Ëåãêî âåñòè òóïûõ íà âîäîïîé, Ðàçáàâèâ ëîæü â ïðîïàãàíäèñòñêîì ïîéëå, Ëåãêî èäòè íà ñâîé íàðîä âîéíîé... Õîòÿ óæå ñîìíåíèÿ - íà ñâîé ëè? Ëåãêî ñòåðåòü îòñóòñòâèå ìîçãîâ, Ñëåïèòü èñòîðèþ, ñëàáàòü ÿçûê è âåðó, Ëåãêî ïóñòèòüñÿ â ïîèñêè âðàãîâ È âåðèòü â çàáóãîðíóþ õèìåðó. Ëåãêî ïîâåðèòü â ñâÿòîñòü ïàëà÷åé, Îðàòü áàðàíüå: Ñëàâà Óêðàíå! Ëåãêî ñòàòü ïðîñ

Verbrechen im Caf?

Verbrechen im Caf? Fiona Grace Ein Cozy-Krimi mit Lacey Doyle #3 „Sehr unterhaltsam. Ich kann dieses Buch jedem Leser w?rmstens f?r die eigene Bibliothek empfehlen, der einen sehr gut geschriebenen Krimi mit einigen Wendungen und einer intelligenten Handlung sch?tzt. Du wirst nicht entt?uscht sein. Die perfekte Lekt?re f?r ein frostiges Wochenende!“. –Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (bezugnehmenden auf Der Tod kam vor dem Fr?hst?ck) . VERBRECHEN IM CAF? (EIN COZY-KRIMI MIT LACEY DOYLE – BUCH 3) ist Buch drei einer charmanten neuen Krimireihe von Fiona Grace… Lacey Doyle, 39 Jahre alt und frisch geschieden, hat eine dramatische Ver?nderung durchgemacht: Sie hat ihrem schnellen Leben in New York City den R?cken gekehrt und sich in der malerischen K?stenstadt Wilfordshire in England niedergelassen… Es ist schon fast Sommer und Lacey hat sich noch mehr in die kleine Stadt und ihren Freund, der als Koch arbeitet, verliebt. Sie hat sogar einen besten Freund: den neuen Besitzer einer ans?ssigen Fr?hst?ckspension. Und als ihr Freund ihre Hilfe bei der Dekoration der Pension ben?tigt und ihren kleinen Antiquit?tenladen beinahe leer kauft, erh?lt ihr Gesch?ft einen weiteren Aufschwung. . Alles scheint perfekt zu laufen – bis jemand auf mysteri?se Weise in der neuen Pension ihres Freundes ums Leben kommt… Ihr Dorf wird auf den Kopf gestellt und die Existenzgrundlage ihres neuen Freundes steht auf dem Spiel. Jetzt ist es an Lacey und ihrem Hund, dem R?tsel auf den Grund zu gehen… Buch #4 der Reihe erscheint bald! Fiona Grace VERBRECHEN IM CAF? VERBRECHEN IM CAF? (EIN COZY-KRIMI MIT LACEY DOYLE – BUCH 3) FIONA GRACE Fiona Grace Die Debutautorin Fiona Grace ist die Verfasserin der LACEY DOYLE COZY-KRIMI Buchreihe, die bisher aus den Romanen MORD IM MORGENGRAUEN (Buch Eins), EIN HAARIGER FALL (Buch Zwei), VERBRECHEN IM CAF? (Buch Drei), EIN VERH?NGNISVOLLER BESUCH (Buch Vier) und EIN T?DLICHER KUSS (Buch F?nf) besteht. Fiona ist au?erdem Autorin der EIN TOSKANISCHER WEINGARTEN COZY-KRIMI Buchreihe. Fiona w?rde sich sehr freuen, von Ihnen zu h?ren, deshalb besuchen Sie bitte ihre Webseite www.fionagraceauthor.com (http://www.fionagraceauthor.com/), ?ber die Sie kostenlose E-Books erhalten, wissenswerte Neuigkeiten rund um die Autorin erfahren und mit ihr in Kontakt treten k?nnen. Copyright © 2020 von Fiona Grace. Alle Rechte vorbehalten. Mit Ausnahme der Bestimmungen des U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieser Publikation ohne vorherige Genehmigung des Autors in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln vervielf?ltigt, verbreitet oder ?bertragen oder in einer Datenbank oder einem Datenabfragesystem gespeichert werden. Dieses eBook ist nur f?r Ihren pers?nlichen Gebrauch lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen verschenkt werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen m?chten, erwerben Sie bitte f?r jeden Empf?nger ein zus?tzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen und es nicht gekauft haben, oder es nicht nur f?r Ihren Gebrauch gekauft wurde, dann geben Sie es bitte zur?ck und kaufen Sie Ihr eigenes Exemplar. Danke, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dies ist ein Werk der Belletristik. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorf?lle sind entweder das Produkt der Phantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede ?hnlichkeit mit tats?chlichen Personen, ob lebendig oder tot, ist v?llig zuf?llig. Jackenbild Copyright canadastock, verwendet unter Lizenz von Shutterstock.com. B?CHER VON FIONA GRACE EIN COZY-KRIMI MIT LACEY DOYLE MORD IM MORGENGRAUEN (Buch #1) EIN HAARIGER FALL (Buch #2) VERBRECHEN IM CAF? (Buch #3) EIN VERH?NGNISVOLLER BESUCH (Buch #4) EIN T?DLICHER KUSS (Buch #5) EIN MALERISCHER MORD (Buch #6) VERSTUMMT DURCH EINEN ZAUBER (Buch #7) VERDAMMT DURCH EINE F?LSCHUNG (Buch #8) KATASTROPHE IM KLOSTER (Buch #9) EIN TOSKANISCHER WEINGARTEN COZY-KRIMI EIN ERLESENER MORD (Buch #1) EIN ERLESENER TODESFALL (Book #2) EIN ERLESENES VERBRECHEN (Book #3) KAPITEL EINS „Hey, Lacey!“, drang Ginas Stimme aus dem Hinterzimmer des Antiquit?tengesch?fts. „Komm mal eben.“ Lacey stellte den antiken Messingkandelaber, den sie gerade polierte, sanft auf den Tresen. Das leise Ger?usch veranlasste Chester, ihren englischen Sch?ferhund, den Kopf nach oben zu strecken. Er hatte an seinem gewohnten Platz geschlafen, ausgestreckt ?ber die Bodenbretter neben dem Tresen und die Strahlen der Juni-Sonne genossen. Er sah Lacey mit seinen dunkelbraunen Augen an und seine buschigen Augenbrauen zuckten vor offensichtlicher Neugierde. „Gina braucht mich“, sagte Lacey zu ihm. Sein scharfsinniger Gesichtsausdruck gab ihr stets das Gef?hl, als ob er jedes ihrer Worte verstehen k?nnte. „Du beh?ltst den Laden im Auge und bellst, wenn Kunden hereinkommen. Verstanden?“ Chester jaulte best?tigend und senkte den Kopf wieder auf seine Pfoten. Lacey ging durch den Durchgang, der die Hauptgesch?ftsetage von dem gro?en, erst k?rzlich umgebauten Auktionssaal trennte. Er hatte die Form eines Eisenbahnwaggons – lang und schmal und mit hoher Decke, wie die einer Kirche. Lacey liebte diesen Raum. Aber andererseits liebte sie alles an ihrem Laden, von der Retro-M?belabteilung, f?r deren Gestaltung sie ihre Kenntnisse als Assistentin eines New Yorker Innenarchitekten eingesetzt hatte, bis hin zum Gem?segarten im Hinterhof. Der Laden war ihr ganzer Stolz, auch wenn sie manchmal das Gef?hl hatte, dass er ihr mehr ?rger bereitete, als er wert war. Sie schritt durch den Durchgang, und durch die offene Hintert?r wehte eine warme Brise herein, die duftende Ger?che aus dem Blumengarten mitbrachte, den Gina angelegt hatte. Aber Gina selbst war nirgendwo zu sehen. Lacey suchte den Auktionssaal ab, dann folgerte sie, dass Gina sie aus dem Garten gerufen haben musste, und ging in Richtung der offenen franz?sischen T?ren. Doch w?hrend sie auf die T?ren zuschritt, h?rte sie ein schlurfendes Ger?usch aus dem linken Korridor kommen. Der Korridor beherbergte die unansehnlicheren Bereiche ihres Ladens – das enge B?ro voller Aktenschr?nke und Stahlsafes, den K?chenbereich, in dem ihr treuer Wasserkessel und verschiedene koffeinhaltige Getr?nke untergebracht waren, die Toilette (oder das „stille ?rtchen“, wie es die Einwohner Wilfordshires lieber bezeichneten) und den quadratischen Lagerraum. „Gina?“, rief Lacey in die Dunkelheit. „Wo bist du?“ „Huhu!“, kam die Stimme ihrer Freundin, ged?mpft, als ob sie mit ihrem Kopf in etwas feststeckte. So wie sie Gina kannte, traf das wahrscheinlich auch zu. „Ich bin im Lagerraum!“ Lacey runzelte die Stirn. Es gab keinen Grund f?r Gina, im Lagerraum zu sein. Eine Bedingung, unter der Lacey sie angestellt hatte, war, dass sie sich nicht mit schwerem Heben ?beranstrengen w?rde. Aber andererseits, wann h?rte Gina jemals auf etwas, das Lacey sagte? Mit einem Seufzer ging Lacey den Korridor entlang und in den Lagerraum. Sie fand Gina vor dem Lagerschrank kauernd vor, ihr zerzaustes graues Haar mit einem violetten Samt-Haargummi zu einem Knoten befestigt. „Was machst du hier?“, fragte Lacey ihre Freundin. Gina drehte den Kopf, um zu ihr aufzublicken. Sie hatte k?rzlich in eine Brille mit rotem Rahmen investiert, von der sie behauptete, sie sei „der letzte Schrei in Shoreditch“ (aber warum eine ?ber 60-j?hrige Rentnerin ihre modischen Entscheidungen von den trendigen Londoner Jugendlichen ?bernehmen w?rde, war f?r Lacey nicht nachvollziehbar), und durch die pl?tzliche Bewegung glitt sie ihr die Nase hinunter. Sie benutzte ihren Zeigefinger, um sie wieder an ihren Platz zur?ckzuschieben und zeigte dann auf eine l?ngliche Pappschachtel in dem Regal vor sich. „Hier steht eine unge?ffnete Schachtel“, verk?ndete Gina. Dann f?gte sie mit wissentlich verschw?rerischem Ton hinzu: „Und laut dem Poststempel kommt sie aus Spanien.“ Lacey sp?rte sofort, wie ihre Wangen rot wurden. Das Paket war von Xavier Santino, dem attraktiven spanischen Antiquit?tensammler, der im vergangenen Monat an ihrer Auktion zum Thema Marine teilgenommen hatte, um die Sammlung verlorener Erbst?cke seiner Familie wieder zusammenzuf?hren. Zusammen mit Lacey war er schlie?lich zum Verd?chtigen im Mordfall eines amerikanischen Touristen geworden. Sie hatten sich w?hrend der Tortur angefreundet, und das Band zwischen ihnen hatte sich durch Xaviers zuf?llige Verbindung zu ihrem vermissten Vater weiter gefestigt. „Es ist nur etwas, das Xavier mir geschickt hat“, sagte Lacey und versuchte, es abzutun. „Du wei?t, dass er mir dabei hilft, Informationen zum Verschwinden meines Vaters zusammenzutragen.“ Ginas Knie knackten, w?hrend sie sich aufstellte und blickte Lacey misstrauisch an. „Ich wei? sehr gut, was er tut“, sagte sie, w?hrend ihre H?nde an ihre H?ften wanderten. „Was ich nicht verstehe, ist, warum er dir Geschenke schickt. Das ist schon das dritte in diesem Monat.“ „Geschenke?“, erwiderte Lacey defensiv. Sie verstand, was Gina andeuten wollte. „Ein Umschlag gef?llt mit Quittungen aus dem Gesch?ft meines Vaters w?hrend Xaviers Reise nach New York stellt in meinen Augen kaum ein Geschenk dar.“ Ginas Gesichtsausdruck blieb misstrauisch. Sie bewegte ihren Fu? klopfend auf und ab. „Was ist mit dem Gem?lde?“ Vor ihrem geistigen Auge stellte sich Lacey das ?lgem?lde eines Segelbootes vor, das Xavier ihr erst letzte Woche geschickt hatte. Sie hatte es ?ber dem Kamin in ihrem Wohnzimmer in Crag Cottage aufgeh?ngt. „Solche Boote hat sein Ururgro?vater befehligt“, verteidigte sie sich weiter. „Xavier fand es auf einem Flohmarkt und dachte, es k?nnte mir gefallen.“ Sie zuckte l?ssig die Achseln und versuchte, es herunterzuspielen. „Aha“, grunzte Gina, ihre Lippen zusammengepresst. „Er hat es gesehen und an dich gedacht. Du wei?t, wie das f?r einen Au?enstehenden aussieht …“ Lacey war ver?rgert. Sie war mit ihrer Geduld am Ende. „Worauf auch immer du anspielst, warum sagst du es nicht einfach?“ „Also gut“, antwortete ihre Freundin mutig. „Ich glaube, an Xaviers Geschenken ist mehr dran, als du bereit bist zu akzeptieren. Ich glaube, er mag dich.“ Obwohl Lacey geahnt hatte, dass ihre Freundin das sagen w?rde, f?hlte sie sich dennoch etwas gekr?nkt, als sie die Worte aussprach. „Ich bin vollkommen gl?cklich mit Tom“, argumentierte sie, vor ihrem inneren Auge tauchte der wundersch?ne, breit l?chelnde B?cker herauf, den sie das Gl?ck hatte ihren Liebhaber zu nennen. „Xavier versucht nur zu helfen. Das hat er versprochen, als ich ihm den Sextanten seines Urgro?vaters geschenkt habe. Du erfindest gerade ein Drama, wo keines ist.“ „Wenn es kein Drama gibt“, antwortete Gina ruhig, „warum versteckst du dann Xaviers Paket im untersten Regal des Lagerschrankes?“ Lacey zuckte zusammen. Ginas Anschuldigungen hatten sie ?berrumpelt und verwirrt. Einen Moment lang verga? sie den Grund, warum sie das Paket nach der Unterschrift f?r die Lieferung weggelegt hatte, anstatt es gleich zu ?ffnen. Dann erinnerte sie sich; der Papierkram hatte sich verz?gert. Xavier hatte behauptet, dass sie eine Begleitbescheinigung w?rde unterschreiben m?ssen, also hatte sie sich dazu entschieden, das Paket vorl?ufig zu verstauen f?r den Fall, dass sie versehentlich gegen irgendein britisches Gesetz verstie?, das sie noch nicht kannte. So viel wie die Polizei in ihrem Laden herumgeschn?ffelt hatte, konnte sie nicht vorsichtig genug sein! „Ich verstecke es nicht“, sagte Lacey. „Ich warte darauf, dass die Bescheinigung eintrifft.“ „Du wei?t nicht, was drin ist?“, fragte Gina. „Xavier hat dir nicht gesagt, was es ist?“ Lacey sch?ttelte den Kopf. „Und du hast nicht gefragt?“, hakte sie nach. Wieder sch?ttelte Lacey den Kopf. Da bemerkte sie, dass der anklagende Ausdruck in Ginas Augen zu verblassen begann. Stattdessen wurde er von Neugierde abgel?st. „Glaubst du, es k?nnte etwas …“, Gina senkte ihre Stimme, „… Illegales sein?