×òî æå åñòü ó ìåíÿ? Äûðû â äðàíûõ êàðìàíàõ, Òðè ìîðùèíû íà ëáó, Äà èñò¸ðòûé ïÿòàê... Íî íå æàëêî íè äíÿ- Ìíå ñóäüáîþ ïðèäàííûõ, Õîòü ïîðîé ÿ æèâó Ïîïîäàÿ â ïðîñàê. Âñ¸ ÷òî åñòü ó ìåíÿ: Ñîâåñòü, ÷åñòü è óìåíüå. ß îòäàì íå ñêóïÿñü- Ïðîñòî òàê çà ïóñòÿê. Çà ïîñòåëü ó îãíÿ, Äîáðîòó áåç ñòåñíåíüÿ. È çà òî, ÷òî ïðîñòÿñü, Íå çàáûòü ìíå íè êàê... Âñ¸ ÷

Die Perfekte Aff?re

Die Perfekte Aff?re Blake Pierce Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt #7 „Ein Meisterwerk voll Spannung und Mystery. Blake Pierce hat seine Charaktere gekonnt und mit solch einer hervorragenden, psychologischen Seite entwickelt, dass wir uns in ihre Gedanken hineinversetzen, ihre ?ngste mitf?hlen und ihre Erfolge mitfeiern k?nnen. Dieses Buch voller spannender Wendungen wird Sie bis zur letzten Seite in seinen Bann ziehen.” –-Buch- und Filmreviews, Roberto Mattos (Verschwunden) DIE PERFEKTE AFF?RE ist Buch Nr. 7 in der neuen Psychothriller-Reihe des Bestsellerautors Pierce Blake, dessen Bestseller Verschwunden (als kostenloser Download erh?ltlich) bereits ?ber 1000 F?nf-Sterne-Rezensionen erhalten hat. Ein Pornostar wird tot aufgefunden, und das LAPD denkt sich nicht viel dabei. Aber die 29j?hrige FBI-Agentin Jessie Hunt sp?rt, dass etwas viel Unheilvolleres dahintersteckt, etwas, das sich bis in die oberen Schichten von Macht und Gesellschaft erstreckt. Ein rasanter Psychothriller mit unvergesslichen Charakteren und fesselnder Spannung. DIE PERFEKTE AFF?RE ist Buch Nr.7 der neuen, mitrei?enden Serie, die Ihnen schlaflose N?chte bereiten wird. Band Nr. 8 der Jessie Hunt-Serie wird in K?rze erh?ltlich sein. Blake Pierce DIE PERFEKTE AFF?RE d i e   p e r f e k t e   a f f ? r e (ein spannender psychothriller mit jessie hunt – band sieben) b l a k e   p i e r c e Blake Pierce Blake Pierce ist der USA Today Bestseller-Autor der RILEY PAGE Mystery-Serie, die sechzehn B?cher (und es werden noch mehr) umfasst. Blake Pierce ist auch der Autor der Mystery-Serie MACKENZIE WHITE, die dreizehn B?cher umfasst (Tendenz steigend); der Mystery-Serie AVERY BLACK, die sechs B?cher umfasst; der Mystery-Serie KERI LOCKE, die f?nf B?cher umfasst; der Mystery-Serie DAS MAKING OF RILEY PAIGE, die f?nf B?cher umfasst (Tendenz steigend); der Mystery-Serie KATE WISE, die sechs B?cher umfasst (Tendenz steigend); der psychologischen Krimireihe CHLOE FINE, die f?nf B?cher umfasst (Tendenz steigend); der psychologischen Krimireihe JESSE HUNT, die f?nf B?cher umfasst (Tendenz steigend); der psychologischen Krimireihe AU PAIR, die zwei B?cher umfasst (Tendenz steigend); der Krimireihe ZOE PRIME, die zwei B?cher umfasst (Tendenz steigend); der neuen Krimireihe ADELE SHARP; sowie der neuen und heimeligen Mystery-Serie EUROPEAN VOYAGE. Als begeisterter Leser und lebenslanger Fan der Mystery- und Thriller-Genres liebt es Blake, von Ihnen zu h?ren. Besuchen Sie www.blakepierceauthor.com (http://www.blakepierceauthor.com/), um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben. B?CHER VON BLAKE PIERCE ADELE SHARP MYSTERY-SERIE NICHTS ALS STERBEN (Buch #1) NICHTS ALS RENNEN (Buch #2) NICHTS ALS VERSTECKEN (Buch #3) DAS AU-PAIR SO GUT WIE VOR?BER (Band #1) SO GUT WIE VERLOREN (Band #2) SO GUT WIE TOT (Band #3) ZOE PRIME KRIMIREIHE GESICHT DES TODES (Band #1) GESICHT DES MORDES (Band #2) GESICHT DER ANGST (Band #3) JESSIE HUNT PSYCHOTHRILLER-SERIE DIE PERFEKTE FRAU (Band #1) DER PERFEKTE BLOCK (Band #2) DAS PERFEKTE HAUS (Band #3) DAS PERFEKTE L?CHELN (Band #4) DIE PERFEKTE L?GE (Band #5) DER PERFEKTE LOOK (Band #6) DIE PERFEKTE AFF?RE (Band #7) DAS PERFEKTE ALIBI (Band #8) CHLOE FINE PSYCHOTHRILLER-SERIE NEBENAN (Band #1) DIE L?GE EINES NACHBARN (Band #2) SACKGASSE (Band #3) STUMMER NACHBAR (Band #4) HEIMKEHR (Band #5) GET?NTE FENSTER (Band #6) KATE WISE MYSTERY-SERIE WENN SIE W?SSTE (Band #1) WENN SIE S?HE (Band #2) WENN SIE RENNEN W?RDE (Band #3) WENN SIE SICH VERSTECKEN W?RDE (Band #4) WENN SIE FLIEHEN W?RDE (Band #5) WENN SIE F?RCHTETE (Band #6) WENN SIE H?RTE (Band #7) DAS MAKING OF RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE BEOBACHTET (Band #1) WARTET (Band #2) LOCKT (Band #3) NIMMT (Band #4) LAUERT (Band #5) T?TET (Band #6) RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE VERSCHWUNDEN (Band #1) GEFESSELT (Band #2) ERSEHNT (Band #3) GEK?DERT (Band #4) GEJAGT (Band #5) VERZEHRT (Band #6) VERLASSEN (Band #7) ERKALTET (Band #8) VERFOLGT (Band #9) VERLOREN (Band #10) BEGRABEN (Band #11) ?BERFAHREN (Band #12) GEFANGEN (Band #13) RUHEND (Band #14) GEMIEDEN (Band #15) VERMISST (Band #16) AUSERW?HLT (Band #17) EINE RILEY PAIGE KURZGESCHICHTE EINST GEL?ST MACKENZIE WHITE MYSTERY-SERIE BEVOR ER T?TET (Band #1) BEVOR ER SIEHT (Band #2) BEVOR ER BEGEHRT (Band #3) BEVOR ER NIMMT (Band #4) BEVOR ER BRAUCHT (Band #5) EHE ER F?HLT (Band #6) EHE ER S?NDIGT (Band #7) BEVOR ER JAGT (Band #8) VORHER PL?NDERT ER (Band #9) VORHER SEHNT ER SICH (Band #10) VORHER VERF?LLT ER (Band #11) VORHER NEIDET ER (Band #12) VORHER STELLT ER IHNEN NACH (Band #13) VORHER SCHADET ER (Band #14) AVERY BLACK MYSTERY-SERIE DAS MOTIV (Band #1) LAUF (Band #2) VERBORGEN (Band #3) GR?NDE DER ANGST (Band #4) RETTE MICH (Band #5) ANGST (Band #6) KERI LOCKE MYSTERY-SERIE EINE SPUR VON TOD (Band #1) EINE SPUR VON MORD (Band #2) EINE SPUR VON SCHW?CHE (Band #3) EINE SPUR VON VERBRECHEN (Band #4) EINE SPUR VON HOFFNUNG (Band #5) KAPITEL EINS Sch?sse rissen Jessie aus ihrem Schlaf. Halb schlafend kroch sie aus dem Bett, nahm ihre Pistole vom Nachttisch und huschte zur Schlafzimmert?r. Die Sch?sse h?rten sich an, als w?ren sie aus dem Wohnzimmer gekommen. Sie warf einen Blick auf die Uhr: 1:08 Uhr. Sie versuchte sich keine Gedanken dar?ber zu machen, wie jemand die strengen Sicherheitsvorkehrungen ihres Wohnhauses ?berwunden haben konnte, um sich auf die bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren. Auf der anderen Seite der T?r befand sich eine Bedrohung. Nicht nur sie war in Gefahr, sondern auch Hannah, die in dem Schlafzimmer auf der anderen Seite des Wohnzimmers schlief. Jessie nahm einen langen, langsamen, tiefen Atemzug, bevor sie die T?r ?ffnete und hinausblickte. Sie sah einen schwachen Schimmer im Raum, bevor ein zweiter Schuss sie hinter die Wand zur?ckweichen lie?. Hatte der Angreifer sie gesehen? Sie bereitete sich gerade darauf vor, ins Wohnzimmer zu schleichen, als sie eine Stimme h?rte. „Du bist umzingelt, Johnny. Komm mit erhobenen H?nden heraus", befahl eine m?nnliche Stimme in strengem Tonfall. Pl?tzlich ert?nte d?stere Musik. „Du kriegst mich nicht lebendig!", rief jemand mit Gangster-Akzent. Jessie erlaubte sich, zum ersten Mal seit drei?ig Sekunden normal zu atmen. Sie senkte ihre Waffe, stand auf und ging ins Wohnzimmer, wo sie sehen konnte, dass der Fernseher eingeschaltet war und einen alten Schwarzwei?-Krimi ausstrahlte. Sie ergriff die Fernbedienung vom Couchtisch und schaltete den Fernseher aus. Ihr Herz klopfte noch immer, als sie quer durchs Wohnzimmer ging, wobei sie den Kleidern, Schuhen und Zeitschriften auf dem Boden auswich, bis sie zur offenen T?r von Hannahs Schlafzimmer gelangte. Sie steckte ihren Kopf durch die T?r und sah ihre siebzehnj?hrige Halbschwester Hannah Dorsey im Bett schlafen. Das M?dchen hatte sich unbewusst abgedeckt und umarmte sich, da sie leicht zitterte. Jessie ging auf Zehenspitzen, griff nach der Bettdecke und legte sie sanft ?ber Hannah, die unverst?ndlich vor sich hin murmelte. Die forensische Profilerin stand ?ber ihr und versuchte, Worte zu finden. Aber nach ein paar Sekunden entschied sie, dass es erfolglos sein w?rde, und gab auf. Sie ging auf Zehenspitzen zur?ck zur T?r, blickte erneut zur?ck und schloss dann die T?r. Sie seufzte tief. Trotz ihrer wiederholten Bitten, es nicht zu tun, war dies das dritte Mal innerhalb einer Woche, dass Hannah den Fernseher angelassen hatte und zu Bett gegangen war. Gl?cklicherweise war es das erste Mal, dass Jessie durch das Ger?usch der Sch?sse, die aus dem Fernseher kamen, aufgeweckt worden war. Ein Teil von ihr wollte das M?dchen wachr?tteln und sie aus dem Bett holen, um das Ding selbst auszuschalten. Aber, wie sie k?rzlich aus dem Online-Newsletter f?r Eltern erfahren hatte, den sie abonniert hatte, brauchten Teenager offenbar viel zus?tzlichen Schlaf f?r ihren wachsenden Geist und K?rper. Au?erdem w?rde eine Unterbrechung von Hannahs Schlaf, um ihr etwas zu beweisen, sie morgen mit einer zus?tzlichen Portion Verdrossenheit belohnen. Als sie durchs Wohnzimmer schlich, um wieder ins Bett zu gehen, fragte sie sich, wo der Online-Newsletter war, in dem dar?ber berichtet wurde, dass fast drei?igj?hrige Berufst?tige hin und wieder auch angemessenen Schlaf brauchten. Sie l?chelte vor sich hin, als sie ?ber einen Schuh stolperte, den Hannah auf dem Boden liegen gelassen hatte. Sie fiel mit ihrem linken Knie auf den harten Holzboden. Sie unterdr?ckte ein Fluchen. Stattdessen st?hnte sie leise, als sie sich hochzog und zur?ck ins Bett humpelte. W?hrend ihr Knie schmerzte, ihr Herz immer noch klopfte und ihr Verstand raste, resignierte sie in einer weiteren halbschlaflosen Nacht, alles aus H?flichkeit gegen?ber dem Teenager, dem sie zugestimmt hatte, bei ihr wohnen zu d?rfen. Ich glaube, ich habe besser geschlafen, als ich noch von einem Serienm?rder gejagt wurde. Der Galgenhumor brachte sie zum Kichern. Schl?friger wurde sie dadurch allerdings keinesfalls. * „Das habe ich nicht", beharrte Hannah ver?rgert. Jessie sa? ihr verbl?fft am Fr?hst?ckstisch gegen?ber. Sie konnte nicht glauben, dass das M?dchen es leugnete. „Hannah, es leben hier nur zwei Menschen. Ich bin vor dir ins Bett gegangen. Als ich gute Nacht sagte, hast du ferngesehen. Als ich mitten in der Nacht aufgewacht bin, war er an. Man muss nicht f?r das LAPD arbeiten, um zu wissen, wer daf?r verantwortlich ist." Hannah starrte sie an. Ihre gr?nen Augen waren voller ?berzeugung. „Jessie, ich m?chte nicht respektlos sein. Aber du hast zugegeben, dass du in letzter Zeit Schlafprobleme hattest. Und in deinem Alter beginnt das Ged?chtnis ein wenig nachzulassen. Ist es m?glich, dass du etwas vergisst, was du tats?chlich getan hast, und mir die Schuld daf?r gibst, weil du das Stereotyp des faulen, vergesslichen Teenagers vertrittst?