Растоптал, унизил, уничтожил... Успокойся, сердце, - не стучи. Слез моих моря он приумножил. И от сердца выбросил ключи! Взял и, как ненужную игрушку, Выбросил за дверь и за порог - Ты не плачь, Душа моя - подружка... Нам не выбирать с тобой дорог! Сожжены мосты и переправы... Все стихи, все песни - все обман! Где же левый берег?... Где же - прав

Also sprach Zarathustra: Ein Buch f?r Alle und Keinen / Так говорил Заратустра. Книга для всех и ни для кого. Книга для чтения на немецком языке

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Тип:Книга
Цена:187.00 руб.
Издательство: КАРО
Год издания: 2018
Язык: Немецкий
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Also sprach Zarathustra: Ein Buch f?r Alle und Keinen / Так говорил Заратустра. Книга для всех и ни для кого. Книга для чтения на немецком языке Фридрих Вильгельм Ницше Чтение в оригинале (Каро)Klassische Literatur (Каро) Предлагаем вниманию читателей одно из важнейших произведений немецкого философа Ф. В. Ницше (1844–1900). В книге приводится полный неадаптированный текст, снабженный постраничным комментарием и словарем. friedrich Wilhelm Nietzsche / Фридрих Вильгельм Ницше Also sprach Zarathustra: Ein Buch f?r Alle und Keinen / Так говорил Заратустра. Книга для всех и ни для кого. Книга для чтения на немецком языке © КАРО, 2013 Erster Teil Zarathustras Vorrede 1 Als Zarathustra drei?ig Jahre alt war, verlie? er seine Heimat und den See seiner Heimat und ging in das Gebirge. Hier geno? er seines Geistes und seiner Einsamkeit und wurde dessen zehn Jahre nicht m?de. Endlich aber verwandelte sich sein Herz – und eines Morgens stand er mit der Morgenr?te auf, trat vor die Sonne hin und sprach zu ihr also: »Du gro?es Gestirn! Was w?re dein Gl?ck, wenn du nicht die h?ttest, welchen du leuchtest! Zehn Jahre kamst du hier herauf zu meiner H?hle: du w?rdest deines Lichtes und dieses Weges satt geworden sein, ohne mich, meinen Adler und meine Schlange. Aber wir warteten deiner an jedem Morgen, nahmen dir deinen ?berflu? ab und segneten dich daf?r. Siehe! Ich bin meiner Weisheit ?berdr?ssig, wie die Biene, die des Honigs zu viel gesammelt hat; ich bedarf der H?nde, die sich ausstrecken. Ich m?chte verschenken und austeilen, bis die Weisen unter den Menschen wieder einmal ihrer Torheit und die Armen wieder einmal ihres Reichtums froh geworden sind. Dazu mu? ich in die Tiefe steigen: wie du des Abends tust, wenn du hinter das Meer gehst und noch der Unterwelt Licht bringst; du ?berreiches Gestirn! Ich mu?, gleich dir, untergehen, wie die Menschen es nennen, zu denen ich hinab will. So segne mich denn, du ruhiges Auge, das ohne Neid auch ein allzu gro?es Gl?ck sehen kann! Segne den Becher, welcher ?berflie?en will, da? das Wasser golden aus ihm flie?e und ?berallhin den Abglanz deiner Wonne trage! Siehe! Dieser Becher will wieder leer werden, und Zarathustra will wieder Mensch werden.« — Also begann Zarathustras Untergang. 2 Zarathustra stieg allein das Gebirge abw?rts und niemand begegnete ihm. Als er aber in die W?lder kam, stand auf einmal ein Greis vor ihm, der seine heilige H?tte verlassen hatte, um Wurzeln im Walde zu suchen. Und also sprach der Greis zu Zarathustra: »Nicht fremd ist mir dieser Wanderer: vor manchem Jahre ging er hier vorbei. Zarathustra hie? er; aber er hat sich verwandelt. Damals trugst du deine Asche zu Berge: willst du heute dein Feuer in die T?ler tragen? F?rchtest du nicht des Brandstifters Strafen? Ja, ich erkenne Zarathustra. Rein ist sein Auge, und an seinem Munde birgt sich kein Ekel[1 - an seinem Munde birgt sich kein Ekel – нет на лице его отвращения]. Geht er nicht daher wie ein T?nzer? Verwandelt ist Zarathustra, zum Kind ward Zarathustra, ein Erwachter ist Zarathustra[2 - ein Erwachter ist Zarathustra – ребенком стал Заратустра]: was willst du nun bei den Schlafenden? Wie im Meere lebtest du in der Einsamkeit, und das Meer trug dich. Wehe, du willst ans Land steigen? Wehe, du willst deinen Leib wieder selber schleppen?« Zarathustra antwortete: »Ich liebe die Menschen.« »Warum«, sagte der Heilige, »ging ich doch in den Wald und die Ein?de? War es nicht, weil ich die Menschen allzu sehr liebte? Jetzt liebe ich Gott: die Menschen liebe ich nicht. Der Mensch ist mir eine zu unvollkommene Sache. Liebe zum Menschen w?rde mich umbringen.« Zarathustra antwortete: »Was sprach ich von Liebe! Ich bringe den Menschen ein Geschenk.« »Gib ihnen nichts«, sagte der Heilige. »Nimm ihnen lieber etwas ab und trage es mit ihnen – das wird ihnen am wohlsten tun: wenn es dir nur wohl tut! Und willst du ihnen geben, so gib nicht mehr als ein Almosen, und la? sie noch darum betteln!« »Nein«, antwortete Zarathustra, »ich gebe kein Almosen. Dazu bin ich nicht arm genug.« Der Heilige lachte ?ber Zarathustra und sprach also: »So sieh zu, da? sie deine Sch?tze annehmen! Sie sind mi?trauisch gegen die Einsiedler und glauben nicht, da? wir kommen, um zu schenken. Unsre Schritte klingen ihnen zu einsam durch die Gassen. Und wie wenn sie nachts in ihren Betten einen Mann gehen h?ren, lange bevor die Sonne aufsteht, so fragen sie sich wohl: wohin will der Dieb? Gehe nicht zu den Menschen und bleibe im Walde! Gehe lieber noch zu den Tieren! Warum willst du nicht sein wie ich – ein B?r unter B?ren, ein Vogel unter V?geln?« »Und was macht der Heilige im Walde?«, fragte Zarathustra. Der Heilige antwortete: »Ich mache Lieder und singe sie, und wenn ich Lieder mache, lache, weine und brumme ich: also lobe ich Gott. Mit Singen, Weinen, Lachen und Brummen lobe ich den Gott, der mein Gott ist. Doch was bringst du uns zum Geschenke?« Als Zarathustra diese Worte geh?rt hatte, gr??te er den Heiligen und sprach: »Was h?tte ich euch zu geben! Aber la?t mich schnell davon, da? ich euch nichts nehme!« – Und so trennten sie sich voneinander, der Greis und der Mann, lachend, gleichwie zwei Knaben lachen. Als Zarathustra aber allein war, sprach er also zu seinem Herzen: »Sollte es denn m?glich sein! Dieser alte Heilige hat in seinem Walde noch nichts davon geh?rt, da? Gott tot ist!« 3 Als Zarathustra in die n?chste Stadt kam, die an den W?ldern liegt, fand er daselbst viel Volk versammelt auf dem Markte: denn es war verhei?en worden, da? man einen Seilt?nzer sehen sollte. Und Zarathustra sprach also zum Volke: Ich lehre euch den ?bermenschen. Der Mensch ist etwas, das ?berwunden werden soll. Was habt ihr getan, ihn zu ?berwinden? Alle Wesen bisher schufen etwas ?ber sich hinaus[3 - Alle Wesen bisher schufen etwas ?ber sich hinaus – Доныне все существа создавали нечто, что выше их]: und ihr wollt die Ebbe dieser gro?en Flut sein und lieber noch zum Tiere zur?ckgehn als den Menschen ?berwinden? Was ist der Affe f?r den Menschen? Ein Gel?chter oder eine schmerzliche Scham. Und ebendas soll der Mensch f?r den ?bermenschen sein: ein Gel?chter oder eine schmerzliche Scham. Ihr habt den Weg vorn Wurme zum Menschen gemacht, und vieles ist in euch noch Wurm. Einst wart ihr Affen, und auch jetzt noch ist der Mensch mehr Affe als irgendein Affe. Wer aber der Weiseste von euch ist, der ist auch nur ein Zwiespalt und Zwitter von Pflanze und von Gespenst[4 - der ist auch nur ein Zwiespalt und Zwitter von Pflanze und von Gespenst – нечто двусмысленное и неопределеннодвуполое, нечто среднее между тем, что растет из земли, и обманчивым призраком]. Aber hei?e ich euch zu Gespenstern oder Pflanzen werden? Seht, ich lehre euch den ?bermenschen! Der ?bermensch ist der Sinn der Erde. Euer Wille sage: der ?bermensch sei der Sinn der Erde! Ich beschw?re euch, meine Br?der, bleibt der Erde treu und glaubt denen nicht, welche euch von ?berirdischen Hoffnungen reden! Giftmischer sind es, ob sie es wissen oder nicht. Ver?chter des Lebens sind es, Absterbende und selber Vergiftete, deren die Erde m?de ist: so m?gen sie dahinfahren! Einst war der Frevel an Gott der gr??te Frevel, aber Gott starb, und damit starben auch diese Frevelhaften. An der Erde zu freveln ist jetzt das Furchtbarste, und die Eingeweide des Unerforschlichen h?her zu achten als den Sinn der Erde! Einst blickte die Seele ver?chtlich auf den Leib: und damals war diese Verachtung das H?chste: – sie wollte ihn mager, gr??lich, verhungert. So dachte sie ihm und der Erde zu entschl?pfen. Oh, diese Seele war selber noch mager, gr??lich und verhungert: und Grausamkeit war die Wollust dieser Seele! Aber auch ihr noch, meine Br?der, sprecht mir: was k?ndet euer Leib von eurer Seele? Ist eure Seele nicht Armut und Schmutz und ein erb?rmliches Behagen? Wahrlich, ein schmutziger Strom ist der Mensch. Man mu? schon ein Meer sein, um einen schmutzigen Strom aufnehmen zu k?nnen, ohne unrein zu werden. Seht, ich lehre euch den ?bermenschen: der ist dies Meer, in ihm kann eure gro?e Verachtung untergehn. Was ist das Gr??te, das ihr erleben k?nnt? Das ist die Stunde der gro?en Verachtung. Die Stunde, in der euch auch euer Gl?ck zum Ekel wird und ebenso eure Vernunft und eure Tugend. Die Stunde, wo ihr sagt: »Was liegt an meinem Gl?cke! Es ist Armut und Schmutz und ein erb?rmliches Behagen. Aber mein Gl?ck sollte das Dasein selber rechtfertigen!« Die Stunde, wo ihr sagt: »Was liegt an meiner Vernunft! Begehrt sie nach Wissen wie der L?we nach seiner Nahrung? Sie ist Armut und Schmutz und ein erb?rmliches Behagen!« Die Stunde, wo ihr sagt: »Was liegt an meiner Tugend! Noch hat sie mich nicht rasen gemacht. Wie m?de bin ich meines Guten und meines B?sen! Alles das ist Armut und Schmutz und ein erb?rmliches Behagen!« Die Stunde, wo ihr sagt: »Was liegt an meiner Gerechtigkeit! Ich sehe nicht, da? ich Glut und Kohle w?re. Aber der Gerechte ist Glut und Kohle!« Die Stunde, wo ihr sagt: »Was liegt an meinem Mitleiden! Ist nicht Mitleid das Kreuz, an das der genagelt wird, der die Menschen liebt? Aber mein Mitleiden ist keine Kreuzigung.« Spracht ihr schon so? Schriet ihr schon so? Ach, da? ich euch schon so schreien geh?rt h?tte! Nicht eure S?nde – eure Gen?gsamkeit schreit gen Himmel[5 - eure Gen?gsamkeit schreit gen Himmel – самодовольство ваше вопиет к небу], euer Geiz selbst in eurer S?nde schreit gen Himmel! Wo ist doch der Blitz, der euch mit seiner Zunge lecke? Wo ist der Wahnsinn, mit dem ihr geimpft werden m??tet? Seht, ich lehre euch den ?bermenschen: der ist dieser Blitz, der ist dieser Wahnsinn! — Als Zarathustra so gesprochen hatte, schrie einer aus dem Volke: »Wir h?rten nun genug von dem Seilt?nzer; nun la?t uns ihn auch sehen!« Und alles Volk lachte ?ber Zarathustra. Der Seilt?nzer aber, welcher glaubte, da? das Wort ihm g?lte, machte sich an sein Werk. 4 Zarathustra aber sahe das Volk an und wunderte sich. Dann sprach er also: Der Mensch ist ein Seil, gekn?pft zwischen Tier und ?bermensch – ein Seil ?ber einem Abgrunde. Ein gef?hrliches Hin?ber, ein gef?hrliches Auf-dem-Wege, ein gef?hrliches Zur?ckblicken, ein gef?hrliches Schaudern und Stehenbleiben. Was gro? ist am Menschen, das ist, da? er eine Br?cke und kein Zweck ist: was geliebt werden kann am Menschen, das ist, da? er ein ?bergang und ein Untergang ist. Ich liebe die, welche nicht zu leben wissen, es sei denn als Untergehende, denn es sind die Hin?bergehenden. Ich liebe die gro?en Verachtenden, weil sie die gro?en Verehrenden sind und Pfeile der Sehnsucht nach dem ?ndern Ufer. Ich liebe die, welche nicht erst hinter den Sternen einen Grund suchen, unterzugehen und Opfer zu sein: sondern die sich der Erde opfern, da? die Erde einst des ?bermenschen werde. Ich liebe den, welcher lebt, damit er erkenne, und welcher erkennen will, damit einst der ?bermensch lebe. Und so will er seinen Untergang. Ich liebe den, welcher arbeitet und erfindet, da? er dem ?bermenschen das Haus baue und zu ihm Erde, Tier und Pflanze vorbereite: denn so will er seinen Untergang. Ich liebe den, welcher seine Tugend liebt: denn Tugend ist Wille zum Untergang und ein Pfeil der Sehnsucht. Ich liebe den, welcher nicht einen Tropfen Geist f?r sich zur?ckbeh?lt, sondern ganz der Geist seiner Tugend sein will: so schreitet er als Geist ?ber die Br?cke. Ich liebe den, welcher aus seiner Tugend seinen Hang und sein Verh?ngnis macht: so will er um seiner Tugend willen noch leben und nicht mehr leben. Ich liebe den, welcher nicht zu viele Tugenden haben will. Eine Tugend ist mehr Tugend als zwei, weil sie mehr Knoten ist, an den sich das Verh?ngnis h?ngt. Ich liebe den, dessen Seele sich verschwendet, der nicht Dank haben will und nicht zur?ckgibt: denn er schenkt immer und will sich nicht bewahren. Ich liebe den, welcher sich sch?mt, wenn der W?rfel zu seinem Gl?cke f?llt[6 - wenn der W?rfel zu seinem Gl?cke f?llt – когда счастье сопутствует ему в игре], und der dann fragt: bin ich denn ein falscher Spieler? – denn er will zugrunde gehen. Ich liebe den, welcher goldne Worte seinen Taten vorauswirft[7 - welcher goldne Worte seinen Taten vorauswirft – кто бросает золотые слова впереди дел своих] und immer noch mehr h?lt, als er verspricht: denn er will seinen Untergang. Ich liebe den, welcher die Zuk?nftigen rechtfertigt und die Vergangenen erl?st: denn er will an den Gegenw?rtigen zugrunde gehen. Ich liebe den, welcher seinen Gott z?chtigt, weil er seinen Gott liebt: denn er mu? am Zorne seines Gottes zugrunde gehen. Ich liebe den, dessen Seele tief ist auch in der Verwundung, und der an einem kleinen Erlebnisse zugrunde gehen kann: so geht er gerne ?ber die Br?cke. Ich liebe den, dessen Seele ?bervoll ist, so da? er sich selber vergi?t, und alle Dinge in ihm sind: so werden alle Dinge sein Untergang. Ich liebe den, der freien Geistes und freien Herzens ist: so ist sein Kopf nur das Eingeweide seines Herzens, sein Herz aber treibt ihn zum Untergang. Ich liebe alle die, welche wie schwere Tropfen sind, einzeln fallend aus der dunklen Wolke, die ?ber den Menschen h?ngt: sie verk?ndigen, da? der Blitz kommt, und gehn als Verk?ndiger zugrunde. Seht, ich bin ein Verk?ndiger des Blitzes und ein schwerer Tropfen aus der Wolke: dieser Blitz aber hei?t ?bermensch. — 5 Als Zarathustra diese Worte gesprochen hatte, sahe er wieder das Volk an und schwieg. »Da stehen sie«, sprach er zu seinem Herzen, »da lachen sie: sie verstehen mich nicht, ich bin nicht der Mund f?r diese Ohren. Mu? man ihnen erst die Ohren zerschlagen, da? sie lernen, mit den Augen h?ren? Mu? man rasseln gleich Pauken und Bu?predigern? Oder glauben sie nur dem Stammelnden? Sie haben etwas, worauf sie stolz sind. Wie nennen sie es doch, was sie stolz macht? Bildung nennen sie’s, es zeichnet sie aus vor den Ziegenhirten. Drum h?ren sie ungern von sich das Wort ›Verachtung‹. So will ich denn zu ihrem Stolze reden. So will ich ihnen vom Ver?chtlichsten sprechen: das aber ist der letzte Mensch.« Und also sprach Zarathustra zum Volke: Es ist an der Zeit, da? der Mensch sich sein Ziel stecke. Es ist an der Zeit, da? der Mensch den Keim seiner h?chsten Hoffnung pflanze. Noch ist sein Boden dazu reich genug. Aber dieser Boden wird einst arm und zahm[8 - zahm – бессильный] sein, und kein hoher Baum wird mehr aus ihm wachsen k?nnen. Wehe! Es kommt die Zeit, wo der Mensch nicht mehr den Pfeil seiner Sehnsucht ?ber den Menschen hinauswirft und die Sehne seines Bogens verlernt hat, zu schwirren[9 - die Sehne seines Bogens verlernt hat, zu schwirren – тетива лука его разучится дрожать]! Ich sage euch: man mu? noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern geb?ren zu k?nnen. Ich sage euch: ihr habt noch Chaos in euch. Wehe! Es kommt die Zeit, wo der Mensch keinen Stern mehr geb?ren wird. Wehe! Es kommt die Zeit des ver?chtlichsten Menschen, der sich selber nicht mehr verachten kann. Seht! Ich zeige euch den letzten Menschen. »Was ist Liebe? Was ist Sch?pfung? Was ist Sehnsucht? Was ist Stern?« – so fragt der letzte Mensch und blinzelt. Die Erde ist dann klein geworden, und auf ihr h?pft der letzte Mensch, der alles klein macht. Sein Geschlecht ist unaustilgbar wie der Erdfloh; der letzte Mensch lebt am l?ngsten. »Wir haben das Gl?ck erfunden« – sagen die letzten Menschen und blinzeln. — Sie haben die Gegenden verlassen, wo es hart war zu leben: denn man braucht W?rme. Man liebt noch den Nachbar und reibt sich an ihm: denn man braucht W?rme. Krank-werden und Mi?trauen-haben gilt ihnen s?ndhaft: man geht achtsam einher. Ein Tor, der noch ?ber Steine oder Menschen stol-pert! Ein wenig Gift ab und zu: das macht angenehme Tr?ume. Und viel Gift zuletzt, zu einem angenehmen Sterben. Man arbeitet noch, denn Arbeit ist eine Unterhaltung. Aber man sorgt, da? die Unterhaltung nicht angreife[10 - da? die Unterhaltung nicht angreife – чтобы развлечение это не утомляло их чрезмерно]. Man wird nicht mehr arm und reich: Beides ist zu beschwerlich. Wer will noch regieren? Wer noch gehorchen? Beides ist zu beschwerlich. Kein Hirt und eine Herde! Jeder will das gleiche, jeder ist gleich: wer anders f?hlt, geht freiwillig ins Irrenhaus. »Ehemals war alle Welt irre« – sagen die Feinsten und blinzeln. Man ist klug und wei? alles, was geschehen ist: so hat man kein Ende zu spotten. Man zankt sich noch, aber man vers?hnt sich bald – sonst verdirbt es den Magen. Man hat sein L?stchen f?r den Tag und sein L?stchen f?r die Nacht: aber man ehrt die Gesundheit. »Wir haben das Gl?ck erfunden« – sagen die letzten Menschen und blinzeln. — Und hier endete die erste Rede Zarathustras, welche man auch »die Vorrede« hei?t: denn an dieser Stelle unterbrach ihn das Geschrei und die Lust der Menge. »Gib uns diesen letzten Menschen, o Zarathustra« – so riefen sie – »mache uns zu diesen letzten Menschen! So schenken wir dir den ?bermenschen!« Und alles Volk jubelte und schnalzte mit der Zunge. Zarathustra aber wurde traurig und sagte zu seinem Herzen: »Sie verstehen mich nicht: ich bin nicht der Mund f?r diese Ohren. Zu lange wohl lebte ich im Gebirge, zu viel horchte ich auf B?che und B?ume: nun rede ich ihnen gleich den Ziegenhirten. Unbewegt ist meine Seele und hell wie das Gebirge am Vormittag. Aber sie meinen, ich sei kalt und ein Sp?tter in furchtbaren Spa?en[11 - ich sei kalt und ein Sp?tter in furchtbaren Spa?en – я холодный насмешник и тешусь злыми шутками]. Und nun blicken sie mich an und lachen: und indem sie lachen, hassen sie mich noch. Es ist Eis in ihrem Lachen.