten ihn gemocht, Sam miteingeschlossen. Swihart hatte ein tolles Jobangebot von einer Sicherheitsfirma im Silicon Valley bekommen, das er verst?ndlicherweise sofort angenommen hatte. Deshalb unterstanden nun Sam und all die anderen Cops dem neuen Chief Carter Crane. In Sams Augen verk?rperte er die Mittelm??igkeit der gesamten sehr mittelm??igen Abteilung. Sam h?tte es nie offen zugegeben, aber sie war ?berzeugt, dass sie ein hellerer Kopf war als Crane und alle anderen Cops ihres Reviers zusammengenommen. Es w?re sch?n, mal eine Chance zu bekommen, das auch zu zeigen, dachte sie. Endlich sagte Crane: „Ich habe einen interessanten Anruf gestern Nacht erhalten – von einem gewissen Spezialagenten Brent Meredith aus Quantico. Du wirst nicht glauben, was er mir erz?hlt hat. Andererseits, wer wei?, vielleicht wei?t du selbst es ja schon viel besser als ich.“ Sam seufzte entnervt und sagte: „Komm schon, Chief. Komm auf den Punkt. Ich habe gestern Nachmittag das FBI verst?ndigt, ja. Ich habe mit mehreren Leuten gesprochen, bevor ich dann mit Meredith verbunden wurde. Ich dachte, dass irgendjemand das FBI schlie?lich benachrichtigen m?sste. Sie sollten hier sein und uns helfen.“ Crane grinste b?se und sagte: „Lass mich raten, du denkst noch immer, dass Gareth Ogdens vorgestern Nacht von einem Serienm?rders ermordet worden ist. Und zu allem ?berfluss kommt der deiner Meinung nach auch noch direkt aus Rushville.“ Sam verdrehte die Augen. “Muss ich das wirklich alles nochmal erkl?ren?“, fragte sie. „Die gesamte Bonnett Familie wurde hier vor einigen Jahren eines Nachts ermordet. Irgendjemand hat ihnen die K?pfe mit einem Hammer eingeschlagen. Der Fall ist nie gel?st worden.“ Crane nickte und sagte: „Und du denkst, dass derselbe M?rder nun nach zehn Jahren aus seinem Versteck gekommen ist.“ Sam zuckte mit den Schultern und sagte: „Das ist eine ziemlich offensichtliche Verbindung. der modus operandi ist identisch.“ Crane wurde pl?tzlich laut. „Es gibt hier keinerlei Verbindung. Wir sind das doch alles gestern schon einmal durchgegangen. Der modus operandi ist ein blo?er Zufall. Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass Gareth Ogden von einem durchreisenden Obdachlosen umgebracht wurde. Wir verfolgen jede Spur, die wir haben. Doch wenn er seine Tat nicht irgendwo noch einmal wiederholt, werden wir ihn vermutlich nie erwischen.“ Sam sp?rte, wie Ungeduld in ihr zu kochen begann. Sie sagte: „Wenn es blo? ein durchreisender Obdachloser war, wieso gibt es keinerlei Anzeichen eines Raubs oder ?berfalls?“ Crane schlug mit der Handfl?che auf den Tisch. „Verdammt nochmal, du willst auch wirklich nicht aufgeben, oder? Wir wissen nicht, ob nichts gestohlen wurde. Ogden war dumm genug, seine Eingangst?r nicht abzuschlie?en. Vielleicht war er auch so dumm, einen Haufen Geld auf dem Kaffeetisch liegen zu lassen. Der M?rder hat das gesehen und beschlossen, es sich unter den Nagel zu rei?en, bevor oder nachdem er Ogden den Sch?del eingeschlagen hat.“ Crane legte seine H?nde ineinander und f?gte hinzu… „Klingt das nicht wesentlich plausibler, als von irgendeinem Psychopath auszugehen, der zehn lange Jahre… im ?brigen was genau gemacht hat? Winterschlaf?“ Sam holte tief Luft. Fang diese Diskussion jetzt nicht noch einmal von vorne an, sagte sie sich. Es ergab keinen Sinn, noch einmal zu erkl?ren, was genau an Cranes Theorie sie st?rte. Zum einen war es der Hammer. Sie hatte selbst nachgesehen und bemerkt, dass Ogdens Hammer alle noch s?uberlich in seinem Werkzeugkasten verstaut waren. Schleppte dieser Durchreisende also einen Hammer mit sich, wenn er von einer Stadt zur n?chsten zog? Das war sicherlich m?glich. Doch es kam ihr ein bisschen l?cherlich vor. Crane grummelte beleidigt: „Ich habe diesem Meredith Typen gesagt, dass du gelangweilt bist und eine ?beraus aktive Fantasie hast, und dass er es vergessen soll. Aber um ehrlich zu sein, war das ganze Gespr?ch ziemlich peinlich. Ich mag es nicht, wenn meine Leute ?ber mich hinweg eigene Entscheidungen treffen. Es war nicht deine Sache, diese Anrufe zu machen. Das FBI um Hilfe zu bitten ist meine Aufgabe, nicht deine.“ Sam musste sich auf die Zunge bei?en, um ihre Gedanken nicht laut auszusprechen. Es gelang ihr, mit ruhiger Stimme zu sagen… „Ja, Chief.“ Crane gab einen scheinbar erleichterten Seufzer von sich. „Ich werde es dieses eine Mal dabei belassen und kein Disziplinarverfahren einleiten“, sagte er. „Um ehrlich zu sein, w?re ich echt froh, wenn keiner der Kerle herausfindet, dass das alles passiert ist. Hast du irgendjemandem von dem Quatsch erz?hlt, den du da getrieben hast?“ „Nein, Chief.“ „Dann sollte das auch so bleiben“, sagte Crane. Daraufhin wandte er sich von ihr ab und begann ein neues Tetrisspiel. Sam verlie? sein B?ro, ging zu ihrem Tisch und setzte sich, um in Ruhe ?ber diese Niederlage nachzudenken. Wenn ich mit niemandem dar?ber sprechen darf, explodiere ich, dachte sie. Doch hatte sie gerade versprochen, den anderen Cops nichts von alldem zu erz?hlen. Wer blieb dann noch? Ihr fiel genau eine Person ein… diejenige, die ?berhaupt der Grund gewesen war, weshalb sie hier war, um sich in diesem Job zu behaupten… Mein Dad. Er war selbst Cop gewesen, als damals die Bonnett Familie hier ermordet worden war. Die Tatsache, dass der Fall nie gel?st worden war, hatte ihn jahrelang besch?ftigt. Vielleicht kann mir Dad irgendetwas dar?ber erz?hlen, dachte sie. Vielleicht hatte er irgendwelche Gedanken dazu. Doch Sam begriff