“ Jessie starrte sie an und war verbl?fft ?ber Hannahs K?hnheit. Es war ein verbl?ffender Zug, ohne erkennbaren Grund ?ber etwas so Offensichtliches zu l?gen. „Du wei?t, dass ich mit dem Verfolgen von Serienm?rdern meinen Lebensunterhalt verdiene, oder?", erinnerte sie sie. „Ich bin nicht gerade empf?nglich f?r Manipulation." Hannah nahm den letzten Bissen ihres Toasts und stand auf, ihr sandig-blondes Haar fiel ihr ins Gesicht, als sie sich bis zu ihrer vollen, schlaksigen Gr??e von 1,75 Metern, und damit nur einen Zentimeter kleiner als Jessie, erstreckte. „M?ssen wir nicht zu dieser Therapeutin?" fragte sie und ignorierte Jessies Kommentar v?llig. „Ich dachte, der Termin w?re um neun. Es ist jetzt acht Uhr zweiunddrei?ig." Sie ging zur?ck in ihr Schlafzimmer, um sich fertig anzuziehen, lie? ihren Teller und ihre leere Tasse auf dem Tisch stehen. Jessie k?mpfte gegen den Drang an, ihr nachzurufen und ihr zu sagen, sie solle die Sachen in den Geschirrsp?ler r?umen. Sie erinnerte sich an die pers?nlichen Einschr?nkungen, die sie festgelegt hatte, als Hannah vor zwei Monaten bei ihr eingezogen war. Sie war nicht und w?rde auch nicht versuchen, die Mutter des M?dchens zu sein. Ihre Aufgabe bestand darin, der Halbschwester, die sich nach einer Reihe traumatisierender Vorf?lle nicht wieder gefangen hatte, eine sichere Umgebung zu bieten. Ihre Aufgabe war es, Hannah zu helfen, sich zu erholen und sich wieder in eine Welt zu integrieren, die um sie herum voller Gefahren zu sein schien. Ihre Aufgabe war es, eine Quelle der Unterst?tzung und Sicherheit zu sein. Instinktiv und intellektuell gesehen wusste Jessie das alles, und doch konnte sie nicht umhin, sich zu fragen, warum zum Teufel das Kind nicht einen verdammten Teller wegr?umen konnte. Als sie aufr?umte, sagte sie sich zum tausendsten Mal, dass das alles normal sei, dass Hannah sich so verhielt, als wolle sie die Kontrolle ?ber ihr eigenes Leben ?bernehmen, was ihr in letzter Zeit schmerzlich gefehlt hatte, dass es nichts Pers?nliches sei und dass es nicht ewig dauern w?rde. All diese Dinge sagte sie sich selbst. Aber tief in ihrem Inneren war sie sich nicht sicher, ob sie irgendetwas davon glaubte. Ein Teil von ihr machte sich Sorgen, dass etwas Dunkleres in Hannah vorging. Und sie f?rchtete, es k?nnte unwiderruflich sein. KAPITEL ZWEI Jessie wurde unruhig. Sie wusste, dass Hannahs Sitzung mit Dr. Lemmon jede Sekunde zu Ende sein w?rde. W?rde das M?dchen weinend aus dem B?ro kommen, wie sie es beim letzten Besuch getan hatte? Oder mit steinerner Miene, wie beim vorletzten Mal? Wenn jemand zu Hannah durchdringen konnte, dann Dr. Janice Lemmon. Trotz ihres bescheidenen Aussehens war mit der Frau nicht zu spa?en. Sie war klein, trug eine blonde Dauerwelle und eine dicke Brille. Die gut sechzigj?hrige Verhaltenstherapeutin sah eher aus wie eine Gro?mutter als eine der angesehensten Expertinnen f?r anormales Verhalten an der Westk?ste. Aber unter dieser gew?hnlichen Fassade steckte eine Frau, die so hoch angesehen war, dass sie noch immer gelegentlich f?r das LAPD, das FBI und andere Organisationen, von denen sie nie sprach, beratend t?tig war. Au?erdem war sie Jessies Therapeutin. Zuerst war Jessie besorgt, dass es in einem Interessenkonflikt ausarten k?nnte, wenn sie auch Hannah therapieren w?rde. Aber nach einigen Diskussionen waren sie sich einig, dass es nur wenige ?rzte gab, die qualifiziert waren, ein M?dchen zu behandeln, das Hannahs Erfahrungen durchlebt hatte. Und da Dr. Lemmon bereits mit Teilen von Hannahs Familiengeschichte eng vertraut war, war sie eine logische Wahl. Schlie?lich war es Dr. Lemmon, die Jessie geholfen hatte, mit der Realit?t umzugehen, dass ihr Vater der ber?chtigte Serienm?rder Xander Thurman war. Es war Dr. Lemmon, die ihr die Albtr?ume und ?ngste, die sie erlitten hatte, da sie als Sechsj?hrige zusehen musste, wie ihr Vater ihre Mutter t?tete, genommen hatte. Es war Dr. Lemmon, die sie dazu gebracht hatte, sich zu ?ffnen und dar?ber zu sprechen, dass sie von ihm in einer verschneiten H?tte zur?ckgelassen worden war und drei Tage lang neben der verrottenden Leiche der Frau, die sie Mami genannt hatte, ausharren musste. Es war Dr. Lemmon, die ihr das Vertrauen gegeben hatte, dass sie ihrem Vater die Stirn bieten k?nnte, als dieser dreiundzwanzig Jahre sp?ter wieder in ihr Leben trat und sie entweder in eine M?rderin verwandeln wollte, die sich ihm anschlie?en w?rde, oder sie t?ten w?rde. Sie war die einzige glaubw?rdige Wahl f?r die Arbeit mit ihrer Halbschwester, die den selben Vater und ebenso brutale Alptr?ume hatte. Erst vor wenigen Monaten hatte Thurman Hannah und ihre Adoptiveltern entf?hrt und das M?dchen dazu gezwungen, dabei zuzusehen, wie er sie abschlachtete. Er hatte auch fast Jessie vor ihren Augen get?tet. Nur ihr kollektives schnelles Handeln und ihre Entschlossenheit hatten den Spie? umgedreht und ihn tot zur?ckgelassen. Aber selbst danach nahm Hannahs Trauma kein Ende. Nur Monate nach dem Tod ihrer Adoptiveltern hatte ein ganz anderer Serienm?rder namens Bolton Crutchfield, ein auf Jessie fixierter Gefolgsmann ihres Vaters, ihre Pflegeeltern vor ihren Augen get?tet und sie entf?hrt. Er hatte sie eine Woche lang in einem isolierten Keller gefangen gehalten und hatte versucht, sie zu indoktrinieren, sie zu einem M?rder, wie Thurman und sich selbst, zu formen. Auch diesen Horror hatte sie ?berlebt und war von Jessie und einem cleveren Zusammenspiel gerettet worden. Bolton Crutchfield war niedergeschossen worden. Und obwohl er keine physische Bedrohung mehr darstellte, war Jessie nicht so zuversichtlich, dass er sich nicht in Hannahs Kopf eingeschlichen und sie mit seinem kranken, von Nihilismus und Blut bestimmten Glauben, korrumpiert hatte. Jessie stand auf, zum Teil, um sich zu strecken, aber auch, weil sie sp?rte, wie sie im mentalen Treibsand versank. Sie betrachtete sich im Spiegel des Wartezimmers. Sie musste zugeben, dass sie, obwohl sie die letzten zwei Monate unerwartet als Betreuerin eines verst?rten Teenagers eingesprungen war, immer noch pr?sentabel war. Ihre gr?nen Augen waren hell und klar. Ihr schulterlanges braunes Haar war sauber und gl?nzte. Sie trug es offen. Auf Arbeit hatte sie es immer zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden. Eine lange Zeit, in der sie sich nicht f?rchtete, von einem Serienm?rder gejagt zu werden, hatte es ihr erlaubt, eine halbwegs normale Trainingsroutine wieder aufzunehmen, was ihrem 1,77 Meter gro?en K?rper eine St?rke und Festigkeit verliehen hatte, die er f?r eine Weile verloren hatte. Am beeindruckendsten war jedoch, dass es in keinem ihrer j?ngsten F?lle zu Schie?ereien, Messerangriffen oder anderen ann?hernden Verletzungen gekommen war. Infolgedessen hatte sie keine neuen Narben zu ihrer massiven Sammlung hinzu bekommen, die eine Einstichwunde im Unterleib, diverse Schnitte entlang beider Arme und Beine und eine lange, rosafarbene, mondf?rmige Narbe umfasste, die f?nf Zentimeter horizontal entlang ihres Schl?sselbeins von der Basis ihres Halses bis zu ihrer rechten Schulter verlief. Sie ber?hrte diese unbewusst und fragte sich, ob die Zeit nahte, in der sie jemand zusammen mit allen anderen sehen w?rde. Sie sp?rte, dass sie und Ryan sich dem Punkt n?herten, an dem sie in der Lage sein w?rden, die k?rperlichen Unvollkommenheiten des anderen aus n?chster N?he zu begutachten. Kommissar Ryan Hernandez war nicht nur ein Kollege, mit dem sie regelm??ig F?lle bearbeitete, sondern auch ihr Freund. Es f?hlte sich seltsam an, diesen Begriff zu verwenden, aber es gab keinen Weg daran vorbei. Sie waren schon fast so lange, wie Hannah bei ihr lebte, halbwegs regelm??ig ausgegangen. Und obwohl sie diesen letzten physischen Schritt noch nicht getan hatten, wussten beide, dass es unmittelbar bevor stand. Die Vorfreude und Unbeholfenheit sorgten f?r ein interessantes Arbeitsumfeld. Jessie wurde durch die sich ?ffnende T?r aus ihren Gedanken ger?ttelt. Hannah trat heraus und sah weder ver?rgert noch verschlossen aus. Sie sah merkw?rdig aus… normal, was nach allem, was sie durchgemacht hatte, an und f?r sich schon merkw?rdig erschien. Dr. Lemmon folgte ihr. „Hannah", sagte sie. „Ich m?chte kurz mit Jessie sprechen. W?rdest du bitte kurz hier warten?" „Nat?rlich", antwortete Hannah im Sitzen. „Kommt einfach raus, wenn ihr euch entschieden habt, wie verr?ckt ich bin. Ich werde den Staat nur auf Ihre massiven HIPAA-Verst??e aufmerksam machen." „Klingt gut", sagte Dr. Lemmon warmherzig, ohne sich k?dern zu lassen. „Kommen Sie rein, Jessie." Jessie setzte sich auf denselben Sessel, auf dem sie in ihren eigenen Sitzungen sa?, und Dr. Lemmon setzte sich auf den Stuhl gegen?ber von ihr. „Ich m?chte mich kurz fassen", sagte Dr. Lemmon. „Trotz ihres Sarkasmus glaube ich nicht, dass es Hannah hilft, wenn sie sich Gedanken dar?ber macht, dass ich Einzelheiten ihrer Aussagen mit Ihnen teilen k?nnte, obwohl ich ihr versichert habe, dass ich das nicht tun w?rde.“ „W?rde oder k?nnte?“, fragte Jessie. „Sie ist noch keine achtzehn Jahre alt, so dass Sie als ihr Vormund technisch gesehen darauf bestehen k?nnten. Aber ich denke, das w?rde das Vertrauen untergraben, das ich versuche, bei ihr aufzubauen. Es hat eine Weile gedauert, bis sie sich wirklich ge?ffnet hat. Das m?chte ich nicht aufs Spiel setzen." „Verstanden", sagte Jessie. „Warum bin ich dann ?berhaupt hier drin?" „Weil ich mir Sorgen mache. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, m?chte ich nur sagen, dass Hannah, abgesehen von einer Sitzung, in der sie bei alledem, was sie durchgemacht hat, ein wenig Emotionen zeigte, weitgehend… gelassen wirkt. Im Nachhinein, nachdem ich sie kennen gelernt habe, vermute ich, dass eine einzige Gef?hls?u?erung zu meinem Vorteil gewesen sein k?nnte. Hannah scheint sich von den Ereignissen, die sich ereignet haben, distanziert zu haben, als w?re sie eher Beobachterin als Teilnehmerin.“ „Das scheint nicht ?berraschend", sagte Jessie. „Tats?chlich f?hlt es sich f?r mich unangenehm vertraut an." „Das sollte es auch", stimmte Dr. Lemmon zu. „Sie haben selbst eine solche Zeit durchgemacht. Es ist eine ?bliche Vorgehensweise des Gehirns, ein pers?nliches Trauma zu verarbeiten. Es ist nicht ungew?hnlich, sich von traumatischen Ereignissen abzugrenzen oder sich von ihnen zu trennen. Was mich beunruhigt, ist, dass Hannah das anscheinend nicht tut, um sich vor dem Schmerz dessen, was ihr zugesto?en ist, zu sch?tzen. Sie scheint den Schmerz einfach aus ihrem System gel?scht zu haben, fast wie eine Festplatte, die gel?scht wurde. Es ist, als ob sie das, was sie durchgemacht hat, nicht als Leiden ansieht, sondern einfach als Dinge, die geschehen sind. Sie hat sich selbst narkotisiert, indem sie sie nicht mehr als Dinge betrachtet, die irgendetwas mit ihr oder ihrer Familie zu tun haben". „Und ich vermute, das ist nicht gerade gesund?“, gr?belte Jessie und bewegte sich nerv?s in ihrem Sessel. „Ich bin ungern bereit, ein Urteil dar?ber abzugeben", sagte Dr. Lemmon in ihrer gewohnt ruhigen Art. „Es scheint f?r sie zu funktionieren. Meine Sorge ist eher, wohin es f?hren k?nnte. Menschen, die nicht in der Lage sind, ihren eigenen emotionalen Schmerz zuzugeben, eskalieren gelegentlich bis zu einem Punkt, an dem sie den Schmerz eines anderen nicht mehr erkennen k?nnen, weder den emotionalen noch den k?rperlichen. Ihre F?higkeit, Empathie zu empfinden, l?st sich auf. Das kann oft zu sozial inakzeptablem Verhalten f?hren". „Was Sie beschreiben, klingt nach Soziopathie", betonte Jessie. „Ja", stimmte Dr. Lemmon zu. „Soziopathen weisen einige dieser Merkmale auf. Ich w?rde Hannah basierend auf unserer begrenzten gemeinsamen Zeit nicht formell als Soziopathin diagnostizieren. Vieles davon k?nnte einfach einer tief sitzenden Posttraumatischen Belastungsst?rung zugeschrieben werden. Haben Sie dennoch ein Verhalten bemerkt, das mit dem, was ich beschrieben habe, in Einklang stehen k?nnte?“ Jessie dachte ?ber die letzten Monate nach, angefangen mit der unerkl?rlichen, sinnlosen L?ge ?ber den Fernseher heute Morgen. Sie erinnerte sich daran, wie Hannah sich beschwert hatte, als Jessie darauf bestand, ein krankes streunendes K?tzchen, das sie unter einem M?llcontainer in einer Gasse versteckt gefunden hatten, zu einem Tierarzt zu bringen. Sie erinnerte sich daran, wie das M?dchen stundenlang verstummte, egal, was Jessie auch versuchte. Sie dachte an die Zeit, in der sie Hannah ins Fitnessstudio mitnahm und wie ihre Halbschwester begonnen hatte, ohne Handschuhe auf den schweren Sack einzuschlagen, bis ihre H?nde rau und blutig waren. All diese Verhaltensweisen schienen auf Dr. Lemmons Beschreibung zu passen. Aber sie k?nnten alle genauso gut als eine junge Frau interpretiert werden, die ihren inneren Schmerz loszuwerden versuchte. Nichts davon bedeutete, dass sie eine angehende Soziopathin war. Sie wollte nicht in die N?he dieses Stempels kommen, nicht einmal bei Dr. Lemmon. „Nein", log sie. Die Therapeutin sah sie nicht ?berzeugt an. Aber sie dr?ngte nicht, sondern ging zu einem anderen Thema ?ber. „Was ist mit der Schule?", fragte sie. „Sie geht seit letzter Woche wieder zur Schule. Ich habe sie in der therapeutischen High School angemeldet, die Sie empfohlen haben." „Ja, wir haben es kurz besprochen", r?umte Dr. Lemmon ein. „Sie klang nicht wirklich ?berzeugt. Ist das auch Ihr Gef?hl?" „Ich glaube, sie hat es so formuliert: 'Wie lange muss ich noch mit diesen Drogenabh?ngigen und baldigen Selbstm?rdern herumh?ngen, bevor ich wieder in eine richtige Schule gehen kann?’“ Lemmon nickte und war offensichtlich nicht ?berrascht. „Ich verstehe", sagte sie. „Sie war etwas weniger offen zu mir. Ich verstehe ihre Frustration. Aber ich denke, wir m?ssen sie mindestens einen Monat lang in einer sicheren, streng ?berwachten Umgebung lassen, bevor wir in Erw?gung ziehen, sie wieder in eine traditionelle High School zu ?berf?hren.“ „Ich verstehe das. Aber ich wei?, dass sie frustriert ist. Sie sollte dieses Jahr ihren Abschluss machen. Aber sie hat so viel verpasst, selbst an einer traditionellen High School m?sste sie noch zus?tzlich zur Sommerschule gehen. Sie freut sich nicht wirklich darauf, ihren Abschluss mit den – wie nannte sie sie noch so sch?n – ‚Schwachk?pfen’ zu machen.“ „Ein Schritt nach dem anderen", sagte Dr. Lemmon unerschrocken. „Nun, gut. Wie geht es Ihnen?" Jessie lachte innerlich. Wo sollte sie anfangen? Bevor sie etwas sagen konnte, fuhr Dr. Lemmon fort. „Wir haben gerade nat?rlich keine Zeit f?r eine vollst?ndige Sitzung. Aber wie kommen Sie mit allem zurecht? Sie sind pl?tzlich f?r eine Minderj?hrige verantwortlich, Sie haben eine neue Beziehung zu einem Kollegen, Ihr Job verlangt von Ihnen, sich in die K?pfe brutaler M?rder hineinzuversetzen, und Sie haben mit den emotionalen Folgen zu k?mpfen, die das Ende des Lebens zweier Serienm?rder, von denen einer Ihr Vater war, mit sich bringt. Das ist eine Menge." Jessie zwang sich ein L?cheln ins Gesicht. „Wenn man es so ausdr?ckt, klingt es nach einer Menge." Dr. Lemmon l?chelte nicht zur?ck. „Ich meine es ernst, Jessie. Sie m?ssen sich Ihrer eigenen psychischen Gesundheit bewusst bleiben. Dies ist nicht nur eine gef?hrliche Zeit f?r Hannah. Das Risiko, dass Sie r?ckf?llig werden, ist ebenfalls betr?chtlich. Seien Sie da nicht so hochm?tig." Jessies L?cheln verblasste. „Ich bin mir der Risiken bewusst, Doc. Und ich tue mein Bestes, um auf mich selbst aufzupassen. Aber es ist nicht so, dass ich einfach einen Wellness-Tag einlegen kann. Die Welt kommt immer wieder auf mich zu. Und wenn ich aufh?re, mich zu bewegen, werde ich ?berrannt." „Ich bin mir nicht sicher, ob das tats?chlich zutrifft, Jessie", sagte Dr. Lemmon leise. „Manchmal, wenn man aufh?rt, sich zu bewegen, dreht sich die Welt wieder im Kreis und man kann wieder aufspringen. Sie sind eine Person von Wert, aber seien Sie nicht arrogant. Sie sind in dieser Welt nicht so unentbehrlich, dass Sie nicht hin und wieder auf Pause dr?cken k?nnen.“ Jessie nickte sarkastisch. „Notiert", sagte sie, wobei sie vorgab, Notizen zu machen. „Nicht arrogant sein. Nicht unentbehrlich." Dr. Lemmon spitzte die Lippen und wirkte ver?rgert. Jessie versuchte, es zu ignorieren. „Wie geht es Garland?", fragte sie neckisch. „Wie bitte?“, fragte Dr. Lemmon. „Sie wissen schon, Garland Moses, Profiler f?r das LAPD. Er hat mir geholfen, Hannah zu finden und zu retten. Ein ?lterer, ungepflegt aussehender Mann, dennoch charmant.“ „Ich kenne Herrn Moses, Jessie. Ich bin mir nur nicht sicher, warum Sie mich nach ihm fragen." „Nur so", sagte Jessie und sp?rte, dass sie einen Nerv getroffen hatte. „Er erw?hnte Sie erst vor einer Weile und etwas an seinem Tonfall erweckte in mir den Eindruck, dass Sie beide befreundet sind. Also habe ich mich gefragt, wie es ihm geht?" „Ich denke, damit ist unsere Zeit heute zu Ende", sagte Dr. Lemmon schroff. „Wow", sagte Jessie und l?chelte nun wirklich. „Sie haben das wirklich schnell beendet, Doc." Dr. Lemmon stand auf und forderte sie auf, den Raum zu verlassen. Jessie beschloss, sich zu entspannen. Als sie die T?r erreichten, wandte sie sich wieder der Therapeutin zu und stellte die Frage, die sie in den letzten Minuten besch?ftigt hatte. „Im Ernst, Doc, wenn Hannah einen Weg einschl?gt, bei dem sie Schwierigkeiten hat, Mitgef?hl f?r andere Menschen zu empfinden, gibt es dann eine M?glichkeit, das r?ckg?ngig zu machen?“ Dr. Lemmon hielt inne und schaute ihr direkt in die Augen. „Jessie, ich habe f?nfunddrei?ig Jahre meines Lebens damit verbracht, Fragen wie diese zu beantworten. Die beste Antwort, die ich Ihnen geben kann, ist: Ich hoffe es." KAPITEL DREI Lizzie Polacnyk kam sehr sp?t nach Hause. Sie hatte erwartet, um 19 Uhr von ihrer Lerngruppe an der California State University-Northridge zur?ck zu sein. Aber sie hatten morgen eine gro?e Pr?fung in Psychologie 101, und alle fragten sich unerbittlich gegenseitig aus. Als sie Schluss machten, war es nach 21 Uhr. Als sie die Wohnungst?r ?ffnete, war es fast 21:45 Uhr. Sie versuchte, sich ruhig zu verhalten und erinnerte sich daran, dass Michaela sowohl heute Morgen als auch morgen um 6 Uhr arbeiten musste und jetzt wahrscheinlich schon fest schlief. Sie schlich auf Zehenspitzen den Flur hinunter in ihr Schlafzimmer und war ?berrascht, als sie ein ged?mpftes Licht unter Michaelas T?r durchsickern sah. Es sah ihr nicht ?hnlich, lange aufzubleiben, wenn sie um 5 Uhr morgens aufstehen musste. Sie fragte sich, ob ihre langj?hrige Freundin und seit neuestem Mitbewohnerin einfach so m?de gewesen war, dass sie bei eingeschaltetem Licht eingeschlafen war. Sie beschloss, hineinzuschauen und es notfalls auszuschalten. Als sie die T?r leicht ?ffnete, sah sie Michaela auf dem R?cken liegen, ohne zugedeckt zu sein. Ihr Kissen verdeckte ihr Gesicht teilweise. Sie hatte nur die Leselampe an, so dass es schwer war, sicher zu sein, aber es sah so aus, als h?tte sie sogar noch immer ihre Cheerleader-Uniform an. Lizzie wollte gerade die T?r schlie?en, als sie etwas Seltsames bemerkte. Der Rock war nach oben gerutscht, so dass ihr Schritt entbl??t war. Das schien unangebracht, egal wie ersch?pft sie war. Lizzie ?berlegte, ob sie ein Laken ?ber ihre Freundin werfen sollte. Wenn man bedachte, womit Michaela ihren Lebensunterhalt verdiente, schien es wie erzwungene Bescheidenheit. Au?erdem war es nicht so, dass jemand hereinplatzen w?rde. Dennoch f?hlte Lizzie, dass ihre katholische Erziehung in der Schule anfing zu wirken, und