« 6 Da aber geschah etwas, das jeden Mund stumm und jedes Auge starr machte. Inzwischen n?mlich hatte der Seilt?nzer sein Werk begonnen: er war aus einer kleinen T?r hinausgetreten und ging ?ber das Seil, welches zwischen zwei T?rmen gespannt war, also, da? es ?ber dem Markte und dem Volke hing. Als er eben in der Mitte seines Weges war, ?ffnete sich die kleine T?r noch einmal, und ein bunter Gesell, einem Possenrei?er gleich, sprang heraus und ging mit schnellen Schritten dem ersten nach. »Vorw?rts, Lahmfu?«, rief seine f?rchterliche Stimme, »vorw?rts Faultier, Schleichh?ndler, Bleichgesicht[12 - vorw?rts Faultier, Schleichh?ndler, Bleichgesicht – вперед, ленивая скотина, контрабандист, набеленная рожа]! Da? ich dich nicht mit meiner Ferse kitzle! Was treibst du hier zwischen T?rmen? In den Turm geh?rst du, einsperren sollte man dich, einem Bessern als du bist, sperrst du die freie Bahn!« – Und mit jedem Worte kam er ihm n?her und n?her: als er aber nur noch einen Schritt hinter ihm war, da geschah das Erschreckliche, das jeden Mund stumm und jedes Auge starr machte: – er stie? ein Geschrei aus wie ein Teufel und sprang ?ber den hinweg, der ihm im Wege war. Dieser aber, als er so seinen Nebenbuhler siegen sah, verlor dabei den Kopf und das Seil; er warf seine Stange weg und scho? schneller als diese, wie ein Wirbel von Armen und Beinen, in die Tiefe. Der Markt und das Volk glich dem Meere, wenn der Sturm hineinf?hrt: Alles floh auseinander und ?bereinander, und am meisten dort, wo der K?rper niederschlagen mu?te. Zarathustra aber blieb stehen, und gerade neben ihn fiel der K?rper hin, ?bel zugerichtet und zerbrochen, aber noch nicht tot. Nach einer Weile kam dem Zerschmetterten das Bewu?tsein zur?ck, und er sah Zarathustra neben sich knien. »Was machst du da?« sagte er endlich, »ich wu?te es lange, da? mir der Teufel ein Bein stellen werde. Nun schleppt er mich zur H?lle: willst du’s ihm wehren?« »Bei meiner Ehre, Freund«, antwortete Zarathustra, »das gibt es alles nicht, wovon du sprichst: es gibt keinen Teufel und keine H?lle. Deine Seele wird noch schneller tot sein als dein Leib: f?rchte nun nichts mehr!« Der Mann blickte mi?trauisch auf. »Wenn du die Wahrheit sprichst«, sagte er dann, »so verliere ich nichts, wenn ich das Leben verliere. Ich bin nicht viel mehr als ein Tier, das man tanzen gelehrt hat, durch Schl?ge und schmale Bissen.« »Nicht doch«, sprach Zarathustra; »du hast aus der Gefahr deinen Beruf gemacht, daran ist nichts zu verachten. Nun gehst du an deinem Beruf zugrunde: daf?r will ich dich mit meinen H?nden begraben.« Als Zarathustra dies gesagt hatte, antwortete der Sterbende nicht mehr; aber er bewegte die Hand, wie als ob er die Hand Zarathustras zum Danke suche. — 7 Inzwischen kam der Abend, und der Markt barg sich in Dunkelheit: da verlief sich das Volk, denn selbst Neugierde und Schrecken werden m?de. Zarathustra aber sa? neben dem Toten auf der Erde und war in Gedanken versunken: so verga? er die Zeit. Endlich aber wurde es Nacht und ein kalter Wind blies ?ber den Einsamen. Da erhob sich Zarathustra und sagte zu seinem Herzen: »Wahrlich, einen sch?nen Fischfang tat heute Zarathustra! Keinen Menschen fing er, wohl aber einen Leichnam. Unheimlich ist das menschliche Dasein und immer noch ohne Sinn: ein Possenrei?er kann ihm zum Verh?ngnis werden. Ich will die Menschen den Sinn ihres Seins lehren: welcher ist der ?bermensch, der Blitz aus der dunklen Wolke Mensch. Aber noch bin ich ihnen ferne, und mein Sinn redet nicht zu ihren Sinnen. Eine Mitte bin ich noch den Menschen zwischen einem Narren und einem Leichnam. Dunkel ist die Nacht, dunkel sind die Wege Zarathustras. Komm, du kalter und steifer Gef?hrte! Ich trage dich dorthin, wo ich dich mit meinen H?nden begrabe.« 8 Als Zarathustra dies zu seinem Herzen gesagt hatte, lud er den Leichnam auf seinen R?cken und machte sich auf den Weg. Und noch nicht war er hundert Schritte gegangen, da schlich ein Mensch an ihn heran und fl?sterte ihm ins Ohr – und siehe! Der, welcher redete, war der Possenrei?er vom Turme. »Geh weg von dieser Stadt, o Zarathustra«, sprach er; »es hassen dich hier zu viele. Es hassen dich die Guten und Gerechten, und sie nennen dich ihren Feind und Ver?chter; es hassen dich die Gl?ubigen des rechten Glaubens, und sie nennen dich die Gefahr der Menge. Dein Gl?ck war es, da? man ?ber dich lachte: und wahrlich, du redetest gleich einem Possenrei?er. Dein Gl?ck war es, da? du dich dem toten Hunde geselltest; als du dich so erniedrigtest, hast du dich selber f?r heute errettet. Geh aber fort aus dieser Stadt – oder morgen springe ich ?ber dich hinweg, ein Lebendiger ?ber einen Toten.« Und als er dies gesagt hatte, verschwand der Mensch; Zarathustra aber ging weiter durch die dunklen Gassen. Am Tore der Stadt begegneten ihm die Totengr?ber: sie leuchteten ihm mit der Fackel ins Gesicht, erkannten Zarathustra und spotteten sehr ?ber ihn. »Zarathustra tr?gt den toten Hund davon: brav, da? Zarathustra zum Totengr?ber wurde! Denn unsere H?nde sind zu reinlich f?r diesen Braten. Will Zarathustra wohl dem Teufel seinen Bissen stehlen[13 - dem Teufel seinen Bissen stehlen – украсть кусок у самого черта]? Nun wohlan! Und gut Gl?ck zur Mahlzeit! Wenn nur nicht der Teufel ein besserer Dieb ist als Zarathustra! – er stiehlt sie beide, er fri?t sie beide!« Und sie lachten miteinander und steckten die K?pfe zusammen[14 - steckten die K?pfe zusammen – шушукались]. Zarathustra sagte dazu kein Wort und ging seines Weges. Als er zwei Stunden gegangen war, an W?ldern und S?mpfen vorbei, da hatte er zuviel das hungrige Geheul der W?lfe geh?rt, und ihm selber kam der Hunger. So blieb er an einem einsamen Hause stehn, in dem ein Licht brannte. »Der Hunger ?berf?llt mich«, sagte Zarathustra, »wie ein R?uber. In W?ldern und S?mpfen ?berf?llt mich mein Hunger und in tiefer Nacht. Wunderliche Launen hat mein Hunger. Oft kommt er mir erst nach der Mahlzeit, und heute kam er den ganzen Tag nicht: wo weilte er doch?«. Und damit schlug Zarathustra an das Tor des Hauses. Ein alter Mann erschien; er trug das Licht und fragte: »Wer kommt zu mir und zu meinem schlimmen Schlafe?« »Ein Lebendiger und ein Toter«, sagte Zarathustra. »Gebt mir zu essen und zu trinken, ich verga? es am Tage. Der, welcher den Hungrigen speiset, erquickt seine eigene Seele: so spricht die Weisheit.« Der Alte ging fort, kam aber gleich zur?ck und bot Zarathustra Brot und Wein. »Eine b?se Gegend ist’s f?r Hungernde«, sagte er; »darum wohne ich hier. Tier und Mensch kommen zu mir, dem Einsiedler. Aber hei?e auch deinen Gef?hrten essen und trinken, er ist m?der als du.« Zarathustra antwortete: »Tot ist mein Gef?hrte, ich werde ihn schwerlich dazu ?berreden.« – »Das geht mich nichts an[15 - Das geht mich nichts an – Что мне за дело]«, sagte der Alte m?rrisch, »wer an meinem Hause anklopft, mu? auch nehmen, was ich ihm biete. E?t und gehabt euch wohl[16 - gehabt euch wohl – прощайте]!« — Darauf ging Zarathustra wieder zwei Stunden und vertraute dem Wege und dem Lichte der Sterne: denn er war ein gewohnter Nachtg?nger und liebte es, allem Schlafenden ins Gesicht zu sehen. Als aber der Morgen graute, fand sich Zarathustra in einem tiefen Walde, und kein Weg zeigte sich ihm mehr. Da legte er den Toten in einen hohlen Baum sich zu H?upten – denn er wollte ihn vor den W?lfen sch?tzen – und sich selber auf den Boden und das Moos. Und alsbald schlief er ein, m?den Leibes, aber mit einer unbewegten Seele. 9 Lange schlief Zarathustra, und nicht nur die Morgenr?te ging ?ber sein Antlitz, sondern auch der Vormittag. Endlich aber tat sein Auge sich auf: verwundert sah Zarathustra in den Wald und die Stille, verwundert sah er in sich hinein. Dann erhob er sich schnell, wie ein Seefahrer, der mit einem Male Land sieht, und jauchzte: denn er sah eine neue Wahrheit. Und also redete er dann zu seinem Herzen: »Ein Licht ging mir auf: Gef?hrten brauche ich und lebendige – nicht tote Gef?hrten und Leichname, die ich mit mir trage, wohin ich will. Sondern lebendige Gef?hrten brauche ich, die mir folgen weil sie sich selber folgen wollen – und dorthin, wohin ich will. Ein Licht ging mir auf: nicht zum Volke rede Zarathustra, sondern zu Gef?hrten! Nicht soll Zarathustra einer Herde Hirt und Hund werden! Viele wegzulocken von der Herde – dazu kam ich. Z?rnen soll mir Volk und Herde: R?uber will Zarathustra den Hirten hei?en. Hirten sage ich, aber sie nennen sich die Guten und Gerechten. Hirten sage ich: aber sie nennen sich die Gl?ubigen des rechten Glaubens. Siehe die Guten und Gerechten! Wen hassen sie am meisten? Den, der zerbricht ihre Tafeln der Werte, den Brecher, den Verbrecher: – das aber ist der Schaffende. Siehe die Gl?ubigen aller Glauben! Wen hassen sie am meisten? Den, der zerbricht ihre Tafeln der Werte, den Brecher, den Verbrecher: – das aber ist der Schaffende. Gef?hrten sucht der Schaffende und nicht Leichname, und auch nicht Herden und Gl?ubige. Die Mitschaffenden sucht der Schaffende, die, welche neue Werte auf neue Tafeln schreiben. Gef?hrten sucht der Schaffende, und Miterntende: denn alles steht bei ihm reif zur Ernte. Aber ihm fehlen die hundert Sicheln: so rauft er ?hren aus und ist ?rgerlich. Gef?hrten sucht der Schaffende, und solche, die ihre Sicheln zu wetzen wissen. Vernichter wird man sie hei?en und Ver?chter des Guten und B?sen. Aber die Erntenden sind es und die Feiernden. Mitschaffende sucht Zarathustra, Miterntende und Mitfeiernde sucht Zarathustra: was hat er mit Herden und Hirten und Leichnamen zu schaffen! Und du, mein erster Gef?hrte, gehab dich wohl! Gut begrub ich dich in deinem hohlen Baume, gut barg ich dich vor den W?lfen. Aber ich scheide von dir, die Zeit ist um. Zwischen Morgenr?te und Morgenr?te kam mir eine neue Wahrheit. Nicht Hirt soll ich sein, nicht Totengr?ber. Nicht reden einmal will ich wieder mit dem Volke; zum letzten Male sprach ich zu einem Toten. Den Schaffenden, den Erntenden, den Feiernden will ich mich zugesellen: den Regenbogen will ich ihnen zeigen und alle die Treppen des ?bermenschen. Den Einsiedlern werde ich mein Lied singen und den Zweisiedlern; und wer noch Ohren hat f?r Unerh?rtes, dem will ich sein Herz schwer machen mit meinem Gl?cke. Zu meinem Ziele will ich, ich gehe meinen Gang; ?ber die Z?gernden und Saumseligen werde ich hinwegspringen. Also sei mein Gang ihr Untergang!« 10 Dies hatte Zarathustra zu seinem Herzen gesprochen, als die Sonne im Mittag stand: da blickte er fragend in die H?he – denn er h?rte ?ber sich den scharfen Ruf eines Vogels. Und siehe! Ein Adler zog in weiten Kreisen durch die Luft, und an ihm hing eine Schlange, nicht einer Beute gleich, sondern einer Freundin: denn sie hielt sich um seinen Hals geringelt. »Es sind meine Tiere!« sagte Zarathustra und freute sich von Herzen. »Das stolzeste Tier unter der Sonne und das kl?gste Tier unter der Sonne – sie sind ausgezogen auf Kundschaft[17 - sie sind ausgezogen auf Kundschaft – отправились они в путь]. Erkunden wollen sie, ob Zarathustra noch lebe. Wahrlich, lebe ich noch? Gef?hrlicher fand ich’s unter Menschen als unter Tieren, gef?hrliche Wege geht Zarathustra. M?gen mich meine Tiere f?hren!« Als Zarathustra dies gesagt hatte, gedachte er der Worte des Heiligen im Walde, seufzte und sprach also zu seinem Herzen: »M?chte ich kl?ger sein! M?chte ich klug von Grund aus sein gleich meiner Schlange! Aber Unm?gliches bitte ich da: so bitte ich denn meinen Stolz, da? er immer mit meiner Klugheit gehe! Und wenn mich einst meine Klugheit verl??t: – ach, sie liebt es, davonzufliegen! – m?ge mein Stolz dann noch mit meiner Torheit fliegen!« — Also begann Zarathustras Untergang. Die Reden Zarathustras Von den Drei Verwandlungen Drei Verwandlungen nenne ich euch des Geistes: wie der Geist zum Kamele wird, und zum L?wen das Kamel, und zum Kinde zuletzt der L?we. Vieles Schwere gibt es dem Geiste, dem starken, tragsamen Geiste, dem Ehrfurcht innewohnt: nach dem Schweren und Schwersten verlangt seine St?rke. Was ist schwer, so fragte der tragsame Geist, so kniet er nieder, dem Kamele gleich, und will gut beladen sein. Was ist das Schwerste, ihr Helden? so fragt der tragsame Geist, da? ich es auf mich nehme und meiner St?rke froh werde. Ist es nicht das: sich erniedrigen, um seinem Hochmut wehe zu tun? Seine Torheit leuchten lassen, um seiner Weisheit zu spotten? Oder ist es das: von unserer Sache scheiden, wenn sie ihren Sieg feiert? Auf hohe Berge steigen, um den Versucher zu versuchen? Oder ist es das: sich von Eicheln und Gras der Erkenntnis n?hren und um der Wahrheit willen an der Seele Hunger leiden? Oder ist es das: krank sein und die Tr?ster heimschicken und mit Tauben Freundschaft schlie?en, die niemals h?ren, was du willst? Oder ist es das: in schmutziges Wasser steigen, wenn es das Wasser der Wahrheit ist, und kalte Fr?sche und hei?e Kr?ten nicht von sich weisen? Oder ist es das: die lieben, die uns verachten, und dem Gespenste die Hand reichen, wenn es uns f?rchten machen will? Alles dies Schwerste nimmt der tragsame Geist auf sich: dem Kamele gleich, das beladen in die W?ste eilt, also eilt er in seine W?ste. Aber in der einsamsten W?ste geschieht die zweite Verwandlung: zum L?wen wird hier der Geist, Freiheit will er sich erbeuten und Herr sein in seiner eignen W?ste. Seinen letzten Herrn sucht er sich hier: feind will er ihm werden und seinem letzten Gotte, um Sieg will er mit dem gro?en Drachen ringen. Welches ist der gro?e Drache, den der Geist nicht mehr Herr und Gott hei?en mag? »Du-sollst« hei?t der gro?e Drache. Aber der Geist des L?wen sagt »ich will«. »Du-sollst« liegt ihm am Wege, goldfunkelnd, ein Schuppentier, und auf jeder Schuppe gl?nzt golden »Du sollst!« Tausendj?hrige Werte gl?nzen an diesen Schuppen, und also spricht der m?chtigste aller Drachen: »aller Wert der Dinge – der gl?nzt an mir.« »Aller Wert ward schon geschaffen, und aller geschaffene Wert – das bin ich. Wahrlich, es soll kein ›Ich will‹ mehr geben!« Also spricht der Drache. Meine Br?der, wozu bedarf es des L?wen im Geiste? Was gen?gt nicht das lastbare Tier, das entsagt und ehrf?rchtig ist? Neue Werte schaffen – das vermag auch der L?we noch nicht: aber Freiheit sich schaffen zu neuem Schaffen – das vermag die Macht des L?wen. Freiheit sich schaffen und ein heiliges Nein auch vor der Pflicht: dazu, meine Br?der, bedarf es des L?wen. Recht sich nehmen zu neuen Werten – das ist das furchtbarste Nehmen f?r einen tragsamen und ehrf?rchtigen Geist. Wahrlich, ein Rauben ist es ihm und eines raubenden Tieres Sache[18 - ein Rauben ist es ihm und eines raubenden Tieres Sache – грабежом, достойным хищного зверя, кажется ему все это]. Als sein Heiligstes liebte er einst das »Du-sollst«: nun mu? er Wahn und Willk?r auch noch im Heiligsten finden, da? er sich Freiheit raube von seiner Liebe: des L?wen bedarf es zu diesem Raube. Aber sagt, meine Br?der, was vermag noch das Kind, das auch der L?we nicht vermochte? Was mu? der raubende L?we auch noch zum Kinde werden? Unschuld ist das Kind und Vergessen, ein Neubeginnen, ein Spiel, ein aus sich rollendes Rad, eine erste Bewegung, ein heiliges Ja-sagen. Ja, zum Spiele des Schaffens, meine Br?der, bedarf es eines heiligen Ja-sagens: seinen Willen will nun der Geist, seine Welt gewinnt sich der Weltverlorene. Drei Verwandlungen nannte ich euch des Geistes: wie der Geist zum Kamele ward, und zum L?wen das Kamel, und der L?we zuletzt zum Kinde. — Also sprach Zarathustra. Und damals weilte er in der Stadt, welche genannt wird: die bunte Kuh. Von den Lehrst?hlen der Tugend Man r?hmte Zarathustra einen Weisen, der gut vom Schlafe und von der Tugend zu reden wisse: sehr werde er geehrt und gelohnt daf?r, und alle J?nglinge s??en vor seinem Lehrstuhle. Zu ihm ging Zarathustra, und mit allen J?nglingen sa? er vor seinem Lehrstuhle. Und also sprach der Weise: Ehre und Scham vor dem Schlafe! Das ist das Erste! Und allen aus dem Wege gehn[19 - allen aus dem Wege gehn – сторонитесь всех], die schlecht schlafen und nachts wachen! Schamhaft ist noch der Dieb vor dem Schlafe: stets stiehlt er sich leise durch die Nacht. Schamlos aber ist der W?chter der Nacht, schamlos tr?gt er sein Horn. Keine geringe Kunst ist schlafen: es tut schon not[20 - es tut schon not – ведь для этого необходимо], den ganzen Tag darauf hin zu wachen. Zehnmal mu?t du des Tages dich selber ?berwinden: das macht eine gute M?digkeit und ist Mohn der Seele. Zehnmal mu?t du dich wieder mit dir selber vers?hnen; denn ?berwindung ist Bitternis, und schlecht schl?ft der Unvers?hnte. Zehn Wahrheiten mu?t du des Tages finden: sonst suchst du noch des Nachts nach Wahrheit, und deine Seele blieb hungrig. Zehnmal mu?t du lachen am Tage und heiter sein: sonst st?rt dich der Magen in der Nacht, dieser Vater der Tr?bsal. Wenige wissen das: aber man mu? alle Tugenden haben, um gut zu schlafen. Werde ich falsch Zeugnis reden? Werde ich ehebrechen? Werde ich mich gel?sten lassen meines N?chsten Magd? Das alles vertr?ge sich schlecht mit gutem Schlafe. Und selbst wenn man alle Tugenden hat, mu? man sich noch auf eins verstehen[21 - mu? man sich noch auf eins verstehen – не забывай вот о чем]: selber die Tugenden zur rechten Zeit schlafen schicken. Da? sie sich nicht miteinander zanken, die artigen Weiblein! Und ?ber dich, du Ungl?ckseliger! Friede mit Gott und dem Nachbar: so will es der gute Schlaf. Und Friede auch noch mit des Nachbars Teufel! Sonst geht er bei dir des Nachts um. Ehre der Obrigkeit und Gehorsam, und auch der krummen Obrigkeit! So will es der gute