schnell, dass das wahrscheinlich keine sonderlich gute Idee war. Ihr Vater wohnte jetzt in einem ?rtlichen Altersheim und war mittlerweile dement. Er hatte gute und schlechte Tage, doch einen Fall aus seiner Vergangenheit zu erw?hnen, w?rde ihn ganz bestimmt nur verst?ren und verstimmen. Und das wollte Sam nicht. Bevor ihr Partner Dominic f?r ihre morgendliche Rundfahrt hier eintrudelte, gab es nicht viel zu tun. Sie hoffte, dass er bald kommen w?rde, sodass sie ihre Runde fahren konnten, bevor die Hitze zu dr?ckend wurde. Heute wurden au?erordentlich hohe Temperaturen erwartet. Sich bis dahin den Kopf ?ber etwas zu zerbrechen, an dem sie sowieso nichts ?ndern konnte, war wohl wenig sinnvoll – auch wenn es sich dabei um einen Serienm?rder handelte, der sich direkt hier in Rushville aufhielt, einen M?rder, der sich wom?glich gerade darauf vorbereitete, erneut zuzuschlagen. Versuch nicht daran zu denken, sagte sie sich. Dann g?hnte sie und murmelte… „Als ob mir das gelingen w?rde.“ KAPITEL SECHS Blaine sa? am Steuer und fuhr sie zur?ck nach Fredericksburg, als Rileys Handy vibrierte. Sie war ?berrascht und besorgt zu sehen, von wem der Anruf kam. Handelt es sich um irgendeinen Notfall? fragte sie sich. Gabriela rief nie einfach nur an, um zu quatschen, und sie hatte explizit versprochen, sie w?hrend ihrer zwei Wochen am Strand nicht zu st?ren. Sie hatte Riley nur ab und zu eine SMS geschickt, um sie wissen zu lassen, dass zuhause alles in Ordnung war. Rileys Vorahnung schien sich zu bewahrheiten, als sie den Anruf annahm und sofort die Panik in Gabrielas Stimme ausmachte… „Se?ora Riley – wann werden Sie zuhause sein?“ „In ungef?hr einer halben Stunde“, antwortete Riley. „Wieso?“ Sie h?rte, wie Gabriela tief Luft holte bevor sie weitersprach… „Er ist hier.“ „Von wem sprichst du?“, fragte Riley nach. Als Gabriela nicht sofort antwortete, verstand Riley endlich… „Oh mein Gott“, sagte sie. „Ryan ist da?“ „S?“, antwortete Gabriela. „Was will er?“, wollte Riley wissen. „Er sagt es mir nicht. Aber er sagt, es ist wichtig. Er will auf Sie warten.“ Beinahe h?tte Riley Gabriela gebeten, Ryan ans Telefon zu holen. Doch dann d?mmerte ihr, dass, was auch immer Ryan von ihr wollte, er das sicherlich nicht am Telefon mit ihr besprechen wollte. Nicht w?hrend die anderen im Auto ihr zuh?rten. Stattdessen sagte Riley: „Lass ihn wissen, dass ich bald zuhause sein werde.“ „Das werde ich“, antwortete Gabriela. Sie legte auf und starrte aus dem Autofenster. Nach wenigen Augenblicken sagte Blaine: „?hm… habe ich gerade richtig geh?rt, war da die Rede von…?“ Riley nickte. Die M?dchen hatten auf der R?ckbank Musik geh?rt und von dem Gespr?ch nichts mitbekommen. Doch nun war auch ihre Aufmerksamkeit geweckt. „Was ist?“, fragte April. „Was ist los?“ Riley seufzte und sagte: „Es ist dein Vater. Er ist zuhause und wartet auf uns.“ April und Jilly st?hnten beide laut auf. Dann fragte Jilly: „Kannst du Gabriela nicht sagen, dass sie ihn vor die T?r setzen soll?“ Riley war versucht zu gestehen, dass sie tats?chlich gro?e Lust dazu gehabt h?tte. Allerdings h?tte sie es nicht fair gefunden, diese Aufgabe auf Gabriela abzuw?lzen. Stattdessen sagte sie… „Du wei?t, dass ich das nicht machen kann.“ April und Jilly st?hnten beide erneut, dieses Mal noch genervter. Riley konnte nur zu gut verstehen, wie ihre beiden T?chter sich f?hlten. Ryans letzter unangek?ndigter Besuch bei ihnen Zuhause war f?r alle unangenehm verlaufen – nicht zuletzt f?r Ryan selbst. Sein wiederholter Versuch sich bei den M?dchen anzubiedern, hatte nicht die gew?nschte Wirkung gezeigt. April hatte sich ihm gegen?ber sehr k?hl benommen und Jilly war einfach nur unh?flich gewesen. Riley konnte keiner der beiden deshalb Vorw?rfe machen. Einmal zu viel hatte Ryan ihnen Hoffnungen gemacht, dass er ihnen ein Vater sein w?rde, nur um sie im Nachhinein wieder komplett h?ngenzulassen. Die M?dchen wollten nun nichts mehr mit ihm zu tun haben. Was will er nur schon wieder? fragte Riley sich und seufzte. Was auch immer es war, sie hoffte, dass es nicht ihre gute Laune und die sch?nen Erinnerungen an den Urlaub, den sie gerade miteinander verbracht hatten, tr?ben w?rde. Es waren wundervolle zwei Wochen gewesen, trotz Rileys Traum von ihrem Vater. Seitdem hatte sie ihr Bestes gegeben, um Agent Merediths Anruf zu vergessen. Doch nun schien die Nachricht von Ryans Besuch ihre d?steren Gedanken wieder hervorzulocken. Ein Hammer, dachte sie. Jemand wurde mit einem Hammer ermordet. Sie ermahnte sich streng, dass sie das Richtige getan hatte, als sie Chief Meredith abgesagt hatte. Au?erdem hatte er sie seitdem auch nicht noch einmal angerufen, was sicherlich nur bedeuten konnte, dass er es doch nicht so ernst genommen hatte. Es war wahrscheinlich nichts, dachte sie. Nur ein Fall f?r die ?rtliche Polizei. * Die Anspannung hatte merklich zugenommen als Blaine endlich den SUV vor Rileys Townhaus parkte. Ein teurer Audi parkte bereits dort. Es war nat?rlich Ryans Auto – doch konnte Riley sich nicht erinnern, ob es dasselbe Auto war, mit dem er letztes Mal gekommen war. Es gefiel ihm, immer das neueste Modell zu fahren, unabh?ngig davon, wie viel ihn das kostete. Nachdem sie geparkt hatten, begann Blaine nerv?s einige Worte zu stammeln. Er wollte Riley und ihren T?chtern helfen, ihre Koffer ins Haus zu tragen, aber… „W?re das nicht komisch?