sie wusste, dass es die ganze Nacht an ihr nagen w?rde, wenn sie nichts tun w?rde. Also dr?ckte sie sanft die T?r auf, trat ein und ging leise zur Seite des Bettes hin?ber. Sie hatte die H?lfte des Weges zur?ckgelegt, als sie pl?tzlich erstarrte. Jetzt, wo sie freie Sicht hatte, sah sie die klaffenden L?cher in Michaelas Brust und Bauch. Eine gro?e Blutlache war aus der zerschnittenen Uniform ausgetreten und umgab ihren gesamten Oberk?rper. Sie sickerte langsam in die Bettlaken. Michaelas Augen waren fest zusammengepresst, als ob ihre geschlossenen Augen sie vor dem Geschehen h?tten sch?tzen k?nnen. Lizzie stand mehrere Sekunden lang da und wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Sie hatte das Gef?hl, schreien zu m?ssen, aber ihre Kehle war pl?tzlich trocken geworden. Ihr Magen gurgelte und sie bef?rchtete kurz, dass sie sich ?bergeben m?sste. Sie f?hlte sich wie in einem seltsamen Traum und drehte sich um, verlie? das Schlafzimmer und ging zur?ck in die K?che, wo sie sich ein Glas Wasser eingoss. Als sie zuversichtlich war, dass sie sprechen k?nnte, w?hlte sie den Notruf. * Das Date lief gut. Im Hinterkopf begann sich Jessie zu fragen, ob heute Nacht vielleicht die Nacht sein k?nnte. Sie z?gerte fast, es sich zu w?nschen. Ihre Beziehung zu Ryan war im Augenblick das Stabilste in ihrem Leben, und sie wollte es nicht verkomplizieren. Sie hatten den gr??ten Teil des Abends in dem charmanten, italienischen Restaurant verbracht und sich dar?ber beschwert, wie die Dinge mit Hannah liefen. Sie erz?hlte ihm von den Eckdaten ihres Gespr?chs mit Dr. Lemmon und beklagte sich ?ber die mangelnden Fortschritte, die sie bei der Anpassung ihrer Halbschwester an ihre neue Normalit?t gemacht hatten. Erst als Ryan sich entschuldigte, um auf die Toilette zu gehen, und sie sich im Restaurant umsah, wurde Jessie klar, wie egozentrisch sie gewesen war. Das Restaurant, ein legend?rer, wenn auch kitschiger Treffpunkt im San Fernando Valley namens Miceli's, war wenig beleuchtet und romantisch. Die Stimmung wurde noch dadurch verst?rkt, dass Ryan irgendwie den einen Tisch im zweiten Stock reserviert hatte, und zwar auf einem ?berdachten Balkon, von dem aus man den Rest des Restaurants ?berblicken konnte. Aber bis jetzt hatte sie das nicht bemerkt. Bis zu dem Moment, als er auf die Toilette verschwand, hatte sie auch kaum registriert, dass er die ganze Nacht kaum gesprochen hatte. Stattdessen sa? er geduldig da, w?hrend sie ?ber ihre h?uslichen Probleme plapperte, und lie? ihn kaum zu Wort kommen. Tats?chlich erinnerte sie sich jetzt, da sie dar?ber nachdachte, nicht daran, ihm auch nur eine einzige Frage gestellt zu haben. Als die Schuld ?ber sie hereinbrach, sah sie, wie er die Toilette im Stockwerk darunter verlie? und sich geschickt seinen Weg durch das Labyrinth von Tischen zur Treppe bahnte. Als er das tat, bemerkte sie etwas anderes – fast jede Frau, die die Gelegenheit dazu hatte, warf ihm einen Blick zu. Wer konnte es ihnen verdenken? Es war schwer, den Mann zu ignorieren. 1,80 Meter gro? und 100 Kilo schwer, wie Marmor aussehend, mit unscheinbaren, kurzen schwarzen Haaren und einladenden braunen Augen, ging er mit der ruhigen Zuversicht eines Mannes, der niemanden zu beeindrucken brauchte. Und wenn diese Frauen w?ssten, womit er seinen Lebensunterhalt verdiente, w?ren sie noch faszinierter. Als leitender Kriminalkommissar einer Sondereinheit des LAPD, die als Sonderabteilung der Mordkommission – HSS – bezeichnet wird, hatten alle Opfer seiner F?lle einen hohen Bekanntheitsgrad oder waren von hohem medialem Interesse. Und er war mit ihr hier. Es hatte eine Weile gedauert, bis dieser Punkt erreicht war. Er befand sich nach sechs Jahren Ehe im Endstadium seiner Scheidung. Jessie war schon etwas l?nger single gewesen. Ihre Ehe war dramatischer zu Ende gegangen, als ihr jetziger Ex-Mann versucht hatte, ihr den Mord an seiner Geliebten anzuh?ngen. Als sie seinen Plan aufgedeckt hatte, versuchte er, sie zu t?ten. Er war gegenw?rtig in einem Gef?ngnis in Orange County inhaftiert. Ryan setzte sich ihr gegen?ber und sie griff nach seiner Hand. „Es tut mir Leid", sagte sie. „Ich habe das Gespr?ch v?llig dominiert. Wie geht es dir?" „Mir geht es gut", sagte er. „Die Geschichte mit dem Drogenboss kam heute zum Abschluss." „Du hast mich gar nicht um Hilfe gebeten", bemerkte sie und gab vor, verletzt zu sein. „Die Sache war ziemlich eindeutig. Wir brauchten daf?r nicht wirklich die Dienste eines ausgefallenen Profilers." „Wen interessiert das?“, protestierte Jessie. „Ruf mich trotzdem rein. Dann k?nnen wir wenigstens ein wenig Zeit miteinander verbringen, auch wenn ich vielleicht irgendwann abspringen muss." „Wie romantisch", sagte er. „Es gibt nichts Sch?neres, als neben einer Leiche rumzuknutschen.“ „Wir tun, was wir tun m?ssen", sagte sie achselzuckend. „Au?erdem wurde mir f?r meinen letzten Fall Trembley zugewiesen, der – nichts f?r ungut – nicht gerade mein Traumpartner ist.“ „Hey“, protestierte Ryan zum Schein. „Kommissar Alan Trembley ist ein solider Profi, und es sollte dir eine Ehre sein, mit ihm an jedem Fall zu arbeiten, der dir zugewiesen wird." „Er ist ziemlich langweilig." „Das nehme ich dir ?bel", sagte er und versuchte, finster dreinzuschauen. „Au?erdem kann ich deinen Geburtstag planen, wenn du nicht bei mir bist." „Du planst etwas f?r mich?“, fragte Jessie wirklich ?berrascht. „Ich wusste nicht einmal, dass du wei?t, wann ich Geburtstag habe.“ „Ich bin Kommissar, Jessie. Das geh?rt irgendwie zu meinem Job. Ich w?rde es nicht einmal erw?hnen, aber ich m?chte, dass du daf?r sorgst, dass du Donnerstagabend nichts vor hast. Ok?" „Ok", stimmte sie zu und err?tete leicht. Er l?chelte zur?ck, und sie f?hlte, wie ein Hauch von W?rme ?ber sie kam. Normalerweise h?tte es sie ver?ngstigt, zu wissen, dass jemand etwas f?r ihren Geburtstag organisierte. Aber irgendwie war sie sogar etwas aufgeregt, weil sie wusste, dass dieser Jemand Ryan war. Sie fragte sich, ob er heute Abend vielleicht ein fr?hes Geschenk intimer Natur f?r sie geplant hatte. Sie war gerade dabei, die Idee anzudeuten, als sein Telefon klingelte. Sie erkannte den Klingelton nicht. Wer auch immer es war, lie? Ryan die Stirn runzeln. Er murmelte Entschuldigung, als er abhob. „Kommissar Hernandez", sagte er. Jessie sah zu, wie Ryan der Stimme am anderen Ende der Leitung zuh?rte. Das Stirnrunzeln in seinem Gesicht wurde mit jedem Augenblick ausgepr?gter. Nachdem er etwa drei?ig Sekunden lang schweigend gewartet hatte, antwortete er schlie?lich. „Aber die Valley Division ist schon da. Wird es nicht zu sp?t sein?" Er wartete ruhig, als die andere Person antwortete. Nach weiteren zwanzig Sekunden sprach er erneut. „Ich verstehe. Ich bin dabei." Dann legte er auf. Er starrte einen Moment auf das Telefon, als ob es direkt mit ihm sprechen k?nnte. Als er aufblickte, waren seine Augen st?hlern. „Ich tue das nur ungern, aber wir m?ssen das Dessert auslassen. Ich muss mir einen Tatort ansehen, und wenn wir jetzt nicht gehen, k?nnte es zu sp?t sein." Selten hatte Jessie Ryan so unruhig gesehen. Er winkte der Kellnerin zu, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen, und ?berreichte ihr einen Haufen Scheine aus seiner Brieftasche, als sie her?ber eilte. „Zu sp?t?“, fragte Jessie. „Was bedeutet das?" Ryan stand auf und deutete an, dass sie das Gleiche tun sollte. Er war bereits auf dem Weg zur Treppe, als er antwortete. „Ich werde es dir auf dem Weg erkl?ren." KAPITEL VIER Jessie zwang sich zu Warten. Worum es auch ging, Ryan war nerv?s, und sie wollte es nicht noch schlimmer machen. Sie sa? ruhig auf dem Beifahrersitz und wartete darauf, von ihm informiert zu werden. Sie wollte ihn nicht dr?ngen. „Bist du sicher, dass du mitkommen m?chtest?“, fragte er erneut. „Ja", versicherte sie ihm. „Ich habe Hannah eine SMS geschickt, dass ein Fall reingekommen ist und dass sie mich nicht vor dem Schlafengehen zur?ckerwarten sollte. Es ist alles in Ordnung." „Du h?ttest dir vom Restaurant aus ein Uber bestellen k?nnen", erinnerte er sie daran. „Ich wollte mitkommen, Ryan", beharrte sie und biss sich trotz des Wunsches, zus?tzliche Fragen zu stellen, erneut auf die Zunge. Er fuhr auf dem Ventura Boulevard weiter nach Westen, tiefer in das Tal hinein. Nach weiteren zehn Sekunden des Schweigens begann er schlie?lich zu sprechen. „Also, pass auf. Es gibt da jemanden, der mich gelegentlich auf F?lle aufmerksam macht, die mir bekannt sein sollten.“ „K?nntest du noch kryptischer sein?“, fragte Jessie, unf?hig, sich zu beherrschen. „Eigentlich kann ich nicht viel mehr als das sagen", sagte er und ignorierte ihr Dr?ngen. „Vor etwa vier Jahren erhielt ich einen Anruf von einem Wegwerfhandy. Die Stimme war verzerrt. Der Anrufer deutete an, dass der Hauptverd?chtige f?r den Mord an einem wohlhabenden Gesch?ftsmann im Auftrag gehandelt hatte und dass ich die politischen Beweggr?nde f?r den Mord untersuchen sollte.“ „Dieser Anruf kam einfach so aus heiterem Himmel?", fragte sie. „Ja. Ich war noch in der Ausbildung und hatte nicht viel zu verlieren, also ging ich der Sache nach. Der Fall stand kurz vor dem Abschluss. Aber ich fing an, Fragen zu stellen, und ziemlich schnell l?ste sich die ganze Sache auf. Es stellte sich heraus, dass der Gesch?ftsmann ein wichtiger Unterst?tzer und Spendensammler f?r einen ?rtlichen Stadtrat war. Als er starb, versiegte die Finanzierung des Stadtrates. Sein Herausforderer konnte ihn finanziell ?berw?ltigen und gewann den Sitz. Am Ende stellten wir fest, dass der Herausforderer des Sitzes jemanden angeheuert hatte, um den Gesch?ftsmann genau aus diesem Grund auszuschalten, um die Hauptquelle der finanziellen Unterst?tzung des Amtsinhabers in die Knie zu zwingen. Er lie? den urspr?nglichen Verd?chtigen auch einsperren, damit es wie ein zuf?lliger Raub?berfall aussah, der schiefgegangen war.“ „Woher wusste die Person das alles?" „Ich habe keine Ahnung. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob die Quelle das Ausma? der Sache kannte. Ich hatte das Gef?hl, dass die Person, die ich Chatty Cathy nannte, wusste, dass etwas im Busch war, auch wenn die Details nicht eindeutig waren.“ „Ist die Quelle eine Frau?" „Ich wei? es nicht", gab Ryan zu. „Aber um ihr einen Namen zu geben, sagen wir ja. Jedenfalls erhielt ich danach weitere Anrufe. Nicht oft, vielleicht zweimal pro Jahr. Jedes Mal war die Stimme verzerrt. Und es handelte sich fast immer um F?lle, die so gut wie abgeschlossen waren, aber nach weiteren Untersuchungen sich als komplizierter herausstellten.“ „Also ist Chatty Cathy eine Art W?chterin gegen Ungerechtigkeit?" „Vielleicht", sagte Ryan und klang dabei nicht gerade zuversichtlich. „Oder es k?nnte auch etwas anderes sein. Mir ist aufgefallen, dass in den meisten dieser F?lle die wahre Geschichte chaotisch ist und Menschen in Machtpositionen schlecht dastehen. Ich glaube, dass unsere Vorgesetzten oft lieber die einfache Antwort w?hlen, als sich in den Dreck der Aufdeckung von Verbrechen zu st?rzen, die Leute mit Einfluss betreffen k?nnten. Indem sie mich anruft, kann Chatty Cathy bei fragw?rdigen F?llen Alarm schlagen, ohne sich schmutzig zu machen oder ihre Karriere zu gef?hrden. Das Ziel mag nobel sein, aber ich glaube, es geht auch um Eigeninteresse.“ „Und warum hat sie dich nun in einem aktuellen Fall kontaktiert?" „Ich wei? es nicht", sagte Ryan, als er vom Ventura Boulevard rechts in die Coldwater Canyon Avenue abbog. „Sie sagt mir nie, warum ein Fall unklar ist, nur dass er es ist. Ich wei? nur, dass in der Bessemer Street in Van Nuys eine Frau ermordet wurde. Ihr wurde mehrmals in den Oberk?rper gestochen. Die vorl?ufige Theorie lautet, dass es sich um einen schiefgelaufenen Raub?berfall handelt; dass der Einbrecher nicht glaubte, dass jemand zu Hause war, und die Bewohnerin angriff, als er sie entdeckte". „Haben sie einen Verd?chtigen?" „Noch nicht", sagte Ryan. „Aber laut Chatty Cathy bewegen sich die Dinge schnell. Der Notruf kam erst vor etwa einer halben Stunde, und der Gerichtsmediziner ist bereits vor Ort und bereitet den Abtransport der Leiche vor.“ „Sind die Kommissare damit einverstanden?“. fragte Jessie ungl?ubig. „Soweit ich wei?, sind sie noch nicht einmal dort. Der rangh?chste uniformierte Offizier gab den Befehl." „Was?“, sagte Jessie verbl?fft. „Das wird den Tatort gef?hrden. K?nnen wir das verhindern?" „Deshalb habe ich gesagt, dass wir sofort aufbrechen m?ssen", antwortete Ryan. „Chatty Cathy sagte, der Gerichtsmediziner versuche, den Prozess zu verlangsamen, aber wir h?tten noch etwa zehn Minuten, bevor sie keine andere Wahl h?tten, als die Leiche abzutransportieren.“ „Wie weit sind wir entfernt?“, fragte Jessie. „Nicht weit", sagte Ryan, als er in eine Wohnstra?e einbog, die mit blinkenden Lichtern ?berflutet war. „Es ist das Geb?ude auf halber H?he des Blocks." Sie parkten ein paar T?ren weiter und stiegen aus. Auf ihrem Weg konnte Jessie nicht umhin zu bemerken, dass trotz der Lichter nicht so viele Fahrzeuge vor Ort waren, wie sie erwartet hatte. Da waren der Wagen des Gerichtsmediziners, ein Krankenwagen und zwei Streifenwagen. Normalerweise waren an einem Tatort mindestens doppelt so viele Streifenwagen. Als sie sich dem Geb?ude n?herten, warf ihnen der einsame uniformierte Beamte drau?en einen misstrauischen Blick zu. Ryan zeigte ihm seine Dienstmarke. „Was ist los, Offizier?", fragte er. Angesichts des Zeitdrucks war Jessie ?berrascht, dass Ryan ?berhaupt anhielt. Der junge afroamerikanische Offizier, der nicht ?lter als f?nfundzwanzig Jahre alt gewesen sein konnte, hatte einen nerv?sen Gesichtsausdruck. Sein Namensschild verriet seinen Namen: Burnside. „Sir", antwortete er leicht nerv?s, „wir haben eine wei?e Frau, siebzehn, mehrfache Stichwunden in Brust und Bauch. Sie wurde von ihrer Mitbewohnerin in ihrem Bett gefunden." „Sind die Kommissare des Valley B?ros schon vor Ort?“, fragte Ryan. „Nein, Sir." „Wer hat dann das Sagen?" „Das ist mein Chef, Sergeant Costabile von der Van Nuys Station", antwortete der Offizier, w?hrend er nach rechts zur?ckwies. „Er ist drinnen. Es ist die Wohnung mit der Nummer 116." „Danke", sagte Ryan z?gig und zog eine leichte Grimasse, als er mit Jessie an ihm vorbeiging. „Kennst du Costabile?“, fragte Jessie, als sie sich beeilte, seinem Tempo zu folgen. „Nur vom H?ren", sagte Ryan. „Hank Costabile ist nicht nur altmodisch, er ist uralt. Und nach dem, was ich geh?rt habe, ist er ein Pitbull." „Pitbulls sind eigentlich von Natur aus angenehm", sagte Jessie ein wenig entr?stet. „Schon verstanden", sagte Ryan. „Aber du wei?t, was ich meine. Er ist bekannt daf?r, dass er… schwierig ist. Das k?nnte h?sslich werden, also sei darauf vorbereitet." „Was bedeutet das?“, forderte Jessie. Doch bevor er antworten konnte, hatten sie die T?r erreicht. Ein st?mmiger Offizier namens Lester stand direkt vor der abgesperrten Einheit. Er sah genauso misstrauisch wie der Polizist drau?en aus, allerdings weniger nerv?s. Jessie bemerkte, dass Ryan diesem Mann seine Marke nicht zeigte. „Dieser Bereich ist tabu", sagte Offizier Lester schroff. „Polizeiliche Angelegenheiten. Der Offizier drau?en h?tte es Ihnen sagen sollen." „Achso?“, fragte Ryan in einem neugierigen Tonfall. „Was ist passiert? Sie k?nnen es mir sagen." „Es steht mir nicht frei, das zu sagen", schnappte Lester. „Sind Sie ein Bewohner dieses Geb?udes, Sir? Denn wir k?nnen keine Zivilisten durch einen Tatort gehen lassen." „Oh nein, das w?rden wir nicht wollen", stimmte Ryan zu. „Das w?re fast so schlimm, wie eine Leiche zu entfernen, bevor die beauftragten Kommissare eine Chance haben, den Tatort zu begehen. Habe ich Recht?" Der Offizier verengte bei der Frage die Augen und war sich nun dessen bewusst, dass etwas Ungew?hnliches vor sich ging. „Wer sind Sie, Sir?", fragte er, wobei seine Schroffheit nun von einem Hauch von Besorgnis durchsetzt war. „Ich bin ganz sicher kein Kommissar des Valley B?ros", sagte Ryan mit dr?hnender Stimme. „Sir…", begann der Offizier, sichtlich verwirrt. „Ist schon gut, Lester", sagte ein glatzk?pfiger Offizier, der hinter ihm auftauchte. „Wei?t du nicht, wer das ist? Es ist der ber?hmte Kommissar Ryan Hernandez von der Central Station. Du kannst ihn reinlassen. Aber hol dir ein Autogramm von ihm, bevor er geht." „Sergeant Costabile, nehme ich an?“, fragte Ryan mit hochgezogenen Augenbrauen. „Korrekt", sagte Costabile mit einem sp?ttischen Grinsen. „Welchem Umstand verdanken wir die Ehre Ihrer Anwesenheit, Kommissar? Zeigen Sie Ihrer langbeinigen, h?bschen Freundin, wie die andere H?lfte hier im Valley lebt?" „Meine 'langbeinige, h?bsche Freundin' ist eigentlich die Kriminalprofilerin Jessie Hunt. Wissen Sie, sie ist diejenige, die Serienm?rder fast so oft schnappt, wie Sie sich Geschlechtskrankheiten". Es herrschte eine lange, unbehagliche Stille, in der Jessie dachte, Costabile k?nnte seine Waffe ziehen und Ryan erschie?en. Das fiese Grinsen des Mannes verblasste. Sein Blick war finster. Nach einem Moment, der sich wie eine Ewigkeit anf?hlte, lachte der Sergeant laut und gezwungenerma?en lauthals los. „Das habe ich wohl verdient", sagte er und warf Jessie einen Blick zu, ohne auch nur ein bisschen gekr?nkt zu klingen. „Es war unh?flich von mir, so abweisend gegen?ber Ihnen zu sein, Frau Hunt. Ihr Ruf eilt Ihnen voraus. Ich freue mich, dass Sie uns heute Nacht beehren. Bitte sagen Sie mir, was f?hrt Sie hierher?" Jessie wollte verzweifelt mit einigen ihrer eigenen Antworten auf den Spott antworten, aber sie wollte nicht den Plan durcheinanderbringen, den Ryan offensichtlich im Sinn hatte. Also w?rgte sie ihre Verachtung hinunter. „Ich f?rchte, ich kann nicht wirklich mitteilsam sein", sagte sie entschuldigend. „Kommissar Hernandez wird es Ihnen sagen." „Danke, Frau Hunt", sagte Ryan, der reibungslos den Staffelstab ?bernahm. „Wir waren zuf?llig in der Gegend, als wir von diesem Fall erfuhren. Es h?rte sich an, als k?nnte es Teil eines Musters sein, das wir untersuchen, und wir dachten, wir k?nnten es aus erster Hand ?berpr?fen.“ „Sie denken, dass dies mit einem Fall zusammenh?ngt, an dem Sie arbeiten?“, fragte Costabile ungl?ubig. „Es ist m?glich", sagte Ryan. „Wir m?ssten uns die Leiche anschauen, um entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen. Nat?rlich wollen wir den bereits zugeordneten Kommissaren nicht auf die F??e treten. Wer ist das denn?" Costabile starrte Ryan an und nahm seinen herausfordernden Tonfall zur Kenntnis. Es war klar, dass Ryan wusste, dass noch keine Kommissare am Tatort waren. Costabile schien dar?ber nachzudenken, ob er die gesprochene Frage ernsthaft beantworten oder ansprechen sollte, was genau hier vor sich ging. „Kommissar Strode sollte jeden Augenblick hier sein", sagte er schlie?lich in einem beunruhigend h?flichen Tonfall. „Aber wir waren gerade dabei, die Leiche abzutransportieren, damit sie beim Gerichtsmediziner untersucht werden kann. Alles sieht ziemlich eindeutig aus. Wir wollten die Ressourcen der Abteilung nicht unn?tig verschwenden." „Nat?rlich. Ich verstehe schon", antwortete Ryan und benutzte dabei die gleiche offizielle, aber unechte H?flichkeit wie Costabile. „Wie dem auch sei, vielleicht schauen wir uns das direkt hier an. Wir sprechen hier von einem Teenager-M?dchen, das in ihrem eigenen Bett erstochen wurde… wie oft wurde zugestochen?" Costabiles Gesicht wurde rot, und es wirkte so, als koste es ihn enorme Anstrengung, die Fassung zu bewahren. „Neun… dessen sind wir uns bewusst." „Neun Mal?“, wiederholte Ryan. „Das scheint eine Menge zu sein. Erscheint Ihnen das nicht auch sehr viel, Frau Hunt?" „Es scheint eine Menge zu sein", stimmte Jessie zu. „Ja, eine Menge", f?gte Ryan zur Betonung hinzu. „Vielleicht sollten wir also in diesem Fall genauer hinsehen, bevor wir das M?dchen in eine Plastikt?te werfen und sie ?ber einen Haufen von mit Schlagl?chern ?bers?ten Talstra?en fahren? Sie wissen schon, nur um gr?ndlich zu sein.