Schlaf. Was kann ich daf?r, da? die Macht gerne auf krummen Beinen wandelt? Der soll mir immer der beste Hirt hei?en, der sein Schaf auf die gr?nste Aue f?hrt: so vertr?gt es sich mit gutem Schlafe. Viel Ehren will ich nicht, noch gro?e Sch?tze: das entz?ndet die Milz. Aber schlecht schl?ft es sich ohne einen guten Namen und einen kleinen Schatz. Eine kleine Gesellschaft ist mir willkommener als eine b?se: doch mu? sie gehn und kommen zur rechten Zeit. So vertr?gt es sich mit gutem Schlafe. Sehr gefallen mir auch die Geistig-Armen: sie f?rdern den Schlaf. Selig sind die, sonderlich, wenn man ihnen immer recht gibt. Also l?uft der Tag dem Tugendsamen. Kommt nun die Nacht, so h?te ich mich wohl, den Schlaf zu rufen! Nicht will er gerufen sein, der Schlaf, der der Herr der Tugenden ist! Sondern ich denke, was ich des Tages getan und gedacht. Wiederk?uend frage ich mich, geduldsam gleich einer Kuh: welches waren doch deine zehn ?berwindungen? Und welches waren die zehn Vers?hnungen und die zehn Wahrheiten und die zehn Gel?chter, mit denen sich mein Herz g?tlich tat? Solcherlei erw?gend und gewiegt von vierzig Gedanken, ?berf?llt mich auf einmal der Schlaf, der Ungerufene, der Herr der Tugenden. Der Schlaf klopft mir auf mein Auge: da wird es schwer. Der Schlaf ber?hrt mir den Mund: da bleibt er offen. Wahrlich, auf weichen Sohlen kommt er mir, der liebste der Diebe, und stiehlt mir meine Gedanken: dumm stehe ich da wie dieser Lehrstuhl. Aber nicht lange mehr stehe ich dann: da liege ich schon. — Als Zarathustra den Weisen also sprechen h?rte, lachte er bei sich im Herzen: denn ihm war dabei ein Licht aufgegangen. Und also sprach er zu seinem Herzen: Ein Narr ist mir dieser Weise da mit seinen vierzig Gedanken: aber ich glaube, da? er sich wohl auf das Schlafen versteht. Gl?cklich schon, wer in der N?he dieses Weisen wohnt! Solch ein Schlaf steckt an, noch durch eine dicke Wand hindurch steckt er an. Ein Zauber wohnt selbst in seinem Lehrstuhle. Und nicht vergebens sa?en die J?nglinge vor dem Prediger der Tugend. Seine Weisheit hei?t: wachen, um gut zu schlafen. Und wahrlich, h?tte das Leben keinen Sinn und m??te ich Unsinn w?hlen, so w?re auch mir dies der w?hlensw?rdigste Unsinn[22 - so w?re auch mir dies der w?hlensw?rdigste Unsinn – тогда и мне его мудрость показалась бы наиболее достойной выбора]. Jetzo verstehe ich klar, was einst man vor allem suchte, wenn man Lehrer der Tugend suchte. Guten Schlaf suchte man sich und mohnblumige Tugenden dazu! Allen diesen gelobten Weisen der Lehrst?hle war Weisheit der Schlaf ohne Tr?ume: sie kannten keinen bessern Sinn des Lebens. Auch noch heute wohl gibt es einige, wie diesen Prediger der Tugend, und nicht immer so Ehrliche: aber ihre Zeit ist um. Und nicht mehr lange stehen sie noch: da liegen sie schon. Selig sind die Schl?frigen: denn sie sollen bald einnicken. — Also sprach Zarathustra. Von den Hinterweltlern Einst warf auch Zarathustra seinen Wahn jenseits des Menschen, gleich allen Hinterweltlern. Eines leidenden und zerqu?lten Gottes Werk schien mir da die Welt. Traum schien mir da die Welt, und Dichtung eines Gottes; farbiger Rauch vor den Augen eines g?ttlich Unzufriednen. Gut und B?se und Lust und Leid und Ich und Dufarbiger Rauch d?nkte mich’s vor sch?pferischen Augen. Wegsehn wollte der Sch?pfer von sich – da schuf er die Welt. Trunkne Lust ist’s dem Leidenden, wegzusehn von seinem Leiden und sich zu verlieren. Trunkne Lust und Selbst-sich-Verlieren d?nkte mich einst die Welt. Diese Welt, die ewig unvollkommene, eines ewigen Widerspruches Abbild und unvollkommnes Abbild – eine trunkne Lust ihrem unvollkommnen Sch?pfer: – also d?nkte mich einst die Welt. Also warf auch ich einst meinen Wahn jenseits des Menschen, gleich allen Hinterweltlern. Jenseits des Menschen in Wahrheit? Ach, ihr Br?der, dieser Gott, den ich schuf, war Menschen-Werk und -Wahnsinn, gleich allen G?ttern! Mensch war er, und nur ein armes St?ck Mensch und Ich: aus der eigenen Asche und Glut kam es mir, dieses Gespenst, und wahrlich! Nicht kam es mir von jenseits! Was geschah, meine Br?der? Ich ?berwand mich, den Leidenden, ich trug meine eigne Asche zu Berge, eine hellere Flamme erfand ich mir. Und siehe! Da wich das Gespenst von mir! Leiden w?re es mir jetzt und Qual dem Genesenen, solche Gespenster zu glauben: Leiden w?re es mir jetzt und Erniedrigung. Also rede ich zu den Hinterweltlern. Leiden war’s und Unverm?gen – das schuf alle Hinterwelten; und jener kurze Wahnsinn des Gl?cks, den nur der Leidendste erf?hrt. M?digkeit, die mit einem Sprunge zum Letzten will, mit einem Todessprunge, eine arme, unwissende M?digkeit, die nicht einmal mehr wollen will: die schuf alle G?tter und Hinterwelten. Glaubt es mir, meine Br?der! Der Leib war’s, der an Leibe verzweifelte – der tastete mit den Fingern des bet?rten Geistes an die letzten W?nde. Glaubt es mir, meine Br?der! Der Leib war’s, der an der Erde verzweifelte – der h?rte den Bauch des Seins zu sich reden. Und da wollte er mit dem Kopfe durch die letzten W?nde, und nicht nur mit dem Kopfe – hin?ber zu »jener Welt«. Aber »jene Welt« ist gut verborgen vor dem Menschen, jene entmenschte unmenschliche Welt, die ein himmlisches Nichts ist; und der Bauch des Seins redet gar nicht zum Menschen, es sei denn als Mensch. Wahrlich, schwer zu beweisen ist alles Sein und schwer zum Reden zu bringen. Sagt mir, ihr Br?der, ist nicht das Wunderlichste aller Dinge noch am besten bewiesen? Ja, dies Ich und des Ichs Widerspruch und Wirrsal redet noch am redlichsten von seinem Sein, dieses schaffende, wollende, wertende Ich, welches das Ma? und der Wert der Dinge ist. Und dies redlichste Sein, das Ich – das redet vom Leibe, und es will noch den Leib, selbst wenn es dichtet und schw?rmt und mit zerbrochnen Fl?geln flattert. Immer redlicher lernt es reden, das Ich: und je mehr es lernt, um so mehr findet es Worte und Ehren f?r Leib und Erde. Einen neuen Stolz lehrte mich mein Ich, den lehre ich die Menschen: nicht mehr den Kopf in den Sand der himmlischen Dinge zu stecken, sondern frei ihn zu tragen, einen Erden-Kopf, der der Erde Sinn schaft! Einen neuen Willen lehre ich die Menschen: diesen Weg wollen, den blindlings der Mensch gegangen, und gut ihn hei?en und nicht mehr von ihm beiseite schleichen, gleich den Kranken und Absterbenden! Kranke und Absterbende waren es, die verachteten Leib und Erde und erfanden das Himmlische und die erl?senden Blutstropfen: aber auch noch diese s??en und d?stern Gifte nahmen sie von Leib und Erde! Ihrem Elende wollten sie entlaufen, und die Sterne waren ihnen zu weit. Da seufzten sie: »O da? es doch himmlische Wege g?be, sich in ein andres Sein und Gl?ck zu schleichen!« – da erfanden sie sich ihre Schliche und blutigen Tr?nklein[23 - blutigen Tr?nklein – кровавое питье]! Ihrem Leibe und dieser Erde nun entr?ckt w?hnten sie sich[24 - Ihrem Leibe und dieser Erde nun entr?ckt w?hnten sie sich – Они возомнили, что сумели отречься от тела и от земли], diese Undankbaren. Doch wem dankten sie ihrer Entr?ckung Krampf und Wonne? Ihrem Leibe und dieser Erde. Milde ist Zarathustra den Kranken. Wahrlich, er z?rnt nicht ihren Arten des Trostes und Undanks. M?gen sie Genesende werden und ?berwindende und einen h?heren Leib sich schaffen! Nicht auch z?rnt Zarathustra dem Genesenden, wenn er z?rtlich nach seinem Wahne blickt und mitternachts um das Grab seines Gottes schleicht: aber Krankheit und kranker Leib bleiben mir auch seine Tr?nen noch. Vieles krankhafte Volk gab es immer unter denen, welche dichten und gotts?chtig sind; w?tend hassen sie den Erkennenden und jene j?ngste der Tugenden, welche hei?t: Redlichkeit. R?ckw?rts blicken sie immer nach dunklen Zeiten: da freilich war Wahn und Glaube ein ander Ding; Raserei der Vernunft war Gott?hnlichkeit, und Zweifel S?nde. Allzu gut kenne ich diese Gott?hnlichen: sie wollen, da? an sie geglaubt werde und Zweifel S?nde sei. Allzu gut wei? ich auch, woran sie selber am besten glauben. Wahrlich nicht an Hinterwelten und erl?sende Blutstropfen: sondern an den Leib glauben auch sie am besten, und ihr eigener Leib ist ihnen ihr Ding an sich. Aber ein krankhaftes Ding ist er ihnen: und gerne m?chten sie aus der Haut fahren[25 - aus der Haut fahren – сбросить кожу] . Darum horchen sie nach den Predigern des Todes und predigen selber Hinterwelten. H?rt mir lieber, meine Br?der, auf die Stimme des gesunden Leibes: eine redlichere und reinere Stimme ist dies. Redlicher redet und reiner der gesunde Leib, der vollkommene und rechtwinklige: und er redet vom Sinn der Erde. — Also sprach Zarathustra. Von den Ver?chtern des Leibes Den Ver?chtern des Leibes will ich mein Wort sagen. Nicht umlernen und umlehren sollen sie mir, sondern nur ihrem eignen Leibe Lebewohl sagen – und also stumm werden. »Leib bin ich und Seele« – so redet das Kind. Und warum sollte man nicht wie die Kinder reden? Aber der Erwachte, der Wissende sagt: Leib bin ich ganz und gar, und nichts au?erdem; und Seele ist nur ein Wort f?r ein Etwas am Leibe. Der Leib ist eine gro?e Vernunft, eine Vielheit mit einem Sinn, ein Krieg und ein Frieden, eine Herde und ein Hirt. Werkzeug deines Leibes ist auch deine kleine Vernunft, mein Bruder, die du »Geist« nennst, ein kleines Werk- und Spielzeug deiner gro?en Vernunft. »Ich« sagst du und bist stolz auf dies Wort. Aber das Gr??ere ist – woran du nicht glauben willst – dein Leib und seine gro?e Vernunft: die sagt nicht Ich, aber tut Ich. Was der Sinn f?hlt, was der Geist erkennt, das hat niemals in sich sein Ende. Aber Sinn und Geist m?chten dich ?berreden, sie seien aller Dinge Ende: so eitel sind sie. Werk- und Spielzeuge sind Sinn und Geist: hinter ihnen liegt noch das Selbst. Das Selbst sucht auch mit den Augen der Sinne, es horcht auch mit den Ohren des Geistes. Immer horcht das Selbst und sucht: es vergleicht, bezwingt, erobert, zerst?rt. Es herrscht und ist auch des Ichs Beherrscher. Hinter deinen Gedanken und Gef?hlen, mein Bruder, steht ein m?chtiger Gebieter, ein unbekannter Weiser – der hei?t Selbst. In deinem Leibe wohnt er, dein Leib ist er. Es ist mehr Vernunft in deinem Leibe als in deiner besten Weisheit. Und wer wei? denn, wozu dein Leib gerade deine beste Weisheit n?tig hat? Dein Selbst lacht ?ber dein Ich und seine stolzen Spr?nge. »Was sind mir diese Spr?nge und Fl?ge des Gedankens? sagt es sich. Ein Umweg zu meinem Zwecke. Ich bin das G?ngelband des Ichs und der Einbl?ser seiner Begriffe[26 - Ich bin das G?ngelband des Ichs und der Einbl?ser seiner Begriffe – Я служу помочами для “я” и внушаю ему понятия его].« Das Selbst sagt zum Ich: »Hier f?hle Schmerz!« Und da leidet es und denkt nach, wie es nicht mehr leide – und dazu eben soll es denken. Das Selbst sagt zum Ich: »Hier f?hle Lust!« Da freut es sich und denkt nach, wie es noch oft sich freue – und dazu eben soll es denken. Den Ver?chtern des Leibes will ich ein Wort sagen. Da? sie verachten, das macht ihr Achten. Was ist es, das Achten und Verachten und Wert und Willen schuf? Das schaffende Selbst schuf sich Achten und Verachten, es schuf sich Lust und Weh. Der schaffende Leib schuf sich den Geist als eine Hand seines Willens. Noch in eurer Torheit und Verachtung, ihr Ver?chter des Leibes, dient ihr eurem Selbst. Ich sage euch: euer Selbst selber will sterben und kehrt sich vom Leben ab. Nicht mehr vermag es das, was es am liebsten will: ?ber sich hinaus zu schaffen. Das will es am liebsten, das ist seine ganze Inbrunst. Aber zu sp?t ward es ihm jetzt daf?r: – so will euer Selbst untergehn, ihr Ver?chter des Leibes. Untergehn will euer Selbst, und darum wurdet ihr zu Ver?chtern des Leibes! Denn nicht mehr verm?gt ihr ?ber euch hinaus zu schaffen. Und darum z?rnt ihr nun dem Leben und der Erde. Ein ungewu?ter Neid ist im scheelen Blick eurer Verachtung. Ich gehe nicht euren Weg, ihr Ver?chter des Leibes! Ihr seid mir keine Br?cken zum ?bermenschen! — Also sprach Zarathustra. Von den Freudenund Leidenschaften Mein Bruder, wenn du eine Tugend hast und es deine Tugend ist, so hast du sie mit niemandem gemeinsam. Freilich, du willst sie bei Namen nennen und liebkosen; du willst sie am Ohre zupfen und Kurzweil mit ihr treiben[27 - Kurzweil mit ihr treiben – быть с ней на короткой ноге]. Und siehe! Nun hast du ihren Namen mit dem Volke gemeinsam und bist Volk und Herde geworden mit deiner Tugend! Besser t?test du, zu sagen: »Unaussprechbar ist und namenlos, was meiner Seele Qual und S??e macht und auch noch der Hunger meiner Eingeweide ist.« Deine Tugend sei zu hoch f?r die Vertraulichkeit der Namen: und mu?t du von ihr reden, so sch?me dich nicht, von ihr zu stammeln. So sprich und stammle: »Das ist mein Gutes, das liebe ich, so gef?llt es mir ganz, so allein will ich das Gute. Nicht will ich es als eines Gottes Gesetz, nicht will ich es als eine Menschen-Satzung und -Notdurft: kein Wegweiser sei es mir f?r ?ber-Erden und Paradiese[28 - kein Wegweiser sei es mir f?r ?ber-Erden und Paradiese – не нужен мне путеводитель на небо, в рай]. Eine irdische Tugend ist es, die ich liebe: wenig Klugheit ist darin, und am wenigsten die Vernunft aller. Aber dieser Vogel baute bei mir sich das Nest: darum liebe und herze ich ihn – nun sitzt er bei mir auf seinen goldnen Eiern.« So sollst du stammeln und deine Tugend loben. Einst hattest du Leidenschaften und nanntest sie b?se. Aber jetzt hast du nur noch deine Tugenden: die wuchsen aus deinen Leidenschaften. Du legtest dein h?chstes Ziel diesen Leidenschaften ans Herz: da wurden sie deine Tugenden und Freudenschaften. Und ob du aus dem Geschlechte der J?hzornigen w?rest oder aus dem der Woll?stigen oder der Glaubens-W?tigen oder der Rachs?chtigen: Am Ende wurden alle deine Leidenschaften zu Tugenden und alle deine Teufel zu Engeln. Einst hattest du wilde Hunde in deinem Keller: aber am Ende verwandelten sie sich zu V?geln und lieblichen S?ngerinnen. Aus deinen Giften brautest du dir deinen Balsam; deine Kuh Tr?bsal melktest du – nun trinkst du die s??e Milch ihres Euters. Und nichts B?ses w?chst mehr f?rderhin aus dir, es sei denn das B?se, das aus dem Kampfe deiner Tugenden w?chst. Mein Bruder, wenn du Gl?ck hast, so hast du eine Tugend und nicht mehr: so gehst du leichter ?ber die Br?cke. Auszeichnend ist es, viele Tugenden zu haben, aber ein schweres Los; und mancher ging in die W?ste und t?tete sich, weil er m?de war, Schlacht und Schlachtfeld von Tugenden zu sein. Mein Bruder, ist Krieg und Schlacht b?se? Aber notwendig ist dies B?se, notwendig ist der Neid und das Mi?trauen und die Verleumdung unter deinen Tugenden. Siehe, wie jede deiner Tugenden begehrlich ist nach dem H?chsten: sie will deinen ganzen Geist, da? er ihr Herold sei, sie will deine ganze Kraft in Zorn, Ha? und Liebe. Eifers?chtig ist jede Tugend auf die andre, und ein furchtbares Ding ist Eifersucht. Auch Tugenden k?nnen an der Eifersucht zugrunde gehn. Wen die Flamme der Eifersucht umringt, der wendet zuletzt, gleich dem Skorpione, gegen sich selber den vergifteten Stachel. Ach, mein Bruder, sahst du noch nie eine Tugend sich selber verleumden und erstechen? Der Mensch ist etwas, das ?berwunden werden mu?: und darum sollst du deine Tugenden lieben —: denn du wirst an ihnen zugrunde gehn. — Also sprach Zarathustra. Vom Bleichen Verbrecher Ihr wollt nicht t?ten, ihr Richter und Opferer, bevor das Tier nicht genickt hat? Seht, der bleiche Verbrecher hat genickt: aus seinem Auge redet die gro?e Verachtung. »Mein Ich ist etwas, das ?berwunden werden soll: mein Ich ist mir die gro?e Verachtung des Menschen«: so redet es aus diesem Auge. Da? er sich selber richtete, war sein h?chster Augenblick: la?t den Erhabenen nicht wieder zur?ck in sein Niederes[29 - la?t den Erhabenen nicht wieder zur?ck in sein Niederes – не дайте же возвысившемуся снова пасть]! Es gibt keine Erl?sung f?r den, der so an sich selber leidet, es sei denn der schnelle Tod. Euer T?ten, ihr Richter, soll ein Mitleid sein und keine Rache. Und indem ihr t?tet, seht zu, da? ihr selber das Leben rechtfertiget! Es ist nicht genug, da? ihr euch mit dem vers?hnt, den ihr t?tet. Eure Traurigkeit sei Liebe zum ?bermenschen: so rechtfertigt ihr euer Noch-Leben! »Feind« sollt ihr sagen, aber nicht »B?sewicht«; »Kranker« sollt ihr sagen, aber nicht »Schuft«; »Tor« sollt ihr sagen, aber nicht »S?nder«. Und du, roter Richter, wenn du laut sagen wolltest, was du alles schon in Gedanken getan hast: so w?rde jedermann schreien: »Weg mit diesem Unflat und Giftwurm!« Aber ein anderes ist der Gedanke, ein anderes die Tat, ein anderes das Bild der Tat. Das Rad des Grundes rollt nicht zwischen ihnen. Ein Bild machte diesen bleichen Menschen bleich. Gleichw?chsig war er seiner Tat[30 - Gleichw?chsig war er seiner Tat – На равных был он с делом своим], als er sie tat: aber ihr Bild ertrug er nicht, als sie getan war. Immer sah er sich nun als einer Tat T?ter. Wahnsinn hei?e ich dies: die Ausnahme verkehrte sich ihm zum Wesen. Der Strich bannt die Henne; der Streich, den er f?hrte, bannte seine arme Vernunft – den Wahnsinn nach der Tat hei?e ich dies. H?rt, ihr Richter! Einen anderen Wahnsinn gibt es noch: und der ist vor der Tat. Ach, ihr krocht mir nicht tief genug in diese Seele! So spricht der rote Richter: »Was mordete doch dieser Verbrecher? Er wollte rauben.« Aber ich sage euch: seine Seele wollte Blut, nicht Raub: er d?rstete nach dem Gl?ck des Messers! Seine arme Vernunft aber begriff diesen Wahnsinn nicht und ?berredete ihn. »Was liegt an Blut!« sprach sie; »willst du nicht zum mindesten einen Raub dabei machen? Eine Rache nehmen?