“ Obwohl sie sich sicher war, dass Xavier ihr keinen illegalen Artikel geschickt hatte, war Lacey mehr als gl?cklich, das Thema von seinem Geschenk abzulenken, also stieg sie darauf ein. „K?nnte sein“, sagte sie. Ginas Augen weiteten sich weiter. „Was k?nnte es sein?“, fragte sie und klang wie ein eingesch?chtertes Kind. „Elfenbein vielleicht“, sagte Lacey zu ihr und erinnerte sich an Wissen aus ihrem Studium ?ber Gegenst?nde, deren Verkauf im Vereinigten K?nigreich illegal war, ob es sich nun um Antiquit?ten oder andere Gegenst?nde handelte. „Alles, was aus dem Fell einer vom Aussterben bedrohten Tierart hergestellt wird. Polsterm?bel, die aus nicht feuerhemmenden Stoffen hergestellt werden. Oder Waffen …“ Jede Art von Vorwurf oder Misstrauen verschwand nun v?llig von Ginas Gesichts; das „Drama“ um Xavier war im Handumdrehen vergessen, dank der weitaus aufregenderen M?glichkeit, dass sich in der Kiste eine Waffe befinden k?nnte. „Eine Waffe?“, wiederholte Gina mit einem Quietschen in ihrer Stimme. „K?nnen wir es nicht ?ffnen und nachsehen?“ Sie sah so aufgeregt aus wie ein Kind am Weihnachtsabend. Lacey z?gerte. Sie hatte sich darauf gefreut, in das P?ckchen zu sehen, seit es per Sonderkurier angekommen war. Es musste Xavier ein Verm?gen gekostet haben, es den ganzen Weg von Spanien herzuschicken, und auch die Verpackung war aufwendig; der dicke Karton war so stabil wie Holz, und das ganze Ding war mit Heftklammern in Industriegr??e befestigt und mit Kabelbinder zusammengebunden. Was immer sich darin befand, war offensichtlich sehr wertvoll. „Okay“, sagte Lacey und f?hlte sich rebellisch. „Welchen Schaden kann ein kleiner Blick darauf schon anrichten?“ Sie strich eine widerspenstige Str?hne aus ihrem dunklen Pony hinter ihr Ohr und holte den Kartonschneider. Sie benutzte ihn, um die Kabelbinder zu durchtrennen und die Heftklammern zu entfernen. Dann ?ffnete sie den Karton und arbeitete sich durch die Styroporverpackung. „Es ist eine Kiste“, sagte sie, zerrte an dem Ledergriff und hob einen schweren Holzkoffer heraus. ?berall flatterten Styroporst?cke umher. „Sieht aus wie die Aktentasche eines Spions“, sagte Gina. „Oh, du glaubst doch nicht, dass dein Vater ein Spion war, oder? Vielleicht ein russischer!“ Lacey verdrehte ihre Augen, als sie den schweren Koffer auf den Boden stellte. „Ich habe vielleicht im Laufe der Jahre viele seltsame Theorien ?ber das, was mit meinem Vater passiert ist, aufgestellt“, sagte sie und klickte einen nach dem anderen die Verschl?sse des Koffers auf. „Aber russischer Spion war nie dabei.“ Sie schob den Deckel hoch und schaute in den Koffer. Sie keuchte beim Anblick dessen, was er enthielt. Ein wundersch?nes antikes Steinschloss-Jagdgewehr. Gina begann zu husten. Sie klang, als w?rde sie vor Aufregung halb ersticken. „Du kannst das Ding nicht hier drin haben! Meine G?te, wahrscheinlich d?rfte sie sich nicht mal hier in England befinden! Was in aller Welt hat Xavier sich dabei gedacht, dir so etwas zu schicken?“ Aber Lacey h?rte dem Ausbruch ihrer Freundin nicht zu. Ihre Aufmerksamkeit war auf das Gewehr fixiert. Es war in ausgezeichnetem Zustand, obwohl es weit ?ber hundert Jahre alt sein musste. Vorsichtig nahm Lacey es aus dem Koffer und sp?rte sein Gewicht in ihren H?nden. Es hatte etwas Vertrautes an sich. Aber sie hatte noch nie ein Gewehr in der Hand gehabt, geschweige denn eines abgefeuert, und trotz des seltsamen D?j?-vus hatte sie keine konkreten Erinnerungen, die mit so einem Gewehr in Verbindung standen. Gina fing an, mit den H?nden zu fuchteln. „Lacey, leg es zur?ck! Leg es zur?ck! Es tut mir leid, dass ich dich gezwungen habe, es herauszunehmen. Ich dachte nicht wirklich, dass es eine Waffe sein w?rde.“ „Gina, beruhige dich“, sagte Lacey zu ihr. Aber ihre Freundin war jetzt vollends au?er sich. „Du brauchst einen Waffenschein! Es k?nnte sogar eine Straftat sein, sie ?berhaupt zu besitzen! Wir sind hier nicht in den USA!“ Ginas Quietschen schien ihren H?hepunkt zu erreichen, aber Lacey antwortete nicht. Wenn sei eines von ihren Panikausbr?chen gelernt hatte, war es, dass man Gina nicht mit Worten beruhigen konnte. Irgendwann w?rde sie sich von selbst beruhigen. Entweder das, oder sie w?rde vor Ersch?pfung umkippen. Au?erdem war Laceys Aufmerksamkeit zu sehr auf das sch?ne Gewehr gerichtet, um ihr weiter Beachtung zu schenken. Sie war gebannt von dem seltsamen Gef?hl der Vertrautheit, das es in ihr geweckt hatte. Sie blickte den Lauf hinunter und sp?rte sein Gewicht. Seine Form in ihren H?nden. Sogar seinen Geruch. Das Gewehr hatte einfach etwas Wunderbares an sich, als ob es schon immer ihr geh?ren sollte. In diesem Moment wurde Lacey sich der Stille bewusst. Gina hatte endlich aufgeh?rt zu zetern. Lacey blickte zu ihr auf. „Bist du fertig?“, fragte sie ruhig. Gina starrte immer noch das Gewehr an, als w?re es ein Zirkustiger, der aus seinem K?fig entkommen war, aber sie nickte langsam. „Gut“, sagte Lacey. „Was ich versucht habe, dir zu sagen, ist, dass ich nicht nur meine Hausaufgaben hinsichtlich der britischen Gesetze ?ber den Besitz und den Gebrauch von Schusswaffen gemacht habe, sondern dass ich tats?chlich ein Zertifikat f?r den legalen Handel mit antiken Waffen habe.“ Gina hielt inne und eine kleine, verwirrte Falte erschien auf der Fl?che zwischen ihren Augenbrauen. „Hast du?“ „Ja“, versicherte Lacey ihr. „Damals, als ich das Inventar von Penrose Manor gesch?tzt habe, besa? das Anwesen eine ganze Sammlung von Schusswaffen. Ich musste sofort eine Lizenz beantragen, um die Auktion ?berhaupt durchf?hren zu d?rfen. Percy Johnson hat mir geholfen, das alles zu organisieren.“ Gina sch?rzte die Lippen. Sie blickte sie an wie eine strenge Stiefmutter. „Warum wusste ich nichts davon?“ „Nun, du hast damals noch nicht f?r mich gearbeitet, oder? Du warst nur die nette Dame von nebenan, deren Schafe unbefugt mein Grundst?ck betreten hatten.“ Lacey kicherte ?ber die liebevolle Erinnerung an ihren ersten Morgen, an dem sie in Crag Cottage aufgewacht war und eine Schafherde vorgefunden hatte, die gerade ihr Gras futterte. Gina erwiderte das L?cheln nicht. Sie schien in einer st?rrischen Stimmung zu sein. „Trotzdem“, sagte sie und verschr?nkte die Arme, „du wirst es bei der Polizei registrieren lassen m?ssen, nicht wahr? In der Datenbank f?r Schusswaffen.“ Bei der Erw?hnung der Polizei erschien vor Laceys geistigem Auge das Bild des strengen, emotionslosen Gesichts von Hauptkommissar Karl Turner, gefolgt von dem Gesicht seiner stoischen Partnerin, Kommissarin Beth Lewis. F?r ihren Geschmack hatte sie schon genug Begegnungen mit den beiden gehabt. „Eigentlich muss ich das nicht“, sagte sie zu Gina. „Es ist eine Antiquit?t und funktioniert wahrscheinlich gar nicht mehr. Das bedeutet, es ist als Antiquit?t klassifiziert, nicht als Waffe. Ich sagte doch, ich habe meine Hausaufgaben gemacht!“ Doch Gina gab nicht auf. Sie schien entschlossen, einen Fehler an der Sache zu finden. „Funktioniert wahrscheinlich nicht mehr?“, wiederholte sie. „Woher wei?t du das mit Sicherheit? Ich dachte, du h?ttest gesagt, dass sich der Papierkram noch verz?gert hatte?“ Lacey stockte. Da hatte Gina recht. Sie hatte die Unterlagen noch nicht gesehen, also konnte sie nicht hundertprozentig sicher sein, dass das Gewehr nicht funktionst?chtig war. Aber zum einen war in dem Koffer keine Munition enthalten, und Lacey war sich ziemlich sicher, dass Xavier ihr kein geladenes Gewehr per Post schicken w?rde! „Gina“, sagte sie mit fester und bestimmter Stimme, „ich verspreche dir, ich habe alles unter Kontrolle.“ Diese Zusicherung kam Lacey leicht ?ber die Lippen. Jetzt konnte sie es noch nicht wissen, aber diese Worte w?rde sie schon sehr bald bereuen. Gina schien nachzugeben, obwohl sie nicht allzu gl?cklich dabei aussah. „Gut. Wenn du sagst, du hast die Sache im Griff, dann hast du sie im Griff. Aber warum sollte Xavier ausgerechnet dir eine verdammte Waffe schicken?“ „Das ist eine gute Frage“, sagte Lacey und fragte sich pl?tzlich dasselbe. Sie griff in das Innere des Pakets und fand am Boden ein gefaltetes St?ck Papier. Sie nahm es heraus. Ginas Andeutung von vorhin, dass Xavier mehr als nur Freundschaft im Sinn hatte, verursachte in ihr ein eigenartiges Gef?hl. Sie r?usperte sich, als sie den Brief ?ffnete und laut vorlas. „Liebe Lacey! „Wie du wei?t, war ich k?rzlich in Oxford…“ Sie hielt inne und f?hlte, wie sich Ginas Blick versch?rfte, als w?rde ihre Freundin sie schweigend verurteilen. Lacey sp?rte, wie ihre Wangen wieder rot wurden und drehte den Brief, um Gina den Blick darauf zu versperren. „Wie du wei?t, war ich k?rzlich in Oxford auf der Suche nach den verlorenen Antiquit?ten meines Urgro?vaters. Ich sah dieses Gewehr, und es half meinem Ged?chtnis auf die Spr?nge. Dein Vater hatte ein ?hnliches Gewehr in seinem New Yorker Gesch?ft zu verkaufen. Er erz?hlte mir mehr davon. Er erz?hlte mir, dass er k?rzlich auf einer Jagdreise in England gewesen war. Es war eine lustige Geschichte. Er sagte, er habe es nicht gewusst, aber es war Nebensaison gereist und so durfte er nur Kaninchen jagen. Ich recherchierte mehr ?ber die Jagdsaisons in England und die Nebensaison ist tats?chlich im Sommer. Ich erinnere mich nicht, dass er Wilfordshire namentlich nannte, erinnere mich aber daran, dass du sagtest, er habe dort in den Sommermonaten Urlaub gemacht? Vielleicht gibt es dort eine lokale Jagdgruppe? Vielleicht haben sie ihn gekannt? Dein Xavier.“ Lacey mied Ginas pr?fenden Blick, als sie den Brief zusammenfaltete. Die ?ltere Frau brauchte nicht einmal zu sprechen, um Lacey wissen zu lassen, was sie dachte – dass Xavier ihr diese Erinnerung in einer Textnachricht h?tte mitteilen k?nnen, anstatt es derart zu ?bertreiben, ihr ein Gewehr zu schicken! Aber es k?mmerte Lacey nicht wirklich. Sie interessierte sich mehr f?r den Inhalt des Briefes als f?r etwaige romantische Gesten, die Xaviers Handlungen untermauerten. Ihr Vater hatte also in seinen Sommerurlauben in England gejagt? Das war ihr neu! Abgesehen von der Tatsache, dass sie keine Erinnerungen daran hatte, dass er ?berhaupt ein Gewehr besessen hatte, konnte sie sich nicht vorstellen, dass ihre Mutter damit einverstanden gewesen war. Sie war extrem zimperlich. Leicht zu schockieren. War er deshalb daf?r in ein anderes Land gereist? Es h?tte ein Geheimnis sein k?nnen, das er ihrer Mutter v?llig verschwiegen hatte, ein Vergn?gen, dem er sich nur einmal im Jahr hingab. Oder vielleicht war er wegen der Gesellschaft, die er hier hatte, zum Schie?en nach England gekommen… Lacey erinnerte sich an die wundersch?ne Frau im Antiquit?tengesch?ft, diejenige, die Naomi geholfen hatte, nachdem sie ein antikes St?ck zerbrochen hatte, diejenige, die sie auf der Stra?e wieder getroffen hatten. Der pl?tzliche Schein der Sonne hinter ihrem Kopf hatte ihre Gesichtsz?ge verdunkelt. Die Frau mit dem sanften englischen Akzent, die so sch?n geduftet hatte. K?nnte sie diejenige gewesen sein, die ihren Vater in das Hobby eingef?hrt hatte? War es ein Zeitvertreib gewesen, den sie miteinander geteilt hatten? Sie schnappte sich ihr Handy, um ihrer j?ngeren Schwester eine Nachricht zu schicken, kam aber nur dazu, „Hat Dad Waffen besessen…“, zu schreiben, als sie von Chesters Winseln unterbrochen wurde. Die Gl?ckchen ?ber der Eingangst?r mussten geklingelt haben. Sie legte das Gewehr in seinen Koffer zur?ck, schloss die Schnappverschl?sse und ging zur?ck in den Verkaufsraum. „Du kannst das doch nicht so herumliegen lassen!“, rief Gina und war sofort wieder in Panik. „Dann lege es in den Safe, wenn es dir so wichtig ist“, sagte Lacey ?ber die Schulter. „Ich?“, h?rte sie Gina schrill ausrufen. Obwohl sie bereits auf halbem Weg den Korridor entlang war, hielt Lacey inne. Sie seufzte. „Ich bin in einer Minute bei Ihnen!