“ Er l?chelte, als h?tte er nur ?ber das Wetter gesprochen. Costabile l?chelte nicht zur?ck. „?bernehmen Sie diese Untersuchung, Kommissar?", fragte der Sergeant rundheraus, ohne die Bemerkung mit den Schlagl?chern zu kommentieren. „Nicht jetzt, Sergeant. Wie ich schon sagte, wir wollen nur sehen, ob der Mord in unser Muster passt. Sie verweigern uns doch nicht den Zugang zu der Leiche, oder?" Diese Frage f?hrte zu einem weiteren unbehaglichen Schweigen. Jessie beobachtete einen anderen Offizier namens Webb, der aus dem Inneren der Wohnung kam und eine Position direkt hinter Costabile einnahm. Seine rechte Hand ruhte unbehaglich nahe an seinem Pistolenhalfter. Sie blickte zur?ck und sah, dass Offizier Lester nun hinter das Polizeiband getreten war und hinter ihnen stand, wobei er die gleiche Haltung eingenommen hatte und seine Hand in der gleichen Position hielt. Costabile blickte auf seine Schuhe hinab und verharrte mehrere Sekunden lang so. Ryan starrte auf den Kopf des Mannes, seine Augen blinzelten nicht. Jessie hatte Angst zu atmen. Schlie?lich blickte Costabile auf. Eine Ader auf seiner Stirn w?lbte sich. Langsam ?ffnete er seine Augen, und sein K?rper schien sich leicht zu entspannen. „Kommen Sie herein", sagte er und machte einen ?bertriebenen Willkommensgru? mit der Hand. Ryan trat vor und Jessie folgte ihm. Als sie in die Wohnung gingen, erinnerte sie sich daran, dass es in Ordnung war, wieder zu atmen. KAPITEL F?NF Es war schwer, konzentriert zu bleiben. Bei so viel Testosteron, das in der Wohnung herumschwirrte, war Jessie immer noch leicht besorgt, dass jeden Moment eine Schie?erei ausbrechen k?nnte. Sie versuchte, der brodelnden Feindseligkeit auszuweichen, als sie durch die Wohnung ging. Von nun an musste sie einen klaren Kopf bewahren. Der Gerichtsmediziner w?rde sich auf den Zustand der Leiche konzentrieren, und die Leute am Tatort w?rden nach Blutspritzern oder Fingerabdr?cken suchen. Aber sie musste sich ?ber alles im Klaren werden, was zur psychologischen Verfassung des Opfers beitrug. Selbst das kleinste Detail k?nnte zum M?rder f?hren. Die Wohnung war ziemlich unscheinbar. Aus der Einrichtung ging ihr klar hervor, dass beide Bewohnerinnen weiblich waren, obwohl das Geschlecht der Mitbewohnerin des Opfers nicht erw?hnt worden war. Eine von ihnen war eindeutig viel konservativer als die andere. Die Kunst an den W?nden war ein verwirrendes Amalgam aus Aquarellen und religi?ser Ikonographie neben Gustav-Klimt-Drucken und Fotos von Mapplethorpe. Als sie den Flur entlang ging, bekam Jessie das deutliche Gef?hl, dass die extravagante Mitbewohnerin auch diejenige mit mehr Geld sein musste. Ihr Stil schien viel dominanter zu sein. Als sie an dem kleineren Schlafzimmer vorbeikamen, blickte sie hinein und sah ein Kreuz an der Wand ?ber der Kommode. Die, die sich das gr??ere Zimmer leisten konnte, ist also tot. Tats?chlich gingen sie weiter in das gr??ere Schlafzimmer am Ende des Flurs, von wo aus sie Stimmen h?ren konnte. „Sind Sie bereit, Kriminalprofilerin?“, fragte Costabile sp?ttisch. „Sie …", begann Ryan zu sagen, aber sie unterbrach ihn. „Mir geht's gut", antwortete sie. Er brauchte sich nicht f?r sie einzusetzen. Und sie wollte definitiv keinen weiteren Wettkampf unter M?nnern, wenn sie versuchte, sich zu konzentrieren. Sie ignorierte, was auch immer hinter ihr vor sich ging, holte tief Luft und ging ins Schlafzimmer. Bevor sie den K?rper ?berhaupt ansah, erlaubte sie ihren Augen, den Raum zu scannen. An den W?nden befand sich noch mehr von der gewagten Dekoration und neben dem Bett eine Discokugellampe. In der Ecke stand ein Stuhl, und Zeitschriften waren auf dem Boden verstreut, was auf einen Kampf hindeutete. Der Schreibtisch war gr??tenteils leer, obwohl es einen sauberen, rechteckigen Fleck gab, der von einer Staubschicht umgeben war – ein sicheres Zeichen daf?r, dass dort k?rzlich ein Laptop gestanden hatte. „Der Fernseher ist noch da", bemerkte Ryan. „Die Spielkonsole ist auch noch da. Das ist ein merkw?rdiges Verhalten eines Diebes.“ „Der Laptop ist allerdings weg", bemerkte Jessie. „Hat jemand ein Handy gefunden?" „Noch nicht", sagte Offizier Webb. „Haben Sie ihre Nummer von der Mitbewohnerin bekommen, damit wir versuchen k?nnen, das Handy zu orten?", fragte sie und versuchte, ihre Ungeduld nicht aufkommen zu lassen. „Die Mitbewohnerin ist ein wenig hysterisch", sagte Costabile. „Wir hatten schon Schwierigkeiten, ?berhaupt ihren Namen, Elizabeth Polacnyk, aus ihr herauszubekommen. Die Rettungssanit?ter haben sie in den Krankenwagen drau?en gebracht. Sie wollten sie ruhig stellen." „Okay", sagte Jessie. „Aber lassen Sie sie nicht gehen, bevor wir eine Chance hatten, mit ihr zu sprechen." Costabile sah immer noch ver?rgert aus, nickte aber Offizier Lester, der immer noch in der N?he der Eingangst?r stand, zu, um die Forderung zu ?bermitteln. W?hrend er dies tat, wandte Jessie schlie?lich ihre Aufmerksamkeit auf das M?dchen auf dem Bett. Sie war bereits im Leichensack, obwohl dieser noch nicht zugemacht worden war. Ihr Anblick machte Jessie w?tend. „Hat jemand Fotos gemacht, bevor ihr K?rper angefasst wurde?“, fragte Ryan und sprach die Frage in Jessies Kopf laut aus. Ein Tatort-Techniker hob seine Hand. „Ich habe ein paar gemacht, kurz bevor sie in die Tasche gelegt wurde", sagte er. Der stellvertretende Gerichtsmediziner des Falles kam her?ber. „Hi. Ich bin Maggie Caldwell. Wir haben versucht, mit dem Einpacken zu warten", sagte sie entschuldigend. „Aber wir wurden anderweitig instruiert." Die Anschuldigung hing unausgesprochen in der Luft. „Wie ich schon sagte", sagte Costabile defensiv, „schien ein klarer Fall zu sein. Ich wollte keine Ressourcen verschwenden". Jessie versuchte ruhig zu bleiben, als sie antwortete. „Ich bin sicher, Sie haben jahrzehntelange Erfahrung in diesem Job, Sergeant", sagte sie. „Aber haben Sie die Angewohnheit, die Entscheidung des Kommandos zu treffen, einen Mordtatort zu st?ren, bevor die Kommissare eintreffen, unabh?ngig davon, welche Ressourcen daf?r erforderlich sind?“ „Das Valley Bureau ist nicht so wie Sie in der Innenstadt", rief er. „Wir k?nnen uns nicht den Luxus leisten, jeden toten Ausrei?er, den wir finden, liebevoll zu bewachen.“ Jessies Temperament flammte auf. Ihre Stimme wurde ruhiger und langsamer. „Mir war nicht bewusst, dass die Polizei in diesem Teil der Stadt nun Einsparungen ?ber das Aufdecken von Verbrechen stellt. Ich w?rde gerne sehen, wo dieser Absatz in den neuen Vorschriften steht. Au?erdem war mir nicht klar, dass die Morde an jugendlichen Ausrei?ern nicht ermittlungsw?rdig sind. Habe ich diesen Tag in der LAPD-Schule verpasst?" „Stellen Sie meine Professionalit?t in Frage?“, fragte Costabile und machte einen Schritt auf sie zu. „Ich stelle nur Fragen, Sergeant", antwortete sie, ohne einen Schritt zur?ck zu machen. „Wenn Ihr Gewissen etwas Tieferes vorschl?gt, ist das Ihre Sache. Wenn es sich bei diesem M?dchen um eine jugendliche Ausrei?erin handelt, geht es ihr ziemlich gut. Es ist klar, dass sie einen gut bezahlten Job hat, der es ihr erlaubt, in einer ansehnlichen Wohnung zu leben, Kunst zu kaufen und, ausgehend von ihren N?geln und Haaren, teure Salonbesuche erm?glicht. Sind Sie sicher, dass Sie keine Vermutungen ?ber ihren Hintergrund anstellen?" Costabile sah aus, als w?sste er nicht, welche herausfordernde Frage er zuerst ansprechen sollte. Nach einem Moment des frustrierten Seufzens antwortete er. „Man fand das M?dchen in einer Cheerleader-Uniform mit nach oben gerutschtem Rock. F?hlt sich f?r mich ziemlich trashig an. Ich vermute, dass sie eine Prostituierte ist." „W?re es denn nicht m?glich, dass ihr Angreifer ihr den Rock nach oben gerissen hat?“, fragte Jessie. „Ihr Offizier sagte, sie sei siebzehn. Nicht m?glich, dass sie Cheerleaderin an ihrer High School ist? Nicht m?glich, dass sie Schauspielerin ist und ihr Kost?m trug? Sind wir sicher, dass sie eine billige Hure ist? F?r einen erfahrenen Strafverfolgungsexperten scheinen Sie eine Menge Annahmen zu treffen, Sergeant." Costabile machte einen weiteren Schritt nach vorn. Er stand ihr nun genau gegen?ber. Jessie machte sich Sorgen, dass Ryan versuchen k?nnte, einzugreifen, aber er hielt sich zur?ck. Sie vermutete, dass er wusste, was sie vorhatte. Costabile sprach. „Sie kommen also mit Ihrer hippen, hei?en Profiling-Reputation hier rein und machen mich schlecht? So weit sind wir jetzt schon?" Er knurrte fast, aber das war Jessie egal. „Wenn Sie sich angesprochen f?hlen", fl?sterte sie. „Au?erdem, wenn Sie glauben, Sie k?nnten mich mit Ihren M?nnerbr?sten und Ihrem Knoblauch-Atem einsch?chtern, dann irren Sie sich. Ich bin mit Typen, die menschliche K?rperteile als Souvenirs aufbewahren, in die direkte Konfrontation gegangen, also beeindrucken mich Ihre billigen Einsch?chterungstaktiken nicht. Jetzt verschwinden Sie verdammt noch mal aus meinem Sichtfeld." Die Nasenl?cher von Costabile vergr??erten sich. Das Blutgef?? auf seiner Stirn sah aus, als k?nne es jeden Moment platzen. Jessie beobachtete ihn genau. Ein Teil von ihr wollte ihn in den Schritt treten. Aber ihre analytische Seite testete ihn immer noch und versuchte, genau festzustellen, was hier vor sich ging und warum das Verfahren nicht befolgt wurde. Irgendetwas stimmte da nicht. Wenn er w?tend genug wurde, w?rde der Typ vielleicht versehentlich etwas enth?llen. Die beiden starrten sich gegenseitig an. Costabile war in Deckung gegangen und keuchte; Jessie war still und angespannt. Sie w?rde den ganzen Abend so bleiben, wenn es ihn traf. Nach gut f?nf Sekunden atmete er sie absichtlich an. Er zauberte ein gezwungenes L?cheln auf sein Gesicht und trat einen Schritt zur?ck. „Ich muss sagen, Frau Hunt, Sie sind ein noch gr??eres Mistst?ck, als ich geh?rt hatte." „Wie ist ihr Name?