« Und er horchte auf seine arme Vernunft: wie Blei lag ihre Rede auf ihm – da raubte er, als er mordete. Er wollte sich nicht seines Wahnsinns sch?men. Und nun wieder liegt das Blei seiner Schuld auf ihm[31 - liegt das Blei seiner Schuld auf ihm – свинцовым грузом легла на него вина], und wieder ist seine arme Vernunft so steif, so gel?hmt, so schwer. Wenn er nur den Kopf sch?tteln k?nnte, so w?rde seine Last herabrollen: aber wer sch?ttelt diesen Kopf? Was ist dieser Mensch? Ein Haufen von Krankheiten, welche durch den Geist in die Welt hinausgreifen: da wollen sie ihre Beute machen. Was ist dieser Mensch? Ein Kn?uel wilder Schlangen, welche selten beieinander Ruhe haben – da gehen sie f?r sich fort und suchen Beute in der Welt. Seht diesen armen Leib! Was er litt und begehrte, das deutete sich diese arme Seele – sie deutete es als m?rderische Lust und Gier nach dem Gl?ck des Messers. Wer jetzt krank wird, den ?berf?llt das B?se, das jetzt b?se ist: wehe will er tun, mit dem, was ihm wehe tut. Aber es gab andre Zeiten und ein andres B?ses und Gutes. Einst war der Zweifel b?se und der Wille zum Selbst. Damals wurde der Kranke zum Ketzer und zur Hexe: als Ketzer und Hexe litt er und wollte leiden machen. Aber dies will nicht in eure Ohren[32 - Aber dies will nicht in eure Ohren – Но это не вмещается в ваши уши]: euren Guten schade es, sagt ihr mir. Aber was liegt mir an euren Guten! Vieles an euren Guten macht mir Ekel, und wahrlich nicht ihr B?ses. Wollte ich doch, sie h?tten einen Wahnsinn, an dem sie zugrunde gingen, gleich diesem bleichen Verbrecher! Wahrlich, ich wollte, ihr Wahnsinn hie?e Wahrheit oder Treue oder Gerechtigkeit: aber sie haben ihre Tugend, um lange zu leben, und in einem erb?rmlichen Behagen. Ich bin ein Gel?nder am Strome: fasse mich, wer mich fassen kann! Eure Kr?cke aber bin ich nicht. — Also sprach Zarathustra. Vom Lesen und Schreiben Von allem Geschriebenen liebe ich nur das, was einer mit seinem Blute schreibt. Schreibe mit Blut: und du wirst erfahren, da? Blut Geist ist. Es ist nicht leicht m?glich, fremdes Blut zu verstehen: ich hasse die lesenden M??igg?nger. Wer den Leser kennt, der tut nichts mehr f?r den Leser. Noch ein Jahrhundert Leser – und der Geist selber wird stinken. Da? jedermann lesen lernen darf, verdirbt auf die Dauer nicht allein das Schreiben, sondern auch das Denken. Einst war der Geist Gott, dann wurde er zum Menschen, und jetzt wird er gar noch P?bel. Wer in Blut und Spr?chen schreibt, der will nicht gelesen, sondern auswendig gelernt werden. Im Gebirge ist der n?chste Weg von Gipfel zu Gipfel: aber dazu mu?t du lange Beine haben. Spr?che sollen Gipfel sein: und die, zu denen gesprochen wird, Gro?e und Hochw?chsige. Die Luft d?nn und rein, die Gefahr nahe und der Geist voll einer fr?hlichen Bosheit: so pa?t es gut zueinander. Ich will Kobolde um mich haben, denn ich bin mutig. Mut, der die Gespenster verscheucht, schaft sich selber Kobolde – der Mut will lachen. Ich empfinde nicht mehr mit euch: diese Wolke, die ich unter mir sehe, diese Schw?rze und Schwere, ?ber die ich lache – gerade das ist eure Gewitterwolke. Ihr seht nach oben, wenn ihr nach Erhebung verlangt. Und ich sehe hinab, weil ich erhoben bin. Wer von euch kann zugleich lachen und erhoben sein? Wer auf den h?chsten Bergen steigt, der lacht ?ber alle Trauer-Spiele und Trauer-Ernste. Mutig, unbek?mmert, sp?ttisch, gewaltt?tig – so will uns die Weisheit: sie ist ein Weib und liebt immer nur einen Kriegsmann. Ihr sagt mir: »Das Leben ist schwer zu tragen«. Aber wozu h?ttet ihr vormittags euren Stolz und abends eure Ergebung? Das Leben ist schwer zu tragen: aber so tut mir doch nicht so z?rtlich! Wir sind allesamt h?bsche lastbare Esel und Eselinnen. Was haben wir gemein mit der Rosenknospe, welche zittert, weil ihr ein Tropfen Tau auf dem Leibe liegt? Es ist wahr: wir lieben das Leben, nicht, weil wir ans Leben, sondern weil wir ans Lieben gew?hnt sind. Es ist immer etwas Wahnsinn in der Liebe. Es ist aber immer auch etwas Vernunft im Wahnsinn. Und auch mir, der ich dem Leben gut bin, scheinen Schmetterlinge und Seifenblasen und was ihrer Art unter Menschen ist, am meisten vom Gl?cke zu wissen. Diese leichten t?richten zierlichen beweglichen Seelchen flattern zu sehen – das verf?hrt Zarathustra zu Tr?nen und Liedern. Ich w?rde nur an einen Gott glauben, der zu tanzen verst?nde. Und als ich meinen Teufel sah, da fand ich ihn ernst, gr?ndlich, tief, feierlich: es war der Geist der Schwere – durch ihn fallen alle Dinge. Nicht durch Zorn, sondern durch Lachen t?tet man. Auf[33 - Auf – Вставайте же], la?t uns den Geist der Schwere t?ten! Ich habe gehen gelernt: seitdem lasse ich mich laufen. Ich habe fliegen gelernt: seitdem will ich nicht erst gesto?en sein, um von der Stelle zu kommen[34 - seitdem will ich nicht erst gesto?en sein, um von der Stelle zu kommen – с тех пор я не нуждаюсь в толчках, чтобы сдвинуться с места]. Jetzt bin ich leicht, jetzt fliege ich, jetzt sehe ich mich unter mir, jetzt tanzt ein Gott durch mich. — Also sprach Zarathustra. Vom Baum am Berge Zarathustras Auge hatte gesehn, da? ein J?ngling ihm auswich. Und als er eines Abends allein durch die Berge ging, welche die Stadt umschlie?en, die genannt wird »Die bunte Kuh«: siehe: da fand er im Gehen diesen J?ngling, wie er an einen Baum gelehnt sa? und m?den Blickes in das Tal schaute. Zarathustra fa?te den Baum an, bei welchem der J?ngling sa?, und sprach also: »Wenn ich diesen Baum da mit meinen H?nden sch?tteln wollte, ich w?rde es nicht verm?gen. Aber der Wind, den wir nicht sehen, der qu?lt und biegt ihn, wohin er will. Wir werden am schlimmsten von unsichtbaren H?nden gebogen und gequ?lt.« Da erhob sich der J?ngling best?rzt und sagte: »Ich h?re Zarathustra und eben dachte ich an ihn.« Zarathustra entgegnete: »Was erschrickst du deshalb? – Aber es ist mit dem Menschen wie mit dem Baume. Je mehr er hinauf in die H?he und Helle will, um so st?rker streben seine Wurzeln erdw?rts, abw?rts, ins Dunkle, Tiefe – ins B?se.« »Ja ins B?se!« rief der J?ngling. »Wie ist es m?glich, da? du meine Seele entdecktest?« Zarathustra l?chelte und sprach: »Manche Seele wird man nie entdecken, es sei denn, da? man sie zuerst erfindet.« »Ja ins B?se!« rief der J?ngling nochmals. »Du sagtest die Wahrheit, Zarathustra. Ich traue mir selber nicht mehr, seitdem ich in die H?he will, und niemand traut mir mehr – wie geschieht dies doch? Ich verwandele mich zu schnell: mein Heute widerlegt mein Gestern. Ich ?berspringe oft die Stufen, wenn ich steige – das verzeiht mir keine Stufe. Bin ich oben, so finde ich mich immer allein. Niemand redet mit mir, der Frost der Einsamkeit macht mich zittern. Was will ich doch in. der H?he? Meine Verachtung und meine Sehnsucht wachsen miteinander; je h?her ich steige, um so mehr verachte ich den, der steigt. Was will er doch in der H?he? Wie sch?me ich mich meines Steigens und Stolperns! Wie spotte ich meines heftigen Schnaubens! Wie hasse ich den Fliegenden! Wie m?de bin ich in der H?he!« Hier schwieg der J?ngling. Und Zarathustra betrachtete den Baum, an dem sie standen, und sprach also: »Dieser Baum steht einsam hier am Gebirge; er wuchs hoch hinweg ?ber Mensch und Tier. Und wenn er reden wollte, er w?rde niemanden haben, der ihn verst?nde: so hoch wuchs er. Nun wartet er und wartet – worauf wartet er doch? Er wohnt dem Sitze der Wolken zu nahe: er wartet wohl auf den ersten Blitz?« Als Zarathustra dies gesagt hatte, rief der J?ngling mit heftigen Geb?rden: »Ja, Zarathustra, du sprichst die Wahrheit. Nach meinem Untergange verlangte ich, als ich in die H?he wollte, und du bist der Blitz, auf den ich wartete! Siehe, was bin ich noch, seitdem du uns erschienen bist? Der Neid auf dich ist’s, der mich zerst?rt hat!« – So sprach der J?ngling und weinte bitterlich. Zarathustra aber legte seinen Arm um ihn und f?hrte ihn mit sich fort. Und als sie eine Weile miteinander gegangen waren, hob Zarathustra also an zu sprechen: Es zerrei?t mir das Herz. Besser als deine Worte es sagen, sagt mir dein Auge alle deine Gefahr. Noch bist du nicht frei, du suchst noch nach Freiheit. ?bern?chtig machte dich dein Suchen und ?berwach. In die freie H?he willst du, nach Sternen d?rstet deine Seele. Aber auch deine schlimmen Triebe d?rsten nach Freiheit. Deine wilden Hunde wollen in die Freiheit; sie bellen vor Lust in ihrem Keller, wenn dein Geist alle Gef?ngnisse zu l?sen trachtet[35 - wenn dein Geist alle Gef?ngnisse zu l?sen trachtet – пока дух твой стремится разрушить все темницы]. Noch bist du mir ein Gefangner, der sich Freiheit ersinnt: ach, klug wird solchen Gefangnen die Seele, aber auch arglistig und schlecht. Reinigen mu? sich auch noch der Befreite des Geistes. Viel Gef?ngnis und Moder ist noch in ihm zur?ck: rein mu? noch sein Auge werden. Ja, ich kenne deine Gefahr. Aber bei meiner Liebe und Hoffnung beschw?re ich dich: wirf deine Liebe und Hoffnung nicht weg! Edel f?hlst du dich noch, und edel f?hlen dich auch die ?ndern noch, die dir gram sind und b?se Blicke senden. Wisse, da? allen ein Edler im Wege steht. Auch den Guten steht ein Edler im Wege: und selbst wenn sie ihn einen Guten nennen, so wollen sie ihn damit beiseite bringen. Neues will der Edle schaffen und eine neue Tugend. Altes will der Gute, und da? Altes erhalten bleibe. Aber nicht das ist die Gefahr des Edlen, da? er ein Guter werde, sondern ein Frecher, ein H?hnender, ein Vernichter. Ach, ich kannte Edle, die verloren ihre h?chste Hoffnung. Und nun verleumdeten sie alle hohen Hoffnungen. Nun lebten sie frech in kurzen L?sten, und ?ber den Tag hin warfen sie kaum noch Ziele. »Geist ist auch Wollust« – so sagten sie. Da zerbrachen ihrem Geiste die Fl?gel: nun kriecht er herum und beschmutzt im Nagen. Einst dachten sie Helden zu werden: L?stlinge sind es jetzt. Ein Gram und ein Grauen ist ihnen der Held. Aber bei meiner Liebe und Hoffnung beschw?re ich dich: wirf den Helden in deiner Seele nicht weg! Halte heilig deine h?chste Hoffnung! — Also sprach Zarathustra. Von den Predigern des Todes Es gibt Prediger des Todes: und die Erde ist voll von solchen, denen Abkehr gepredigt werden mu? vom Leben. Voll ist die Erde von ?berfl?ssigen, verdorben ist das Leben durch die Viel-zu-Vielen. M?ge man sie mit dem »ewigen Leben« aus diesem Leben weglocken! »Gelbe«: so nennt man die Prediger des Todes, oder »Schwarze«. Aber ich will sie euch noch in ?ndern Farben zeigen. Da sind die F?rchterlichen, welche in sich das Raubtier herumtragen und keine Wahl haben, es sei denn L?ste oder Selbstzerfleischung[36 - Selbstzerfleischung – самоистязание]. Und auch ihre L?ste sind noch Selbstzerfleischung. Sie sind noch nicht einmal Menschen geworden, diese F?rchterlichen: m?gen sie Abkehr predigen vom Leben und selber dahinfahren! Da sind die Schwinds?chtigen der Seele: kaum sind sie geboren, so fangen sie schon an zu sterben und sehnen sich nach Lehren der M?digkeit und Entsagung. Sie wollen gerne tot sein, und wir sollten ihren Willen guthei?en! H?ten wir uns, diese Toten zu erwecken und diese lebendigen S?rge zu versehren! Ihnen begegnet ein Kranker oder ein Greis oder ein Leichnam; und gleich sagen sie: »Das Leben ist widerlegt!« Aber nur sie sind widerlegt und ihr Auge, welches nur das eine Gesicht sieht am Dasein. Eingeh?llt in dicke Schwermut[37 - Eingeh?llt in dicke Schwermut – погруженные в глубокое уныние] und begierig auf die kleinen Zuf?lle, welche den Tod bringen: so warten sie und bei?en die Z?hne aufeinander. Oder aber: sie greifen nach Zuckerwerk und spotten ihrer Kinderei dabei: sie h?ngen an ihrem Strohhalm Leben und spotten, da? sie noch an einem Strohhalm h?ngen. Ihre Weisheit lautet: »Ein Tor, der leben bleibt, aber so sehr sind wir Toren! Und das eben ist das T?richtste am Leben!« — »Das Leben ist nur Leiden« – so sagen andre und l?gen nicht: so sorgt doch, da? ihr aufh?rt! So sorgt doch, da? das Leben aufh?rt, welches nur Leiden ist! Und also laute die Lehre eurer Tugend: »Du sollst dich selber t?ten! Du sollst dich selber davonstehlen!« — »Wollust ist S?nde« – so sagen die einen, welche den Tod predigen – »la?t uns beiseite gehn und keine Kinder zeugen!« »Geb?ren ist m?hsam« – sagen die ?ndern – »wozu noch geb?ren? Man gebiert nur Ungl?ckliche!« Und auch sie sind Prediger des Todes. »Mitleid tut not« – so sagen die dritten. »Nehmt hin, was ich habe! Nehmt hin, was ich bin! Um so weniger bindet mich das Leben!« W?ren sie Mitleidige von Grund aus, so w?rden sie ihren N?chsten das Leben verleiden. B?se sein – das w?re ihre rechte G?te. Aber sie wollen loskommen vom Leben: was schiert es sie[38 - was schiert es sie – что им до того], da? sie andre mit ihren Ketten und Geschenken noch fester binden! — Und auch ihr, denen das Leben wilde Arbeit und Unruhe ist: seid ihr nicht sehr m?de des Lebens? Seid ihr nicht sehr reif f?r die Predigt des Todes? Ihr alle, denen die wilde Arbeit lieb ist und das Schnelle, Neue, Fremde – ihr ertragt euch schlecht, euer Flei? ist Fluch und Wille, sich selber zu vergessen. Wenn ihr mehr an das Leben glaubtet, w?rdet ihr weniger euch dem Augenblicke hinwerfen. Aber ihr habt zum Warten nicht Inhalt genug in euch – und selbst zur Faulheit nicht! ?berall ert?nt die Stimme derer, welche den Tod predigen: und die Erde ist voll von solchen, welchen der Tod gepredigt werden mu?. Oder »das ewige Leben«: das gilt mir gleich – wofern sie nur schnell dahinfahren[39 - wofern sie nur schnell dahinfahren – лишь бы исчезли они с лица земли]! Also sprach Zarathustra. Vom Krieg und Kriegsvolke Von unsern besten Feinden wollen wir nicht geschont sein, und auch von denen nicht, welche wir von Grund aus lieben. So la?t mich denn euch die Wahrheit sagen! Meine Br?der im Kriege! Ich liebe euch von Grund aus, ich bin und war euresgleichen. Und ich bin auch euer bester Feind. So la?t mich denn euch die Wahrheit sagen! Ich wei? um den Ha? und Neid eures Herzens. Ihr seid nicht gro? genug, um Ha? und Neid nicht zu kennen. So seid denn gro? genug, euch ihrer nicht zu sch?men! Und wenn ihr nicht Heilige der Erkenntnis sein k?nnt, so seid mir wenigstens deren Kriegsm?nner. Das sind die Gef?hrten und Vorl?ufer solcher Heiligkeit. Ich sehe viel Soldaten: m?chte ich viel Kriegsm?nner sehn! »Einform« nennt man’s, was sie tragen: m?ge es nicht Einform sein, was sie damit verstecken! Ihr sollt mir solche sein, deren Auge immer nach einem Feinde sucht – nach eurem Feinde. Und bei einigen von euch gibt es einen Ha? auf den ersten Blick. Euren Feind sollt ihr suchen, euren Krieg sollt ihr f?hren und f?r eure Gedanken! Und wenn euer Gedanke unterliegt, so soll eure Redlichkeit dar?ber noch Triumph rufen! Ihr sollt den Frieden lieben als Mittel zu neuen Kriegen. Und den kurzen Frieden mehr als den langen. Euch rate ich nicht zur Arbeit, sondern zum Kampfe. Euch rate ich nicht zum Frieden, sondern zum Siege. Eure Arbeit sei ein Kampf, euer Friede sei ein Sieg! Man kann nur schweigen und stillsitzen, wenn man Pfeil und Bogen hat: sonst schw?tzt und zankt man. Euer Friede sei ein Sieg! Ihr sagt, die gute Sache sei es, die sogar den Krieg heilige? Ich sage euch: der gute Krieg ist es, der jede Sache heiligt. Der Krieg und der Mut haben mehr gro?e Dinge getan als die N?chstenliebe. Nicht euer Mitleiden, sondern eure Tapferkeit rettete bisher die Verungl?ckten. »Was ist gut?« fragt ihr. Tapfer sein ist gut. La?t die kleinen M?dchen reden: »Gut sein ist, was h?bsch zugleich und r?hrend ist.« Man nennt euch herzlos: aber euer Herz ist echt, und ich liebe die Scham eurer Herzlichkeit. Ihr sch?mt euch eurer Flut, und andre sch?men sich ihrer Ebbe. Ihr seid h??lich? Nun wohlan, meine Br?der! So nehmt das Erhabne um euch, den Mantel des H??lichen! Und wenn eure Seele gro? wird, so wird sie ?berm?tig, und in eurer Erhabenheit ist Bosheit. Ich kenne euch. In der Bosheit begegnet sich der ?berm?tige mit dem Schw?chlinge. Aber sie mi?verstehen einander. Ich kenne euch. Ihr d?rft nur Feinde haben, die zu hassen sind, aber nicht Feinde zum Verachten. Ihr m??t stolz auf euern Feind sein: dann sind die Erfolge eures Feindes auch eure Erfolge. Auflehnung – das ist die Vornehmheit am Sklaven. Eure Vornehmheit sei Gehorsam! Euer Befehlen selber sei ein Gehorchen! Einem guten Kriegsmanne klingt »du sollst« angenehmer als »ich will«. Und alles, was euch lieb ist, sollt ihr euch erst noch befehlen lassen. Eure Liebe zum Leben sei Liebe zu eurer h?chsten Hoffnung: und eure h?chste Hoffnung sei der h?chste Gedanke des Lebens! Euren h?chsten Gedanken aber sollt ihr euch von mir befehlen lassen – und er lautet: der Mensch ist etwas, das ?berwunden werden soll. So lebt euer Leben des Gehorsams und des Krieges! Was liegt am Lang-Leben? Welcher Krieger will geschont sein! Ich schone euch nicht, ich liebe euch von Grund aus, meine Br?der im Kriege! — Also sprach Zarathustra. Vom Neuen G?tzen Irgendwo gibt es noch V?lker und Herden, doch nicht bei uns, meine Br?der: da gibt es Staaten. Staat? Was ist das? Wohlan! Jetzt tut mir die Ohren auf, denn jetzt sage ich euch mein Wort vom Tode der V?lker. Staat hei?t das k?lteste aller kalten Ungeheuer. Kalt l?gt es auch; und diese L?ge kriecht aus seinem Munde: »Ich, der Staat, bin das Volk.