“, fragte Blaine Riley. Riley unterdr?ckte ein genervtes Seufzen. Nat?rlich war es das, dachte sie. Blaine und Ryan hatten sich nur wenige Male gesehen, und diese Treffen waren alles andere als herzlich verlaufen – zumindest was Ryans Verhalten anging. Blaine hatte sein Bestes gegeben, Ryan gegen?ber wohlgesonnen zu sein, doch Ryan hatte durchgehend gekr?nkt und feindselig gewirkt. Riley, April und Jilly konnten ihre Koffer ohne Probleme auch alleine ins Haus bringen. Sie waren nicht wirklich auf Blaines Hilfe angewiesen. Au?erdem wollte Riley vermeiden, Blaine in eine unangenehme Situation zu bringen, und doch… Warum zur H?lle sollte es ausgerechnet Blaine unangenehm sein, sich in meinem Haus aufzuhalten? Blaine und Crystal wegzuschicken, war keine L?sung f?r ihr Problem. Riley sagte zu Blaine: „Kommt einfach mit rein.“ Also stiegen sie aus und trugen s?mtliche Koffer ins Haus. Zusammen mit Darby, Jillys kleinem Hund, der riesige Ohren hatte, stand Gabriela bereits an der T?r und nahm die Heimkehrenden in Empfang. Der Hund sprang freudig um sie herum, doch Gabriela sah nicht ann?hernd so freudig aus wie Darby. Als sie die Koffer im Flur abstellten, konnte Riley Ryan bereits im Wohnzimmer sitzen sehen. Eine leichte Panik stieg in ihr auf, als sie sah, dass er zwei Koffer dabeihatte… Plant er etwa, hier wieder einzuziehen? Aprils schwarzwei?e Katze Marbles lag schnurrend auf seinem Scho?. Ryan schaute auf. Er l?chelte schwach und sagte mit ziemlich wehleidiger Stimme… „Ein K?tzchen und ein Hund! Wahnsinn, wie viel sich ver?ndert hat!“ Mit flinken H?nden und einem genervten Murmeln riss April die Katze von Ryans Scho?. Ryan sah so aus, als h?tte ihn die Geste verletzt. Doch Riley konnte verstehen, wie sich April f?hlen musste. Als April und Jilly sich beide in Richtung der Treppe aufmachten, sagte Riley… „Wartet, M?dchen. Habt ihr Blaine und Crystal nichts zu sagen?“ Ein wenig best?rzt dar?ber, dass sie es beinahe vergessen hatten, dankten April und Jilly Blaine und Crystal f?r die sch?ne Zeit, die sie gemeinsam verbracht hatten. Crystal umarmte jede von ihnen. „Ich rufe dich morgen an“, sagte sie zu April. „Und nehmt eure Sachen mit nach oben“, wies Riley die beiden an. April und Jilly schnappten sich beide ihre Koffer. Da April noch immer Marbles auf dem Arm hatte, sammelte Jilly die restlichen Sachen auf. Mit Darby auf ihren Fersen, stiegen die beiden schlie?lich die Treppe hinauf. Wenige Sekunden sp?ter h?rte man das Knallen zweier T?ren. Gabriela warf Ryan einen best?rzten Blick zu und verschwand in ihre eigene Wohnung. Ryan sah Blaine an und sagte vorsichtig: „Hi, Blaine. Ich hoffe, ihr hattet alle einen guten Urlaub.“ Riley stand vor Staunen der Mund offen. Er macht sich die M?he, h?flich zu sein, dachte sie. Nun war sie sich sicher, dass hier etwas m?chtig faul war. Blaine machte eine leichte Bewegung mit der Hand und sagte: „Es war super, Ryan. Wie geht es dir?“ Ryan zuckte mit den Schultern und antwortete nicht. Riley hatte fest vor, sich von Ryan nicht beeinflussen zu lassen. Sie k?sste Blaine liebevoll auf den Mund und sagte: „Danke f?r die wundervolle Zeit.“ Blaine wurde rot, offensichtlich verunsichert durch die Gesamtsituation. „Danke dir – und den M?dchen“, sagte er. Crystal sch?ttelte Riley die Hand und dankte ihr ebenso. Blaine fl?sterte Riley zu: „Ruf mich nachher an.“ Riley nickte, und Blaine verlie? mit seiner Tochter das Haus. Riley holte tief Luft und wandte sich nun der letzten im Wohnzimmer verbleibenden Person zu. Ihr Ex-Mann starrte sie mit einem stummen und flehenden Blick an. Was will er? fragte sie sich aufs Neue. Immer wenn Ryan auftauchte, hatte Riley sich normalerweise eingestehen m?ssen, dass ihr Ex-Mann nach wie vor ein sehr attraktiver Mann war – etwas gr??er, ?lter und durchtrainierter als Blaine, immer perfekt gepflegt und gut gekleidet. Doch dieses Mal war etwas anders. Er sah zerknittert, traurig und kaputt aus. Sie hatte ihn noch nie so gesehen. Riley wollte ihn gerade fragen, was los sei, als er sagte… „Hast Du vielleicht etwas zu trinken?“ Riley blickte ihm ins Gesicht. Es sah mager und fahl aus. Sie fragte sich… Ob er in letzter Zeit ?fter trinkt? Hat er bereits etwas getrunken, bevor er hierhergekommen ist? Sie spielte kurz mit dem Gedanken seine Bitte abzulehnen, stand dann aber auf, ging in die K?che und machte zwei Gl?ser mit Bourbon auf Eis fertig. Sie brachte die Drinks ins Wohnzimmer und setzte sich in den Sessel direkt gegen?ber von ihm. Sie wartete bis er selbst zu sprechen begann. In sich zusammengesunken und mit h?ngenden Schultern sagte er schlie?lich mit heiserer Stimme… „Riley – ich bin ruiniert.“ Rileys Mund stand offen. Was meinte er damit? fragte sie sich. KAPITEL SIEBEN Riley sa? da und starrte ihn an. Ryan wiederholte seine Worte abermals… „Ich bin ruiniert. Mein ganzes Leben – ruiniert.“ Riley war ersch?ttert. Sie konnte sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal so viel Niedergeschlagenheit ausgestrahlt hatte. Arroganz und Selbstsicherheit waren viel eher seine Art. „Was meinst du damit?“, fragte sie ihn. Er seufzte tief und elendig und sagte dann: „Paul und Barrett – sie dr?ngen mich aus der Kanzlei.“ Riley konnte ihren Ohren nicht trauen. Paul Vernasco und Barrett Gaynor waren Ryans Partner seitdem die drei die Kanzlei zusammen gegr?ndet hatten. Dar?ber hinaus waren sie immer Ryans engste Freunde gewesen. Sie fragte: „Was um Himmels Willen ist denn zwischen euch passiert?“ Ryan zuckte mit den Schultern und sagte zur?ckhaltend: „Sie meinen, dass ich zur B?rde f?r die Kanzlei geworden bin… ich wei? es nicht.