“, forderte Jessie, bevor er seine Beleidigung beenden konnte. „Was?", sagte er, erschrocken ?ber ihre pl?tzliche Reaktion. „Das M?dchen", sagte sie und nickte in Richtung Bett. „Kennen Sie ?berhaupt ihren Namen?" „Ihr Name ist Michaela Penn", sagte Offizier Lester und rettete damit seinen Vorgesetzten vor einer m?glichen Blamage. „Wir sammeln immer noch Informationen, aber es sieht so aus, als w?re sie auf eine ?rtliche katholische M?dchen-High School gegangen. Sie wurde vor fast zwei Jahren als Hochbegabte anerkannt und beendete die Schule fr?hzeitig. Sie war Teilzeit-Kellnerin in Jerry's Deli in Studio City." „Danke", sagte Jessie, bevor sie einen weiteren Satz zu Gunsten von Sergeant Costabile hinzuf?gte. „Klingt wirklich sch?big." Sie drehte sich um und sah Michaela zum ersten Mal seit dem Betreten des Raumes wirklich genau an. Das erste, was ihr auffiel, war, wie jung das M?dchen aussah. Sie mag siebzehn gewesen sein, aber mit ihren kurzen, dunklen Haaren und ihrer blassen, jetzt bl?ulichen Haut sah sie eher wie f?nfzehn aus. Sie blickte zu einem Foto des M?dchens auf der Kommode auf und versuchte, es mit der leblosen Gestalt auf dem Bett in Einklang zu bringen. Die Michaela auf dem Bild war auf eine zarte, feenhafte Weise wundersch?n. Sie erinnerte Jessie an ein M?dchen aus diesen japanischen Anime-Karikaturen. Ihre tiefblauen Augen waren riesig, aber gef?hllos, als h?tte sie schon vor langer Zeit gelernt, ihre Gef?hle zu verbergen. Nur das leichte Grinsen an den R?ndern ihrer Lippen deutete an, was sich darunter verbergen k?nnte. Sie verstr?mte die Atmosph?re eines nicht entz?ndeten Feuerwerks, als ob sie nur auf ihre Zeit wartete, bereit, jeden Augenblick zu explodieren. „K?nnen Sie den Rei?verschluss ?ffnen?“, fragte Ryan, als er neben Jessie trat. W?hrend sie warteten, murmelte er vor sich hin. „Ich hoffe, dass die permanente Entfremdung des uniformierten Offiziers mit den meisten Verbindungen im Tal das wert war, was du durch Beleidigung aufzudecken versuchtest. Denn er wird das niemals auf sich beruhen lassen." „Die Geschworenen beraten noch", murmelte sie zur?ck. Die Polizisten waren gegangen, aber Maggie Caldwell, die stellvertretende Gerichtsmedizinerin, blieb in der N?he, nachdem sie den Rei?verschluss der Tasche ge?ffnet hatte. „Sorry", sagte sie leise. „Ich wollte die Leiche nicht anfassen, aber Costabile bestand darauf, dass wir schnell handeln. W?ren Sie f?nf Minuten sp?ter eingetroffen, w?re sie in den Wagen gepackt gewesen." „Irgendeine Idee, warum die Eile?“, fragte Ryan sie. „Nein", sagte Caldwell nerv?s. „Aber ich glaube nicht, dass das alles seine Idee war. Er hat mit jemandem am Telefon gesprochen, der ihm Anweisungen zu geben schien. Nachdem er aufgelegt hatte, versuchte er wirklich, die Sache voranzutreiben." Jessie r?ckte n?her an das M?dchen heran. Ihre Cheerleader-Uniform war rot, mit wei?er Schrift und einem schwarzen Rand. Sie war unscheinbar. Die Schrift verriet lediglich "Central H.S.". Der Rock war weit nach oben gerutscht. „Lester meinte, sie h?tte bereits ihren Abschluss gemacht, richtig?“, fragte Ryan. „Warum also die Uniform?" „Ich lebe seit zwanzig Jahren in dieser Gegend und erkenne diese Schule oder diese Farben nicht wieder", sagte Caldwell. „Ich glaube nicht, dass sie echt ist." „Vielleicht war es ein Kost?m", schlug Jessie vor. „Kellnern und Schauspielen schlie?en sich nicht wirklich aus." „M?glich", stimmte Ryan zu. „Ich sage es nur ungern, aber Costabile k?nnte auch Recht haben. Es k?nnte ein Outfit sein, das sie f?r… einen Kunden trug. Das w?re hier nicht ungew?hnlich." Jessie nickte und brachte ihre eigene Theorie zum Ausdruck. „Was auch immer sie tat, es sei denn, sie hatte einen Treuhandfonds, es war mehr als nur Kellnern. Diese Wohnung ist ganz nett. Die Kunst ist nicht billig, und es ist klar, dass sie eine umfassende Haut- und Haarpflege betrieb, die professionelle Hilfe erforderte. Sie hatte keine Schwierigkeiten. Wissen wir, ob sie sexuell missbraucht wurde?", fragte sie Caldwell. „Es ist noch zu fr?h, um das zu sagen. Morgen werden wir mehr wissen." „Wir sollten auf jeden Fall bald mit der Mitbewohnerin sprechen", sagte Ryan. „Vielleicht kann sie uns wissen lassen, ob Michaela in letzter Zeit Drohungen erhalten hat." Jessie nickte zustimmend, als sie sich die Messerstichwunden genauer ansah. F?nf davon waren in der Brust, weitere vier im Unterleib. „Hat jemand die Mordwaffe gefunden?", fragte sie. „Im K?chen-Set fehlt ein gro?es Messer", meldete sich Offizier Lester, der die Frage belauscht hatte, freiwillig. „Aber wir konnten es nicht finden." „Das ist seltsam", bemerkte Ryan. „Was?", fragte Lester. „Nun, wenn dies ein schiefgegangener Raub?berfall war, w?rde man erwarten, dass der T?ter ?berrascht sein w?rde, Michaela in ihrem Zimmer vorzufinden. Die allgemeine Unordnung in diesem Zimmer deutet auf einen Kampf hin. Aber wenn der T?ter nicht wusste, dass sie hier war, wie kam er dann an das Messer? Es ist schwer vorstellbar, dass er in die K?che zur?cklief, um es zu holen, und dann wieder ins Schlafzimmer zur?ckkam.“ „Vielleicht schlug er sie K.O. und holte dann das Messer?“, schlug Lester vor. „Aber wenn er sie K.O. geschlagen hat und dies ein Raub?berfall war, warum nicht einfach das Zeug nehmen und verschwinden?“, fragte Jessie. „Zu diesem Zeitpunkt w?rde es keinen Widerstand  mehr geben. Sich ein Messer zu schnappen, ins Schlafzimmer zur?ckzukehren und neun Mal auf ein bewusstloses M?dchen einzustechen – das klingt nicht nach dem typischen Verhalten eines solchen T?ters. Das ist kaltbl?tig. Und doch…" „Was?“, fragte Lester. „Ein Laptop wurde mitgenommen", sagte sie und nickte auf den leeren Schreibtisch. „Und wir haben ihr Handy nicht gefunden. Also wurde sie beraubt. Die Frage ist: War das ein nachtr?glicher Einfall? War es inszeniert oder wurden diese Dinge aus einem bestimmten Grund mitgenommen? Wie dem auch sei, es handelt sich keinesfalls um einen klaren Fall.“ Diese letzte Bemerkung lie? Costabile, der in den letzten Minuten still in der Ecke gestanden hatte, munter werden. „Ich dachte ein paar Minuten lang, dass Sie mit den Verleumdungen fertig seien", sagte er sauer. „Aber da habe ich mich wohl zu fr?h gefreut." Jessie war im Begriff, zu erwidern, als Ryan pl?tzlich etwas sagte. „Wir lassen es erst einmal gut sein", sagte er. „Schlie?lich m?ssen wir noch mit der Mitbewohnerin sprechen. Komm schon, Jessie." Sie gingen auf die T?r zu. Aber Ryan blieb stehen, als sie gerade gehen wollten. Er beugte sich vor, so dass nur sie und Costabile ihn h?ren konnten, und murmelte dem Mann noch eine letzte Sache zu. „Aber ich muss Ihnen sagen, Sergeant, wenn Sie denken, dass wir mit der Frage, warum Sie diesen Fall so ?berst?rzt und schlampig bearbeiten, fertig sind, dann irren Sie sich gewaltig. Ich wei? nicht, was Sie verheimlichen, aber dieser Fall stinkt. Wenn Sie glauben, Sie k?nnen ihn unter Verschluss halten, machen Sie sich etwas vor." Costabile antwortete nicht. Aber er schenkte Ryan ein gro?es, b?sartiges Grinsen, das andeutete, dass er anderer Meinung war. KAPITEL SECHS Eine Sekunde lang dachte Jessie, Michaelas Mitbewohnerin sei ebenfalls tot. Trotz gegenteiliger Beteuerungen der Rettungssanit?ter reagierte sie nicht, als sie die T?r des Krankenwagens ?ffneten und versuchten, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Sogar nachdem sie sie bei ihrem Spitznamen, Lizzie, nannten, bewegte sie sich nicht. Erst als Ryan die Thermodecke, in die sie eingewickelt war, von ihr riss, reagierte sie. „Was?", verlangte sie mit m?der, m?rrischer Stimme. Das M?dchen schien in etwa 18 Jahre alt zu sein. Selbst wenn sie Lizzies Zimmer nicht gesehen h?tte, h?tte Jessie geahnt, dass sie eine zur?ckhaltendere Pers?nlichkeit als ihre Mitbewohnerin hat. Ihr braunes Haar war fest nach hinten gebunden, und ihr Make-up war so dezent, dass es nicht auffiel. Sie war konservativ gekleidet mit einem CSUN-Sweatshirt mit Rei?verschluss und einer Hose. Sie trug eine Halskette mit einem Kreuz. Jessie, die unzufrieden mit Ryans Vorgehensweise war, runzelte die Stirn. Aber er zuckte lediglich mit den Schultern, als wolle er sagen, dass er mit seiner Geduld am Ende war. „Lizzie", begann Jessie mit ihrer sympathischsten Stimme, „wir untersuchen, was passiert ist, und wir m?ssen Ihnen ein paar Fragen stellen". „Sie haben mir etwas gegeben", sagte Lizzie. „Ich f?hle mich ein wenig verwirrt." „Das verstehen wir", versicherte Jessie ihr, als sie dem M?dchen half, sich aufzusetzen. „Und wir werden Sie ins Krankenhaus bringen, damit Sie sofort untersucht werden. Aber wir m?ssen zuerst einige grundlegende Dinge kl?ren, okay?" „Ich denke schon." „Woher kannten Sie Michaela?“, fragte Jessie. „Wir sind zusammen zur High School gegangen", sagte Lizzie und sprach langsam, w?hrend sie sich auf jedes Wort konzentrierte. „Sie hat die Schule schon fr?her verlassen, aber wir blieben in Kontakt. Als ich meinen Abschluss machte, beschlossen wir, zusammen zu ziehen. Sie war eine gute Mitbewohnerin." Jessie warf Ryan einen Blick zu. Das M?dchen stand v?llig neben sich. Es w?re schwierig, viel aus ihr herauszubekommen. Er hob frustriert die Augenbrauen. Jessie versuchte es noch einmal. „Lizzie, hatte Michaela Familie in der Gegend?" Mit viel M?he sch?ttelte Lizzie den Kopf. „Was ist mit einem Freund oder jemandem, mit dem sie k?rzlich Schluss gemacht hat?" „Kein Freund", antwortete Lizzie. „Vielleicht ein Arbeitskollege, mit dem sie Probleme hatte?" Lizzies Augen konzentrierten sich kurz. „Mick war Kellnerin", sagte sie. „Okay", antwortete Jessie, ?berrascht von der Intensit?t der Reaktion. „Hatte sie irgendwelche Probleme mit jemandem auf der Arbeit?" „Sie war Kellnerin", wiederholte Lizzie vehement. Jessie gab auf und wandte sich wieder Ryan zu. „Ich denke, wir werden warten m?ssen, um mit ihr zu sprechen. Das ist sinnlos." „Das w?re mir sowieso lieber", sagte der Rettungssanit?ter, der in der N?he gestanden hatte. „Nach allem, was sie durchgemacht hat, und mit den Medikamenten, die sie bekommt, w?rde ich sie wirklich gerne untersuchen lassen". „Nur zu", sagte Ryan. „Wir kommen morgen vorbei, um mit ihr zu reden." Sie sahen zu, wie Lizzie auf eine Bahre geschnallt und die T?ren des Krankenwagens geschlossen wurden. Als das Fahrzeug in die dunkle Nacht davonfuhr, fiel Jessie etwas auf. „Der Kommissar aus dem Valley ist immer noch nicht aufgetaucht." „Ich bin mir auch nicht sicher, ob wir hier sein wollen, wenn er herkommt", bemerkte Ryan. „Ich m?chte nicht, dass er uns mit Fragen ?ber das 'Ermittlungsmuster', das wir verfolgen, l?chert.