« L?ge ist’s! Schaffende waren es, die schufen die V?lker und h?ngten einen Glauben und eine Liebe ?ber sie hin: also dienten sie dem Leben. Vernichter sind es, die stellen Fallen auf f?r viele und hei?en sie Staat: sie h?ngen ein Schwert und hundert Begierden ?ber sie hin. Wo es noch Volk gibt, da versteht es den Staat nicht und ha?t ihn als b?sen Blick und S?nde an Sitten und Rechten. Dieses Zeichen gebe ich euch: jedes Volk spricht seine Zunge des Guten und B?sen: die versteht der Nachbar nicht. Seine Sprache erfand es sich in Sitten und Rechten. Aber der Staat l?gt in allen Zungen des Guten und B?sen; und was er auch redet, er l?gt – und was er auch hat, gestohlen hat er’s. Falsch ist alles an ihm; mit gestohlenen Z?hnen bei?t er, der Bissige. Falsch sind selbst seine Eingeweide. Sprachverwirrung des Guten und B?sen[40 - Sprachverwirrung des Guten und B?sen – смешение языков в понимании добра и зла]: dieses Zeichen gebe ich euch als Zeichen des Staates. Wahrlich, den Willen zum Tode deutet dieses Zeichen! Wahrlich, es winkt den Predigern des Todes[41 - es winkt den Predigern des Todes – оно на руку проповедникам смерти]! Viel zu viele werden geboren: f?r die ?berfl?ssigen ward der Staat erfunden! Seht mir doch, wie er sie an sich lockt, die Viel-zuVielen! Wie er sie schlingt und kaut und wiederk?ut! »Auf der Erde ist nichts Gr??eres als ich: der ordnende Finger bin ich Gottes« – also br?llt das Untier. Und nicht nur Langgeohrte und Kurzge?ugte sinken auf die Knie! Ach, auch in euch, ihr gro?en Seelen, raunt er seine d?steren L?gen! Ach, er err?t die reichen Herzen, die gerne sich verschwenden! Ja, auch euch err?t er, ihr Besieger des alten Gottes! M?de wurdet ihr im Kampfe, und nun dient eure M?digkeit noch dem neuen G?tzen! Helden und Ehrenhafte m?chte er um sich aufstellen, der neue G?tze! Gerne sonnt er sich im Sonnenschein guter Gewissen – das kalte Untier! Alles will er euch geben, wenn ihr ihn anbetet, der neue G?tze: also kauft er sich den Glanz eurer Tugend und den Blick eurer stolzen Augen. K?dern will er mit euch die Viel-zu-Vielen! Ja, ein H?llenkunstst?ck ward da erfunden, ein Pferd des Todes, klirrend im Putz g?ttlicher Ehren[42 - klirrend im Putz g?ttlicher Ehren – бряцающий сбруей божеских почестей]! Ja, ein Sterben f?r viele ward da erfunden, das sich selber als Leben preist: wahrlich, ein Herzensdienst allen Predigern des Todes. Staat nenne ich’s, wo alle Gifttrinker sind, Gute und Schlimme: Staat, wo alle sich selber verlieren, Gute und Schlimme: Staat, wo der langsame Selbstmord aller – »das Leben« hei?t. Seht mir doch diese ?berfl?ssigen! Sie stehlen sich die Werke der Erfinder und die Sch?tze der Weisen: Bildung nennen sie ihren Diebstahl – und alles wird ihnen zu Krankheit und Ungemach! Seht mir doch diese ?berfl?ssigen! Krank sind sie immer, sie erbrechen ihre Galle und nennen es Zeitung. Sie verschlingen einander und k?nnen sich nicht einmal verdauen. Seht mir doch diese ?berfl?ssigen! Reicht?mer erwerben sie und werden ?rmer damit. Macht wollen sie, und zuerst das Brecheisen der Macht, viel Geld – diese Unverm?genden! Seht sie klettern, diese geschwinden Affen! Sie klettern ?bereinander hinweg und zerren sich also in den Schlamm und die Tiefe. Hin zum Throne wollen sie alle: ihr Wahnsinn ist es – als ob das Gl?ck auf dem Throne s??e? Oft sitzt der Schlamm auf dem Thron – und oft auch der Thron auf dem Schlamme. Wahnsinnige sind sie mir alle und kletternde Affen und ?berhei?e. ?bel riecht mir ihr G?tze, das kalte Untier: ?bel riechen sie mir alle zusammen, diese G?tzendiener. Meine Br?der, wollt ihr denn ersticken im Dunste ihrer M?uler und Begierden? Lieber zerbrecht doch die Fenster und springt ins Freie! Geht doch dem schlechten Ger?che aus dem Wege[43 - Geht doch dem schlechten Ger?che aus dem Wege! – Прочь от зловония!]! Geht fort von der G?tzendienerei der ?berfl?ssigen! Geht doch dem schlechten Ger?che aus dem Wege! Geht fort von dem Dampfe dieser Menschenopfer! Frei steht gro?en Seelen auch jetzt noch die Erde. Leer sind noch viele Sitze f?r Einsame und Zweisame, um die der Geruch stiller Meere weht. Frei steht noch gro?en Seelen ein freies Leben. Wahrlich, wer wenig besitzt, wird um so weniger besessen: gelobt sei die kleine Armut! Dort, wo der Staat aufh?rt, da beginnt erst der Mensch, der nicht ?berfl?ssig ist: da beginnt das Lied des Notwendigen, die einmalige und unersetzliche Weise. Dort, wo der Staat aufh?rt – so seht mir doch hin, meine Br?der! Seht ihr ihn nicht, den Regenbogen und die Br?cken des ?bermenschen? — Also sprach Zarathustra. Von den Fliegen des Marktes Fliehe, mein Freund, in deine Einsamkeit! Ich sehe dich bet?ubt vom L?rme der gro?en M?nner und zerstochen von den Stacheln der kleinen. W?rdig wissen Wald und Fels mit dir zu schweigen. Gleiche wieder dem Baume, den du liebst, dem breit?stigen: still und aufhorchend h?ngt er ?ber dem Meere. Wo die Einsamkeit aufh?rt, da beginnt der Markt; und wo der Markt beginnt, da beginnt auch der L?rm der gro?en Schauspieler und das Geschwirr der giftigen Fliegen. In der Welt taugen die besten Dinge noch nichts, ohne einen, der sie erst auff?hrt[44 - der sie erst auff?hrt – кто их представит с подмостков]: gro?e M?nner hei?t das Volk diese Auff?hrer. Wenig begreift das Volk das Gro?e, das ist: das Schaffende. Aber Sinne hat es f?r alle Auff?hrer und Schauspieler gro?er Sachen. Um die Erfinder von neuen Werten dreht sich die Welt: – unsichtbar dreht sie sich. Doch um die Schauspieler dreht sich das Volk und der Ruhm: so ist es »der Welt Lauf«. Geist hat der Schauspieler, doch wenig Gewissen des Geistes. Immer glaubt er an das, womit er am st?rksten glauben macht – glauben an sich macht! Morgen hat er einen neuen Glauben and ?bermorgen einen neueren. Rasche Sinne hat er, gleich dem Volke, und ver?nderliche Witterungen[45 - ver?nderliche Witterungen – переменчивые настроения 60]. Umwerfen – das hei?t ihm: beweisen. Toll machen das hei?t ihm: ?berzeugen. Und Blut gilt ihm als aller Gr?nde bester. Eine Wahrheit, die nur in feine Ohren schl?pft, nennt er L?ge und Nichts. Wahrlich, er glaubt nur an G?tter, die gro?en L?rm in der Welt machen! Voll von feierlichen Possenrei?ern ist der Markt – und das Volk r?hmt sich seiner gro?en M?nner: das sind ihm die Herrn der Stunde. Aber die Stunde dr?ngt sie: so dr?ngen sie dich. Und auch von dir wollen sie Ja oder Nein. Wehe, du willst zwischen F?r und Wider deinen Stuhl setzen? Dieser Unbedingten und Dr?ngenden halber sei ohne Eifersucht, du Liebhaber der Wahrheit! Niemals noch h?ngte sich die Wahrheit an den Arm eines Unbedingten. Dieser Pl?tzlichen halber gehe zur?ck in deine Sicherheit: nur auf dem Markt wird man mit Ja? Oder Nein? ?berfallen. Langsam ist das Erleben allen tiefen Brunnen: lange m?ssen sie warten, bis sie wissen, was in ihre Tiefe fiel. Abseits vom Markte und Ruhme begibt sich alles Gro?e: abseits vom Markte und Ruhme wohnten von je die Erfinder neuer Werte. Fliehe, mein Freund, in deine Einsamkeit: ich sehe dich von giftigen Fliegen zerstochen. Fliehe dorthin, wo rauhe, starke Luft weht! Fliehe in deine Einsamkeit! Du lebtest den Kleinen und Erb?rmlichen zu nahe. Fliehe vor ihrer unsichtbaren Rache! Gegen dich sind sie nichts als Rache. Hebe nicht mehr den Arm gegen sie! Unz?hlbar sind sie, und es ist nicht dein Los, Fliegenwedel zu sein. Unz?hlbar sind diese Kleinen und Erb?rmlichen; und manchem stolzen Baue gereichten schon Regentropfen und Unkraut zum Untergange. Du bist kein Stein, aber schon wurdest du hohl von vielen Tropfen. Zerbrechen und zerbersten wirst du mir noch von vielen Tropfen. Erm?det sehe ich dich durch giftige Fliegen, blutig geritzt[46 - blutig geritzt – в кровь исцарапан] sehe ich dich an hundert Stellen; und dein Stolz will nicht einmal z?rnen. Blut m?chten sie von dir in aller Unschuld, Blut begehren ihre blutlosen Seelen – und sie stechen daher in aller Unschuld. Aber du Tiefer, du leidest zu tief auch an kleinen Wunden; und ehe du dich noch geheilt hast, kroch dir der gleiche Giftwurm ?ber die Hand. Zu stolz bist du mir daf?r, diese Naschhaften zu t?ten. H?te dich aber, da? es nicht dein Verh?ngnis werde, all ihr giftiges Unrecht zu tragen! Sie summen um dich auch mit ihrem Lobe: Zudringlichkeit ist ihr Loben. Sie wollen die N?he deiner Haut und deines Blutes. Sie schmeicheln dir wie einem Gotte oder Teufel; sie winseln vor dir wie vor einem Gotte oder Teufel. Was macht es! Schmeichler sind es und Winsler, und nicht mehr. Auch geben sie sich dir oft als Liebensw?rdige. Aber das war immer die Klugheit der Feigen. Ja, die Feigen sind klug! Sie denken viel ?ber dich mit ihrer engen Seele – bedenklich bist du ihnen stets! Alles, was viel bedacht wird, wird bedenklich. Sie bestrafen dich f?r alle deine Tugenden. Sie verzeihen dir von Grund aus nur – deine Fehlgriffe. Weil du milde bist und gerechten Sinnes, sagst du: »Unschuldig sind sie an ihrem kleinen Dasein.« Aber ihre enge Seele denkt: »Schuld ist alles gro?e Dasein.« Auch wenn du ihnen milde bist, f?hlen sie sich noch von dir verachtet; und sie geben dir deine Wohltat zur?ck mit versteckten Wehtaten. Dein wortloser Stolz geht immer wider ihren Geschmack; sie frohlocken, wenn du einmal bescheiden genug bist, eitel zu sein. Das, was wir an einem Menschen erkennen, das entz?nden wir an ihm auch. Also h?te dich vor den Kleinen! Vor dir f?hlen sie sich klein, und ihre Niedrigkeit glimmt und gl?ht gegen dich in unsichtbarer Rache. Merktest du nicht, wie oft sie stumm wurden, wenn du zu ihnen tratest, und wie ihre Kraft von ihnen ging, wie der Rauch von einem erl?schenden Feuer? Ja, mein Freund, das b?se Gewissen bist du deinen N?chsten: denn sie sind deiner unwert. Also hassen sie dich und m?chten gerne an deinem Blute saugen. Deine N?chsten werden immer giftige Fliegen sein; das, was gro? an dir ist – das selber mu? sie giftiger machen und immer fliegenhafter. Fliehe, mein Freund, in deine Einsamkeit und dorthin, wo eine rauhe, starke Luft weht. Nicht ist es dein Los, Fliegenwedel zu sein. — Also sprach Zarathustra. Von der Keuschheit[47 - Keuschheit – целомудрие] Ich liebe den Wald. In den St?dten ist schlecht zu leben: da gibt es zu viele der Br?nstigen. Ist es nicht besser, in die H?nde eines M?rders zu geraten, als in die Tr?ume eines br?nstigen Weibes? Und seht mir doch diese M?nner an: ihr Auge sagt es – sie wissen nichts Besseres auf Erden, als bei einem Weibe zu liegen. Schlamm ist auf dem Grunde ihrer Seele; und wehe, wenn ihr Schlamm gar noch Geist hat! Da? ihr doch wenigstens als Tiere vollkommen w?ret! Aber zum Tiere geh?rt die Unschuld. Rate ich euch, eure Sinne zu t?ten? Ich rate euch zur Unschuld der Sinne. Rate ich euch zur Keuschheit? Die Keuschheit ist bei einigen eine Tugend, aber bei vielen beinahe ein Laster. Diese enthalten sich wohl: aber die H?ndin Sinnlichkeit blickt mit Neid aus allem, was sie tun. Noch in die H?hen ihrer Tugend und bis in den kalten Geist hinein folgt ihnen dies Getier und sein Unfrieden. Und wie artig wei? die H?ndin Sinnlichkeit um ein St?ck Geist zu betteln, wenn ihr ein St?ck Fleisch versagt wird. Ihr liebt Trauerspiele und alles, was das Herz zerbricht? Aber ich bin mi?trauisch gegen eure H?ndin. Ihr habt mir zu grausame Augen und blickt l?stern nach Leidenden. Hat sich nicht nur eure Wollust verkleidet und hei?t sich Mitleiden? Und auch dies Gleichnis gebe ich euch: nicht wenige, die ihren Teufel austreiben wollten, fuhren dabei selber in die S?ue[48 - fuhren dabei selber in die S?ue – превратились в свиней 65]. Wem die Keuschheit schwerf?llt, dem ist sie zu widerraten: da? sie nicht der Weg zur H?lle werde – das ist zu Schlamm und Brunst der Seele. Rede ich von schmutzigen Dingen? Das ist mir nicht das Schlimmste. Nicht wenn die Wahrheit schmutzig ist, sondern wenn sie seicht ist, steigt der Erkennende ungern in ihr Wasser. Wahrlich, es gibt Keusche von Grund aus: sie sind milder von Herzen, sie lachen lieber und reichlicher als ihr. Sie lachen auch ?ber die Keuschheit und fragen: »Was ist Keuschheit! Ist Keuschheit nicht Torheit? Aber diese Torheit kam zu uns, und nicht wir zu ihr. Wir boten diesem Gaste Herberge und Herz: nun wohnt er bei uns – mag er bleiben, wie lange er will!« Also sprach Zarathustra. Vom Freunde »Einer ist immer zu viel um mich« – also denkt der Einsiedler. »Immer einmal eins – das gibt auf die Dauer zwei!« Ich und Mich sind immer zu eifrig im Gespr?che: wie w?re es auszuhalten, wenn es nicht einen Freund g?be? Immer ist f?r den Einsiedler der Freund der dritte: der dritte ist der Kork, der verhindert, da? das Gespr?ch der zweie in die Tiefe sinkt. Ach, es gibt zu viele Tiefen f?r alle Einsiedler. Darum sehnen sie sich so nach einem Freunde und nach seiner H?he. Unser Glaube an andre verr?t, worin wir gerne an uns selber glauben m?chten. Unsre Sehnsucht nach einem Freunde ist unser Verr?ter. Und oft will man mit der Liebe nur den Neid ?berspringen. Und oft greift man an und macht sich einen Feind, um zu verbergen, da? man angreifbar ist. »Sei wenigstens mein Feind!« – so spricht die wahre Ehrfurcht, die nicht um Freundschaft zu bitten wagt. Will man einen Freund haben, so mu? man auch f?r ihn Krieg f?hren wollen: und um Krieg zu f?hren, mu? man Feind sein k?nnen. Man soll in seinem Freunde noch den Feind ehren. Kannst du an deinen Freund dicht herantreten, ohne zu ihm ?berzutreten? In seinem Freunde soll man seinen besten Feind haben. Du sollst ihm am n?chsten mit dem Herzen sein, wenn du ihm widerstrebst. Du willst vor deinem Freunde kein Kleid tragen? Es soll deines Freundes Ehre sein, da? du dich ihm gibst, wie du bist? Aber er w?nscht dich darum zum Teufel! Wer aus sich kein Hehl macht, emp?rt: so sehr habt ihr Grund, die Nacktheit zu f?rchten! Ja, wenn ihr G?tter w?ret, da d?rftet ihr euch eurer Kleider sch?men! Du kannst dich f?r deinen Freund nicht sch?n genug putzen: denn du sollst ihm ein Pfeil und eine Sehnsucht nach dem ?bermenschen sein. Sahst du deinen Freund schon schlafen – damit du erfahrest, wie er aussieht? Was ist doch sonst das Gesicht deines Freundes? Es ist dein eignes Gesicht, auf einem rauhen und unvollkommnen Spiegel. Sahst du deinen Freund schon schlafen? Erschrakst du nicht, da? dein Freund so aussieht? Oh, mein Freund, der Mensch ist etwas, das ?berwunden werden mu?. Im Erraten und Stillschweigen soll der Freund Meister sein: nicht alles mu?t du sehn wollen. Dein Traum soll dir verraten, was dein Freund im Wachen tut. Ein Erraten sei dein Mitleiden: da? du erst wissest, ob dein Freund Mitleiden wolle. Vielleicht liebt er an dir das ungebrochne Auge und den Blick der Ewigkeit. Das Mitleiden mit dem Freunde berge sich unter einer harten Schale, an ihm sollst du dir einen Zahn ausbei?en. So wird es seine Feinheit und S??e haben. Bist du reine Luft und Einsamkeit und Brot und Arznei deinem Freunde? Mancher kann seine eignen Ketten nicht l?sen, und doch ist er dem Freunde ein Erl?ser. Bist du ein Sklave? So kannst du nicht Freund sein. Bist du ein Tyrann? So kannst du nicht Freunde haben. Allzulange war im Weibe ein Sklave und ein Tyrann versteckt. Deshalb ist das Weib noch nicht der Freundschaft f?hig: es kennt nur die Liebe. In der Liebe des Weibes ist Ungerechtigkeit und Blindheit gegen alles, was es nicht liebt. Und auch in der wissenden Liebe des Weibes ist immer noch ?berfall und Blitz und Nacht neben dem Lichte. Noch ist das Weib nicht der Freundschaft f?hig: Katzen sind immer noch die Weiber, und V?gel. Oder, besten Falles, K?he. Noch ist das Weib nicht der Freundschaft f?hig. Aber sagt mir, ihr M?nner, wer von euch ist denn f?hig der Freundschaft? O ?ber eure Armut, ihr M?nner, und euren Geiz der Seele! Wieviel ihr dem Freunde gebt, das will ich noch meinem Feinde geben, und will auch nicht ?rmer damit geworden sein. Es gibt Kameradschaft: m?ge es Freundschaft geben! Also sprach Zarathustra. Von Tausend und Einem Zlele Viele L?nder sah Zarathustra und viele V?lker: so entdeckte er vieler V?lker Gutes und B?ses. Keine gr??ere Macht fand Zarathustra auf Erden als Gut und B?se. Leben k?nnte kein Volk, das nicht erst sch?tzte; will es sich aber erhalten, so darf es nicht sch?tzen, wie der Nachbar sch?tzt. Vieles, das diesem Volke gut hie?, hie? einem ?ndern Hohn und Schmach: also fand ich’s. Vieles fand ich hier b?se genannt und dort mit purpurnen Ehren geputzt. Nie verstand ein Nachbar den ?ndern: stets verwunderte sich seine Seele ob des Nachbarn Wahn und Bosheit. Eine Tafel der G?ter h?ngt ?ber jedem Volke. Siehe, es ist seiner ?berwindungen Tafel; siehe, es ist die Stimme seines Willens zur Macht. L?blich ist, was ihm schwer gilt; was unerl??lich und schwer, hei?t gut; und was aus der h?chsten Not noch befreit, das Seltene, Schwerste – das preist es heilig. Was da macht, da? es herrscht und siegt und gl?nzt, seinem Nachbarn zu Grauen und Neide: das gilt ihm das Hohe, das Erste, das Messende, der Sinn aller Dinge. Wahrlich, mein Bruder, erkanntest du erst eines Volkes Not und Land und Himmel und Nachbar: so err?tst du wohl das Gesetz seiner ?berwindungen, und warum es auf dieser Leiter zu seiner Hoffnung steigt. »Immer sollst du der Erste sein und den ?ndern vorragen: Niemanden soll deine eifers?chtige Seele lieben, es sei denn den Freund« – dies machte einem Griechen die Seele zittern: dabei ging er seinen Pfad der Gr??e. »Wahrheit reden und gut mit Bogen und Pfeil verkehren« – so d?nkte es jenem Volke zugleich lieb und schwer, aus dem mein Name kommt – der Name, welcher mir zugleich lieb und schwer ist. »Vater und Mutter ehren und bis in die Wurzel der Seele hinein ihnen zu Willen sein«: diese Tafel der ?berwindung h?ngte ein andres Volk ?ber sich auf und wurde m?chtig und ewig damit. »Treue ?ben und um der Treue willen Ehre und Blut auch an b?se und f?hrliche Sachen setzen«: also sich lehrend bezwang sich ein anderes Volk, und also sich bezwingend wurde es schwanger und schwer von gro?en Hoffnungen. Wahrlich, die Menschen gaben sich alles ihr Gutes und B?ses. Wahrlich, sie nahmen es nicht, sie fanden es nicht, nicht fiel es ihnen als Stimme vom Himmel. Werte legte erst der Mensch in die Dinge, sich zu erhalten – er schuf erst den Dingen Sinn, einen Menschen-Sinn! Darum nennt er sich »Mensch«, das ist: der Sch?tzende. Sch?tzen ist Schaffen: h?rt es, ihr Schaffenden. Sch?tzen selber ist aller gesch?tzten Dinge Schatz und Kleinod. Durch das Sch?tzen erst gibt es Wert: und ohne das Sch?tzen w?re die Nu? des Daseins hohl. H?rt es, ihr Schaffenden! Wandel der Werte – das ist Wandel der Schaffenden. Immer vernichtet, wer ein Sch?pfer sein mu?. Schaffende waren erst V?lker, und sp?t erst einzelne; wahrlich, der einzelne selber ist noch die j?ngste Sch?pfung. V?lker h?ngten sich einst eine Tafel des Guten ?ber sich. Liebe, die herrschen will, und Liebe, die gehorchen will, erschufen sich zusammen solche Tafeln. ?lter