“ Doch Riley hatte den starken Eindruck, dass er genau wusste, wovon die Rede war und wieso seine Partner ihn loswerden wollten. Sie brauchte nur einen Versuch, um den Grund zu erraten. „Sexuelle Bel?stigung“, sagte sie. Ryan st?hnte auf. „Schau, es war alles nur ein Missverst?ndnis“, sagte er. Riley musste sich fast auf die Zunge bei?en, um nicht zu antworten… „Ja, na klar war es nur ein Missverst?ndnis.“ Rileys Blick vermeidend begann Ryan: „Ihr Name ist Kyanne, sie ist Juniorpartnerin. Sie ist jung…“ Seine Stimme verstummte f?r einen Moment, und Riley dachte… Nat?rlich ist sie jung. Sie waren immer alle jung. Ryan sagte: „Ich dachte, dass alles auf Gegenseitigkeit beruhte. Wirklich. Es hat mit einem harmlosen Flirt begonnen – auf beiden Seiten, glaub mir. Dann ist alles eskaliert… naja, sie ist zu Paul und Barrett und hat sich ?ber das feindseliges Arbeitsumfeld beschwert. Sie haben versucht, sie mit einer Vertraulichkeitsvereinbarung zu bes?nftigen, aber sie wollte nicht klein beigeben. Sie war nicht zu ?berzeugen, au?er damit, dass ich gehe.“ Er verstummte wieder, und Riley versuchte sich das, was er ungesagt lie?, dazu zu denken. Es war nicht schwer, sich ein m?gliches Szenario vorzustellen. Ryan war von einer sch?nen und lebhaften Juniorpartnerin bezaubert worden, wom?glich einer ambitionierten jungen Frau, die ein Auge auf eine m?gliche Partnerschaft in der Kanzlei geworfen hatte. Wie weit ist Ryan gegangen? fragte Riley sich. Sie bezweifelte, dass er ihr im Tausch gegen sexuelle Gef?lligkeiten eine Bef?rderung versprochen hatte… So ein Widerling ist er nun auch wieder nicht, dachte sie. Und vielleicht sagte Ryan ja sogar die Wahrheit, wenn er meinte, dass die Anziehung auf Gegenseitigkeit beruht hatte, zumindest anfangs. Vielleicht hatten sie sogar eine Aff?re mit beidseitigem Einverst?ndnis gehabt. Doch an irgendeinem Punkt war etwas schief gegangen und der Frau, Kyanne, hatte nicht gefallen, was dann passiert war. Wahrscheinlich aus gutem Grund, dachte Riley sich. Was h?tte Kyanne auch anderes tun k?nnen, als zu erkennen, dass ihre Zukunft in der Kanzlei von ihrer Beziehung zu Ryan abhing? Er war schlie?lich ein vollwertiger Partner. Er hatte die Macht in ihrer Beziehung. Und doch stimmte etwas nicht, das konnte Riley sp?ren… Sie sagte: „Also dr?ngen Paul und Barrett dich zum Gehen? Das ist ihre L?sung?“ Ryan nickte, und Riley sch?ttelte ungl?ubig den Kopf. Paul und Barrett waren selbst keine Heiligen. Im Laufe der Jahre hatte Riley mehrfach mitanh?ren m?ssen, zu welch abwertende Bemerkungen sich die drei Partnern hinablie?en. Sie war sich sicher, dass deren eigenes Verhalten dem Ryans um nichts nachstand – m?glicherweise sogar um einiges schlimmer war. Sie sagte: „Ryan, du hast gesagt, dass sie keine Vertraulichkeitsvereinbarung unterzeichnen wollte.“ Ryan nickte und nahm einen Schluck. Sehr vorsichtig fuhr Riley fort: „Wie viele Vertraulichkeitsvereinbarungen wegen sexueller Bel?stigung sind denn ?ber die Jahre auf deinem Konto verbucht worden?“ Ryan st?hnte erneut auf, und Riley wusste, dass sie auf die schmerzhafte Wahrheit gesto?en war. Sie f?gte hinzu: „Und Paul und Barrett – wie viele Vertraulichkeitsvereinbarungen gehen auf deren Konten?“ Ryan fuhr fort: „Riley, ich w?rde nur ?u?erst ungerne solche Details –“ „Nein, nat?rlich w?rdest du das nur ungern preisgeben“, unterbrach Riley ihn. „Ryan, du wirst hier als S?ndenbock benutzt. Das wei?t du, oder? Paul und Barrett versuchen das Image der Kanzlei reinzuwaschen, es so aussehen zu lassen, als h?tten sie eine Null-Toleranz Grenze was Bel?stigung angeht. Indem sie dich loswerden, wollen sie das demonstrieren.“ Ryan zuckte mit den Schultern und sagte: „Ich wei?. Aber was soll ich machen?“ Riley wusste nicht, was sie ihm sagen sollte. Sie wollte ihm gegen?ber kein Mitgef?hl zeigen. Er hatte sich diese Grube ?ber die Jahre hinweg selbst gegraben. Trotzdem ?rgerte es sie, wie seine Partner ihn jetzt ans Messer lieferten. Aber sie wusste, dass es nichts gab, was er jetzt noch dagegen unternehmen konnte. Au?erdem bereitete ihr etwas anderes mehr Sorgen. Sie zeigte auf die Koffer und fragte: „Was sollen denn die hier?“ Ryan blickte einen Augenblick zu den Koffern. Dann sagte er mit stockender Stimme: „Riley, ich kann nicht nach Hause.“ Riley musste Luft holen. „Was meinst Du damit?“, fragte sie. „Hast du dein Haus verloren?“ „Nein, noch nicht. Es ist nur…“ Ryans Stimme stockte, dann sagte er… „Ich kann das nicht alleine durchstehen. Ich kann nicht alleine in diesem Haus wohnen. Ich erinnere mich andauernd an gl?ckliche Zeiten mit dir und April. Ich denke st?ndig daran, wie ich alles ruiniert habe. Das Haus bricht mir das Herz, Riley.“ Er holte ein Taschentuch hervor und betupfte seine Augen. Riley war ratlos. Sie hatte Ryan sehr selten weinen gesehen. Beinahe h?tte sie selbst zu weinen begonnen. Doch sie wusste, dass sie gerade ein ernsthaftes Problem zu l?sen hatte. Sie sagte mit sanfter Stimme… „Ryan, hier kannst du nicht bleiben.“ Ryan fiel in sich zusammen wie ein Luftballon, in den sich ein Nagel bohrte. Riley w?nschte, dass ihre Worte ihn weniger verletzt h?tten. Aber sie musste ehrlich mit ihm sein. „Ich habe jetzt mein eigenes Leben“, sagte sie. „Ich habe zwei M?dchen, um die ich mich k?mmern muss. Und es ist ein gutes Leben. Blaine und ich meinen es ernst miteinander – sehr ernst. Es ist sogar so, dass…“ Sie wollte ihm schon von Blaines Pl?nen erz?hlen, sein eigenes Haus f?r sie auszubauen. Aber sie sah ein, dass das gerade zu viel gewesen w?re. Stattdessen sagte sie: „Du kannst das alte Haus verkaufen.