“, rief sie in die Richtung, in die sie gegangen war. Dann drehte sie sich wieder um, ging zur?ck in den Lagerraum und hob den Koffer auf. Als sie ihn an Gina vorbei trug, hielt die Frau ihren vorsichtigen Blick darauf gerichtet und trat zur?ck, als ob er jeden Moment explodieren k?nnte. Lacey schaffte es, zu warten, bis sie ganz an ihr vorbeigegangen war, bevor sie die Augen wegen Ginas ?berm??ig dramatischer Reaktion verdrehte. Lacey legte das Gewehr in den gro?en Stahlsafe, in dem ihre wertvollsten und teuersten Gegenst?nde sicher eingeschlossen waren. Dann ging sie zur?ck in den Korridor, wo ihr Gina in den Verkaufsraum folgte. Zumindest jetzt, da das Gewehr au?er Sichtweite war, hatte sie endlich aufgeh?rt zu protestieren. Zur?ck im vorderen Bereich des Ladens erwartete Lacey, dass jemand gerade eines ihrer ?berf?llten Regale durchst?bern wurde. Stattdessen musste sie feststellen, dass Taryn auf sie wartete, ihre Erzfeindin aus der Boutique nebenan. Beim Ger?usch von Laceys Schritten wirbelte Taryn auf ihren spindeld?rren Abs?tzen herum. Ihre dunkelbraune Frisur war mit so viel Gel ?berzogen, dass nicht ein einziges Haar verrutschte. Trotz des strahlenden Sonnenscheins in diesem Juni war sie in ihr typisches kleines Schwarzes gekleidet, das jede scharfe Kante ihrer knochigen Modelfigur zur Geltung brachte. „L?sst du deine Kunden immer so lange unbeaufsichtigt und ohne Hilfe warten?“, fragte Taryn hochm?tig. Neben Lacey ert?nte ein leises Knurren von Chester. Der englische Sch?ferhund mochte die hochn?sige Ladenbesitzerin ?berhaupt nicht. Ebenso wenig wie Gina, die selbst etwas vor sich hinmurmelte, bevor sie sich mit B?roarbeiten ablenkte. „Guten Morgen, Taryn“, sagte Lacey und zwang sich dazu, freundlich zu sein. „Wie kann ich dir an diesem wundersch?nen Tag helfen?“, Taryn warf Chester einen Blick durch ihre zusammengekniffenen Augen zu, verschr?nkte ihre Arme und richtete dann ihre Aufmerksamkeit auf Lacey. „Habe ich doch schon gesagt“, schnauzte sie. „Ich bin hier, um etwas zu kaufen.“ „Du?“, erwiderte Lacey etwas zu schnell, um ihren Unglauben zu verbergen. „Ja, tats?chlich“, antwortete Taryn trocken. „Ich brauche eines von diesen Kohlefadenlampen-Dingern. Du wei?t schon. H?ssliche Dinger mit gro?en Gl?hbirnen auf Bronzest?ndern? Du stellst sie immer in deinem Schaufenster aus.“ Sie begann, sich umzusehen. So, wie sie ihre schmale Nase in die Luft hielt, erinnerte sie Lacey an einen Vogel. Lacey konnte nicht anders, als misstrauisch zu werden. Taryns Laden war schlicht und einfach gehalten, mit Scheinwerfern, die klinisch wei?es Licht auf alles warfen. Wozu brauchte sie eine rustikale Lampe? „Gestaltest du die Boutique um?“, fragte Lacey vorsichtig, kam hinter dem Schreibtisch hervor und bedeutete Taryn, ihr zu folgen. „Ich m?chte der Boutique nur ein wenig Charakter verleihen“, sagte die Frau, w?hrend ihre Abs?tze hinter Lacey klackerten. „Und soweit ich das beurteilen kann, sind diese Lampen im Moment sehr angesagt. Ich sehe sie ?berall. Beim Friseur. Im Caf?. In Brookes Teestube gab es etwa eine Million von den Dingern…“ Lacey erstarrte. Ihr Herz begann zu klopfen. Allein die Erw?hnung des Namens ihrer alten Freundin erf?llte sie mit Panik. Kaum ein Monat war vergangen, seit ihre australische Freundin sie mit einem Messer verfolgt und versucht hatte, Lacey zum Schweigen zu bringen, nachdem sie herausgefunden hatte, dass sie einen amerikanischen Touristen ermordet hatte. Laceys Bluterg?sse waren inzwischen verschwunden, aber die seelischen Narben waren noch frisch. Deshalb fragte Taryn also nach einer Kohlefadenlampe? Nicht, weil sie eine wollte, sondern weil sie eine Ausrede gebraucht hatte, Brookes Namen zu erw?hnen und Lacey zu ver?rgern! Sie war wirklich eine widerliche Person. Da sie jeglichen Enthusiasmus verloren hatte, Taryn zu helfen, selbst wenn sie eine vermeintliche Kundin war, zeigte Lacey schlaff hin?ber zu ihrer „Steampunk-Ecke“, dem Bereich des Ladens, in dem sich ihre Sammlung von Bronzelampen befand. „Dort dr?ben“, murmelte sie. Sie beobachtete, wie Taryns Gesichtsausdruck verdrie?lich wurde, als sie die Sammlung von Fliegerbrillen und Spazierst?cken sowie den lebensgro?en Aquanauten-Anzug betrachtete. Um fair zu sein, war Lacey auch nicht so sehr an diesen Gegenst?nden interessiert. Aber es gab eine ganze Reihe von Leuten in Wilfordshire – die Sorte mit langen schwarzen Haaren und Samtumh?ngen –, die ihren Laden regelm??ig besuchten, sodass sie diese Artikel speziell f?r sie besorgte. Das einzige Problem war, dass die neue Abteilung ihr den bisher uneingeschr?nkten Blick ?ber die Stra?e auf Toms Konditorei versperrte, sodass Lacey nicht mehr vertr?umt zu ihm hin?bersehen konnte, wann immer ihr der Sinn danach stand. Da Taryn besch?ftigt war, nutzte Lacey die Gelegenheit, ?ber die Stra?e zu blicken. In Toms Laden war so viel los wie eh und je. Er war durch die steigende Zahl an Touristen sogar noch belebter als sonst. Lacey konnte seine 1,80 Meter gro?e Gestalt erkennen, die in H?chstgeschwindigkeit daran arbeitete, alle Bestellungen abzuarbeiten. Das einfallende Licht der Juni-Sonne lie? seine Haut noch goldener aussehen. In diesem Moment erblickte Lacey Toms neue Assistentin, Lucia. Er hatte die junge Frau erst vor ein paar Wochen eingestellt, damit er mehr freie Zeit mit Lacey verbringen konnte. Aber seit das M?dchen dort zu arbeiten begonnen hatte, war in seiner Konditorei mehr los, als jemals zuvor! Lacey beobachtete, wie Lucia und Tom beinahe zusammenstie?en, dann machten beide einen Schritt nach rechts, einen weiteren nach links, versuchten, einen Zusammensto? zu vermeiden, f?hrten aber letztlich nur witzige Synchronbewegungen aus. Diese Slapstick-Nummer endete damit, dass Tom sich theatralisch verbeugte, sodass Lucia links von ihm vorbeigehen konnte. Dabei l?chelte er sie breit an. Laceys Magen verkrampfte sich beim Anblick der beiden. Sie konnte nicht anders. Eifersucht. Misstrauen. Diese beiden Gef?hle waren Lacey v?llig neu, sie schien sie sich erst im Zuge ihrer Scheidung angeeignet zu haben, gerade so, als h?tte ihr Ex-Mann sie den Scheidungsunterlagen beigelegt, um sicherzustellen, dass ihre zuk?nftigen Beziehungen so angespannt wie m?glich waren. Es waren h?ssliche Gef?hle, aber sie konnte sie nicht kontrollieren. Lucia verbrachte wesentlich mehr Zeit mit Tom als sie selbst. Und in der Zeit, die sie mit ihm verbrachte, lief er zu seiner H?chstform auf, war energiegeladen, kreativ und produktiv, anstatt gem?tlich auf einer Couch fernzusehen. Alles f?hlte sich unausgeglichen an, als teilten sie sich Tom und als w?ren die Verh?ltnisse massiv zu Gunsten der jungen Frau verschoben. „H?bsch, nicht wahr?“, t?nte Taryns Stimme in Laceys Ohr, wie ein Teufel auf ihrer Schulter. Lacey str?ubte sich. Taryn streute nur Salz in die Wunde, wie immer. „Sehhhhhr h?bsch“, f?gte Taryn hinzu. „Es muss dich verr?ckt machen zu wissen, dass Tom den ganzen Tag da dr?ben mit ihr verbringt.“ „Sei nicht dumm“, schnappte Lacey. Aber Taryns Einsch?tzung war, um eines von Ginas Lieblingsworten zu verwenden, „exakt“. Das hie?, sie hatte v?llig Recht. Und das frustrierte Lacey nur noch mehr. Taryn l?chelte kaum merklich. Ein b?sartiges Funkeln erschien in ihren Augen. „Ich will dich schon l?nger etwas fragen. Wie geht es deinem Spanier? Xavier, richtig?“ Lacey str?ubte sich noch mehr. „Er ist nicht mein Spanier!“ Aber noch bevor sie sich mit ihr dar?ber zanken konnte, bimmelte die T?rglocke laut und Chester fing an zu kl?ffen. Gerade noch mal gutgegangen, dachte Lacey und eilte fort von Taryn und ihren schlangenhaften Andeutungen. Aber als sie sah, wer auf sie wartete, fragte sie sich, ob sie damit nur vom Regen in die Traufe kam. Carol aus dem Bed & Breakfast stand mitten im Gesch?ft und in ihrem Gesicht spiegelte sich kl?gliches Entsetzen wider. Sie schien panisch zu sein und keuchte, als ob sie den ganzen Weg hierher gerannt w?re. Lacey sp?rte, wie ihr Magen sich zusammenzog. Ein schreckliches D?j?-vu ?berkam sie. Etwas war geschehen. Etwas Schlimmes. „Carol?“, sagte Gina. „Was ist los, Liebes? Du siehst aus, als h?ttest du einen Geist gesehen.“ Carols Unterlippe begann zu zittern. Sie ?ffnete den Mund, als wollte sie sprechen, schloss ihn dann aber wieder. Von hinten h?rte Lacey das klackende Ger?usch von Taryns Abs?tzen, die vermutlich herbeieilte, um das bevorstehende Drama aus n?chster N?he mitzuerleben. Die Vorahnung machte Lacey verr?ckt. Sie konnte es nicht ertragen. Furcht schien durch jede Faser ihres K?rpers zu str?men. „Was ist los, Carol?“, forderte Lacey. „Was ist passiert?“ Carol sch?ttelte heftig den Kopf. Sie holte tief Luft. „Ich f?rchte, ich habe schreckliche Nachrichten…“ Lacey r?stete sich. KAPITEL ZWEI Was konnte geschehen sein? Ein Unfall? Ein… Mord? Gott bewahre, nicht noch einer! „Carol?“, fragte Lacey. Sie f?hlte sich, als w?rde sie keine Luft bekommen. Der ?ngstliche Blick in Carols Augen, w?hrend sie auf dem Fu?boden des Ladens hin und her marschierte, versetzte Lacey fast selbst in Panik. Ihr Magen fing an, Purzelb?ume zu schlagen, als h?tte sie ihren gebrauchten Volvo ?ber eine Klippe gelenkt und st?rzte jetzt auf den Ozean unter sich zu. Sie sp?rte, wie ihre H?nde zu zittern begannen, als eine Abfolge von Erinnerungen ihre Gedanken vereinnahmte: Iris’ Leiche, die auf dem Boden ihres Herrenhauses lag; Bucks mit Sand verschmierter Mund, wie er tot am Strand lag. Dann gesellte sich zu den aufblitzenden Bildern das pl?tzliche Heulen der Polizeisirenen in ihren Ohren und das schrecklich raschelnde Ger?usch der silbernen Decke, die ihr die Sanit?ter um die Schultern gewickelt hatten. Und schlie?lich h?rte sie die Stimme von Hauptkommissar Turner, dessen Warnung in ihrem Kopf widerhallte. „Verlassen Sie nicht die Stadt, okay?“ Lacey griff nach dem Tresen, um sich abzust?tzen, und machte sich auf die schrecklichen Neuigkeiten gefasst, die Carol ihr ?berbringen w?rde. Sie war kaum in der Lage, sich auf die Frau zu konzentrieren, die im Laden auf und ab lief. „Was ist los?“, fragte Gina ungeduldig. „Was ist passiert?“ „Ja, bitte beeil dich und lass die Bombe schon platzen“, sagte Taryn gem?chlich und schwenkte achtlos die Kohlefadenlampe umher, w?hrend sie sprach. „Manche von uns haben ein Leben, zu dem sie zur?ckkehren m?ssen.“ Carol h?rte schlie?lich auf, auf und ab zu laufen. Mit blutunterlaufenen Augen drehte sie sich zu den drei Frauen um. „Ein…“, begann sie und schniefte, w?hrend sie sprach. „Ein… ein… ein neues Bed & Breakfast er?ffnet!“ Einen Moment lang schwiegen die Damen, w?hrend sie diese nicht sehr beeindruckenden Neuigkeiten auf sich wirken lie?en. „Ha!“, rief Taryn schlie?lich. Sie klatschte eine zwanzig-Pfund-Note auf den Tresen neben Lacey. „Ich ?berlasse es dir, dich um diese Krise zu k?mmern. Danke f?r die Lampe.“ Und damit t?nzelte sie davon und hinterlie? eine Spur von rauchigem Zedernparf?m in der Luft. Sobald sie gegangen war, wandte Lacey ihre Aufmerksamkeit wieder Carol zu und starrte sie ungl?ubig an. Nat?rlich war ein neues B&B eine schreckliche Nachricht f?r Carol. Jetzt h?tte sie noch einen weiteren Mitbewerber um die Touristen, aber was ging Lacey das an? In Anbetracht des schrecklichen Ungl?cks, das die Stadt mit dem Mord an Iris Archer und dem anschlie?enden Mord an Buck erlebt hatte, sollte sie es besser wissen, als wegen etwas so Trivialem schreiend durch die Stadt zu rennen! Alles, wozu Lacey in der Lage zu sein schien, war zu blinzeln. Vor lauter Wut fiel ihr keine passende Antwort ein. Gina hingegen lie? ihrer Entt?uschung freien Lauf. „Das ist alles?“, blaffte sie. „EIN B&B? Du hast mir fast einen verdammten Herzinfarkt verpasst!“ „Ein B&B in Wilfordshire ist eine schreckliche Nachricht f?r alle“, rief Carol erneut und runzelte die Stirn ?ber Ginas Antwort. „Nicht nur f?r mich!“ „Ach, wirklich?“, sagte Lacey, als sie endlich wieder Worte fand. „Und wieso genau ist das so?“ Carol warf ihr einen vernichtenden Blick zu. „Pah! Ich h?tte wissen m?ssen, dass du das nicht verstehen w?rdest. Du bist schlie?lich eine Au?enseiterin.“ Lacey war wutentbrannt. Wie konnte Carol es wagen, sie eine Au?enseiterin zu nennen? Sie war schon seit mehreren Monaten hier und hatte sich auf unz?hlige Weisen in das Stadtgeschehen eingebracht! Ihr Laden geh?rte inzwischen genauso zum Bild der Hauptstra?e wie jeder andere auch. Sie ?ffnete den Mund, um zu antworten, aber bevor sie die Chance hatte, noch etwas zu sagen, schnappte Gina sich eine Schachtel Taschent?cher von der Theke und trat vor, um zwischen ihr und Carol zu stehen. „Warum setzt du dich nicht?“, sagte Gina zur Besitzerin des B&Bs. „Lass uns das in Ruhe besprechen.“ Dann warf sie Lacey einen Blick zu, der ihr sagte: „Ich k?mmere mich darum, denn du stehst kurz davor zu explodieren.