ist an der Herde die Lust als die Lust am Ich: und so lange das gute Gewissen Herde hei?t, sagt nur das schlechte Gewissen: Ich. Wahrlich, das schlaue Ich, das lieblose, das seinen Nutzen im Nutzen vieler will: das ist nicht der Herde Ursprung, sondern ihr Untergang. Liebende waren es stets und Schaffende, die schufen Gut und B?se. Feuer der Liebe gl?ht in aller Tugenden Namen und Feuer des Zorns. Viele L?nder sah Zarathustra und viele V?lker: keine gr??ere Macht fand Zarathustra auf Erden als die Werke der Liebenden: »gut« und »b?se« ist ihr Name. Wahrlich, ein Unget?m ist die Macht dieses Lobens und Tadelns. Sagt, wer bezwingt es mir, ihr Br?der? Sagt, wer wirft diesem Tier die Fessel ?ber die tausend Nacken? Tausend Ziele gab es bisher, denn tausend V?lker gab es. Nur die Fessel der tausend Nacken fehlt noch, es fehlt das eine Ziel. Noch hat die Menschheit kein Ziel. Aber sagt mir doch, meine Br?der: wenn der Menschheit das Ziel noch fehlt, fehlt da nicht auch – sie selber noch? — Also sprach Zarathustra. Von der N?chstenliebe Ihr dr?ngt euch um den N?chsten und habt sch?ne Worte daf?r. Aber ich sage euch: eure N?chstenliebe ist eure schlechte Liebe zu euch selber. Ihr fl?chtet zum N?chsten vor euch selber und m?chtet euch daraus eine Tugend machen: aber ich durchschaue euer »Selbstloses[49 - Selbstloses – бескорыстие]«. Das Du ist ?lter als das Ich; das Du ist heiliggesprochen, aber noch nicht das Ich: so dr?ngt sich der Mensch hin zum N?chsten. Rate ich euch zur N?chstenliebe? Lieber noch rate ich euch zur N?chsten-Flucht und zur Fernsten-Liebe! H?her als die Liebe zum N?chsten steht die Liebe zum Fernsten und K?nftigen; h?her noch als die Liebe zu Menschen gilt mir die Liebe zu Sachen und Gespenstern. Dies Gespenst, das vor dir herl?uft mein Bruder, ist sch?ner als du; warum gibst du ihm nicht dein Fleisch und deine Knochen? Aber du f?rchtest dich und l?ufst zu deinem N?chsten. Ihr haltet es mit euch selber nicht aus und liebt euch nicht genug: nun wollt ihr den N?chsten zur Liebe verf?hren und euch mit seinem Irrtum vergolden. Ich wollte, ihr hieltet es nicht aus mit allerlei N?chsten und deren Nachbarn; so m??tet ihr aus euch selber euren Freund und sein ?berwallendes Herz schaffen. Ihr ladet euch einen Zeugen ein, wenn ihr von euch gut reden wollt; und wenn ihr ihn verf?hrt habt, gut von euch zu denken, denkt ihr selber gut von euch. Nicht nur der l?gt, welcher wider sein Wissen redet, sondern erst recht der, welcher wider sein Nichtwissen redet. Und so redet ihr von euch im Verkehre und bel?gt mit euch den Nachbar. Also spricht der Narr: »Der Umgang mit Menschen verdirbt den Charakter, sonderlich wenn man keinen hat.« Der eine geht zum N?chsten, weil er sich sucht und der andre, weil er sich verlieren m?chte. Eure schlechte Liebe zu euch selber macht euch aus der Einsamkeit ein Gef?ngnis. Die Ferneren sind es, welche eure Liebe zum N?chsten bezahlen; und schon wenn ihr zu f?nfen miteinander seid, mu? immer ein sechster sterben. Ich liebe auch eure Feste nicht: zu viele Schauspieler fand ich dabei, und auch die Zuschauer geb?rdeten sich oft gleich Schauspielern. Nicht den N?chsten lehre ich euch, sondern den Freund. Der Freund sei euch das Fest der Erde und ein Vorgef?hl des ?bermenschen. Ich lehre euch den Freund und sein ?bervolles Herz. Aber man mu? verstehn, ein Schwamm zu sein, wenn man von ?bervollen Herzen geliebt sein will. Ich lehre euch den Freund, in dem die Welt fertig dasteht, eine Schale des Guten – den schaffenden Freund, der immer eine fertige Welt zu verschenken hat. Und wie ihm die Welt auseinanderrollte, so rollt sie ihm wieder in Ringen zusammen, als das Werden des Guten durch das B?se, als das Werden der Zwecke aus dem Zufalle. Die Zukunft und das Fernste sei dir die Ursache deines Heute: in deinem Freunde sollst du den ?bermenschen als deine Ursache lieben. Meine Br?der, zur N?chstenliebe rate ich euch nicht: ich rate euch zur Fernsten-Liebe. Also sprach Zarathustra. Vom Wege des Schaffenden Willst du, mein Bruder, in die Vereinsamung gehen? Willst du den Weg zu dir selber suchen? Zaudere noch ein wenig und h?re mich. »Wer sucht, der geht leicht selber verloren. Alle Vereinsamung ist Schuld«: also spricht die Herde. Und du geh?rtest lange zur Herde. Die Stimme der Herde wird auch in dir noch t?nen. Und wenn du sagen wirst: »Ich habe nicht mehr ein Gewissen mit euch«, so wird es eine Klage und ein Schmerz sein. Siehe, diesen Schmerz selber gebar noch das eine Gewissen: und dieses Gewissens letzter Schimmer gl?ht noch auf deiner Tr?bsal. Aber du willst den Weg deiner Tr?bsal gehen, welches ist der Weg zu dir selber? So zeige mir dein Recht und deine Kraft dazu! Bist du eine neue Kraft und ein neues Recht? Eine erste Bewegung? Ein aus sich rollendes Rad? Kannst du auch Sterne zwingen, da? sie um dich sich drehen? Ach, es gibt so viel L?sternheit nach H?he! Es gibt so viel Kr?mpfe der Ehrgeizigen! Zeige mir, da? du keiner der L?sternen und Ehrgeizigen bist! Ach, es gibt so viel gro?e Gedanken, die tun nicht mehr als ein Blasebalg: sie blasen auf und machen leerer. Frei nennst du dich? Deinen herrschenden Gedanken will ich h?ren und nicht, da? du einem Joche entronnen bist[50 - da? du einem Joche entronnen bist – что ты избежал ярма]. Bist du ein solcher, der einem Joche entrinnen durfte? Es gibt manchen, der seinen letzten Wert wegwarf, als er seine Dienstbarkeit wegwarf. Frei wovon? Was schiert das Zarathustra! Hell aber soll mir dein Auge k?nden: frei wozu? Kannst du dir selber dein B?ses und dein Gutes geben und deinen Willen ?ber dich aufh?ngen wie ein Gesetz? Kannst du dir selber Richter sein und R?cher deines Gesetzes? Furchtbar ist das Alleinsein mit dem Richter und R?cher des eignen Gesetzes. Also wird ein Stern hinausgeworfen in den ?den Raum und in den eisigen Atem des Alleinseins. Heute noch leidest du an den Vielen, du einer: heute noch hast du deinen Mut ganz und deine Hoffnungen. Aber einst wird dich die Einsamkeit m?de machen, einst wird dein Stolz sich kr?mmen und dein Mut knirschen. Schreien wirst du einst »Ich bin allein!« Einst wirst du dein Hohes nicht mehr sehn und dein Niedriges allzu nahe; dein Erhabnes selbst wird dich f?rchten machen wie ein Gespenst. Schreien wirst du einst: »Alles ist falsch!« Es gibt Gef?hle, die den Einsamen t?ten wollen; gelingt es ihnen nicht, nun, so m?ssen sie selber sterben! Aber vermagst du das, M?rder zu sein? Kennst du, mein Bruder, schon das Wort »Verachtung«? Und die Qual deiner Gerechtigkeit, solchen gerecht zu sein, die dich verachten? Du zwingst viele, ?ber dich umzulernen; das rechnen sie dir hart an. Du kamst ihnen nahe und gingst doch vor?ber: das verzeihen sie dir niemals. Du gehst ?ber sie hinaus: aber je h?her du steigst, um so kleiner sieht dich das Auge des Neides. Am meisten aber wird der Fliegende geha?t. »Wie wolltet ihr gegen mich gerecht sein!« – mu?t du sprechen – »ich erw?hle mir eure Ungerechtigkeit als den mir zugeme?nen Teil.« Ungerechtigkeit und Schmutz werfen sie nach dem Einsamen: aber, mein Bruder, wenn du ein Stern sein willst, so mu?t du ihnen deshalb nicht weniger leuchten! Und h?te dich vor den Guten und Gerechten! Sie kreuzigen gerne die, welche sich ihre eigne Tugend erfinden – sie hassen den Einsamen. H?te dich auch vor der heiligen Einfalt! Alles ist ihr unheilig, was nicht einf?ltig ist; sie spielt auch gerne mit dem Feuer – der Scheiterhaufen. Und h?te dich auch vor den Anf?llen deiner Liebe! Zu schnell streckt der Einsame dem die Hand entgegen, der ihm begegnet. Manchem Menschen darfst du nicht die Hand geben, sondern nur die Tatze: und ich will, da? deine Tatze auch Krallen habe. Aber der schlimmste Feind, dem du begegnen kannst, wirst du immer dir selber sein; du selber lauerst dir auf in H?hlen und W?ldern. Einsamer, du gehst den Weg zu dir selber! Und an dir selber f?hrt dein Weg vorbei, und an deinen sieben Teufeln! Ketzer wirst du dir selber sein und Hexe und Wahrsager und Narr und Zweifler und Unheiliger und B?sewicht. Verbrennen mu?t du dich wollen in deiner eignen Flamme: wie wolltest du neu werden, wenn du nicht erst Asche geworden bist! Einsamer, du gehst den Weg des Schaffenden: einen Gott willst du dir schaffen aus deinen sieben Teufeln! Einsamer, du gehst den Weg des Liebenden: dich selber liebst du und deshalb verachtest du dich, wie nur Liebende verachten. Schaffen will der Liebende, weil er verachtet! Was wei? der von Liebe, der nicht gerade verachten mu?te, was er liebte! Mit deiner Liebe gehe in deine Vereinsamung und mit deinem Schaffen, mein Bruder; und sp?t erst wird die Gerechtigkeit dir nachhinken. Mit meinen Tr?nen gehe in deine Vereinsamung, mein Bruder. Ich liebe den, der ?ber sich selber hinaus schaffen will und so zugrunde geht. — Also sprach Zarathustra. Von Alten und Jungen Weiblein »Was schleichst du so scheu durch die D?mmerung, Zarathustra? Und was birgst du behutsam unter deinem Mantel? Ist es ein Schatz, der dir geschenkt? Oder ein Kind, das dir geboren wurde? Oder gehst du jetzt selber auf den Wegen der Diebe, du Freund der B?sen?« — Wahrlich, mein Bruder! sprach Zarathustra, es ist ein Schatz, der mir geschenkt wurde: eine kleine Wahrheit ist’s, die ich trage. Aber sie ist ungeb?rdig wie ein junges Kind; und wenn ich ihr nicht den Mund halte, so schreit sie ?berlaut. Als ich heute allein meines Weges ging, zur Stunde, wo die Sonne sinkt, begegnete mir ein altes Weiblein und redete also zu meiner Seele: »Vieles sprach Zarathustra auch zu uns Weibern, doch nie sprach er uns ?ber das Weib.« Und ich entgegnete ihr: »?ber das Weib soll man nur zu M?nnern reden.« »Rede auch zu mir vom Weibe«, sprach sie; »ich bin alt genug, um es gleich wieder zu vergessen.« Und ich willfahrte dem alten Weiblein und sprach also zu ihm: Alles am Weibe ist ein R?tsel, und alles am Weibe hat eine L?sung: sie hei?t Schwangerschaft. Der Mann ist f?r das Weib ein Mittel: der Zweck ist immer das Kind. Aber was ist das Weib f?r den Mann? Zweierlei will der echte Mann: Gefahr und Spiel. Deshalb will er das Weib als das gef?hrlichste Spielzeug. Der Mann soll zum Kriege erzogen werden und das Weib zur Erholung des Kriegers: alles andre ist Torheit. Allzu s??e Fr?chte – die mag der Krieger nicht. Darum mag er das Weib; bitter ist auch noch das s??este Weib. Besser als ein Mann versteht das Weib die Kinder, aber der Mann ist kindlicher als das Weib. Im echten Manne ist ein Kind versteckt: das will spielen. Auf, ihr Frauen, so entdeckt mir doch das Kind im Manne! Ein Spielzeug sei das Weib, rein und fein, dem Edelsteine gleich, bestrahlt von den Tugenden einer Welt, welche noch nicht da ist. Der Strahl eines Sternes gl?nze in eurer Liebe! Eure Hoffnung hei?e: »M?ge ich den ?bermenschen geb?ren!« In eurer Liebe sei Tapferkeit! Mit eurer Liebe sollt ihr auf den losgehn, der euch Furcht einfl??t. In eurer Liebe sei eure Ehre! Wenig versteht sich sonst das Weib auf Ehre. Aber dies sei eure Ehre, immer mehr zu lieben, als ihr geliebt werdet, und nie die Zweiten zu sein. Der Mann f?rchte sich vor dem Weibe, wenn es liebt: da bringt es jedes Opfer, und jedes andre Ding gilt ihm ohne Wert. Der Mann f?rchte sich vor dem Weibe, wenn es ha?t: denn der Mann ist im Grunde der Seele nur b?se, das Weib aber ist dort schlecht. Wen ha?t das Weib am meisten? – Also sprach das Eisen zum Magneten: »Ich hasse dich am meisten, weil du anziehst, aber nicht stark genug bist, an dich zu ziehen.« Das Gl?ck des Mannes hei?t: ich will. Das Gl?ck des Weibes hei?t: er will. »Siehe, jetzt eben ward die Welt vollkommen!« – also denkt ein jedes Weib, wenn es aus ganzer Liebe gehorcht. Und gehorchen mu? das Weib und eine Tiefe finden zu seiner Oberfl?che. Oberfl?che ist des Weibes Gem?t, eine bewegliche, st?rmische Haut auf einem seichten Gew?sser. Des Mannes Gem?t aber ist tief, sein Strom rauscht in unterirdischen H?hlen: das Weib ahnt seine Kraft, aber begreift sie nicht. — Da entgegnete mir das alte Weiblein: »Vieles Artige sagte Zarathustra, und sonderlich f?r die, welche jung genug dazu sind. Seltsam ist’s, Zarathustra kennt wenig die Weiber, und doch hat er ?ber sie recht! Geschieht dies deshalb, weil beim Weibe kein Ding unm?glich ist? Und nun nimm zum Danke eine kleine Wahrheit! Bin ich doch alt genug f?r sie! Wickle sie ein und halte ihr den Mund: sonst schreit sie ?berlaut, diese kleine Wahrheit.« »Gib mir, Weib, deine kleine Wahrheit!« sagte ich. Und also sprach das alte Weiblein: »Du gehst zu Frauen? Vergi? die Peitsche nicht!« — Also sprach Zarathustra. Vom Biss der Natter Eines Tages war Zarathustra unter einem Feigenbaume eingeschlafen, da es hei? war, und hatte seine Arme ?ber das Gesicht gelegt. Da kam eine Natter und bi? ihn in den Hals, so da? Zarathustra vor Schmerz aufschrie. Als er den Arm vom Gesicht genommen hatte, sah er die Schlange an: da erkannte sie die Augen Zarathustras, wand sich ungeschickt und wollte davon. »Nicht doch«, sprach Zarathustra; »noch nahmst du meinen Dank nicht an! Du wecktest mich zur Zeit, mein Weg ist noch lang.« »Dein Weg ist noch kurz«, sagte die Natter traurig; »mein Gift t?tet.« Zarathustra l?chelte. »Wann starb wohl je ein Drache am Gift einer Schlange?« – sagte er. »Aber nimm dein Gift zur?ck! Du bist nicht reich genug, es mir zu schenken.« Da fiel ihm die Natter von neuem um den Hals und leckte ihm seine Wunde. Als Zarathustra dies einmal seinen J?ngern erz?hlte, fragten sie: »Und was, o Zarathustra, ist die Moral deiner Geschichte?« Zarathustra antwortete darauf also: Den Vernichter der Moral hei?en mich die Guten und Gerechten: meine Geschichte ist unmoralisch. So ihr aber einen Feind habt, so vergeltet ihm nicht B?ses mit Gutem: denn das w?rde besch?men. Sondern beweist, da? er euch etwas Gutes angetan hat. Und lieber z?rnt noch, als da? ihr besch?mt! Und wenn euch geflucht wird, so gef?llt es mir nicht, da? ihr dann segnen wollt. Lieber ein wenig mitfluchen! Und geschah euch ein gro?es Unrecht, so tut mir geschwind f?nf kleine dazu! Gr??lich ist der anzusehn, den allein das Unrecht dr?ckt. Wu?tet ihr dies schon? Geteiltes Unrecht ist halbes Recht. Und der soll das Unrecht auf sich nehmen, der es tragen kann! Eine kleine Rache ist menschlicher als gar keine Rache. Und wenn die Strafe nicht auch ein Recht und eine Ehre ist f?r den ?bertretenden, so mag ich auch euer Strafen nicht. Vornehmer ist’s, sich unrecht zu geben als recht zu behalten, sonderlich, wenn man recht hat. Nur mu? man reich genug dazu sein. Ich mag eure kalte Gerechtigkeit nicht, und aus dem Auge eurer Richter blickt mir immer der Henker und sein kaltes Eisen. Sagt, wo findet sich die Gerechtigkeit, welche Liebe mit sehenden Augen ist? So erfindet mir doch die Liebe, welche nicht nur alle Strafe, sondern auch alle Schuld tr?gt! So erfindet mir doch die Gerechtigkeit, die jeden freispricht, ausgenommen den Richtenden! Wollt ihr auch dies noch h?ren? An dem, der von Grund aus gerecht sein will, wird auch noch die L?ge zur Menschen-Freundlichkeit. Aber wie wollte ich gerecht sein von Grund aus! Wie kann ich jedem das Seine geben! Dies sei mir genug: ich gebe jedem das Meine. Endlich, meine Br?der, h?tet euch Unrecht zu tun allen Einsiedlern! Wie k?nnte ein Einsiedler vergessen! Wie k?nnte er vergelten! Wie ein tiefer Brunnen ist ein Einsiedler. Leicht ist es, einen Stein hineinzuwerfen; sank er aber bis zum Grunde, sagt, wer will ihn wieder herausbringen? H?tet euch, den Einsiedler zu beleidigen! Tatet ihr’s aber, nun, so t?tet ihn auch noch! Also sprach Zarathustra. Von Kind und Ehe Ich habe eine Frage f?r dich allein, mein Bruder: wie ein Senkblei werfe ich diese Frage in deine Seele, da? ich wisse, wie tief sie sei. Du bist jung und w?nschest dir Kind und Ehe. Aber ich frage dich: bist du ein Mensch, der ein Kind sich w?nschen darf! Bist du der Siegreiche, der Selbstbezwinger, der Gebieter der Sinne, der Herr deiner Tugenden? Also frage ich dich. Oder redet aus deinem Wunsche das Tier und die Notdurft? Oder Vereinsamung? Oder Unfriede mit dir? Ich will, da? dein Sieg und deine Freiheit sich nach einem Kinde sehne. Lebendige Denkmale sollst du bauen deinem Siege und deiner Befreiung. ?ber dich sollst du hinausbauen. Aber erst mu?t du mir selber gebaut sein, rechtwinklig an Leib und Seele. Nicht nur fort sollst du dich pflanzen, sondern hinauf! Dazu helfe dir der Garten der Ehe! Einen h?heren Leib sollst du schaffen, eine erste Bewegung, ein aus sich rollendes Rad – einen Schaffenden sollst du schaffen. Ehe: so hei?e ich den Willen zu zweien, das eine zu schaffen, das mehr ist als die es schufen. Ehrfurcht voreinander nenne ich Ehe als vor den Wollenden eines solchen Willens. Dies sei der Sinn und die Wahrheit deiner Ehe. Aber das, was die Viel-zu-Vielen Ehe nennen, diese ?berfl?ssigen – ach, wie nenne ich das? Ach, diese Armut der Seele zu zweien! Ach, dieser Schmutz der Seele zu zweien! Ach, dies erb?rmliche Behagen zu zweien! Ehe nennen sie dies alles; und sie sagen, ihre Ehen seien im Himmel geschlossen. Nun, ich mag ihn nicht, diesen Himmel der ?berfl?ssigen! Nein, ich mag sie nicht, diese im himmlischen Netz verschlungenen Tiere! Ferne bleibe mir auch der Gott[51 - Ferne bleibe mir auch der Gott – Да не приблизится ко мне этот Бог], der heranhinkt zu segnen, was er nicht zusammenf?gte! Lacht mir nicht ?ber solche Ehen! Welches Kind h?tte nicht Grund, ?ber seine Eltern zu weinen? W?rdig schien mir dieser Mann und reif f?r den Sinn der Erde: aber als ich sein Weib sah, schien mir die Erde ein Haus f?r Unsinnige, Ja, ich wollte, da? die Erde in Kr?mpfen bebte, wenn sich ein Heiliger und eine Gans miteinander paaren. Dieser ging wie ein Held auf Wahrheiten aus und endlich erbeutete er sich eine kleine geputzte L?ge. Seine Ehe nennt er’s. Jener war spr?de im Verkehre und w?hlte w?hlerisch. Aber mit einem. Male verdarb er f?r alle Male seine Gesellschaft: seine Ehe nennt er’s. Jener suchte eine Magd mit den Tugenden eines Engels. Aber mit einem Male wurde er die Magd eines Weibes, und nun t?te es not, da? er dar?ber noch zum Engel werde. Sorgsam fand ich jetzt alle K?ufer, und alle haben listige Augen. Aber seine Frau kauft auch der Listigste noch im Sack. Viele kurze Torheiten – das hei?t bei euch Liebe. Und eure Ehe macht vielen kurzen Torheiten ein Ende, als eine lange Dummheit. Eure Liebe zum Weibe und des Weibes Liebe zum Manne: ach, m?chte sie doch Mitleiden sein mit leidenden und verh?llten G?ttern! Aber zumeist erraten zwei Tiere einander. Aber auch noch eure beste Liebe ist nur ein verz?cktes Gleichnis und eine schmerzhafte Glut. Eine Fackel ist sie, die euch zu h?heren Wegen leuchten soll. ?ber euch hinaus sollt ihr einst lieben! So lernt erst lieben! Und darum mu?tet ihr den bittern Kelch eurer Liebe trinken. Bitternis ist im Kelch auch der besten Liebe: so macht sie Sehnsucht zum ?bermenschen, so macht sie Durst dir, dem Schaffenden! Durst dem Schaffenden, Pfeil und Sehnsucht zum ?bermenschen: sprich, mein Bruder, ist dies dein Wille zur Ehe? Heilig hei?t mir solch ein Wille und solche Ehe. — Also sprach Zarathustra. Vom Freien Tode Viele sterben zu sp?t, und einige sterben zu fr?h. Noch klingt fremd die Lehre: »Stirb zur rechten Zeit!