“ „Ich wei?“, sagte Ryan, immer noch leise weinend. „Das hatte ich geplant. Aber in der Zwischenzeit… ich kann einfach nicht dort wohnen.“ Riley wollte gerne etwas tun, um ihn zu tr?sten – seine Hand halten, ihn umarmen oder ihm irgendeine andere k?rperliche Geste des Trosts geben. Es war verlockend und einige ihrer alten Gef?hle f?r ihn kamen wieder in ihr hoch, aber… Tu es nicht, sagte sie sich. Bleib cool. Denk an Blaine. Denk an die Kinder. Ryan schluchzte nun wie ein Schlosshund. Mit beinahe schon wahnsinniger Stimme sagte er… „Riley, es tut mir leid. Ich will noch einmal von vorne anfangen. Ich will ein guter Ehemann und ein guter Vater sein. Ich k?nnte es bestimmt, wenn wir es nur… noch einmal versuchen w?rden.“ Sie hielt weiterhin Abstand zu ihm und sagte… „Ryan, das k?nnen wir nicht. Daf?r ist es viel zu sp?t.“ „Es ist nie zu sp?t“, rief Ryan. „Lass uns einfach wegfahren, nur wir beide, alles wird wieder gut.“ Riley sp?rte einen Schauder. Er begreift nicht, was er da sagt, dachte sie. Er hat gerade einen Nervenzusammenbruch. Sie war sich nun ziemlich sicher, dass er schon fr?her am Tag getrunken haben musste. Dann sagte er mit einem nerv?sen Lachen… „Ich hab’s! Lass uns zur alten H?tte deines Vaters fahren! Ich war noch nie dort, kannst du dir das vorstellen? Nicht einmal in all den Jahren. Wir k?nnten dort einige Tage verbringen und –“ Riley unterbrach ihn scharf: „Ryan, nein.“ Er starrte sie an, als k?nne er seinen Ohren nicht trauen. In bes?nftigendem Ton fuhr Riley fort: „Ich habe die H?tte verkauft, Ryan. Aber selbst wenn ich sie noch gehabt h?tte…“ Sie verstummte f?r einen Moment und sagte dann… „Ryan, du musst dich da jetzt selbst durchk?mpfen. Ich w?nschte, ich k?nnte dir helfen, aber ich kann es nicht.“ Ryans Schultern sackten nach unten, und sein Schluchzen wurde leiser. Er schien sich Rileys Worte zu Herzen zu nehmen. Sie sagte: „Du bist ein starker, kluger, einfallsreicher Mann. Du kannst das alles noch zu deinen Gunsten wenden. Ich wei?, dass du das kannst. Aber ich kann da nicht mitspielen. Es w?re nicht gut f?r mich – und wenn du ehrlich mit dir selbst bist, dann wei?t du, dass es auch f?r dich nicht gut w?re.“ Ryan nickte elendig. „Du hast Recht“, sagte er, nun mit festerer Stimme. „Ich hab’ es mir selbst eingebrockt, und nun muss ich es auch selbst wieder geradebiegen. Es tut mir leid, dass ich dich damit bel?stigt habe. Ich gehe jetzt.“ Als er sich erhob, sagte Riley… „Warte einen Moment. Du bist gerade in keinem Zustand um hinters Steuer zu steigen. Lass mich dich fahren. Du kannst zur?ckkommen und dein Auto abholen, wenn es dir wieder besser geht.“ Ryan nickte erneut. Riley war erleichtert, dass sie sich jetzt nicht erst dar?ber streiten mussten, und dass sie nicht gezwungen war, ihm die Autoschl?ssel mit Gewalt wegzunehmen. Riley wagte es nun auch, ihn am Arm zu nehmen, um ihn hinaus und zu ihrem eigenen Auto zu f?hren. Er schien sie auch tats?chlich als St?tze zu brauchen. W?hrend der Fahrt schwiegen sie beide. Als sie vor dem gro?en sch?nen Haus vorfuhren, in dem sie einst alle zusammen gewohnt hatten, sagte er: „Riley, es gibt da etwas, dass ich dir noch sagen wollte. Ich… ich finde, dass du das richtig toll machst. Und ich w?nsche dir wirklich alles Gute.“ Riley hatte pl?tzlich einen Klo? im Hals. „Oh, Ryan –“, begann sie. „Nein, h?r mir bitte zu, das ist jetzt wichtig. Ich bewundere dich. Du hast so viele gro?artige Dinge getan. Du warst immer eine gute Mutter f?r April, und nun hast du Jilly adoptiert, und jetzt hast du eine neue Beziehung begonnen, und ich sehe, dass er ein wirklich toller Kerl ist. Und nebenbei hast du zu allem ?berfluss auch noch deine Arbeit gemacht, die B?sen geschnappt und Leben gerettet. Ich wei? nicht, wie du es machst. Dein Leben ist einfach stimmig.“ Riley war zutiefst ?berw?ltigt – und gleichzeitig zutiefst verst?rt. Wann war das letzte Mal gewesen, dass Ryan so etwas zu ihr gesagt hatte? Sie wusste einfach nicht, was sie ihm antworten konnte. Zu ihrer Erleichterung stieg Ryan aus, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Riley sa? noch im Auto und starrte auf das Haus, in dem Ryan verschwand. Sie f?hlte wirklich mit ihm. Sie konnte sich selbst nicht vorstellen, jetzt alleine in diesem Haus zu sein – nicht mit all den Erinnerungen, die es beherbergte, den guten wie den schlechten. Und seine Worte hallten in ihr nach… „Dein Leben ist einfach stimmig.“ Sie seufzte und murmelte vor sich hin… „Das ist nicht wahr.“ Es war eine echte Herausforderung f?r sie, zwei M?dchen zu erziehen, w?hrend sie ihrer vereinnahmenden und allzu oft gef?hrlichen Arbeit nachging. Sie hatte zu viele Richtungen gleichzeitig eingeschlagen, war zu viele Verpflichtungen eingegangen, und sie hatte noch nicht gelernt, damit umzugehen. W?rde es immer so bleiben? Und wie w?rde sich Blaine in dieses Leben einf?gen lassen? War eine erfolgreiche Ehe in ihrer Lage ?berhaupt m?glich? Der Gedanke, eines Tages in einer Situation zu stecken, die mit Ryans vergleichbar war, lie? sie erschaudern. Dann lie? sie das Haus, in dem sie einmal gelebt hatte, hinter sich und machte sich auf den Weg nach Hause. KAPITEL ACHT Riley lief in ihrem Wohnzimmer auf und ab. Sie sagte sich, dass sie sich einfach entspannen sollte, dass sie seit ihrem Urlaub ja wusste, wie das ging. Doch jedes Mal erinnerte sie sich an das, was ihr Vater in ihrem Albtraum zu ihr gesagt hatte… „Du bist ein J?ger, genau wie ich.