“ Sie hatte Recht. Die Panik, die Carols Geschrei in Lacey ausgel?st hatte, begann sich zwar langsam zu legen, aber sie h?tte von vornherein darauf verzichten k?nnen. Und sie h?tte erst recht darauf verzichten k?nnen, dass Carol sie als Au?enseiterin bezeichnete! Wenn irgendetwas Lacey ver?rgern konnte, dann das. Gina lotste Carol zu einem roten ledernen Zweiersofa und bot ihr ein Taschentuch an. Lacey marschierte derweil davon und atmete mehrmals tief durch, um sich zu beruhigen. W?hrenddessen winselte Chester mitf?hlend an ihrer Seite. „Schon gut, Junge“, sagte sie zu ihm. „Ich bin nur ein wenig aus der Fassung.“ Sie beugte sich vor und t?tschelte seinen Kopf. „Jetzt geht’s mir gut.“ Chester winselte erneut, als akzeptierte er ihre Erkl?rung nur widerwillig. Gest?rkt durch seine Unterst?tzung ging Lacey zu dem Zweiersofa hin?ber, um herauszufinden, was wirklich vor sich ging. Carol war inzwischen vollends am Weinen. Gina sah langsam zu Lacey auf, die sie mit einer Handgeste davonscheuchte. Schnell stand Gina auf. Lacey setzte sich neben Carol und aufgrund der Gr??e ihres Sofas ber?hrten sich ihre Oberschenkel; das war viel n?her, als Lacey ihr jemals kommen wollte, aber die Umst?nde zwangen sie nun mal dazu. „Es ist die Schuld dieses verdammten neuen B?rgermeisters“, klagte Carol. „Ich wusste, dass er ?rger machen w?rde!“ „Der neue B?rgermeister?“, sagte Lacey. Scheinbar hatte sie noch weitere Neuigkeiten verpasst. Carol richtete ihre w?tenden roten Augen auf Lacey. „Er hat die Osth?lfte der Stadt neu einteilen lassen. Das ganze Gebiet jenseits des Kanuclubs wurde von einem Wohngebiet zu einem Gewerbegebiet ge?ndert! Er wird ein Einkaufszentrum bauen lassen! Voller schrecklicher, charakterloser Ladenketten!“ Ihre Stimme wurde immer panischer. „Er will einen Wasserpark errichten lassen! Hier! In Wilfordshire! Wo es zwei Drittel des Jahres regnet! Und dann will er dieses Unget?m von einem Aussichtsturm bauen! Das wird so ein Schandfleck sein!“ Lacey h?rte sich Carols Tiraden an, obwohl sie nicht verstehen konnte, warum das so ein gro?es Problem war. Wie die Dinge im Moment standen, wagte sich kaum jemand weiter hinaus als den Kanuclub. Alles dahinter war im Grunde ungenutztes Territorium. Sogar der Strand auf dieser Seite der Stadt lag brach. Die Erschlie?ung des Gebietes schien ihr eine gute Idee zu sein, vor allem, wenn dort ein hochklassiges B&B entstehen w?rde, um die neuen Einrichtungen zu erg?nzen. Und sicherlich w?rde der zunehmende Tourismus allen Gesch?ften entlang der Hauptstra?e zugutekommen. Lacey sah zu Gina auf, um zu ?berpr?fen, ob ihr Gesichtsausdruck einen Hinweis darauf gab, warum das alles so ein gro?es Problem zu sein schien. Stattdessen konnte Gina das Grinsen auf ihrem Gesicht kaum verbergen. Offensichtlich dachte sie, Carol reagierte ?ber. Und wenn jemand wusste, wenn jemand ?berreagierte, dann war es Gina. „Sie ist eine Draufg?ngerin aus London“, schimpfte Carol weiter. „Gerade Mal 22 Jahre alt. Frisch von der Uni!“, Sie zog ein weiteres Taschentuch aus der Schachtel und putzte sich lauthals die Nase, bevor sie Gina das durchn?sste, zerkn?llte Ding zur?ckgab. Das Grinsen verschwand sofort aus Ginas Gesicht. „Wieso er?ffnet eine 22-j?hrige ein B&B?“, fragte Lacey eher bewundernd als verachtend. „Offensichtlich, weil sie reiche Eltern hat“, h?hnte Carol. „Ihren Eltern geh?rte dieses riesige Altersheim. Kennst du es?“ Lacey erinnerte sich dunkel an das Altersheim, obwohl sie bisher kaum in dieser Gegend unterwegs gewesen war. Wenn sie sich richtig erinnerte, war es tats?chlich riesig. Es w?re ein Haufen Renovierungsarbeit n?tig, um es von einem verfallenden Altersheim in ein modernes B&B zu verwandeln, ganz zu schweigen von der Infrastruktur in der Gegend. Es war mindestens 15 Minuten zu Fu? von der Stadt entfernt und es fuhren nur zwei Busse pro Stunde, die in diese Richtung fuhren. F?r eine 22-j?hrige schien das eine gewaltige Aufgabe zu sein. „Jedenfalls“, fuhr Carol fort, „haben sich die Eltern wohl dazu entschlossen, sich vorzeitig zur Ruhe zu setzen und ihre Altersanlage zu verkaufen, aber jedes ihrer Kinder durfte sich eine Immobilie aussuchen, mit der es tun konnte, was es wollte. Kannst du dir vorstellen, 22 zu sein und eine Immobilie geschenkt zu bekommen? Ich musste mir die Finger wund arbeiten, um mein Unternehmen zu gr?nden, und jetzt wird dieses junge Ding hier hereinspazieren und ihres einfach so er?ffnen.“ Sie schnippte aggressiv mit den Fingern. „Wir sollten uns gl?cklich sch?tzen, dass sie sich f?r etwas so Vern?nftiges wie ein B&B entschieden hat“, sagte Gina. „Wenn ich in ihrem Alter ein riesiges Haus geschenkt bekommen h?tte, h?tte ich wahrscheinlich einen 24-Stunden-Nachtclub er?ffnet.“ Lacey konnte nicht anders. Sie brach in schallendes Gel?chter aus. Aber Carol begann zu weinen. In diesem Moment beschloss Chester, her?berzukommen, um zu sehen, was es mit der ganzen Aufregung auf sich hatte. Er legte seinen Kopf auf Carols Scho?. Was f?r ein Sch?tzchen, dachte Lacey. Chester wusste nicht, dass Carol wegen nichts und wieder nichts einen Aufstand machte. Er dachte einfach, sie sei ein Mensch in Not, der etwas Trost brauchte. Lacey beschloss, sich eine Scheibe von ihm abzuschneiden. „Klingt f?r mich so, als ob du ganz umsonst in Panik geraten bist“, sagte sie leise zu Carol. „Dein B&B hat Kultstatus in der Stadt. Die Touristen lieben dein Barbie-pinkes Haus an der Hauptstra?e ebenso sehr wie Toms Fensterskulpturen aus Makronen. Ein luxuri?ses B&B kann mit deinem historischen Anwesen gar nicht mithalten. Es hat seinen eigenen skurrilen Stil und die Leute lieben es.“ Lacey ignorierte Ginas Kichern. Sie hatte ihre Worte absichtlich mit Bedacht gew?hlt, um Carols Dekorationen aus Flamingos und Palmfarnen zu beschreiben und konnte sich schon vorstellen, was Gina stattdessen gesagt h?tte: grell, kitschig, knallig … Carol sah mit feuchten Augen zu Lacey auf. „Glaubst du das wirklich?“ „Nat?rlich! Und au?erdem hast du etwas, das dieses junge Ding nicht hat. Mumm. Entschlossenheit. Leidenschaft. Niemand hat dir das B&B auf dem Silbertablett serviert, oder? Und welche Art von Londoner will sich wirklich im zarten Alter von 22 Jahren in Wilfordshire niederlassen? Ich wette, das junge Ding wird sich schon bald langweilen und sein Gl?ck woanders suchen, wo die Wiesen gr?ner sind.“ „Oder grauer“, witzelte Gina. „Ihr wisst schon, wegen all der Stra?en in London? Dass sie zur?ck nach… ach, egal.“ Carol beruhigte sich langsam wieder. „Vielen Dank, Lacey. Dank dir geht es mir schon viel besser.“ Sie stand auf und t?tschelte Chester den Kopf. „Und dank dir, du lieber Junge.“ Sie tupfte ihre Wangen mit ihrem Taschentuch ab. „Jetzt gehe ich besser wieder an die Arbeit.“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen, machte sie sich davon. Sobald sich die T?r hinter ihr schloss, begann Gina zu lachen. „Ehrlich“, rief sie aus. „Jemand muss dieser Frau die Augen ?ffnen! Sie ist wirklich in der falschen Branche, wenn sie eine 22-j?hrige Anf?ngerin f?r eine Bedrohung h?lt. Du und ich, wir wissen beide, dass dieses Londoner M?del von hier verschwinden wird, sobald sie genug Geld zusammen hat, um sich ein Loft in Chelsea zu kaufen.“ Sie sch?ttelte den Kopf. „Ich glaube, ich mache jetzt meine Pause, wenn es dir nichts ausmacht? Ich habe genug Aufregung gehabt.“ „Nur zu“, sagte Lacey, gerade als die Gl?ckchen ?ber der T?r klingelten. „Ich komme schon klar.“ Gina klopfte sich auf die Knie, um Chesters Aufmerksamkeit zu erregen. „Komm schon, Junge, Gassi gehen.“ Er sprang auf und die beiden gingen auf die T?r zu. Die kleine schlanke junge Frau, die gerade eingetreten war, machte einen verd?chtig gro?en Schritt nach links, so wie es Leute taten, die Angst vor Hunden hatten. Vermutlich erwartete sie, dass er sie anspringen und bei?en w?rde. Gina nickte ihr knapp zu. Sie hatte nicht viel Zeit f?r Menschen, die keine Haustiere mochten. Als sich die T?r hinter Gina und Chester geschlossen hatte, schien sich die Frau zu entspannen. Sie n?herte sich Lacey in einem Patchwork-Rock, der mit jeder ihrer Bewegungen raschelte. Zusammen mit der ?bergro?en Strickjacke sah ihr Outfit aus, als h?tte sie es direkt aus Ginas Kleiderschrank genommen. „Kann ich Ihnen helfen?“, fragte Lacey die Frau. „Ja“, sagte die junge Frau. Sie wirkte sch?chtern und ihr mattbraunes, unfrisiertes Haar, das auf ihren Schultern lag, trug zu ihrer kindlichen Ausstrahlung bei. Ihre gro?en Augen lie?en sie ein wenig wie ein Reh im Scheinwerferlicht wirken. „Sie sind Lacey, richtig?“ „Ja, das stimmt.“ Es verunsicherte Lacey immer wieder, wenn Leute ihren Namen kannten. Besonders, wenn man bedachte, was mit Brooke geschehen war … „Ich bin Suzy“, sagte das M?dchen und streckte ihre Hand aus. „Ich er?ffne ein B&B an der K?ste. Jemand hat Sie mir als gute Ansprechpartnerin f?r M?bel empfohlen.“ Lacey w?nschte sich, Gina w?re noch hier, damit sie einen ?berraschten Blick mit ihr wechseln k?nnte, aber leider war sie allein, und so reichte sie ihr nur schweigend die Hand. Sie konnte nicht ganz glauben, dass dieses schm?chtige M?dchen die reiche Londonerin war, die Carol solche Angst eingejagt hatte. Sie sah kaum ?lter als 16 Jahre aus und wirkte sch?chtern wie eine Maus. Sie wirkte, als sei sie auf dem Weg zur Kirche und nicht im Begriff, ein Unternehmen zu gr?nden. „Wonach suchen Sie denn?“, fragte Lacey und ?berspielte ihre ?berraschung mit H?flichkeit. Das M?dchen zuckte verlegen mit den Achseln. „Ich bin mir noch nicht ganz sicher, um ehrlich zu sein. Ich wei? nur, dass ich nichts zu Modernes will. Das Anwesen ist viel zu gro? f?r moderne M?bel. Es w?rde sich kommerziell und steril anf?hlen, wissen Sie? Ich m?chte ein behagliches Gef?hl erwecken. Luxuri?s. Einzigartig.“ „Nun, warum gehen wir nicht durch den Laden und sehen, ob wir die eine oder andere Inspiration finden k?nnen?“, sagte Lacey. „Das ist eine tolle Idee!“, antwortete Suzy und ihr L?cheln verstr?mte jugendliche Ausgelassenheit. Lacey f?hrte sie zur Steampunk-Ecke. „Ich war vor etwa 14 Jahren in New York als Assistentin eines Innenarchitekten t?tig“, erkl?rte sie, w?hrend Suzy begann, die Regale zu durchst?bern. „Sie w?ren erstaunt, was Ihnen alles als Inspiration dienen k?nnte.“ Suzy betrachtete neugierig den Aquanauten-Anzug. Lacey hatte pl?tzlich eine Vision von einem B&B im Steampunk-Stil. „Gehen wir hier lang“, sagte sie hastig und lenkte Suzys Aufmerksamkeit stattdessen auf ihre Nordische Ecke. Aber nichts in ihrer skandinavisch inspirierten Abteilung schien Suzy richtig zu begeistern, also schl?ngelten sie sich weiter durch den Laden. Lacey hatte w?hrend ihrer wenigen Monate als Antiquarin wirklich eine beachtliche Sammlung von Gegenst?nden angeh?uft. Sie lie?en den Flur voller Lampen hinter sich und kamen in ihrer Abteilung voller Vintage-Gegenst?nde an. „Haben Sie schon etwas gesehen, das Ihnen ins Auge sticht?“, fragte Lacey. Suzy verzog die Lippen, als w?re sie unschl?ssig. „Nicht wirklich. Aber ich bin sicher, Sie werden etwas f?r mich finden.“ Lacey z?gerte. Sie hatte angenommen, dass Suzy selbst etwas finden wollte, nicht dass sie ihre Arbeit ?bernehmen sollte! „Tut mir leid“, sagte Lacey etwas ratlos. „Wie meinen Sie das?“ Die junge Frau war damit besch?ftigt, in ihrer Stofftasche zu w?hlen, und h?rte ihr offensichtlich nicht zu. Sie holte ein Notizbuch hervor, bl?tterte die Seiten durch, z?ckte einen Kugelschreiber und sah Lacey erwartungsvoll an. „Haben Sie morgen Zeit?“ „Zeit wof?r?“, fragte Lacey immer verwirrter. „Die Renovierung“, sagte Suzy. „Habe ich nicht …?“ Sie wurde still und ihre Wangen wurden knallrot. „Mist. Entschuldigung.“ Schnell schob sie den Stift und das Notizbuch zur?ck in ihre Umh?ngetasche. „Ich bin neu bei diesem ganzen Gesch?ftskram. Ich mache die Dinge immer in der falschen Reihenfolge. Lassen Sie mich von vorne anfangen. Also, mein Plan ist es, das B&B rechtzeitig f?r die Flugschau einzurichten und …“ „Da muss ich sie direkt unterbrechen“, fiel Lacey ihr ins Wort. „Welche Flugshow?“ „Die Flugshow“, wiederholte Suzy. Jetzt war Suzy an der Reihe, ihre Stirn verwirrt zu runzeln. „N?chsten Samstag?“, fuhr die junge Frau fort. „Red Arrows? Schloss Brogain? Sie wissen wirklich nicht, wovon ich spreche?