« Stirb zur rechten Zeit: also lehrt es Zarathustra. Freilich, wer nie zur rechten Zeit lebt, wie sollte der je zur rechten Zeit sterben? M?chte er doch nie geboren sein! – Also rate ich den ?berfl?ssigen. Aber auch die ?berfl?ssigen tun noch wichtig mit ihrem Sterben, und auch die hohlste Nu? will noch geknackt sein. Wichtig nehmen alle das Sterben: aber noch ist der Tod kein Fest. Noch erlernten die Menschen nicht, wie man die sch?nsten Feste weiht. Den vollbringenden Tod zeige ich euch, der den Lebenden ein Stachel und ein Gel?bnis wird. Seinen Tod stirbt der Vollbringende[52 - der Vollbringende – завершивший путь свой], siegreich, umringt von Hoffenden und Gelobenden. Also sollte man sterben lernen; und es sollte kein Fest geben, wo ein solcher Sterbender nicht der Lebenden Schw?re weihte! Also zu sterben ist das Beste; das zweite aber ist: im Kampfe zu sterben und eine gro?e Seele zu verschwenden. Aber dem K?mpf enden gleich verha?t wie dem Sieger ist euer grinsender Tod, der heranschleicht wie ein Dieb – und doch als Herr kommt. Meinen Tod lobe ich euch, den freien Tod, der mir kommt, weil ich will. Und wann werde ich wollen? – Wer ein Ziel hat und einen Erben, der will den Tod zur rechten Zeit f?r Ziel und Erben. Und aus Ehrfurcht vor Ziel und Erben wird er keine d?rren Kr?nze mehr im Heiligtum des Lebens aufh?ngen. Wahrlich, nicht will ich den Seildrehern gleichen: sie ziehen ihren Faden in die L?nge und gehen dabei selber immer r?ckw?rts. Mancher wird auch f?r seine Wahrheiten und Siege zu alt; ein zahnloser Mund hat nicht mehr das Recht zu jeder Wahrheit. Und jeder, der Ruhm haben will, mu? sich beizeiten von der Ehre verabschieden und die schwere Kunst ?ben, zur rechten Zeit zu – gehn. Man mu? aufh?ren, sich essen zu lassen, wenn man am besten schmeckt: das wissen die, welche lange geliebt werden wollen. Saure ?pfel gibt es freilich, deren Los will, da? sie bis auf den letzten Tag des Herbstes warten: und zugleich werden sie reif, gelb und runzelig. Andern altert das Herz zuerst und andern der Geist. Und einige sind greis in der Jugend: aber sp?t jung erh?lt lang jung. Manchem mi?r?t das Leben: ein Giftwurm fri?t sich ihm ans Herz. So m?ge er zusehn, da? ihm das Sterben um so mehr gerate. Mancher wird nie s??, er fault im Sommer schon. Feigheit ist es, die ihn an seinem Aste festh?lt. Viel zu viele leben und viel zu lange h?ngen sie an ihren ?sten. M?chte ein Sturm kommen, der all dies Faule und Wurmfre?ne vom Baume sch?ttelt! M?chten Prediger kommen des schnellen Todes! Das w?ren mir die rechten St?rme und Sch?ttler an Lebensb?umen! Aber ich h?re nur den langsamen Tod predigen und Geduld mit allem »Irdischen«. Ach, ihr predigt Geduld mit dem Irdischen? Dieses Irdische ist es, das zuviel Geduld mit euch hat, ihr L?sterm?uler[53 - L?sterm?uler – клеветники]! Wahrlich, zu fr?h starb jener Hebr?er, den die Prediger des langsamen Todes ehren: und vielen ward es seitdem zum Verh?ngnis, da? er zu fr?h starb. Noch kannte er nur Tr?nen und die Schwermut des Hebr?ers, samt dem Hasse der Guten und Gerechten – der Hebr?er Jesus: da ?berfiel ihn die Sehnsucht zum Tode. W?re er doch in der W?ste geblieben und ferne von den Guten und Gerechten! Vielleicht h?tte er leben gelernt und die Erde lieben gelernt – und das Lachen dazu! Glaubt es mir, meine Br?der! Er starb zu fr?h: er selber h?tte seine Lehre widerrufen, w?re er bis zu meinem Alter gekommen! Edel genug war er zum Widerrufen! Aber ungereift war er noch. Unreif liebt der J?ngling, und unreif ha?t er auch Mensch und Erde. Angebunden und schwer ist ihm noch Gem?t und Geistesfl?gel. Aber im Manne ist mehr Kind als im J?nglinge, und weniger Schwermut: besser versteht er sich auf Tod und Leben. Frei zum Tode und frei im Tode, ein heiliger Neinsager, wenn es nicht Zeit mehr ist zum Ja: also versteht er sich auf Tod und Leben. Da? euer Sterben keine L?sterung sei auf Mensch und Erde, meine Freunde: das erbitte ich mir von dem Honig eurer Seele. In eurem Sterben soll noch euer Geist und eure Tugend gl?hn, gleich einem Abendrot um die Erde: oder aber das Sterben ist euch schlecht geraten. Also will ich selber sterben, da? ihr Freunde um meinetwillen die Erde mehr liebt; und zur Erde will ich wieder werden, da? ich in der Ruhe habe, die mich gebar. Wahrlich, ein Ziel hatte Zarathustra, er warf seinen Ball: nun seid ihr Freunde meines Zieles Erbe, euch werfe ich den goldenen Ball zu. Lieber als alles sehe ich euch, meine Freunde, den goldenen Ball werfen! Und so verziehe ich noch ein wenig auf Erden[54 - Und so verziehe ich noch ein wenig auf Erden – Вот почему помедлю я еще немного на земле] : verzeiht es mir! Also sprach Zarathustra. Von der Schenkenden Tugend 1 Als Zarathustra von der Stadt Abschied genommen hatte, welcher sein Herz zugetan war und deren Name lautet: »Die bunte Kuh« – folgten ihm viele, die sich seine J?nger nannten, und gaben ihm das Geleit[55 - gaben ihm das Geleit – провожали его]. Also kamen sie an einen Kreuzweg: da sagte ihnen Zarathustra, da? er nunmehr allein gehen wolle; denn er war ein Freund des Alleingehens. Seine J?nger aber reichten ihm zum Abschiede einen Stab, an dessen goldnem Griffe sich eine Schlange um die Sonne ringelte. Zarathustra freute sich des Stabes und st?tzte sich darauf; dann sprach er also zu seinen J?ngern: Sagt mir doch: wie kam Gold zum h?chsten Werte? Darum, da? es ungemein ist und unn?tzlich und leuchtend und mild im Gl?nze; es schenkt sich immer. Nur als Abbild der h?chsten Tugend kam Gold zum h?chsten Werte. Goldgleich leuchtet der Blick dem Schenkenden. Goldes-Glanz schlie?t Friede zwischen Mond und Sonne. Ungemein ist die h?chste Tugend und unn?tzlich, leuchtend ist sie und mild im Gl?nze: eine schenkende Tugend ist die h?chste Tugend. Wahrlich, ich errate euch wohl, meine J?nger: ihr trachtet, gleich mir, nach der schenkenden Tugend. Was h?ttet ihr mit Katzen und W?lfen gemeinsam? Das ist euer Durst, selber zu Opfern und Geschenken zu werden: und darum habt ihr den Durst, alle Reicht?mer in eure Seele zu h?ufen. Uners?ttlich trachtet eure Seele nach Sch?tzen und Kleinodien, weil eure Tugend uners?ttlich ist im Verschenken-Wollen. Ihr zwingt alle Dinge zu euch und in euch, da? sie aus eurem Borne zur?ckstr?men sollen als die Gaben eurer Liebe. Wahrlich, zum R?uber an allen Werten mu? solche schenkende Liebe werden; aber heil und heilig hei?e ich diese Selbstsucht. Eine andre Selbstsucht gibt es, eine allzu arme, eine hungernde, die immer stehlen will, jene Selbstsucht der Kranken, die kranke Selbstsucht. Mit dem Auge des Diebes blickt sie auf alles Gl?nzende; mit der Gier des Hungers mi?t sie den, der reich zu essen hat; und immer schleicht sie um den Tisch der Schenkenden. Krankheit redet aus solcher Begierde und unsichtbare Entartung; von siechem Leibe redet die diebische Gier dieser Selbstsucht. Sagt mir, meine Br?der: was gilt uns als Schlechtes und Schlechtestes? Ist es nicht Entartung? – Und auf Entartung raten wir immer, wo die schenkende Seele fehlt. Aufw?rts geht unser Weg, von der Art hin?ber zur ?ber-Art. Aber ein Grauen ist uns der entartende Sinn, welcher spricht: »Alles f?r mich.« Aufw?rts fliegt unser Sinn: so ist er ein Gleichnis unsres Leibes, einer Erh?hung Gleichnis. Solcher Erh?hungen Gleichnisse sind die Namen der Tugenden. Also geht der Leib durch die Geschichte, ein Werdender und ein K?mpfender. Und der Geist – was ist er ihm? Seiner K?mpfe und Siege Herold, Geno? und Widerhall. Gleichnisse sind alle Namen von Gut und B?se: sie sprechen nicht aus, sie winken nur. Ein Tor, welcher von ihnen Wissen will. Achtet mir, meine Br?der, auf jede Stunde, wo euer Geist in Gleichnissen reden will: da ist der Ursprung eurer Tugend. Erh?ht ist da euer Leib und auferstanden; mit seiner Wonne entz?ckt er den Geist, da? er Sch?pfer wird und Sch?tzer und Liebender und aller Dinge Wohlt?ter. Wenn euer Herz breit und voll wallt, dem Strome gleich, ein Segen und eine Gefahr den Anwohnenden: da ist der Ursprung eurer Tugend. Wenn ihr erhaben seid ?ber Lob und Tadel und euer Wille allen Dingen befehlen will, als eines Liebenden Wille: da ist der Ursprung eurer Tugend. Wenn ihr das Angenehme verachtet und das weiche Bett und von den Weichlichen euch nicht weit genug betten k?nnt: da ist der Ursprung eurer Tugend. Wenn ihr eines Willens Wollende seid und diese Wende aller Not euch Notwendigkeit hei?t: da ist der Ursprung eurer Tugend. Wahrlich, ein neues Gutes und B?ses ist sie! Wahrlich, ein neues tiefes Rauschen und eines neuen Quelles Stimme! Macht ist sie, diese neue Tugend; ein herrschender Gedanke ist sie, und um ihn eine kluge Seele: eine goldene Sonne, und um sie die Schlange der Erkenntnis. 2 Hier schwieg Zarathustra eine Weile und sah mit Liebe auf seine J?nger. Dann fuhr er also fort zu reden: – und seine Stimme hatte sich verwandelt. Bleibt mir der Erde treu, meine Br?der, mit der Macht eurer Tugend! Eure schenkende Liebe und eure Erkenntnis diene dem Sinn der Erde! Also bitte und beschw?re ich euch. La?t sie nicht davonfliegen vom Irdischen und mit den Fl?geln gegen ewige W?nde schlagen! Ach, es gab immer so viel verflogene Tugend[56 - Ach, es gab immer so viel verflogene Tugend! – О, как много добродетели улетало и прежде!]! F?hrt, gleich mir, die verflogene Tugend zur Erde zur?ck -ja, zur?ck zu Leib und Leben: da? sie der Erde ihren Sinn gebe, einen Menschen-Sinn! Hundertf?ltig verflog und vergriff sich bisher so Geist wie Tugend. Ach, in unserm Leibe wohnt jetzt noch all dieser Wahn und Fehlgriff: Leib und Wille ist er da geworden. Hundertf?ltig versuchte und verirrte sich bisher so Geist wie Tugend. Ja, ein Versuch war der Mensch. Ach, viel Unwissen und Irrtum ist an uns Leib geworden! Nicht nur die Vernunft von Jahrtausenden – auch ihr Wahnsinn bricht an uns aus. Gef?hrlich ist es, Erbe zu sein. Noch k?mpfen wir Schritt um Schritt mit dem Riesen Zufall, und ?ber der ganzen Menschheit waltete bisher noch der Unsinn, der Ohne-Sinn. Euer Geist und eure Tugend diene dem Sinn der Erde, meine Br?der: und aller Dinge Wert werde neu von euch gesetzt! Darum sollt ihr K?mpfende sein! Darum sollt ihr Schaffende sein! Wissend reinigt sich der Leib; mit Wissen versuchend erh?ht er sich; dem Erkennenden heiligen sich alle Triebe; dem Erh?hten wird die Seele fr?hlich. Arzt, hilf dir selber: so hilfst du auch deinem Kranken noch. Das sei seine beste Hilfe, da? er den mit Augen sehe, der sich selber heil macht. Tausend Pfade gibt es, die nie noch gegangen sind, tausend Gesundheiten und verborgene Eilande des Lebens. Unersch?pft und unentdeckt ist immer noch Mensch und Menschen-Erde. Wachet und horcht, ihr Einsamen! Von der Zukunft her kommen Winde mit heimlichem Fl?gelschlagen; und an feine Ohren ergeht gute Botschaft[57 - an feine Ohren ergeht gute Botschaft – до чуткого уха долетает благая весть]. Ihr Einsamen von heute, ihr Ausscheidenden, ihr sollt einst ein Volk sein: aus euch, die ihr euch selber ausw?hltet, soll ein auserw?hltes Volk erwachsen: – und aus ihm der ?bermensch. Wahrlich, eine St?tte der Genesung soll noch die Erde werden! Und schon liegt ein neuer Geruch um sie, ein heilbringender – und eine neue Hoffnung! 3 Als Zarathustra diese Worte gesagt hatte, schwieg er, wie einer, der nicht sein letztes Wort gesagt hat; lange wog er den Stab zweifelnd in seiner Hand. Endlich sprach er also: – und seine Stimme hatte sich verwandelt. Allein gehe ich nun, meine J?nger! Auch ihr geht nun davon und allein! So will ich es. Wahrlich, ich rate euch: geht fort von mir und wehrt euch gegen Zarathustra! Und besser noch: sch?mt euch seiner! Vielleicht betrog er euch. Der Mensch der Erkenntnis mu? nicht nur seine Feinde lieben, sondern auch seine Freunde hassen k?nnen. Man vergilt einem Lehrer schlecht, wenn man immer nur der Sch?ler bleibt. Und warum wollt ihr nicht an meinem Kranze rupfen[58 - an meinem Kranze rupfen – разорвать венок мой]? Ihr verehrt mich; aber wie, wenn eure Verehrung eines Tages umf?llt? H?tet euch, da? euch nicht eine Bilds?ule erschlage! Ihr sagt, ihr glaubt an Zarathustra? Aber was liegt an Zarathustra! Ihr seid meine Gl?ubigen: aber was liegt an allen Gl?ubigen! Ihr hattet euch noch nicht gesucht: da fandet ihr mich. So tun alle Gl?ubigen; darum ist es so wenig mit allem Glauben. Nun hei?e ich euch, mich verlieren und euch finden; und erst, wenn ihr mich alle verleugnet habt, will ich euch wiederkehren. Wahrlich, mit andern Augen, meine Br?der, werde ich mir dann meine Verlorenen suchen; mit einer andern Liebe werde ich euch dann lieben. Und einst noch sollt ihr mir Freunde geworden sein und Kinder einer Hoffnung: dann will ich zum dritten Male bei euch sein, da? ich den gro?en Mittag mit euch feiere. Und das ist der gro?e Mittag, da der Mensch auf der Mitte seiner Bahn steht zwischen Tier und ?bermensch und seinen Weg zum Abende als seine h?chste Hoffnung feiert: denn es ist der Weg zu einem neuen Morgen. Alsda wird sich der Untergehende selber segnen, da? er ein Hin?bergehender sei; und die Sonne seiner Erkenntnis wird ihm im Mittage stehn. »Tot sind alle G?tter: nun wollen wir, da? der ?bermensch lebe.« – Dies sei einst am gro?en Mittage unser letzter Wille! — Also sprach Zarathustra. Fragen zum Inhalt 1. Was lehrt Zarathustra die Menschen? 2. Warum nennt Zarathustra den Menschen “ein Seil, gekn?pft zwischen Tier und ?bermensch”? 3. Was meint Zarathustra unter drei Verwandlungen? 4. Was spricht Zarathustra vom Tod? 5. Nach welcher Tugend trachtet Zarathustra und warum ist sie die h?chste Tugend? Zweiter Teil »– und erst, wenn ihr mich alle verleugnet habt, will ich euch wiederkehren. Wahrlich, mit ?ndern Augen, meine Br?der, werde ich mir dann meine Verlorenen suchen; mit einer ?ndern Liebe werde ich euch dann lieben.«     Zaratustra     Von der schenkenden Tugend (I, p. 96) Das Kind Mit dem Spiegel Hierauf ging Zarathustra wieder zur?ck in das Gebirge und in die Einsamkeit seiner H?hle und entzog sich den Menschen: wartend, gleich einem S?emann, der seinen Samen ausgeworfen hat. Seine Seele aber wurde voll von Ungeduld und Begierde nach denen, welche er liebte: denn er hatte ihnen noch viel zu geben. Dies n?mlich ist das Schwerste: aus Liebe die offne Hand schlie?en und als Schenkender die Scham bewahren. Also vergingen dem Einsamen Monde und Jahre; seine Weisheit aber wuchs und machte ihm Schmerzen durch ihre F?lle. Eines Morgens aber wachte er schon vor der Morgenr?te auf, besann sich lange auf seinem Lager und sprach endlich zu seinem Herzen: »Was erschrak ich doch so in meinem Traume, da? ich aufwachte? Trat nicht ein Kind zu mir, das einen Spiegel trug? ›O Zarathustra‹ – sprach das Kind zu mir – ›schaue dich an im Spiegel!‹ Aber als ich in den Spiegel schaute, da schrie ich auf, und mein Herz war ersch?ttert: denn nicht mich sahe ich darin, sondern eines Teufels Fratze und Hohnlachen. Wahrlich, allzugut verstehe ich des Traumes Zeichen und Mahnung: meine Lehre ist in Gefahr, Unkraut will Weizen hei?en! Meine Feinde sind m?chtig worden und haben meiner Lehre Bildnis entstellt[59 - haben meiner Lehre Bildnis entstellt – исказили образ учения моего], also, da? meine Liebsten sich der Gaben sch?men m?ssen, die ich ihnen gab. Verloren gingen mir meine Freunde; die Stunde kam mir, meine Verlornen zu suchen!« — Mit diesen Worten sprang Zarathustra auf, aber nicht wie ein Ge?ngstigter, der nach Luft sucht, sondern eher wie ein Seher und S?nger, welchen der Geist anf?llt. Verwundert sahen sein Adler und seine Schlange auf ihn hin: denn gleich dem Morgenrote lag ein kommendes Gl?ck auf seinem Antlitze. Was geschah mir doch, meine Tiere? – sagte Zarathustra. Bin ich nicht verwandelt? Kam mir nicht die Seligkeit wie ein Sturmwind? T?richt ist mein Gl?ck und T?richtes wird es reden: zu jung noch ist es – so habt Geduld mit ihm! Verwundet bin ich von meinem Gl?ck: alle Leidenden sollen mir ?rzte sein! Zu meinen Freunden darf ich wieder hinab und auch zu meinen Feinden! Zarathustra darf wieder reden und schenken und Lieben das Liebste tun! Meine ungeduldige Liebe flie?t ?ber in Str?men, abw?rts, nach Aufgang und Niedergang. Aus schweigsamem Gebirge und Gewittern des Schmerzes rauscht meine Seele in die T?ler[60 - rauscht meine Seele in die T?ler – с шумом низвергается душа моя в долины]. Zu lange sehnte ich mich und schaute in die Ferne. Zu lange geh?rte ich der Einsamkeit: so verlernte ich das Schweigen. Mund bin ich worden ganz und gar, und Brausen eines Bachs aus hohen Felsen: hinab will ich meine Rede st?rzen in die T?ler. Und mag mein Strom der Liebe in Unwegsames st?rzen[61 - Und mag mein Strom der Liebe in Unwegsames st?rzen! – И пусть бурный поток любви моей устремится туда, где нет дорог!]