“ Im Moment f?hlte sie sich sicherlich nicht wie ein J?ger. Viel eher wie ein Tier im K?fig, dachte sie. Es war der erste Schultag, und sie hatte die M?dchen gerade zur Schule gebracht. Jilly war h?chsterfreut, endlich dieselbe High School wie ihre Schwester zu besuchen. Die neuen Sch?ler und ihre Eltern hatten die typische Begr??ungsrede im Hauptauditorium erhalten. Anschlie?end hatte es eine kurze F?hrung durch die Klassenzimmer gegeben. April konnte zusammen mit Riley und Jilly an der F?hrung teilnehmen. Obwohl Riley nicht die M?glichkeit gehabt hatte, mit jedem Lehrer ausf?hrlich zu sprechen, war es ihr gelungen, sich allen als Jillys Mutter und April als Jillys Schwester vorzustellen. Einige von Jillys neuen Lehrern waren auch schon einmal Aprils Lehrer gewesen und wussten nur Gutes ?ber sie zu berichten. Als Riley nach der Einf?hrungsveranstaltung noch bleiben wollte, machten sich beide M?dchen ?ber sie lustig. „Und was willst du machen?“, hatte April gefragt. „Mit Jilly zusammen im Unterricht sitzen?“ Riley hatte geantwortet, dass sie vielleicht genau das tun sollte, nur um ein entsetztes St?hnen von Jilly zu h?ren zu bekommen. „M-o-o-o-m! Das w?re so uncool!“ April hatte gelacht und gesagt: „Mom, jetzt sein nicht so ein ‘Kopter!“ Als Riley gefragt hatte, was ein „Kopter“ sei, hatte April ihr erkl?rt, dass das Wort f?r „Helikopter-Eltern“ stand. Eines dieser Worte, die ich kennen sollte, hatte sich Riley gedacht. Jedenfalls hatte Riley Jillys Gef?hle respektiert und war nach Hause gefahren – und nun war sie hier. Gabriela war mit einer ihrer unz?hligen Cousinen zum Mittagessen verabredet und wollte danach den Einkauf machen. Also war Riley ganz alleine im Haus, nur mit einer Katze und einem Hund, die nicht im Geringsten an ihr interessiert waren. Ich muss damit aufh?ren, dachte sie sich. Riley ging in die K?che und holte sich einen Snack. Dann zwang sie sich, sich aufs Sofa zu setzen und den Fernseher anzumachen. Die Nachrichten deprimierten sie, deshalb schaltete sie auf eine seichte Serie um. Sie hatte keine Ahnung, worum es in der Handlung gerade genau ging, doch eignete sich die Seifenoper zumindest eine Weile lang ganz gut als Ablenkung. Doch es dauerte nicht lang, und ihre Aufmerksamkeit begann sich auf etwas anderes zu konzentrieren, und sie bemerkte, dass sie erneut dar?ber nachdachte, was Ryan w?hrend seines unangenehmen Besuchs hier gesagt hatte… „Ich kann das nicht alleine durchstehen. Ich kann nicht alleine in diesem Haus leben.“ In diesem Moment hatte Riley das Gef?hl, zu wissen, wie er sich f?hlen musste. Waren ihr Ex-Mann und sie sich doch ?hnlicher als sie es sich eingestehen wollte? Sie versuchte, sich selbst vom Gegenteil zu ?berzeugen. Im Gegensatz zu Ryan k?mmerte sie sich um ihre Familie. Sp?ter w?rden die M?dchen und Gabriela nach Hause kommen, und sie w?rden alle gemeinsam zu Abend essen. Vielleicht w?rden Blaine und Crystal ihnen dieses Wochenende auch wieder Gesellschaft leisten. Dieser Gedankengang machte Riley bewusst, dass Blaine seit der Situation mit Ryan etwas auf Abstand gegangen war. Riley konnte auch verstehen, warum das so war. Riley hatte mit Blaine nicht ?ber den Besuch von Ryan sprechen wollen – es erschien ihr zu vertraulich und pers?nlich – und es war nur nat?rlich, dass Blaine das unruhig machte. Sie versp?rte das pl?tzliche Bed?rfnis, ihn sofort anzurufen, doch sie wusste, dass Blaine noch viele Stunden Arbeit vor sich hatte. Nach seiner R?ckkehr war es notwendig gewesen, die Abl?ufe in seinem Restaurant wieder in ihre gewohnten Bahnen zu lenken. Riley konnte nicht umhin, sich schrecklich alleine in ihrem eigenen Haus zu f?hlen… Genau wie Ryan. Sie f?hlte sich ein wenig schuldig vor ihrem Ex-Mann – obwohl sie nicht genau wusste, weshalb. Nichts von dem, was in seinem Leben schieflief, war ihre Schuld gewesen. Trotzdem versp?rte sie den schwachen Wunsch, ihn anzurufen, um herauszufinden, wie es ihm ging. Vielleicht konnte sie ihm ein wenig beistehen. Doch das war nat?rlich eine au?erordentlich dumme Idee. Das letzte was sie jetzt tun sollte war, ihm irgendwelche irref?hrenden Signale zu senden und ihn glauben zu lassen, dass sie wom?glich doch noch eine Zukunft zusammen hatten. W?hrend die Figuren aus der Serie stritten, weinten, einander ohrfeigten und durch die verschiedenen Betten wanderten, kam Riley ein anderer Gedanke in den Sinn. Manchmal erschien ihr das eigene Leben zu Hause, ihre Familie und ihre Beziehungen nicht viel realer als das, was sie gerade im Fernsehen sah. Die tats?chliche Anwesenheit der geliebten Menschen schaffte es, sie von dem tiefliegenden Gef?hl der Isolation abzulenken. Doch schon wenige Stunden alleine zuhause gen?gten, um sie schmerzlich daran zu erinnern, wie sie sich im Inneren tats?chlich f?hlte. Es gab da eine Leere in ihr, die nur durch eine Sache gef?llt werden konnte… Durch welche genau? Durch Arbeit. Doch welche Bedeutung hatte ihre Arbeit f?r sie selbst oder f?r irgendjemand anderen? Sie erinnerte sich erneut an etwas, was ihr Vater zu ihr im Traum gesagt hatte… „Es ist ein verdammt sinnloses Leben, das du da f?hrst – Gerechtigkeit f?r Menschen einzufordern, die bereits tot sind, f?r genau die Menschen, die keine Gerechtigkeit mehr brauchen.