“ Lacey war ratlos. Suzy h?tte genauso gut eine andere Sprache sprechen k?nnen. „Mein Akzent verr?t Ihnen vielleicht, dass ich nicht von hier bin.“ „Nein, nat?rlich nicht.“ Suzy wurde wieder rot. „Nun, Flugshows sind hier im Vereinigten K?nigreich recht h?ufig. Diese Shows gibt es ?berall an der K?ste, aber die in Wilfordshire ist wegen des Schlosses Brogain etwas ganz Besonderes. Die Red Arrows bilden beim ?berfliegen eine sehr aufregende Formation, und jeder Highschool-Sch?ler, der einen Fotografiekurs belegt, kommt hierher um Fotos zu machen.“ Sie gestikulierte ausladend, w?hrend sie erz?hlte. „Ich muss es wissen, ich war schlie?lich selbst mal eine von ihnen.“ Vor ganzen vier Jahren, dachte Lacey. „Es werden auch etwa eine Milliarde professioneller Fotografen kommen“, fuhr Suzy fort. Lacey wurde klar, dass sie offensichtlich gerne und viel redete, wenn sie nerv?s wurde. „Es ist wie ein Wettbewerb, bei dem jeder versucht, das beste Bild zu schie?en. Und dann gibt es noch die Leute, die kommen, um ihren Vorfahren Respekt zu erweisen. Und all die Familien, die sich einfach nur Flugzeuge ansehen wollen, die wilde Kunstst?cke vorf?hren.“ „Ich sch?tze, ich muss mein regionales Geschichtswissen ein wenig auffrischen“, sagte Lacey und f?hlte sich elendig unwissend. „Oh, ich liebe nur Geschichte, das ist alles“, witzelte Suzy. „Ich liebe es, dar?ber nachzudenken, wie die Menschen vor ein paar Generationen gelebt haben. Ich meine, es ist noch gar nicht so lange her, dass die Leute f?r ihr Abendessen ihr eigenes Wild erlegt haben! Vor allem die Viktorianer faszinieren mich.“ „Die Viktorianer…“ Lacey wiederholte. „Schie?en.“ Sie klickte mit den Fingern. „Ich habe da eine Idee!“ Irgendetwas an Suzys begeisterungsf?higem Enthusiasmus hatte Laceys staubige Zahnr?der in ihrem Kopf wieder zum Leben erweckt. Sie f?hrte Suzy in den Auktionssaal und den Flur entlang in Richtung B?ro. Suzy sah mit Neugierde zu, wie Lacey den Safe ?ffnete und die Holzkiste mit dem Steinschlossgewehr herauszog, bevor sie die Verschl?sse ?ffnete, den Deckel anhob und die antike Waffe vorsichtig herausnahm. Suzy atmete scharf ein. „Hier ist eine Inspiration f?r Ihr B&B“, sagte Lacey. „Viktorianisches Jagdhaus.“ „Ich…” Suzy stammelte. „Es ist…“ Lacey konnte nicht sagen, ob sie entsetzt oder erstaunt war. „Ich liebe es!“, schw?rmte Suzy. „Das ist eine brillante Idee! Ich sehe es geradezu vor mir. Blauer schottischer Tartan. Samt. Cord. Ein offenes Feuer. Holzpaneele.“ Ihre Augen wurden gro? vor lauter Staunen. „Und das nennt man Inspiration“, sagte Lacey zu ihr. „Wie viel kostet es?“, fragte Suzy eifrig. Lacey z?gerte. Sie hatte nicht vorgehabt, das Geschenk von Xavier zu verkaufen. Sie wollte es nur als kreatives Sprungbrett nutzen. „Es steht nicht zum Verkauf“, sagte sie. Suzy schob entt?uscht ihre Unterlippe vor. Lacey erinnerte sich an die Vorw?rfe, die Gina Xavier gemacht hatte. Wenn schon Gina dachte, das Gewehr sei zu viel, was w?rde dann erst Tom denken, wenn er es herausfand? Vielleicht w?re es besser, wenn sie es einfach an Suzy verkaufen w?rde. „… noch nicht“, f?gte Lacey hinzu und traf eine schnelle Entscheidung. „Ich warte noch auf die Dokumente.“ Suzys Gesicht leuchtete auf. „Also kann ich es reservieren?“ „Das k?nnen Sie in der Tat“, sagte Lacey und erwiderte ihr L?cheln. „Und Sie?“, fragte Suzy kichernd. „Kann ich Sie auch reservieren? Als Innenarchitektin? Bitte!“ Lacey z?gerte. Eigentlich war sie ja nicht mehr als Innenarchitektin t?tig. Diesen Teil ihrer Vergangenheit hatte sie bei Saskia in New York City zur?ckgelassen. Sie wollte sich auf den An- und Verkauf von Antiquit?ten konzentrieren und lernen, wie man sie am besten versteigerte und darauf ihr Gesch?ft aufbauen. Sie hatte keine Zeit, f?r Suzy zu arbeiten, um ihr eigenes Gesch?ft zu f?hren. Nat?rlich k?nnte sie Gina mehr Verantwortung ?bertragen, aber angesichts des zunehmenden Touristenaufkommens schien es nicht besonders klug, sie alleine zu lassen. „Ich bin mir nicht sicher“, sagte Lacey. „Ich habe hier eine Menge um die Ohren.“ Suzy ber?hrte entschuldigend ihren Arm. „Nat?rlich. Ich verstehe. Wie w?re es, wenn Sie morgen einfach vorbeikommen und sich das Anwesen unverbindlich anschauen? Und sich ?berlegen, ob Sie das Projekt ?bernehmen m?chten, sobald Sie in Ruhe dar?ber nachgedacht haben?“ Lacey nickte ganz unwillk?rlich. Nach allem, was mit Brooke passiert war, hatte sie erwartet, dass sie sich vor Neuank?mmlingen besser in Acht nehmen w?rde. Aber vielleicht w?re sie doch in der Lage, sich von dieser ganzen Tortur zu erholen. Suzy hatte eine dieser ansteckenden Pers?nlichkeiten, von denen man sich leicht mitrei?en lassen konnte. Sie w?rde eine ausgezeichnete Gesch?ftsfrau abgeben. Vielleicht waren Carols Sorgen doch berechtigt. „Ich sch?tze, es kann nicht schaden, sich die ganze Sache einmal anzusehen, wie?“, sagte Lacey. N?chste Woche um diese Zeit w?rde sich Lacey bitter an diesen Moment erinnern und die Redewendung ber?hmte letzte Worte vor sich hinmurmeln. KAPITEL DREI Lacey fuhr in ihrem champagnerfarbenen Volvo an der Strandpromenade entlang. Sie hatte die Fenster hinuntergekurbelt und lie? sich von der sanften Mittagssonne w?rmen. Sie war auf dem Weg zum ehemaligen Altersheim, das schon bald Wilfordshires neues B&B beherbergen w?rde, und hatte eine ?berraschung f?r Suzy auf dem Beifahrersitz. Nicht Chester – ihr treuer Begleiter war viel zu besch?ftigt damit gewesen, in der Sonne vor sich hinzuschnarchen, um gest?rt zu werden – sondern das Steinschlossgewehr. Lacey war sich immer noch nicht sicher, ob es richtig war, sich davon zu trennen. Wenn sie das Gewehr in der Hand hielt, hatte sie das Gef?hl, dass es ihr geh?rte, als ob das Universum ihr sagen w?rde, dass sie sich darum k?mmern sollte. Aber Gina hatte ihr bez?glich Xavier und seinen Absichten einen Floh ins Ohr gesetzt, und sie war einfach unschl?ssig. „Jetzt ist es wohl zu sp?t“, sagte Lacey mit einem Seufzer. Sie hatte bereits versprochen, es an Suzy zu verkaufen, und es h?tte sehr unprofessionell ausgesehen, jetzt nur wegen eines komischen Gef?hls aus dem Handel auszusteigen! In diesem Moment kam Lacey an Brookes alter Teestube vorbei. Sie war komplett mit Brettern zugenagelt. Die Renovierung, mit der sie den alten Kanuschuppen in ein schickes Restaurant verwandelt hatte, war ganz umsonst gewesen. Der Gedanke an Brooke machte Lacey nerv?s, und das war wirklich das Letzte, was sie noch zus?tzlich zu der Unruhe brauchte, die sie ohnehin schon empfand. Sie dr?ckte das Gaspedal durch und beschleunigte in der Hoffnung, diese schrecklichen Gef?hle hinter sich lassen zu k?nnen. Schon bald erreichte Lacey den ?stlichen Teil der Stadt. Hier machten sich weniger Wohnh?user breit und die Gesch?fte, die sich von Norden nach S?den und Westen in Richtung Zentrum ausstreckten, waren hier fast vergeblich zu finden. Laut Carol w?rde sich diese Gegend dank B?rgermeister Fletcher zum Schlechteren ver?ndern. In dem Moment sah Lacey die Abzweigung, die zum ehemaligen Sunrise-Altersheim f?hrte, und bog nach links ab. Die holprige von Buchen ges?umte Stra?e f?hrte aufw?rts. Die B?ume, die die Stra?e einrahmten, waren so hoch, dass sie einen Tunnel bildeten, der das Sonnenlicht abschirmte. „Das ist ja ?berhaupt nicht unheilvoll…“, sagte Lacey sarkastisch. „Nicht im Geringsten.“ Gl?cklicherweise lichteten sich die B?ume schon bald wieder und das Tageslicht fiel erneut auf sie herab. Lacey erhaschte einen ersten Blick auf das Haus, das sich in die H?nge der H?gel schmiegte. Ihre Innenarchitekteninstinkte schalteten sich sofort ein, w?hrend sie die Fassade betrachtete. Es war ein ziemlich modern anmutendes, dreist?ckiges Herrenhaus aus rotem Backstein. Sie vermutete, dass es sich um ein Anwesen aus den 1930er Jahren handelte, das im Laufe der Jahre modernisiert worden war. Die Einfahrt und der Parkplatz waren aus grauem Beton – funktional, aber unansehnlich. Die Fenster des Herrenhauses hatten dicke, wei?e Kunststoffrahmen – gut geeignet, um Einbrecher fernzuhalten, aber ein schrecklicher Schandfleck. Man br?uchte mehr als ein paar strategisch platzierte Str?ucher, um das ?u?ere wie ein viktorianisches Jagdhaus aussehen zu lassen. Nicht, dass Lacey dieses Problem w?rde l?sen m?ssen. Sie hatte noch keine Entscheidung bez?glich Suzys Angebot getroffen. Sie wollte Tom um Rat bitten, aber er arbeitete heute l?nger an einer sehr kurzfristigen Bestellung von regenbogenfarbenen Cupcakes f?r das j?hrliche Sommerspektakel des ?rtlichen CVJMs. Sie hatte auch eine Nachricht in die Gruppe mit ihrer Mutter und ihrer j?ngeren Schwester geschrieben und von Ersterer die Antwort „Arbeite nicht zu hart“ und von Letzterer ein „Wenn sie gutes $$$$ bezahlt, dann nur zu“ erhalten. Lacey parkte ihr Auto auf dem Betonparkplatz und ging die Treppen hinauf, die an einer gro?en, unansehnlichen Rollstuhlrampe entlangf?hrten. Der behindertengerechte Zugang zum Anwesen – und vermutlich auch innerhalb des Anwesens – war schon mal ein gro?er Pluspunkt. Weder Carols B&B noch das Coach House Inn waren f?r G?ste mit Behinderungen geeignet, da sie beide ?ber keinen Zugang von der gepflasterten Stra?e verf?gten, und beide hatten im Inneren nur eine schmale Treppe ohne Aufzug. Am oberen Ende der Treppe erreichte Lacey eine gro?e Glasveranda im Stil eines Wintergartens. Das war so typisch f?r die 90er Jahre, dass es sie an ein Freizeitzentrum erinnerte. Die T?ren ?ffneten sich und sie ging hinein, wo ihre Augen von einer riesigen Linoleumfl?che, grellen Neonr?hren ?ber den Fenstern und klebrigen Jalousien in den Wartezimmern, die in jedem der Fenster hingen, beleidigt wurden. In der Ecke neben einer Reihe summender Automaten stand ein glucksender Wasserk?hler. Suzy hatte ganz sch?n untertrieben, wie viel Arbeit noch zu erledigen war. „Lacey! Hey!“, ert?nte die fr?hliche Stimme der jungen Frau. Lacey schaute sich um und sah, wie sie hinter der Rezeption auftauchte – ein riesiges, unechtes Holzmonstrum, das scheinbar aus der Struktur des Geb?udes selbst geformt war. „Ich habe mir nur die Steckdosensituation hier hinten angesehen“, erkl?rte Suzy. „Greg, der Veranstaltungsplaner, muss wissen, wie viele Stromanschl?sse zur Verf?gung stehen. Er ist ein totaler Drache, im Ernst. Wenn ich mehr Zeit h?tte, w?rde ich jemand anderen einstellen. Aber in der Not darf man nicht w?hlerisch sein. Also bleibt es bei Griesgram Greg“, grinste sie. „Wozu brauchen Sie einen Veranstaltungsplaner?“, fragte Lacey. „F?r die Er?ffnungsparty nat?rlich“, sagte Suzy. Bevor Lacey Gelegenheit hatte, sie weiter dar?ber auszufragen, kam Suzy hinter der riesigen Theke hervor und umarmte sie. Das ?berraschte sie. Aber trotz der Tatsache, dass sie sich kaum kannten, fand Lacey, dass es sich ganz nat?rlich anf?hlte. Es war, als sei die junge Frau eine alte Freundin, obwohl sie sich erst vor weniger als 24 Stunden kennengelernt hatten. „Kann ich Ihnen eine Tasse Tee anbieten?“, fragte Suzy. Dann err?tete sie. „Entschuldigung, Sie sind Amerikanerin. Sie m?chten bestimmt lieber Kaffee, oder?“ Lacey kicherte. „Seit ich hierhergezogen bin, komme ich eigentlich immer mehr auf den Geschmack von Tee. Aber nein, danke.“ Sie achtete darauf, ihren Blick nicht zu dem Automaten und dem w?ssrigen, minderwertigen Tee, den er vermutlich zubereiten w?rde, schweifen zu lassen. „Wollen wir mit der F?hrung beginnen?“ „Sie verschwenden keine Zeit, das gef?llt mir“, sagte Suzy. „Okay, das ist offensichtlich der Empfangsbereich.“ Sie ?ffnete ihre Arme weit und grinste begeistert. „Wie Sie wahrscheinlich erkennen k?nnen, ist es im Grunde ein Wintergarten, der in den neunziger Jahren hinzugef?gt wurde. Au?er das ganze Ding abrei?en zu lassen, habe ich keine Ahnung, wie man es wie eine viktorianische Jagdh?tte aussehen lassen k?nnte, aber ich sch?tze, daf?r ist Ihr Fachwissen da. Ich meine, falls Sie sich entscheiden, f?r mich zu arbeiten.“ Sie kicherte und gestikulierte in Richtung der inneren Doppelfl?gelt?ren. „Hier entlang.