! Wie sollte ein Strom nicht endlich den Weg zum Meere finden! Wohl ist ein See in mir, ein einsiedlerischer, selbstgenugsamer; aber mein Strom der Liebe rei?t ihn mit sich hinab – – zum Meere! Neue Wege gehe ich, eine neue Rede kommt mir; m?de wurde ich, gleich allen Schaffenden, der alten Zungen. Nicht will mein Geist mehr auf abgelaufnen Sohlen wandeln. Zu langsam l?uft mir alles Reden: – in deinen Wagen springe ich, Sturm! Und auch dich will ich noch peitschen mit meiner Bosheit! Wie ein Schrei und ein Jauchzen will ich ?ber weite Meere hinfahren, bis ich die gl?ckseligen Inseln finde, wo meine Freunde weilen: — Und meine Feinde unter ihnen! Wie liebe ich nun jeden, zu dem ich nur reden darf! Auch meine Feinde geh?ren zu meiner Seligkeit. Und wenn ich auf mein wildestes Pferd steigen will, so hilft mir mein Speer immer am besten hinauf: der ist meines Fu?es allzeit bereiter Diener: — Der Speer, den ich gegen meine Feinde schleudere! Wie danke ich es meinen Feinden, da? ich endlich ihn schleudern darf! Zu gro? war die Spannung meiner Wolke: zwischen Gel?chtern der Blitze will ich Hagelschauer in die Tiefe werfen. Gewaltig wird sich da meine Brust heben, gewaltig wird sie ihren Sturm ?ber die Berge hinblasen: so kommt ihr Erleichterung. Wahrlich, einem Sturme gleich kommt mein Gl?ck und meine Freiheit! Aber meine Feinde sollen glauben, der B?se rase ?ber ihren H?uptern. Ja, auch ihr werdet erschreckt sein, meine Freunde, ob meiner wilden Weisheit; und vielleicht flieht ihr davon samt meinen Feinden. Ach, da? ich’s verst?nde, euch mit Hirtenfl?ten zur?ckzulocken! Ach, da? meine L?win Weisheit z?rtlich br?llen lernte! Und vieles lernten wir schon miteinander! Meine wilde Weisheit wurde tr?chtig[62 - wurde tr?chtig – зачала] auf einsamen Bergen; auf rauhen Steinen gebar sie ihr Junges, J?ngstes. Nun l?uft sie n?rrisch durch die harte W?ste und sucht und sucht nach sanftem Rasen – meine alte wilde Weisheit! Auf eurer Herzen sanften Rasen, meine Freunde! – auf eure Liebe m?chte sie ihr Liebstes betten! — Also sprach Zarathustra. Auf den Gl?ckseligen Inseln Die Feigen fallen von den B?umen, sie sind gut und s??; und indem sie fallen, rei?t ihnen die rote Haut. Ein Nordwind bin ich reifen Feigen. Also, gleich Feigen, fallen euch diese Lehren zu, meine Freunde: nun trinkt ihren Saft und ihr s??es Fleisch! Herbst ist es umher und reiner Himmel und Nachmittag. Seht, welche F?lle ist um uns! Und aus dem ?berflusse heraus ist es sch?n hinauszublicken auf ferne Meere. Einst sagte man Gott, wenn man auf ferne Meere blickte; nun aber lehrte ich euch sagen: ?bermensch. Gott ist eine Mutma?ung; aber ich will, da? euer Mutma?en nicht weiter reiche als euer schaffender Wille. K?nntet ihr einen Gott schaffen? – So schweigt mir doch von allen G?ttern! Wohl aber k?nntet ihr den ?bermenschen schaffen. Nicht ihr vielleicht selber, meine Br?der! Aber zu V?tern und Vorfahren k?nntet ihr euch umschaffen des ?bermenschen: und dies sei euer bestes Schaffen! — Gott ist eine Mutma?ung: aber ich will, da? euer Mutma?en begrenzt sei in der Denkbarkeit. K?nntet ihr einen Gott denken? – Aber dies bedeute euch Wille zur Wahrheit, da? alles verwandelt werde in Menschen-Denkbares, Menschen-Sichtbares, Menschen-F?hlbares! Eure eignen Sinne sollt ihr zu Ende denken! Und was ihr Welt nanntet, das soll erst von euch geschaffen werden: eure Vernunft, euer Bild, euer Wille, eure Liebe soll es selber werden! Und wahrlich, zu eurer Seligkeit, ihr Erkennenden! Und wie wolltet ihr das Leben ertragen ohne diese Hoffnung, ihr Erkennenden? Weder ins Unbegreifliche d?rftet ihr eingeboren sein[63 - eingeboren sein – сродниться] noch ins Unvern?nftige. Aber da? ich euch ganz mein Herz offenbare, ihr Freunde: wenn es G?tter g?be, wie hielte ich’s aus, kein Gott zu sein! Also gibt es keine G?tter. Wohl zog ich den Schlu?; nun aber zieht er mich. — Gott ist eine Mutma?ung: aber wer tr?nke alle Qual dieser Mutma?ung, ohne zu sterben? Soll dem Schaffenden sein Glaube genommen sein und dem Adler sein Schweben in Adler-Fernen? Gott ist ein Gedanke, der macht alles Gerade krumm und alles, was steht, drehend. Wie? Die Zeit w?re hinweg und alles Verg?ngliche nur L?ge? Dies zu denken ist Wirbel und Schwindel menschlichen Gebeinen und noch dem Magen ein Erbrechen: wahrlich, die drehende Krankheit hei?e ich’s[64 - die drehende Krankheit hei?e ich’s – болезнью кружения называю я такие мысли], solches zu mutma?en. B?se hei?e ich’s und menschenfeindlich: all dies Lehren vom Einen und Vollen und Unbewegten und Satten und Unverg?nglichen! Alles Unverg?ngliche – das ist nur ein Gleichnis! Und die Dichter l?gen zuviel. — Aber von Zeit und Werden sollen die besten Gleichnisse reden: ein Lob sollen sie sein und eine Rechtfertigung aller Verg?nglichkeit! Schaffen – das ist die gro?e Erl?sung vom Leiden, und des Lebens Leichtwerden. Aber da? der Schaffende sei, dazu selber tut Leid not und viel Verwandelung. Ja, viel bitteres Sterben mu? in eurem Leben sein, ihr Schaffenden! Also seid ihr F?rsprecher und Rechtfertiger aller Verg?nglichkeit. Da? der Schaffende selber das Kind sei, das neu geboren werde, dazu mu? er auch die Geb?rerin sein wollen und der Schmerz der Geb?rerin. Wahrlich, durch hundert Seelen ging ich meinen Weg und durch hundert Wiegen und Geburtswehen. Manchen Abschied nahm ich schon, ich kenne die herzbrechenden letzten Stunden. Aber so will’s mein schaffender Wille, mein Schicksal. Oder, da? ich’s euch redlicher sage: solches Schicksal gerade – will mein Wille. Alles F?hlende leidet an mir und ist in Gef?ngnissen: aber mein Wollen kommt mir stets als mein Befreier und Freudebringer. Wollen befreit: das ist die wahre Lehre von Wille und Freiheit – so lehrt sie euch Zarathustra. Nicht-mehr-wollen und Nicht-mehr-sch?tzen und Nicht-mehr-schaffen! ach, da? diese gro?e M?digkeit mir stets fern bleibe! Auch im Erkennen f?hle ich nur meines Willens Zeugeund Werde-Lust[65 - Zeuge- und Werde-Lust – радость порождения и становления]; und wenn Unschuld in meiner Erkenntnis ist, so geschieht dies, weil Wille zur Zeugung in ihr ist. Hinweg von Gott und G?ttern lockte mich dieser Wille; was w?re denn zu schaffen, wenn G?tter – da w?ren! Aber zum Menschen treibt er mich stets von neuem, mein inbr?nstiger Schaffens-Wille; so treibt’s den Hammer hin zum Steine[66 - so treibt’s den Hammer hin zum Steine – так молот устремляется на камень]. Ach, ihr Menschen, im Steine schl?ft mir ein Bild, das Bild meiner Bilder! Ach, da? es im h?rtesten, h??lichsten Steine schlafen mu?! Nun w?tet mein Hammer grausam gegen sein Gef?ngnis. Vom Steine st?uben St?cke: was schiert mich das? Vollenden will ich’s: denn ein Schatten kam zu mir – aller Dinge Stillstes und Leichtestes kam einst zu mir! — Des ?bermenschen Sch?nheit kam zu mir als Schatten. Ach, meine Br?der! Was gehen mich noch – die G?tter an! — Also sprach Zarathustra. Von den Mitleidigen Meine Freunde, es kam eine Spottrede zu eurem Freunde: »Seht nur Zarathustra! Wandelt er nicht unter uns wie unter Tieren?« Aber so ist es besser geredet: »Der Erkennende wandelt unter Menschen als unter Tieren.« Der Mensch selber aber hei?t dem Erkennenden: das Tier, das rote Backen hat. Wie geschah ihm das? Ist es nicht, weil er sich zu oft hat sch?men m?ssen? O meine Freunde! So spricht der Erkennende: Scham, Scham, Scham – das ist die Geschichte des Menschen! Und darum gebeut sich der Edle, nicht zu besch?men: Scham gebeut er sich vor allem Leidenden. Wahrlich, ich mag sie nicht, die Barmherzigen, die selig sind in ihrem Mitleiden: zu sehr gebricht es ihnen an Scham. Mu? ich mitleidig sein, so will ich’s doch nicht hei?en; und wenn ich’s bin, dann gern aus der Ferne. Gerne verh?lle ich auch das Haupt und fliehe davon, bevor ich noch erkannt bin: und also hei?e ich euch tun, meine Freunde! M?ge mein Schicksal mir immer Leidlose, gleich euch, ?ber den Weg f?hren, und solche, mit denen mir Hoffnung und Mahl und Honig gemein sein darf! Wahrlich, ich tat wohl das und jenes an Leidenden: aber Besseres schien ich mir stets zu tun, wenn ich lernte, mich besser freuen. Seit es Menschen gibt, hat der Mensch sich zu wenig gefreut: Das allein, meine Br?der, ist unsre Erbs?nde! Und lernen wir besser uns freuen, so verlernen wir am besten, andern wehe zu tun und Wehes auszudenken. Darum wasche ich mir die Hand, die dem Leidenden half, darum wische ich mir auch noch die Seele ab. Denn da? ich den Leidenden leidend sah, dessen sch?mte ich mich um seiner Scham willen; und als ich ihm half, da verging ich mich hart an seinem Stolze. Gro?e Verbindlichkeiten machen nicht dankbar, sondern rachs?chtig; und wenn die kleine Wohltat nicht vergessen wird, so wird noch ein Nage-Wurm daraus. »Seid spr?de im Annehmen[67 - Seid spr?de im Annehmen! – Будьте же равнодушны, принимая что-либо!]! Zeichnet aus damit, da? ihr annehmt!« – also rate ich denen, die nichts zu verschenken haben. Ich aber bin ein Schenkender: gerne schenke ich, als Freund den Freunden. Fremde aber und Arme m?gen sich die Frucht selber von meinem Baume pfl?cken: so besch?mt es weniger. Bettler aber sollte man ganz abschaffen! Wahrlich, man ?rgert sich, ihnen zu geben, und ?rgert sich, ihnen nicht zu geben. Und insgleichen die S?nder und b?sen Gewissen! Glaubt mir, meine Freunde: Gewissensbisse erziehn zum Bei?en. Das Schlimmste aber sind die kleinen Gedanken. Wahrlich, besser noch b?s getan, als klein gedacht! Zwar ihr sagt: »Die Lust an kleinen Bosheiten erspart uns manche gro?e b?se Tat.« Aber hier sollte man nicht sparen wollen. Wie ein Geschw?r ist die b?se Tat: sie juckt und kratzt und bricht heraus – sie redet ehrlich. »Siehe, ich bin Krankheit« – so redet die b?se Tat; das ist ihre Ehrlichkeit. Aber dem Pilze gleich ist der kleine Gedanke: er kriecht und duckt sich und will nirgendswo sein – bis der ganze Leib morsch und welk ist vor kleinen Pilzen. Dem aber, der vom Teufel besessen ist, sage ich dies Wort ins Ohr: »Besser noch, du ziehest deinen Teufel gro?! Auch f?r dich gibt es noch einen Weg der Gr??e!« — Ach, meine Br?der! Man wei? von jedermann etwas zuviel! Und mancher wird uns durchsichtig, aber deshalb k?nnen wir noch lange nicht durch ihn hindurch. Es ist schwer, mit Menschen zu leben, weil Schweigen so schwer ist. Und nicht gegen den, der uns zuwider ist, sind wir am unbilligsten, sondern gegen den, welcher uns gar nichts angeht. Hast du aber einen leidenden Freund, so sei seinem Leiden eine Ruhest?tte, doch gleichsam ein hartes Bett, ein Feldbett: so wirst du ihm am besten n?tzen. Und tut dir ein Freund ?bles, so sprich: »Ich vergebe dir, was du mir tatest; da? du es aber dir tatest – wie k?nnte ich das vergeben!« Also redet alle gro?e Liebe: die ?berwindet auch noch Vergebung und Mitleiden. Man soll sein Herz festhalten; denn l??t man es gehn, wie bald geht einem da der Kopf durch! Ach, wo in der Welt geschahen gr??ere Torheiten als bei den Mitleidigen? Und was in der Welt stiftete mehr Leid als die Torheiten der Mitleidigen? Wehe allen Liebenden, die nicht noch eine H?he haben, welche ?ber ihrem Mitleiden ist! Also sprach der Teufel einst zu mir: Auch Gott hat seine H?lle: das ist seine Liebe zu den Menschen.« Und j?ngst h?rte ich ihn dies Wort sagen: »Gott ist tot; an seinem Mitleiden mit den Menschen ist Gott gestorben.« — So seid mir gewarnt vor dem Mitleiden: daher kommt noch den Menschen eine schwere Wolke! Wahrlich, ich verstehe mich auf Wetterzeichen! Merket aber auch dies Wort: alle gro?e Liebe ist noch ?ber all ihrem Mitleiden: denn sie will das Geliebte noch – schaffen! »Mich selber bringe ich meiner Liebe dar, und meinen N?chsten gleich mir« – so geht die Rede aller Schaffenden. Alle Schaffenden aber sind hart. — Also sprach Zarathustra. Von den Priestern Und einstmals gab Zarathustra seinen J?ngern ein Zeichen und sprach diese Worte zu ihnen: »Hier sind Priester: und wenn es auch meine Feinde sind, geht mir still an ihnen vor?ber und mit schlafendem Schwerte! Auch unter ihnen sind Helden; viele von ihnen litten zuviel —: so wollen sie andre leiden machen. B?se Feinde sind sie: nichts ist rachs?chtiger als ihre Demut. Und leicht besudelt sich der, welcher sie angreift. Aber mein Blut ist mit dem ihren verwandt; und ich will mein Blut auch noch in dem ihren geehrt wissen.« — Und als sie vor?bergegangen waren, fiel Zarathustra der Schmerz an; und nicht lange hatte er mit seinem Schmerze gerungen, da hub er also an zu reden: Es jammert mich dieser Priester. Sie gehen mir auch wider den Geschmack; aber das ist mir das Geringste, seit ich unter Menschen bin. Aber ich leide und litt mit ihnen: Gefangene sind es mir und Abgezeichnete[68 - Abgezeichnete – отмеченные клеймом]. Der, welchen sie Erl?ser nennen, schlug sie in Banden: — In Banden falscher Werte und Wahn-Worte! Ach, da? einer sie noch von ihrem Erl?ser erl?ste! Auf einem Eilande glaubten sie einst zu landen, als das Meer sie herumri?; aber siehe, es war ein schlafendes Ungeheuer! Falsche Werte und Wahn-Worte: das sind die schlimmsten Ungeheuer f?r Sterbliche – lange schl?ft und wartet in ihnen das Verh?ngnis. Aber endlich kommt es und wacht und fri?t und schlingt, was auf ihm sich H?tten baute. O seht mir doch diese H?tten an, die sich diese Priester bauten! Kirchen hei?en sie ihre s??duftenden H?hlen. O ?ber dies verf?lschte Licht, diese verdumpfte Luft! Hier, wo die Seele zu ihrer H?he hinauf – nicht fliegen darf! Конец ознакомительного фрагмента. Текст предоставлен ООО «ЛитРес». Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию (https://www.litres.ru/fridrih-nicshe/also-sprach-zarathustra-ein-buch-fur-alle-und-keinen-tak-go/?lfrom=688855901) на ЛитРес. 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die Unterhaltung nicht angreife – чтобы развлечение это не утомляло их чрезмерно 11 ich sei kalt und ein Sp?tter in furchtbaren Spa?en – я холодный насмешник и тешусь злыми шутками 12 vorw?rts Faultier, Schleichh?ndler, Bleichgesicht – вперед, ленивая скотина, контрабандист, набеленная рожа 13 dem Teufel seinen Bissen stehlen – украсть кусок у самого черта 14 steckten die K?pfe zusammen – шушукались 15 Das geht mich nichts an – Что мне за дело 16 gehabt euch wohl – прощайте 17 sie sind ausgezogen auf Kundschaft – отправились они в путь 18 ein Rauben ist es ihm und eines raubenden Tieres Sache – грабежом, достойным хищного зверя, кажется ему все это 19 allen aus dem Wege gehn – сторонитесь всех 20 es tut schon not – ведь для этого необходимо 21 mu? man sich noch auf eins verstehen – не забывай вот о чем 22 so w?re auch mir dies der w?hlensw?rdigste Unsinn – тогда и мне его мудрость показалась бы наиболее достойной выбора 23 blutigen Tr?nklein – кровавое питье 24 Ihrem Leibe und dieser Erde nun entr?ckt w?hnten sie sich – Они возомнили, что сумели отречься от тела и от земли 25 aus der Haut fahren – сбросить кожу 26 Ich bin das G?ngelband des Ichs und der Einbl?ser seiner Begriffe – Я служу помочами для “я” и внушаю ему понятия его 27 Kurzweil mit ihr treiben – быть с ней на короткой ноге 28 kein Wegweiser sei es mir f?r ?ber-Erden und Paradiese – не нужен мне путеводитель на небо, в рай 29 la?t den Erhabenen nicht wieder zur?ck in sein Niederes – не дайте же возвысившемуся снова пасть 30 Gleichw?chsig war er seiner Tat – На равных был он с делом своим 31 liegt das Blei seiner Schuld auf ihm – свинцовым грузом легла на него вина 32 Aber dies will nicht in eure Ohren – Но это не вмещается в ваши уши 33 Auf – Вставайте же 34 seitdem will ich nicht erst gesto?en sein, um von der Stelle zu kommen – с тех пор я не нуждаюсь в толчках, чтобы сдвинуться с места 35 wenn dein Geist alle Gef?ngnisse zu l?sen trachtet – пока дух твой стремится разрушить все темницы 36 Selbstzerfleischung – самоистязание 37 Eingeh?llt in dicke Schwermut – погруженные в глубокое уныние 38 was schiert es sie – что им до того 39 wofern sie nur schnell dahinfahren – лишь бы исчезли они с лица земли 40 Sprachverwirrung des Guten und B?sen – смешение языков в понимании добра и зла 41 es winkt den Predigern des Todes – оно на руку проповедникам смерти 42 klirrend im Putz g?ttlicher Ehren – бряцающий сбруей божеских почестей 43 Geht doch dem schlechten Ger?che aus dem Wege! – Прочь от зловония! 44 der sie erst auff?hrt – кто их представит с подмостков 45 ver?nderliche Witterungen – переменчивые настроения 60 46 blutig geritzt – в кровь исцарапан 47 Keuschheit – целомудрие 48 fuhren dabei selber in die S?ue – превратились в свиней 65 49 Selbstloses – бескорыстие 50 da? du einem Joche entronnen bist – что ты избежал ярма 51 Ferne bleibe mir auch der Gott – Да не приблизится ко мне этот Бог 52 der Vollbringende – завершивший путь свой 53 L?sterm?uler – клеветники 54 Und so verziehe ich noch ein wenig auf Erden – Вот почему помедлю я еще немного на земле 55 gaben ihm das Geleit – провожали его 56 Ach, es gab immer so viel verflogene Tugend! – О, как много добродетели улетало и прежде! 57 an feine Ohren ergeht gute Botschaft – до чуткого уха долетает благая весть 58 an meinem Kranze rupfen – разорвать венок мой 59 haben meiner Lehre Bildnis entstellt – исказили образ учения моего 60 rauscht meine Seele in die T?ler – с шумом низвергается душа моя в долины 61 Und mag mein Strom der Liebe in Unwegsames st?rzen! – И пусть бурный поток любви моей устремится туда, где нет дорог! 62 wurde tr?chtig – зачала 63 eingeboren sein – сродниться 64 die drehende Krankheit hei?e ich’s – болезнью кружения называю я такие мысли 65 Zeuge- und Werde-Lust – радость порождения и становления 66 so treibt’s den Hammer hin zum Steine – так молот устремляется на камень 67 Seid spr?de im Annehmen! – Будьте же равнодушны, принимая что-либо! 68 Abgezeichnete – отмеченные клеймом
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