“ Sie fragte sich… Ist das wahr? Ist das, was ich tue, wirklich sinnlos? Sicherlich nicht, denn sie hielt oftmals M?rder auf, die sonst mit gro?er Sicherheit weitere Opfer gefordert h?tten. Sie rettete auf lange Sicht gesehen Leben – so viele Leben, das konnte sie sich gar nicht vorstellen. Und doch, damit sie ?berhaupt einen Job hatte, musste irgendjemand morden, und irgendjemand musste sterben… Es beginnt immer mit dem Tod. Oft blieben die F?lle ihr noch lange nach ihrem Abschluss im Ged?chtnis und stifteten selbst noch dann in ihr ein Unbehagen, wenn die M?rder bezwungen und zur Rechenschaft gezogen worden waren. Sie machte den Fernseher wieder aus, da die Seifenoper sie zu nerven begann. Dann lehnte sie sich zur?ck, schloss die Augen und dachte an ihren letzten Fall, die Serienm?rderin in Georgia. Arme Morgan, dachte sie. Morgan Farrell war mit einem reichen aber gewaltt?tigen Mann verheiratet gewesen. Als er im Schlaf brutal ermordet worden war, war Morgan sich sicher gewesen, diejenige gewesen zu sein, die ihn erstochen hatte, obwohl sie sich an die Tat gar nicht hatte erinnern k?nnen. Sie war sich sicher, dass sie es verdr?ngt oder vergessen hatte, wegen ihres Alkohol- und Medikamentenproblems. Und sie war stolz auf das gewesen, was sie glaubte, getan zu haben. Sie hatte Riley sogar angerufen, um ihr das zu sagen… „Ich habe den Mistkerl umgebracht.“ Morgan war unschuldig, wie sich sp?ter herausstellte. Eine andere wahnsinnige Frau hatte Morgans Ehemann umgebracht – und weitere ebenso gewaltt?tige Ehem?nner. Die Frau, die selbst unter ihrem verstorbenen Ehemann gelitten hatte, war danach auf eine Rachemission gegangen, um andere Frauen von ihrer Pein zu befreien. Riley konnte sie gerade noch rechtzeitig davon abbringen, einen unschuldigen Mann umzubringen, dessen einziges Vergehen es gewesen war, seine verst?rte, wahnsinnige Frau zu lieben. Riley spielte in ihrer Erinnerung durch, was geschehen war nachdem sie die Frau zu Boden gerungen und ihr Handschellen anlegt hatte… „Adrienne McKinney, Sie sind verhaftet.“ Doch nun fragte Riley sich… Was, wenn alles anders ausgegangen w?re? Was, wenn Riley nicht nur den unschuldigen Mann h?tte retten k?nnen, sondern auch der Frau ihren Fehler erkl?ren und sie dann einfach h?tte wieder laufen lassen k?nnen? Sie h?tte weiter gemordet, dachte Riley. Und die M?nner, die sie ermordet h?tte, h?tten ihren Tod verdient gehabt. Was f?r eine Gerechtigkeit hatte sie damals also wirklich geschaffen? Riley verlor bei dem Gedanken den Mut, und sie musste wieder an die Worte ihres Vaters denken… „Es ist ein wahnsinnig unn?tzes Leben, das du da f?hrst.“ Auf der einen Seite versuchte sie verzweifelt, das Leben einer Mutter und Frau zu f?hren, zwei T?chter gro?zuziehen und einen Mann zu lieben, den sie hoffte, eines Tages zu heiraten. Manchmal schien dieses Leben tats?chlich zu gelingen, und sie wusste auch, dass sie niemals aufgeben w?rde, es weiter zu versuchen. Doch sobald sie alleine war, schien dieses normale Leben irgendwie so unecht. Auf der anderen Seite musste sie gegen unsagbare Hindernisse ank?mpfen und Ungeheuer besiegen. Ihr Job war ihr unglaublich wichtig, obwohl er zu oft wie ein Tropfen auf dem hei?en Stein war. Riley f?hlte sich jetzt absolut elendig. Obwohl es erst Vormittag war, hatte sie das dringende Bed?rfnis, sich einen starken Drink zu machen. Sie konnte der Versuchung jedoch widerstehen, und dann klingelte ihr Handy. Als sie sah, wer der Anrufer war, seufzte sie erleichtert. Das hier war echt. Sie hatte Arbeit zu tun. KAPITEL NEUN Riley fuhr mit gemischten Gef?hlen zum BAU. An Merediths Stimme am Telefon hatte sie erkennen k?nnen, dass er schlechte Laune hatte. Er hatte ihr keine Einzelheiten genannt. Er hatte blo? gesagt, dass er ihr Team aufgrund der j?ngsten Entwicklungen zu einer Sitzung einbestellte. Sie war erleichtert gewesen, das Haus verlassen zu k?nnen und sich nach Quantico aufzumachen. Nun fragte sie sich allerdings, wor?ber sich Meredith ?rgerte. Vor ungef?hr eineinhalb Wochen hatte er sie angerufen und dazu animieren wollen, sich nach Rushville, Mississippi aufzumachen, um einen dortigen Mordfall genauer unter die Lupe zu nehmen. Riley hatte sich damals geweigert. Doch damals war er nicht w?tend auf sie gewesen. Er hatte sich sogar richtig bedauernd ge?u?ert, da er sie w?hrend ihres Urlaubes gest?rt hatte. „Es tut mir leid, dass ich sie gest?rt habe“, hatte er gesagt. „Genie?en sie weiterhin ihren Urlaub.“ Irgendetwas musste seitdem vorgefallen sein. Was auch immer es war, es bedeutete wahrscheinlich, dass jetzt richtig viel Arbeit auf sie wartete. Rileys Stimmung wurde immer besser, als sie vor dem gro?en wei?en Geb?ude, in dem die BAU – die Verhaltensanalyseeinheit – ans?ssig war, hielt. Es kam ihr beinahe so vor als w?rde sie nach Hause zur?ckkehren. Als sie geparkt hatte, ging Riley um das Auto herum und holte ihre Reisetasche, die sie immer f?r alle F?lle gepackt bereithielt, aus dem Kofferraum. Sie wusste, dass es durchaus wahrscheinlich war, dass sie heute noch zu einem neuen Fall entsandt werden w?rde. Als sie in den Konferenzraum kam, hatte die Sitzung gerade begonnen. Rileys zwei Partner, Bill Jeffreys und Jenn Roston sa?en ihrem Vorgesetzten, Spezialagenten Brent Meredith, gegen?ber. Mit seiner beachtlichen Statur und seinen schwarzen, kantigen Gesichtsz?gen machte Merediths imposante Erscheinung wie immer etwas her. Doch heute sah er noch furchterregender aus als sonst. W?hrend Riley ihren Platz am Konferenztisch einnahm, blickte er sie finster an. Dann fragte er spitz: „Wie war Ihr Urlaub, Agentin Paige?“ Sein scharfer Ton verletzte Riley. Statt seine Frage zu beantworten, erwiderte sie entschlossen Merediths Blick und sagte fest: „Ich bin bereit, zur Arbeit zur?ckzukehren.