“ Sie betraten einen langen, schwach beleuchteten Flur. Eine Reihe von gl?nzenden Plastikschildern war an die Wand geschraubt, die den Weg zum „Fernsehzimmer“, „Esszimmer“, „Garten“ und der „Schwesternstation“ wiesen. Der Ort roch sehr stark nach Talkumpuder. Lacey runzelte ihre Nase. Es wurde immer offensichtlicher, dass dieses Projekt extrem umfangreich werden w?rde und sie hatte das Gef?hl, dass es einfach zu viel f?r sie w?re. Sie folgte Suzy ins Fernsehzimmer. Es war ein riesiger Raum, sp?rlich m?bliert und mit den gleichen B?den aus unechtem Holzlinoleum. Die W?nde waren mit Raufasertapete verkleidet. „Ich denke, wir verwandeln diesen Raum in den Salon“, begann Suzy und t?nzelte durch den Raum, w?hrend ihr gemusterter Zigeunerrock im Takt schwang. „Ich m?chte einen offenen Kamin. Ich glaube, hinter dieser verbarrikadierten Nische ist einer versteckt. Und in diese Ecke k?nnen wir ein paar sch?ne, rustikale, antike M?bel stellen.“, deutete sie vage mit ihren Armen an. „Oder in die hier. Was immer Ihnen lieber ist.“ Lacey f?hlte sich zunehmend unsicher. Die Arbeit, die Suzy von ihr verlangte, war mehr als einfache Innenarchitektur! Sie hatte nicht einmal den Grundriss im Kopf. Aber sie schien eine Tr?umerin zu sein, und das bewunderte Lacey ein wenig. Sich ohne jegliche Erfahrung auf so eine Aufgabe zu st?rzen, war eigentlich genau Laceys Ding und f?r sie hatte sich das Risiko gelohnt. Aber die Kehrseite der Medaille war, dass Lacey niemanden gehabt hatte, der die Stimme der Vernunft f?r sie gespielt hatte. Au?er ihrer Mutter und Naomi – die einen ganzen Ozean und f?nf Stunden Zeitverschiebung entfernt gewesen waren – hatte es niemanden gegeben, der ihr gesagt hatte, dass sie verr?ckt war. Aber nun selbst in diese Rolle zu schl?pfen, jemanden dabei zu beobachten, wie er sich kopf?ber in eine fast unm?gliche Aufgabe st?rzte … Lacey war sich einfach nicht sicher, ob sie es schaffen w?rde. Sie brachte es nicht ?bers Herz, jemanden knallhart in die Realit?t zur?ckzuholen und seine Tr?ume zu zerst?ren, aber sie war auch nicht der Typ, der sich zur?ckhielt und dabei zusah, wie jemand sich selbst ins Verderben st?rzte. „Von hier aus kommt man in den Speisesaal“, sagte Suzy unbefangen. Sie f?hrte Lacey schnell in den n?chsten Raum. „Der wird hier auch bleiben, weil es dort dr?ben einen Zugang zur K?che gibt.“ Sie zeigte auf eine Schwingt?r zu ihrer Rechten. „Und von hier hat man die beste Aussicht auf das Meer und den Garten.“ Lacey konnte nicht umhin zu bemerken, dass Suzy bereits so redete, als h?tte sie dem Job bereits zugesagt. Sie biss sich beklommen auf die Lippe und ging zu den Glasschiebet?ren hin?ber, die die gesamte hintere Wand einnahmen. Der Garten war zwar mehrere Hektar gro?, bestand aber nur aus einer riesigen Rasenfl?che und einigen sporadisch aufgestellten B?nken mit Blick auf das Meer in der Ferne. „Das w?rde Gina gefallen“, sagte Lacey ?ber ihre Schulter und suchte nach etwas Positivem. „Gina?“, fragte Suzy. „Die Dame, die mit mir in meinem Gesch?ft arbeitet. Krauses Haar. Rote Brille. Gummistiefel. Sie ist eine begnadete G?rtnerin. Das hier w?re wie eine leere Leinwand f?r sie.“ Sie blickte zur?ck zu Suzy. „Sie hat versucht, mir das G?rtnern beizubringen, aber ich glaube, ich bin immer noch viel zu sehr New York City f?r die Pflanzenwelt.“ Suzy lachte. „Nun, wenn es Zeit ist, den Garten zu machen, rufe ich Gina an.“ Sie fuhren mit ihrer Tour durch die K?che, den Flur, am Aufzug vorbei und hinauf in eines der Schlafzimmer fort. „Ganz sch?n gro?“, sagte Suzy zu ihr, als sie Lacey hineinf?hrte. „Das kann man wohl sagen“, antwortete Lacey und rechnete aus, wie viele M?bel erforderlich w?ren, um sie angemessen einzurichten. Sie br?uchten mehr als nur die ?bliche M?blierung eines B&Bs, die in dein meisten F?llen aus einem Bett, einem Schrank und den Nachttischen bestand. Sie waren gro? genug f?r eine separate Couch und einen Sitzbereich mit Couchtisch, und f?r einen Ankleidebereich mit einem Schminktisch. Lacey konnte es sich gut vorstellen, aber es bedurfte einer Menge Koordination, um alles rechtzeitig f?r die Flugshow am Samstag fertig zu bekommen. „Und wie viele Zimmer, sagten Sie, gibt es?“, fragte sie und schaute nerv?s zur T?r hinaus und den dunklen Korridor entlang, der auf beiden Seiten von T?ren ges?umt war. Sie wollte Suzy gegen?ber nicht so deutlich zeigen, wie viel Arbeit n?tig sein w?rde, um diesen Ort auf Vordermann zu bringen. Schnell sch?ttelte sie ihren besorgten Gesichtsausdruck wieder ab. „Es sind insgesamt 400 Quadratmeter Unterkunft“, erkl?rte Suzy. „Sechs Schlafzimmer und eine Hochzeitssuite. Aber wir m?ssen nicht alles auf einmal machen. Nur den Salon, das Esszimmer und ein paar der Schlafzimmer. Zwei oder drei w?rden f?r den Anfang reichen, denke ich.“ Sie klang so entspannt bei dem Ganzen, obwohl sie nicht einmal genau wusste, wie viele Schlafzimmer sie eingerichtet haben wollte! „Und Sie m?ssen das alles rechtzeitig f?r die Flugschau am Samstag fertig haben?“, fragte Lacey erneut, als w?rde eine weitere Best?tigung die ganze Sache irgendwie besser machen. „Eigentlich am Freitag“, korrigierte Suzy. „Da findet die Er?ffnungsparty statt.“ Lacey erinnerte sich daran, dass Suzy Griesgram Greg, den Veranstaltungsplaner, und die Er?ffnungsparty erw?hnt hatte. Ihre Frage nach dem Termin f?r die Feier war ihr in dem Moment entfallen, als Suzy sie ?berraschend umarmt hatte. „Freitag…“ wiederholte Lacey wie hypnotisiert, als sie Suzy zur?ck aus dem Raum und in den Aufzug folgte. Die T?ren schlossen sich sanft hinter ihnen, und Suzy wandte sich mit erwartungsvollem Blick an Lacey. „Und? Was denken Sie?“ Der Aufzug fuhr nun abw?rts, wovon Lacey ein wenig flau im Magen wurde. „Sie haben hier ein ziemliches Juwel“, sagte Lacey und w?hlte ihre Worte sorgf?ltig. „Aber das Ganze ist ein wenig knapp. Das ist Ihnen doch klar, oder?“ „Das hat Griesgram Greg auch gesagt“, antwortete Suzy und ihre Lippen verzogen sich, als ihr Tonfall m?rrischer wurde. „Er sagte, es w?re fast unm?glich, bis Freitag ein gro?es Feuerwerk zu organisieren.“ Lacey verkniff sich ihr klar zu machen, dass es wesentlich weniger schwierig war, einen Haufen Feuerwerksk?rper zu beschaffen, als 400 Quadratmeter Pflegeheim in ein viktorianisches Jagdhaus zu verwandeln. Wenn schon ihr Veranstaltungsplaner der Meinung war, dass das Ganze zu knapp war, was sollte sie dann erst sagen? Die Fahrstuhlt?ren ?ffneten sich, und sie traten gemeinsam in den Hauptkorridor hinaus. Lacey blickte Suzy an. Sie sah aus, als werde ihr erst jetzt klar, wie viel Arbeit tats?chlich n?tig war, um diesen Ort zu verwandeln. Zum ersten Mal sah sie ein wenig ?berw?ltigt aus. Sorge spiegelte sich in ihrem Blick. „Glauben Sie, ich habe mir zu viel vorgenommen?“, fragte sie, als sie zur?ck ins Foyer gingen. Laceys Instinkt, sie nicht zu entt?uschen, meldete sich. „Ich werde Sie nicht anl?gen“, sagte sie vorsichtig. „Es wird eine Menge harte Arbeit sein. Aber ich glaube, es ist machbar. Ich habe bereits eine ganze Menge Material, das f?r Ihren Stil geeignet w?re. Aber es gibt einige wirklich gro?e Dinge, die Sie priorisieren m?ssen, bevor mit der Einrichtung begonnen werden kann.“ „Zum Beispiel?“, fragte Suzy und schnappte sich ein St?ck Papier f?r Notizen, als wollte sie jedes Wort der Expertin mitschreiben. „Die Fu?b?den“, begann Lacey und ging durch den Raum. „Dieses Linoleum muss weg. Die W?nde m?ssen von dieser schrecklichen Raufaser befreit werden. Die Stuckdecke. Allein das ?ffnen des Kamins wird ein ganzes Team erfordern …“ „Also im Grunde genommen, alles entkernen und von vorne anfangen?“, unterbrach Suzy und blickte von ihren Notizen auf. „So ziemlich. Und keine Abk?rzungen nehmen. Wenn es um Innenr?ume geht, dreht sich alles um die kleinen Details. Man muss konsequent sein. Keine Tapete in Holzoptik. Wenn Sie sich f?r eine Vert?felung entscheiden, dann bringen Sie eine echte an. Eine F?lschung sieht billig aus. Diese Materialen aufzutreiben hat also absolute Priorit?t.“ Suzy fing wieder an mitzuschreiben und nickte die ganze Zeit, die Lacey sprach. „Kennen Sie einen guten Handwerker?“ „Suzy, Sie brauchen zehn Handwerker“, sagte Lacey zu ihr. „Mindestens! Und eine ganze Fu?ballmannschaft an Raumgestaltern. Haben Sie ?berhaupt das Budget f?r daf?r?“ Suzy sah auf. „Ja. So ziemlich. Ich meine, ich werde niemanden bezahlen k?nnen, bis das Hotel anf?ngt Geld einzubringen, was es schwieriger machen k?nnte, Leute zu finden, die sich bereit erkl?ren, die Arbeit zu machen…“ Ihre Stimme driftete ab, w?hrend sie Lacey einen hoffnungsvollen Dackelblick zuwarf. Lacey f?hlte sich noch unsicherer als zuvor. Es w?re riskant, nicht im Voraus bezahlt zu werden, da sie eine Menge Ware beschaffen m?sste, die Zehntausende von Pfund kosten w?rde. Und es w?re vielleicht unklug, ein so gro?es Projekt zu ?bernehmen, wenn die Zeit bis zur Fertigstellung so knapp bemessen war und sie auch noch an ihr eigenes Gesch?ft denken musste. Aber auf der anderen Seite hatte sie die Tour sehr genossen und konnte sich vorstellen, wie der Ort voller antiker St?cke aussehen w?rde. Sie hatte es auch genossen, ihr altes Fachwissen ?ber Innenarchitektur zu nutzen und es mit ihrem neuen Talent f?r Antiquit?ten zu kombinieren. Suzy bot ihr eine einzigartige Gelegenheit, und das B&B w?rde mit absoluter Sicherheit sehr schnell Gewinne abwerfen. Ja, es w?re ein enormes finanzielles Risiko und ein massiver Aufwand an Zeit und Energie, aber wann w?rde Lacey je wieder eine solche Chance bekommen? Nicht ganz bereit, Suzy eine endg?ltige Antwort zu geben, sagte Lacey: „Ich bin gleich wieder da.“ Sie ging zu ihrem Auto, holte das Steinschlossgewehr und trug es zur?ck in das Anwesen. „Das Gewehr!“, Suzy strahlte und grinste beim Anblick des Steinschlossgewehrs. Es schien sie genauso zu begeistern wie gestern, als Lacey es ihr das erste Mal im Gesch?ft gezeigt hatte. „Sie haben es mitgebracht? F?r mich?“ „Ja“, sagte Lacey zu ihr. Sie legte es auf den Empfangstresen und ?ffnete die Schl?sser. Suzy griff hinein und holte es heraus, wobei sie liebevoll mit den Fingern ?ber den Lauf fuhr. „Kann ich es in die Hand nehmen?“ „Sicher“, sagte Lacey. Suzy ergriff die Waffe und nahm eine Schussposition ein. Sie sah so dabei so professionell aus, dass Lacey sie gerade fragen wollte, ob sie jemals selbst gejagt h?tte. Doch bevor sie die Gelegenheit dazu hatte, ert?nte das Ger?usch der automatischen Foyert?ren, die sich hinter ihnen ?ffneten. Lacey drehte sich um und sah einen Mann in einem dunklen Anzug durch die T?ren schreiten. Hinter ihm kam eine Frau in einem vornehmen, dunkelroten Kost?m herein. Sie strahlte Autorit?t aus. Lacey erkannte die Frau von den Gemeindeversammlungen wieder. Es war Stadtr?tin Muir, die ?rtliche Abgeordnete. Auch Suzy wirbelte herum, das Gewehr noch in der Hand. Bei seinem Anblick st?rmte der Mann im Anzug sch?tzend auf Stadtr?tin Muir zu. „Suzy!“, kreischte Lacey. „Leg das Gewehr weg!“ „Oh!“ Suzys Wangen f?rbten sich feuerrot. „Es ist nur eine Antiquit?t!“, erkl?rte Lacey dem Sicherheitsbeamten, der seine Arme immer noch sch?tzend um Stadtr?tin Muir schlang. Schlie?lich, wenn auch etwas z?gerlich, lie? er von ihr ab. Die Stadtr?tin strich ihr Kost?m glatt und tastete ihr Haar ab. „Danke, Benson“, sagte sie steif zu ihrem Begleiter, der sich f?r sie vor eine Kugel geworfen h?tte. Sie sah etwas verlegen aus. „Entschuldige, Joanie“, sagte Suzy. „Daf?r, dass ich dir eine Waffe ins Gesicht gehalten habe.“ Joanie?, dachte Lacey. Das klang erstaunlich vertraut. Kannten die beiden sich bereits? Stadtr?tin Muir sagte nichts. Ihr Blick richtete sich auf Lacey. „Wer ist das?“ „Das ist meine Freundin Lacey“, sagte Suzy. „Sie wird sich um die Inneneinrichtung des B&B k?mmern. Hoffentlich.“ Lacey trat vor und streckte der Stadtr?tin ihre Hand entgegen. Sie hatte sie noch nie aus n?chster N?he gesehen. Nur vom Podium des Rathauses aus, wenn sie eine Ansprache gehalten hatte, oder auf Flyern, die gelegentlich in ihrem Briefkasten landeten. Sie war ?ber 50 Jahre alt, ?lter als auf ihrem Pressefoto; das verrieten die F?ltchen um ihre Augen herum. Sie sah m?de und gestresst aus und nahm Laceys ausgestreckte Hand nicht an, da ihre H?nde damit besch?ftigt waren, einen dicken Briefumschlag zu umklammern. „Ist das meine Gesch?ftslizenz?“, quiekte Suzy aufgeregt, als sie den Umschlag entdeckte. „Ja“, sagte Stadtr?tin Muir hastig und hielt ihn ihr hin. „Ich bin nur vorbeigekommen, um sie dir zu ?bergeben.“ „Joanie hat das alles so schnell f?r mich geregelt“, sagte Suzy zu Lacey. „Wie nennt man das? Du hast es expediriert?“ „Expediert“, warf ihr Begleiter ein und erntete daf?r einen scharfen Blick von Stadtr?tin Muir. Lacey runzelte die Stirn. Es war h?chst ungew?hnlich, dass ein Mitglied des Gemeinderates solche Gesch?ftslizenzen pers?nlich ?berbrachte. Als Lacey ihre eigene beantragt hatte, hatte sie unz?hlige Online-Formulare ausgef?llt, in sch?bigen Gemeindegeb?uden herumgesessen und darauf gewartet, dass die Nummer auf ihrem Ticket angerufen wurde, als st?nde sie in der Warteschlange der Metzgerei. Sie fragte sich, warum Suzy eine Sonderbehandlung bekam. Und vor allem, warum die beiden sich bereits duzten. „Kennt ihr beide euch von irgendwoher?“, fragte Lacey in dem Bestreben herauszufinden, was es damit auf sich hatte. Suzy gluckste. „Joan ist meine Tante.“ „Ah“, erwiderte Lacey. Das ergab Sinn. Stadtr?tin Muir hatte dem Umbau eines Altersheims in ein B&B also nur so schnell zugestimmt, weil sie mit Suzy verwandt war. Carol hatte recht gehabt. Hier gab es eine Menge Vetternwirtschaft. „Ehemalige Tante“, korrigierte Stadtr?tin Muir abwehrend. „Und nicht blutsverwandt. Suzy ist die Nichte meines Ex-Mannes. Und das hat bei der Entscheidung, die Lizenz zu erteilen, keine Rolle gespielt. Es ist einfach h?chste Zeit, dass Wilfordshire ein anst?ndiges B&B bekommt. Der Tourismus nimmt von Jahr zu Jahr zu und unsere derzeitigen Einrichtungen k?nnen mit der Nachfrage einfach nicht Schritt halten.“ F?r Lacey war es offensichtlich, dass Stadtr?tin Muir von der Tatsache abzulenken versuchte, dass Suzy bevorzugt behandelt worden war. Aber das war wirklich nicht n?tig. Es ?nderte nichts an Laceys Meinung ?ber Suzy, denn schlie?lich konnte sie nichts f?r ihre guten Beziehungen. Und aus Laceys Sicht zeugte es von gutem Charakter, dass sie ihre Kontakte nutzte, um etwas zu unternehmen, statt sich nur auf ihren Lorbeeren auszuruhen. Wenn es jemanden schlecht dastehen lie?, dann war es Stadtr?tin Muir selbst, und zwar nicht, weil sie ihre einflussreiche Position ausgenutzt hatte, um der Nichte ihres Ex-Mannes einen so gro?en Gefallen zu erweisen, sondern weil sie sich dabei so dubios und ausweichend verhielt. Kein Wunder, dass die B?rger der Gemeinde dem Erneuerungsprojekt so ablehnend gegen?berstanden! Die karmesinrot gekleidete Stadtr?tin suchte immer noch nach Ausreden. „Die Stadt hat eigentlich sogar genug Nachfrage f?r zwei B&Bs dieser Gr??e, vor allem, wenn man all den zus?tzlichen Umsatz ber?cksichtigt, den die Wiederer?ffnung des alten Sch?tzenvereins uns einbringen wird.“ Lacey war sofort interessiert. Sie dachte an Xaviers Notiz und wie er erw?hnt hatte, dass ihr Vater w?hrend der Sommermonate ?fter zum Jagen nach Wilfordshire gekommen war. „Der alte Sch?tzenverein?“, fragte sie. „Ja, oben bei Penrose Manor“, erkl?rte Stadtr?tin Muir und gestikulierte mit ihrem Arm nach Westen, wo sich das Anwesen auf der anderen Seite des Tals befand. „Dort war doch mal ein Wald, oder?“, l?utete Suzy ein. „Ich habe geh?rt, dass Heinrich der Achte das Jagdhaus bauen lie?, damit er kommen und Wildschweine jagen konnte!“ „Das stimmt“, sagte die Stadtr?tin mit einem sachlichen Nicken. „Aber der Wald wurde irgendwann abgeholzt. Wie auf vielen englischen Gutsh?fen begann der Adel nach der Erfindung des Gewehrs, Wildv?gel zu schie?en. Und daraus entwickelte sich die heutige Jagdwirtschaft. Heutzutage werden Stockenten, Rebh?hner und Fasane nur zum Schie?en gez?chtet.“ „Was ist mit Kaninchen und Tauben?“, fragte Lacey, wobei sie sich an den Inhalt von Xaviers Brief erinnerte. „Die k?nnen das ganze Jahr ?ber gejagt werden“, best?tigte Stadtr?tin Muir. „Der Sch?tzenverein von Wilfordshire unterrichtete in der Nebensaison Amateure und sie ?bten sich an Tauben und Kaninchen. Nicht gerade glamour?s, aber irgendwo muss man ja anfangen.“ Lacey lie? sich die Informationen durch den Kopf gehen. Es stimmte exakt mit dem ?berein, was Xavier in seinem Brief gesagt hatte und sie konnte nicht umhin zu glauben, dass ihr Vater wirklich im Sommer nach Wilfordshire gekommen war, um bei Penrose Manor zu jagen. In Verbindung mit dem Foto, das sie von ihrem Vater und Iris Archer, der fr?heren Besitzerin, gesehen hatte, schien dies noch wahrscheinlicher. Hatte sich die Waffe deshalb so vertraut angef?hlt? Weil irgendwo in ihrem Unterbewusstsein Erinnerungen verborgen lagen, zu denen sie keinen Zugang hatte? „Ich wusste nicht, dass es in Penrose Manor ein Jagdhaus gibt“, sagte sie. „Wann hat der Sch?tzenverein den Betrieb eingestellt?“ „Vor etwa zehn Jahren“, antwortete Stadtr?tin Muir. Ihr Tonfall klang m?hsam, als z?ge sie es vor, dieses Gespr?ch nicht zu f?hren. „Sie mussten den Betrieb wegen…“ Sie hielt inne und suchte offenbar nach den richtigen Worten. „… ung?nstiger Verm?gensverwaltung schlie?en.“ Die Stadtr?tin schien melancholisch zu werden, als h?tte sie eine Art pers?nliche Vergangenheit mit dem Sch?tzenverein und seinem Untergang vor einem Jahrzehnt, doch da konnte Lacey sich nicht sicher sein. Sie wollte nachfragen und herausfinden, ob es vielleicht noch mehr Hinweise gab, die auf ihren Vater zur?ckf?hrten, doch Suzy schaltete sich jetzt ein. „Also siehst du, wie viel unausgesch?pftes Potenzial hier vorhanden ist, und warum du dich unbedingt an dem Projekt beteiligen solltest!“, sagte sie voller Begeisterung. Die Stadtr?tin nickte in ihrer steifen Art. „Wenn einem die Chance geboten wird, sich an der Erneuerung des ?stlichen Teils der Grafschaft Wilfordshire zu beteiligen“, sagte sie, „dann w?rde ich sie auf jeden Fall ergreifen. Das B&B ist erst der Anfang. B?rgermeister Fletcher hat gro?e Pl?ne f?r diese Stadt. Wenn Sie sich hier einen Namen machen, werden Sie auch bei zuk?nftigen Projekten eine der ersten Ansprechpartnerinnen sein.“ Das Jobangebot faszinierte Lacey mehr und mehr. Nicht nur wegen des enormen Potenzials, sich einen Namen zu machen – und dabei einen ansehnlichen Gewinn zu erzielen –, sondern auch wegen der Verbindung von Wilfordshire und ihrem Vater. Sie fragte sich, ob er auch das Potenzial der Stadt erkannt hatte. Vielleicht war er deshalb ?berhaupt erst hierhergekommen, weil er eine Gesch?ftsgelegenheit entdeckt hatte, in die er investieren wollte? ‚Oder weil er seiner Ehe und Familie entfliehen und sich an einem Ort niederlassen wollte, der besser zu ihm passte‘, dachte Lacey. „Ich muss langsam los“, sagte Stadtr?tin Muir und winkte ihrem Begleiter zu, welcher sofort wieder an ihre Seite sprang. „Ich habe andere Angelegenheiten zu kl?ren. Die Anwohner regen sich ?ber die geplante Fu?g?ngerzone in der Hauptstra?e auf. So wie die sich verhalten k?nnte man meinen, ich h?tte genehmigt, die Stra?en mit Lava ?bergie?en zu lassen.“ Sie nickte Suzy knapp zu und machte sich dann davon. Kaum war sie weg, drehte Suzy sich mit einem begeisterten Gesichtsausdruck zu Lacey um und hielt den Briefumschlag mit ihrer Gesch?ftslizenz fest in den H?nden. „Und?“, fragte sie. „Was sagen Sie dazu? Wollen Sie mitmachen?“ „Kann ich ein wenig Zeit haben, um dar?ber nachzudenken?“ „Aber sicher.“ Suzy kicherte. „Denk dran, die Er?ffnung ist in einer Woche. Nimm dir so viel Zeit, wie du willst.“ * Lacey ?ffnete die T?r zum Antiquit?tenladen. Boudica und Chester eilten herbei, um sie zu begr??en. Abwechselnd kraulte sie den beiden die K?pfe. „Du bist zur?ck“, sagte Gina, w?hrend sie von dem Gartenmagazin aufblickte, das sie sich gerade angesehen hatte. „Wie ist es gelaufen?“ „Es war interessant“, sagte Lacey und setzte sich neben sie an den Schreibtisch. „Es ist ein fantastisches Anwesen, mit viel Potenzial. Und die Stadtr?tin scheint der gleichen Meinung zu sein.“ Gina klappte ihr Gartenmagazin zu. „Die Stadtr?tin?“ „Ja, Stadtr?tin Muir“, erwiderte Lacey. „Sie ist Suzys Tante. Diese ganze B&B-Sache scheint ein Teil von B?rgermeister Fletchers Pl?nen zu sein, East Wilfordshire zu sanieren. Nicht, dass das Suzys Schuld ist, aber dadurch scheint sie noch unerfahrener. Wer wei?, ob ihr eigentlicher Gesch?ftsplan ?berhaupt umsetzbar ist, oder ob er nur wegen ihrer Tante genehmigt wurde.“ Gina tippte auf ihr Kinn. „Hmm. Carol war also doch an etwas dran.“ „In gewisser Weise.“ „Aber mal ganz abgesehen von all dem politischen Kram“, f?gte Gina hinzu und drehte sich mit ihrem Hocker herum, so dass sie Lacey direkt gegen?bersa?. „Was w?rde es f?r dich hei?en, da mitzumachen?“ Lacey hielt inne. Sie sp?rte ein aufgeregtes Flattern in ihrem Bauch. Wenn sie all die n?rgelnden Zweifel beiseiteschob, war es wirklich eine einmalige Gelegenheit. „Es w?rde bedeuten, dass ich die Verantwortung f?r die Einrichtung eines 400 Quadratmeter gro?en Anwesens mit historischen M?beln tragen w?rde. F?r eine Antiquit?ten-Liebhaberin ist das im Grunde genommen das Paradies.“ „Und das Geld?“, fragte Gina. „Oh, ich w?rde einen Haufen verdienen. Wir sprechen hier von Tausenden von Pfund an Warenbest?nden. Ein ganzer Speisesaal. Ein Foyer. Eine Bar. Sechs Schlafzimmer und eine Hochzeits-Suite. Das ist ein gewaltiges Unterfangen. Au?erdem wird mir das in Zukunft noch mehr Arbeit einbringen, weil ich mir so einen Namen machen kann. Und die Tatsache, dass ein B&B f?r besondere Anl?sse wie die Flugschau eine positive Auswirkung auf den Rest der Stadt haben wird …“ Gina begann zu l?cheln. „F?r mich klingt das so, als h?ttest du dich schon entschieden.“ Lacey nickte unverbl?mt. „Vielleicht habe ich das. Aber w?re es nicht verr?ckt? Ich meine, sie will, dass es rechtzeitig zur Flugschau fertig wird. Die ist am Samstag!“ „Und seit wann schreckst du vor harter Arbeit zur?ck?“, fragte Gina frech. Sie deutete auf ihre Umgebung. „Sieh dir an, was du durch deine harte Arbeit schon alles erreicht hast.“ Lacey war zu bescheiden, um das Kompliment anzunehmen, auch wenn sie wusste, dass Gina nicht ganz unrecht hatte. Sie war risikofreudiger geworden. H?tte sie ihren Job in New York City nicht aufgegeben und den ersten Flug nach England genommen, h?tte sie sich dieses wunderbare Leben nie aufbauen k?nnen. Sie w?re ungl?cklich, geschieden und immer noch daf?r zust?ndig, Saskia ihren Kaffee zu holen, als w?re sie eine Praktikantin und keine Assistentin mit 14 Jahren Berufserfahrung. Das Projekt mit Suzy war die Art von Arbeit, f?r die Saskia mit ihren manik?rten N?geln k?mpfen w?rde. Das allein war schon ein Grund, es zu tun. „Ich glaube, du wei?t, was zu tun ist“, sagte Gina. Sie nahm das Telefon ab und schob es Lacey hin. „Ruf Suzy an und sag ihr, dass du dabei bist.“ Lacey starrte das Telefon an und biss sich auf die Unterlippe. „Aber was ist mit den Kosten?“, fragte sie. „Es wird wahnsinnig viel kosten, so viel Inventar in so kurzer Zeit aufzutreiben. Viel mehr, als ich normalerweise f?r Best?nde ausgeben w?rde.“ „Aber du wirst doch daf?r bezahlt?“, antwortete Gina. „Erst, wenn das B&B Geld erwirtschaftet.“ „Was ohnehin passieren wird, nicht wahr? Also wirst du mit der Zeit wieder Profit erzielen.“ Gina streckte Lacey das Telefon entgegen. „Ich denke, du suchst nach Ausreden.“ Sie hatte recht, aber das hinderte Lacey nicht daran, noch eine zu finden. „Was ist mit dir?“, fragte sie. „Du m?sstest dich eine ganze Woche lang alleine um den Laden k?mmern. Ich werde keine Zeit haben, etwas anderes zu tun.“ „Ich kann den Laden auch ganz gut allein f?hren“, versicherte Gina ihr. „Und Chester? Er m?sste bei dir bleiben, w?hrend ich arbeite. Suzy mag keine Hunde.“ „Ich denke, mit Chester werde ich schon fertig, meinst du nicht?“ Lacey blickte von Gina zum Telefon und wieder zur?ck. Dann, mit einer schnellen Bewegung, streckte sie die Hand aus, nahm den H?rer entgegen und tippte Suzys Nummer ein. „Suzy?“, sagte sie in der Sekunde, in der der Anruf entgegengenommen wurde. „Ich habe meine Entscheidung getroffen. Ich bin dabei.“ KAPITEL VIER „Oh, Percy, sie sind wunderbar!“, schw?rmte Lacey ins Telefon und betrachtete die ge?ffnete Schachtel mit den silbernen Gabeln, die sie gerade von ihrem Lieblings-Antiquit?tenh?ndler in Mayfair erhalten hatte. Sie befand sich im beengten Hinterzimmer des Gesch?fts, umgeben von Ordnern voller Checklisten, Skizzen, Moodboards, Detailzeichnungen und einem ganzen Haufen schmutziger Kaffeetassen. „Das sind alles vollst?ndige Sets“, erkl?rte Percy. „F?r Salat, Suppe, Fisch, Abendessen, Dessert und Austern.