“ Meredith nickte in m?rrischer Anerkennung. Dann sagte er: „Da wir jetzt vollst?ndig sind, lassen Sie uns beginnen.“ Meredith blickte zwischen den Kollegen hin und her und fuhr fort: „Ich musste immer wieder an den Mord in Rushville, Mississippi denken – der Fall, wegen dem die Polizistin von dort uns mehrmals angerufen hatte. Ich habe deshalb Agent Jeffreys gebeten, ein paar Nachforschungen anzustellen. Das hat er auch getan, und nun meint er, dass wir uns vielleicht doch mit dem Fall besch?ftigen sollten. W?rden Sie das bitte etwas genauer ausf?hren, Agent Jeffreys?“ „Nat?rlich“, antwortete Bill w?hrend er aufstand und zum Flachbildschirm auf der anderen Seite des Raumes schritt. Bill war seit Jahren Rileys Partner und guter Freund, und Riley war gerade besonders froh, ihn vor sich zu sehen. Sie waren ungef?hr gleich alt. Er war ein starker, gutaussehender Mann. Ein paar erste graue Str?hnen leuchteten in seinem dunklen Haar. Bill dr?ckte auf einen Pointer und einige Bilder erschienen auf dem Bildschirm. Eines war von einem schweigsam aussehenden Mann, der wohl in seinen F?nfzigern war. Das n?chste Bild zeigte die Leiche desselben Mannes. Sie lag auf einem Dielenboden und eine einzige, brutal tiefe, rundliche Wunde prangte auf seiner Stirn. Auf die Fotos zeigend begann Bill zu erkl?ren… „Gareth Ogden wurde vor elf Tagen in seinem eigenen Haus in Rushville ermordet. Der Mord fand ungef?hr um zwanzig Uhr drei?ig statt. Er wurde mit einem einzigen Hammerschlag gegen die Stirn ermordet.“ Meredith warf Riley und Jenn einen Blick zu und erg?nzte: „Das hier sind die Bilder von dem Mord, wegen dem die Polizistin aus Rushville uns hier am BAU angerufen hatte. Sie hatte darauf bestanden, mit jemandem zu sprechen, und ich habe den Anruf deshalb pers?nlich entgegengenommen. Interessanteweise hat sie dabei erw?hnt, dass dieser Mordfall ?hnlichkeiten zu einem nie aufgekl?rten Fall von vor zehn Jahren aufweist. Damals war in Rushville eine ganze Familie ermordet worden.“ „Genau“, sagte Bill. „Ich habe mir das mal n?her angeschaut, und das hier habe ich dazu gefunden.“ Bill klickte erneut auf den Pointer und ein neuer Fotosatz erschien auf dem Bildschirm. Ein Mann und eine Frau lagen in einem blutdurchtr?nkten Bett, ihre Sch?del f?rmlich pulverisiert. Die anderen zwei Opfer, auf identische Art und Weise ermordet, befanden sich in ihren eigenen Betten – ein Junge im Teenager-Alter und ein M?dchen, das ungef?hr zehn bis zw?lf Jahre alt gewesen sein musste. Bill f?hrte weiter aus… „Nachdem die Bonnett Familie zu Bett gegangen und eingeschlafen war, kam ein Eindringling in ihr Haus. Zuerst erschlug er die Tochter Lisa in ihrem Kinderzimmer. Danach schlich er sich in das Zimmer ihres Bruders Martin, in dem dieser fest schlief und wiederholte die Tat. Zuletzt fand er seinen Weg ins Schlafzimmer der Eltern. Er schlug Leona Bonnett im Schlaf den Sch?del ein. Ihr Ehemann Cosmo wurde offenbar geweckt bevor der M?rder auch ihn nach einem kurzen Kampf zuletzt t?tete.“ Jenn Roston schielte auf den Bildschirm und sagte: „Das ist alles absolut grausam, klar. Aber wenn es eine Verbindung zwischen diesem Mord und Ogdens Tod geben soll, dann bin ich mir nicht sicher, worin ich sie sehen soll – au?er in der ?hnlichkeit der Tatwaffe.“ Riley nickte zustimmend. Jenn war eine junge Afro-Amerikanerin, die sich in ihrer kurzen Zeit hier am BAU bereits als herausragende Agentin bewiesen hatte. Riley und Jenn hatten bereits an einigen F?llen zusammen gearbeitet. Ihre Beziehung hatte zwar einen holprigen Start gehabt, doch seitdem war zwischen ihnen viel Vertrauen gewachsen. Meredith sagte: „Erkl?ren Sie genauer, Agentin Roston.“ Jenn zeigte auf die grauenhaften Fotos auf dem Bildschirm und sagte: „Die Bonnett Morde waren au?erordentlich brutal. Es sieht so aus, als w?re mehrere Male auf den Sch?del eingeschlagen worden, ein Schlag nach dem anderen. Die Morde wurden offensichtlich mit gro?er Wut ausgef?hrt und aus zutiefst pers?nlichen Gr?nden. Agent Jeffreys, k?nnten Sie uns die anderen Bilder noch einmal zeigen?“ Bill klickte den Pointer, und die Fotos von Ogden tauchten wieder auf. Jenn zeigte auf das Foto der Leiche und sagte: „Ogdens Mord war im Vergleich schnell und sauber. Wie es aussieht, ist er an einem einzigen Hammerschlag gegen die Stirn gestorben. Es sieht ganz und gar nicht nach Wut oder Zorn aus. Der Mord an ihm war kaltbl?tig und… wie soll ich sagen? Fast chirurgisch.“ Riley war verbl?fft. Was Jenn sagte, ergab absolut Sinn. „Ja, und Morde mit H?mmern als Tatwaffe sind eigentlich ziemlich gew?hnlich“, sagte Riley. „Es k?nnte ein blo?er Zufall sein.“ Êîíåö îçíàêîìèòåëüíîãî ôðàãìåíòà. Òåêñò ïðåäîñòàâëåí ÎÎÎ «ËèòÐåñ». Ïðî÷èòàéòå ýòó êíèãó öåëèêîì, êóïèâ ïîëíóþ ëåãàëüíóþ âåðñèþ (https://www.litres.ru/pages/biblio_book/?art=43692823&lfrom=688855901) íà ËèòÐåñ. Áåçîïàñíî îïëàòèòü êíèãó ìîæíî áàíêîâñêîé êàðòîé Visa, MasterCard, Maestro, ñî ñ÷åòà ìîáèëüíîãî òåëåôîíà, ñ ïëàòåæíîãî òåðìèíàëà, â ñàëîíå ÌÒÑ èëè Ñâÿçíîé, ÷åðåç PayPal, WebMoney, ßíäåêñ.Äåíüãè, QIWI Êîøåëåê, áîíóñíûìè êàðòàìè èëè äðóãèì óäîáíûì Âàì ñïîñîáîì.
Íàø ëèòåðàòóðíûé æóðíàë Ëó÷øåå ìåñòî äëÿ ðàçìåùåíèÿ ñâîèõ ïðîèçâåäåíèé ìîëîäûìè àâòîðàìè, ïîýòàìè; äëÿ ðåàëèçàöèè ñâîèõ òâîð÷åñêèõ èäåé è äëÿ òîãî, ÷òîáû âàøè ïðîèçâåäåíèÿ ñòàëè ïîïóëÿðíûìè è ÷èòàåìûìè. Åñëè âû, íåèçâåñòíûé ñîâðåìåííûé ïîýò èëè çàèíòåðåñîâàííûé ÷èòàòåëü - Âàñ æä¸ò íàø ëèòåðàòóðíûé æóðíàë.