“ Lacey l?chelte breit. „Ich wei? nicht, ob Suzy ?berhaupt vorhat, Austern zu servieren, aber wenn die Viktorianer Austerngabeln auf ihren Tischen hatten, dann sollten wir sie auch auf unseren haben.“ Sie h?rte Percys Gro?vater durch den Lautsprecher lachen. „Das klingt wirklich sehr aufregend“, sagte er. „Ich muss sagen, dass ich nicht oft eine Bestellung f?r viktorianische Gegenst?nde erhalte.“ „Nun ja“, sagte Lacey. „Ich bin sicher, es kommt nicht oft vor, dass einer deiner K?ufer damit beauftragt wird, ein Altersheim in einer Woche in ein viktorianisches B&B zu verwandeln!“ „Sag mal, hast du ?berhaupt noch Zeit zu schlafen?“ „Ganze vier gesunde Stunden pro Nacht“, scherzte Lacey. Obwohl sie so hart gearbeitet hatte, hatte sie das Projekt bisher ziemlich aufregend gefunden. Berauschend sogar. Es war wie ein R?tsel, das nur sie l?sen konnte, mit einer tickenden Uhr im Hintergrund. „Aber arbeite dich nicht zu Tode“, sagte Percy, f?rsorglich wie er war. Sie legte auf, schnappte sich einen Filzstift und setzte ein gro?es H?kchen neben „Geschirr“. Sie hatte nun etwa die H?lfte ihrer Liste abgearbeitet, nachdem sie gef?hlte hundert Gefallen eingefordert hatte und quer durchs Land nach Bristol und Bath gefahren war, um einige besonders au?ergew?hnliche St?cke abzuholen. Sogar noch weiter, ?ber die Grenze nach Cardiff, f?r einen wundersch?nen steinernen Brunnen, der hervorragend in das Foyer passen w?rde. Von allen R?umen war das Foyer am schwierigsten zu gestalten. Seine Architektur ?hnelte einem Wintergarten, also hatte Lacey sich von viktorianischen Bauten wie dem Alexandra Palace in London und den Gew?chsh?usern von Kew Gardens inspirieren lassen. Gerade waren die Innenausstatter dort, um den Linoleumfu?boden herauszurei?en und die Jalousien abzuh?ngen, die an das Wartezimmer eines Zahnarztes erinnerten. Die wei?en Plastikrahmen w?rden mit d?nnen, biegsamen Metallplatten ?berzogen, die schwarz lackiert wie Eisen aussehen w?rden. Bis jetzt hatte die Arbeit Spa? gemacht, trotz des Schlafentzuges und der langen Fahrten. Allein ihr Kontostand war ein wenig alarmierend. Lacey hatte Tausende und Abertausende von Pfund an M?beln zusammengesammelt, die alle perfekt zu Suzys Jagdhaus-Motto passten. Und obwohl sie wusste, dass Suzy die Rechnung begleichen w?rde, sobald sie das Geld zur?ckverdient hatte, war es ihr trotzdem sehr unangenehm, sich ihren Kontostand anzusehen. Besonders in Anbetracht des Deals, den sie mit Ivan ?ber die Hypothek in Crag Cottage gemacht hatte. Sie wollte nicht, dass der nette alte Mann, der ihr ihr Traumhaus verkauft hatte, seine Zahlungen nicht rechtzeitig erhielt. Aber wenn Suzys Rechnung bis Ende Juni nicht beglichen war, w?rde sie gezwungen sein, die Zahlungen aufzuschieben. Allein das Gewehr war 5000 Pfund wert! Lacey war fast an ihrem Cappuccino erstickt, als sie seinen Wert recherchiert hatte, um ihn Suzys Rechnung hinzuzuf?gen. Sofort hatte sie Xavier angeschrieben und ihm vorgeschlagen, ihm etwas Geld zu ?berweisen. Doch er hatte darauf bestanden, dass es ein Geschenk sei, was ihr ein schlechtes Gewissen bereitete, da sie es umgehend verkauft hatte. Aber ihr schlechtes Gewissen hielt sich in Grenzen, denn welcher Mann schenkte einer Frau eine wertvolle Antiquit?t, ohne dabei einen Hintergedanken zu haben? Allm?hlich wurde Lacey klar, dass Gina vielleicht recht gehabt hatte, was Xaviers Absichten betraf, also beschloss sie, den Kontakt zu ihm zu minimieren. Au?erdem hatte sie mit dem ehemaligen Sch?tzenverein von Penrose Manor nun eine ganz neue Spur auf der Suche nach ihrem Vater zu verfolgen, sodass Xavier nicht mehr der Rettungsanker war, der er einmal gewesen war. Im Hauptbereich des Ladens konnte Lacey sehen, wie Gina durch die Gegend flitzte. Bis jetzt war die ?ltere Frau mit ihren neuen Aufgaben ziemlich gut zurechtgekommen. Ihr Einspruchsrecht gegen das Heben von schweren Gegenst?nden war vor?bergehend aufgehoben worden, und obwohl es Gina nichts ausmachte, f?hlte Lacey sich nicht wohl dabei, eine Rentnerin so hart arbeiten zu lassen. In diesem Moment h?rte Lacey die Glocke nebenan l?uten, und es folgten die sanften, fr?hlichen Jauchzer von Chester und Boudica. Lacey ahnte sofort, dass Tom hereingekommen war. Sie unterbrach ihre T?tigkeit und eilte zum Gesch?ftsraum. Tats?chlich war ihr Verehrer dort und f?tterte die Hunde gerade mit seinen speziellen Johannisbrotleckereien. Als er sie kommen h?rte, blickte er auf und schenkte ihr sein charakteristisch sch?nes L?cheln. Es f?hlte sich an, als h?tte Lacey ihn seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen oder mit ihm gesprochen. Er war zu sehr damit besch?ftigt gewesen, Regenbogen-Cupcakes zu backen, und sie hatte knietief in viktorianischen Antiquit?ten gesteckt. Die beiden hatten nicht einmal einen Moment Zeit gehabt, sich eine Nachricht zu schicken, geschweige denn zur selben Zeit am selben Ort zu sein! Lacey eilte auf ihn zu und gab ihm einen Kuss auf die Lippen. „Mein Schatz“, schw?rmte sie. „Es ist schon so lange her. Was machst du hier?“ „Es ist Donnerstag“, sagte er geradeheraus. „Zeit f?r unser Date!“ Mit ihren vollen Terminkalendern hatten sie sich darauf geeinigt, ihre t?glichen Treffen einzustellen und sich auf ein ?berschaubares w?chentliches Mittagessen am Donnerstag zu beschr?nken. Aber dieser Plan war geschmiedet worden, bevor die beiden ihre Last-Minute-Auftr?ge angenommen hatten, und Lacey hatte einfach angenommen, dass nun auch das nicht mehr infrage kommen w?rde. Sie hatte zugelassen, dass die lange Einkaufsliste viktorianischer Waren, die sie beschaffen musste, dieses Thema g?nzlich aus ihrem Verstand dr?ngte. „Hast du das etwa vergessen?“, fragte Tom. „Ich w?rde nicht sagen, dass ich es vergessen habe“, sagte Lacey. „Es ist nur, wir sind beide so besch?ftigt …“ „Oh“, sagte Tom und die Entt?uschung in seiner Stimme war deutlich zu h?ren. „Du sagst ab.“ Lacey f?hlte sich schrecklich. Sie war sich nicht einmal bewusst gewesen, dass es etwas abzusagen gab. Aber sie h?tte nicht annehmen d?rfen, dass Tom ihre gemeinsamen Pl?ne einfach auf Eis legen w?rde. Anscheinend war nur sie gef?hllos genug, das zu tun. „Es tut mir wirklich leid“, sagte Lacey, nahm seine Hand und zerrte spielerisch an ihr. „Du wei?t, dass wir morgen die gro?e Er?ffnung der haben. Ich werde die n?chsten 24 Stunden buchst?blich auf Hochtouren arbeiten m?ssen, um alles fertig zu bekommen. Wahrscheinlich werde ich heute Nacht nicht einmal Zeit haben, schlafen zu gehen, geschweige denn eine Stunde Mittagspause zu machen.“ Sie kaute auf ihrer Lippe herum, w?hrend Schuldgef?hle in ihr aufstiegen. Tom wandte seinen Blick ab. Offensichtlich hatte sie seine Gef?hle wirklich verletzt. „Es ist nur ein Mittagessen“, versprach Lacey ihm. „Ich habe nur diese letzte H?rde. Nach der Party morgen Abend werde ich wieder einen normalen Zeitplan haben. Und du wirst deine Cupcake-Bonanza, oder wie auch immer er hei?t, beendet haben …“ „… Extravaganza“, murmelte Tom. „Richtig.“ Lacey schwang seine H?nde hin und her und versuchte, ihren Ton locker zu halten. „Dann wird alles wieder normal. Okay?“ Endlich nickte Tom. Sie hatte ihn noch nie so niedergeschlagen gesehen. Aber auf eine gewisse Art freute sie sich ein wenig, wenn sie bedachte, wie besorgt sie wegen Lucia gewesen war. Wie sich herausstellte, war Schlafmangel ein sehr gutes Heilmittel f?r Eifersucht, denn momentan war sie praktisch ein Roboter. „Hey, wei?t du was? Du solltest zu der Party kommen“, sagte Lacey. Nun f?hlte sie sich schlecht, dass sie vorher nicht daran gedacht hatte, ihn einzuladen. Schlie?lich sollte es eine gro?e Er?ffnung werden, mit einem Feuerwerk, gutem Essen, angesehenen G?sten und allem. „Ich?“, fragte Tom. „Ich glaube nicht, dass ein Konditor vornehm genug f?r das Jagdhaus ist.“ „Unsinn“, sagte Lacey. „Au?erdem habe ich dich noch nie in einem Smoking gesehen, und ich wette, du siehst fabelhaft aus.“ Sie sah ein schelmisches Funkeln in Toms Augen zur?ckkehren. So sah er schon eher nach dem Tom aus, den sie kannte und liebte. „Na ja, solange es Suzy nichts ausmacht“, sagte er. „Aber ich werde nicht lange bleiben k?nnen. Luce und ich m?ssen morgen fr?h schon um sechs Uhr mit dem Backen anfangen.“ „Luce?“, wiederholte Lacey. Dann d?mmerte ihr, dass er Lucia meinte. Er hatte ihr einen Kosenamen gegeben? Einen, der Laceys Spitznamen auffallend ?hnlich war. Der Spitzname, den er sie nicht hatte nennen d?rfen, da es der gleiche war, den ihr Ex-Mann benutzt hatte: Lace. Auf einmal kehrte Laceys Verunsicherung ?ber die junge Frau mit der Gewalt eines Orkans zu ihr zur?ck. So viel zu ihrer Theorie, zu ausgelaugt f?r Eifersucht zu sein. „Hey, das w?re doch eine Idee. Ich sollte Luce heute zum Mittagessen ausf?hren!“, sagte Tom und bemerkte offensichtlich nicht, dass Laceys Haltung sich ver?ndert hatte. „Wei?t du, als Dankesch?n f?r all ihre harte Arbeit. Seit ich sie eingestellt habe, hatten wir wirklich keinen Moment Pause, und ich musste sie total ins kalte Wasser werfen. Es war eine ziemlich steile Lernkurve und sie hat das alles mit Bravour gemeistert. Sie ist eine ziemlich bemerkenswerte junge Frau.“ Lacey f?hlte, wie sich ihre H?nde zu F?usten verkrampften, w?hrend Tom von der Frau schw?rmte, die er an ihrer Stelle zum Mittagessen einladen wollte. Ein ganzer Wirrwarr an Emotionen wirbelte in ihrem Bauch umher. Entt?uschung, da sie keine Zeit mit ihrer Lieblings-Person verbringen konnte. Eifersucht, da jemand anders seine Aufmerksamkeit bekommen w?rde. Aber es war mehr als das und es sa? tiefer. Ihre Eifersucht hatte nicht nur mit Tom zu tun, sondern mit der Tatsache, dass er seine Aufmerksamkeit einer anderen Frau schenken w?rde. Einer „ziemlich bemerkenswerten jungen Frau“ noch dazu, mit ihrer faltenfreien Haut, ihrer immerzu optimistischen Pers?nlichkeit und ihren strahlend wei?en, perfekt angeordneten Z?hnen. Dann kam zur Eifersucht noch die Peinlichkeit hinzu – was w?rden die Anwohner denken, wenn sie Tom mit einer h?bschen jungen Frau beim Mittagessen sehen w?rden? Wie lange w?rde es dauern, bis die Ger?chtek?che zu brodeln anfing? Taryn w?rde sicher ihre Freude daran haben! „Wer k?mmert sich um die Konditorei?“, fragte Lacey und klammerte sich verzweifelt an jede Ausrede, um es zu verhindern. „Wenn du und Luce beide zusammen essen geht …“ „Paul, offensichtlich“, antwortete Tom und ein verwirrtes Stirnrunzeln erschien zwischen seinen Augenbrauen. F?r einen Moment fragte Lacey sich, ob sein Stirnrunzeln ein Zeichen daf?r war, dass der allseits ahnungslose Tom ihren Stimmungswandel jetzt tats?chlich bemerkt hatte. „Obwohl er heute besonders ungeschickt war“, fuhr Tom fort. „Er hat den Schneebesen und den Spatel verwechselt. Irgendetwas stimmt nicht mit dem Jungen.“ Sein Stirnrunzeln hatte also eher mit Pauls Mangel an gesundem Menschenverstand zu tun als mit ihrer Beziehung. Nat?rlich. Sie kannte Tom, und wahrscheinlich hatte er keine Ahnung, dass Lacey eifers?chtig auf Lucia war. Und noch weniger w?rde er wissen, warum. Aber aus Laceys Perspektive war es verr?ckt, dass Tom nicht einmal daran denken konnte. Sie f?hlte sich jedes Mal schrecklich dumm, wenn sie ihn darauf hinwies. „Dann ist es wahrscheinlich keine gute Idee, ihm die Verantwortung zu ?berlassen, oder?“, erwiderte Lacey. „Ich meine, deswegen hast du Lucia doch eingestellt, oder? Um daf?r zu sorgen, dass jemand abgesehen von Paul den Laden betreiben kann.“ Tom kratzte sich nachdenklich an seinem Hinterkopf. „Ja, du hast wahrscheinlich recht.“ Êîíåö îçíàêîìèòåëüíîãî ôðàãìåíòà. Òåêñò ïðåäîñòàâëåí ÎÎÎ «ËèòÐåñ». Ïðî÷èòàéòå ýòó êíèãó öåëèêîì, êóïèâ ïîëíóþ ëåãàëüíóþ âåðñèþ (https://www.litres.ru/pages/biblio_book/?art=63590611&lfrom=688855901) íà ËèòÐåñ. Áåçîïàñíî îïëàòèòü êíèãó ìîæíî áàíêîâñêîé êàðòîé Visa, MasterCard, Maestro, ñî ñ÷åòà ìîáèëüíîãî òåëåôîíà, ñ ïëàòåæíîãî òåðìèíàëà, â ñàëîíå ÌÒÑ èëè Ñâÿçíîé, ÷åðåç PayPal, WebMoney, ßíäåêñ.Äåíüãè, QIWI Êîøåëåê, áîíóñíûìè êàðòàìè èëè äðóãèì óäîáíûì Âàì ñïîñîáîì.
Íàø ëèòåðàòóðíûé æóðíàë Ëó÷øåå ìåñòî äëÿ ðàçìåùåíèÿ ñâîèõ ïðîèçâåäåíèé ìîëîäûìè àâòîðàìè, ïîýòàìè; äëÿ ðåàëèçàöèè ñâîèõ òâîð÷åñêèõ èäåé è äëÿ òîãî, ÷òîáû âàøè ïðîèçâåäåíèÿ ñòàëè ïîïóëÿðíûìè è ÷èòàåìûìè. Åñëè âû, íåèçâåñòíûé ñîâðåìåííûé ïîýò èëè çàèíòåðåñîâàííûé ÷èòàòåëü - Âàñ æä¸ò íàø ëèòåðàòóðíûé æóðíàë.