“ „Willst du ihn nicht fragen, warum er so sp?t aufgetaucht ist?“, fragte Jessie ?berrascht. „Klar. Aber ich habe das Gef?hl, wir w?rden auf die gleiche Mauer sto?en wie bei Costabile. Wir m?ssen mehr wissen, bevor wir auf diese Typen losgehen." „Das verstehe ich", sagte sie. „Aber nur um das klarzustellen, wir sind uns einig, dass hier etwas ernsthaft Zwielichtiges vor sich geht, nicht wahr? Ich meine, dieser Costabile scheint eher ein Mafia-Kapo zu sein als ein Polizei-Sergeant. Oder vielleicht ist er der Don Corleone des Valley B?ros." Ryan schaute zu ihr hin?ber und f?hlte sich offensichtlich unwohl bei ihrer Wortwahl. Sie beschloss, ihn in Frieden zu lassen und sprach weiter, bevor er antworten konnte. „Ich glaube nicht, dass wir heute Nacht noch etwas N?tzliches erfahren werden." Sie seufzte. „Nein. Wir m?ssen vielleicht bis morgen fr?h warten. Bis dahin wird Lizzie wieder zu sich gekommen sein. Caldwell k?nnte etwas Definitives ?ber einen m?glichen sexuellen ?bergriff haben, und wir k?nnen sehen, ob jemand versucht hat, Michaelas Laptop oder Handy zu verpf?nden.“ „Okay", sagte Jessie widerwillig. „Eines wissen wir mit Sicherheit. Deine Chatty Cathy hatte Recht. Irgendetwas stimmt definitiv nicht mit diesem Fall." * Hannah war noch wach, als Jessie nach Hause kam. Das M?dchen schaute kaum von dem Film auf, den sie gerade sah, als sie hereinkam. Es war fast 1 Uhr, und morgen war ein Schultag, aber Jessie hatte nicht die Energie, sich zu streiten. „Es war eine lange Nacht", sagte sie. „Ich gehe jetzt ins Bett. Kannst du bitte leiser machen und versuchen, bald etwas Schlaf zu bekommen, damit du morgen fit bist?" Hannah machte etwas leiser, nahm aber ansonsten die Worte ihrer Halbschwester nicht zur Kenntnis. Jessie stand einen Moment lang in der T?r ihres Schlafzimmers und ?berlegte, ob sie es noch einmal versuchen sollte. Aber schlie?lich entschied sie, dass es sich nicht lohnte, und schloss einfach die T?r. Sie schlief in dieser Nacht unruhig. Das war nicht ungew?hnlich. In den letzten Jahren konnte sie mit beinahe n?chtlichen Albtr?umen rechnen, die sich um einen der M?nner drehten, die eine Bedrohung f?r ihr Leben darstellten. Normalerweise waren sie eine Mischung aus ihrem Ex-Mann, ihrem Vater und Bolton Crutchfield. Aber heute Nacht drehten sich ihre Tr?ume um Hannah, wie in so vielen N?chten in letzter Zeit. Ihre Gedanken waren von einem Durcheinander unzusammenh?ngender Bilder erf?llt, einige von dem M?dchen, wie es von einem maskierten Angreifer bedroht wird, andere, in denen sie nonchalant in die Arme der Gefahr lief. Aber der Traum, der sie am meisten beunruhigte, war der letzte, in dem Hannah an einem Tisch sa? und l?chelte, als ein nicht identifizierbarer Kellner ihr einen Teller mit zerst?ckelten K?rperteilen servierte. Sie war gerade dabei, sich eine Portion Menschenfleisch in ihren Mund zu schieben, als Jessie schwei?gebadet und schwer atmend erwachte. Die ersten Strahlen der Morgensonne str?mten durch einen Spalt zwischen den Vorh?ngen herein. Sie setzte sich auf, schwang die Beine ?ber die Bettkante und legte den Kopf in ihre H?nde. Ihr Sch?del h?mmerte und sie f?hlte sich leicht angewidert. Als sie nach Ibuprofen und einer Flasche Pepto-Bismol griff, versuchte sie, nicht zu viel in die Tr?ume hinein zu interpretieren. Sie wusste aus Erfahrung, dass sie nicht so sehr eine Vorhersage als vielmehr eine Manifestation ihrer ?ngste waren. Sie hatte diese Tr?ume, weil sie um Hannahs Zukunft f?rchtete, nicht wegen irgendetwas, zu dem sie bestimmt war. Zumindest redete sie sich das ein. KAPITEL SIEBEN Trotz ihrer Ersch?pfung freute sich Jessie aufs Revier. Sie schaffte es, Hannah heute Morgen mit nur zehn Minuten Versp?tung aus der T?r zu bekommen und dachte, dass sie es wom?glich noch vor der Rush-Hour zur Arbeit schaffen k?nnte. Sie wollte etwas Ruhe haben, um sich auf den Fall Michaela Penn zu konzentrieren, der sich jedes Mal, wenn sie dar?ber nachdachte, noch falscher anf?hlte. Warum wollten die Beamten vor Ort die Sache so schnell abschlie?en? Warum war der Kommissar nicht schneller eingetroffen – wenn er ?berhaupt eintraf? Warum hat Plaudertasche Ryan ?berhaupt angerufen? Jessies Bauchgef?hl schrie, dass dies mehr als nur ein normaler Raub?berfall war, der schief gelaufen war. Neun Stichwunden f?hlten sich sehr pers?nlich an. Und doch, wie sie bei der zehnw?chigen Schulung an der FBI-Akademie, die sie besucht hatte, wiederholt daran erinnert worden war, war ihr Bauch kein Ersatz f?r Beweise. Nur weil eine Person oder ein Szenario verd?chtig schien, war das allein noch kein Beweis f?r irgendetwas. F?r Jessie, die sich in Quantico bei fast jedem Test, den sie absolviert hatte, hervorgetan hatte, war es die gr??te Herausforderung, sich diese Lektion zu Herzen zu nehmen. Als sie um 7.33 Uhr an ihrem Schreibtisch eintraf, war das B?ro noch immer d?nn besiedelt. Sie wusste, dass sie noch etwa eine halbe Stunde Zeit hatte, bis sich das ?ndern w?rde. Also fing sie direkt an. Zuerst rief sie das B?ro des Gerichtsmediziners des Valley B?ros an, um irgendwelche Ergebnisse zu erhalten. Maggie Caldwell war nicht da. Aber laut Jimmy, dem Bereitschaftshabenden, hatte sie ihn angewiesen, alle Neuigkeiten weiterzuleiten, falls jemand von der Central Station anriefe. Zumindest schien Caldwell nicht an der langsamen Operation von Costabile teilzunehmen. Laut Jimmy war Michaela vor ihrem Tod sexuell missbraucht worden. Aber anscheinend hatte der Angreifer ein Kondom benutzt und sie dann mit einer Art Desinfektionsmittel ?bergossen, das die Entnahme von brauchbarer DNA verhinderte. Man wartete ab, ob detailliertere Tests etwas bringen w?rden, aber er war nicht sehr optimistisch. Ihr n?chster Anruf ging an das Krankenhaus, um nach Lizzie zu fragen. W?hrend sie in der Warteschleife auf ein Update wartete, drifteten ihre Gedanken zur?ck zu Hannah. Die ?hnlichkeiten zwischen ihr und Michaela Penn waren ihr nicht entgangen. Beide M?dchen waren siebzehn. Beide waren auf Privatschulen im San Fernando Valley gegangen. Es sah so aus, als m?ssten beide schneller erwachsen werden, als sie sollten. Jessie konnte nicht umhin, sich zu fragen, welche weiteren Parallelen sie gemeinsam hatten. Eine Krankenschwester kam in die Leitung und riss sie aus ihren Gedanken. Anscheinend war Lizzie immer noch ruhig gestellt. Die Krankenschwester sagte, sie w?rde wohl gegen 10 Uhr wieder ansprechbar sein, und schlug vor, mit dem Besuch bis dahin zu warten. Danach rief sie die Van Nuys Station an und fragte nach Offizier Burnside, der vor dem Wohnhaus Wache gehalten hatte. Von allen Polizisten, denen sie gestern Abend begegnet war, war er derjenige, der sich in der Situation am wenigsten wohl gef?hlt hatte. Sie hoffte, dass sie einige Details aus ihm herausbekommen k?nnte. Man sagte ihr, seine Schicht sei gerade zu Ende gegangen – sie ging von 19 bis 7 Uhr. Mit ein wenig Schmeichelei konnte sie den diensthabenden Sergeant davon ?berzeugen, ihr seine Handynummer zu geben. Ihre Hoffnung, dass er noch wach und auf dem Nachhauseweg sein k?nnte, wurde belohnt, als er beim zweiten Klingeln abnahm. „Hallo?", sagte er zaghaft. „Offizier Burnside? Hier ist Jessie Hunt. Wir sind uns gestern Abend am Tatort des Penn-Mordes begegnet." „Ich wei?, wer Sie sind", sagte er mit vorsichtiger Stimme. Sie sp?rte seine intensive Vorsicht und fragte sich, ob sie versuchen sollte, ihn zu beruhigen oder einfach zu akzeptieren, dass dies eine unangenehme Situation sein w?rde. Sie entschied, dass es kl?ger w?re, offen zu sein. „H?ren Sie, ich wei?, Sie sind nicht gerade erfreut ?ber diesen Anruf. Und ich m?chte Sie nicht in eine unangenehme Situation bringen, also werde ich mich kurz fassen." Sie machte eine Pause, aber als sie keine Antwort erhielt, fuhr sie fort. „Ich habe mich gefragt, ob Sie irgendwelche Neuigkeiten von Michaelas Handy oder Laptop haben. Irgendwelche Nachrichten auf dem Telefon? Irgendwelche Verpf?ndungsversuche?" Nach einer Zeit des Schweigens reagierte Burnside schlie?lich. „Ich denke, es w?re besser, wenn Sie den Dienstweg gingen, Frau Hunt." Es war ihm peinlich, das zu sagen, und sie beschloss, das zu ihrem Vorteil zu nutzen. „Ich denke, wir wissen beide, wie das laufen w?rde. Ich w?rde mich stundenlang im Kreis drehen. H?ren Sie, ich verlange nicht, dass Sie mir sagen, warum der Tatort so unprofessionell behandelt wurde. Ich verlange auch nicht, dass Sie mir erkl?ren, warum fast jeder Polizist dort so getan hat, als sei er schuldig. Ich frage nur, ob entweder das Telefon oder der Laptop aufgetaucht ist." Sie wartete und konnte in der dazwischenliegenden Stille fast h?ren, wie Burnsides Gehirn arbeitete. „Das haben Sie nicht von mir, okay?", bestand er darauf. „Nat?rlich nicht." „Vom Laptop keine Spur. Wir warten immer noch. Auch das Telefon fehlt noch. Aber wir konnten den letzten bekannten Standort ausfindig machen – ein paar Blocks entfernt. Wir fanden die SIM-Karte an einem Stra?enrand, oder zumindest das, was davon ?brig geblieben war. Sie war zerquetscht und, wie es aussah, verbrannt worden." „Das scheint ungew?hnlich gr?ndlich f?r einen Dieb, finden Sie nicht?“, bemerkte Jessie. „Fast so, als w?re der R?uber mehr daran interessiert gewesen, Michaelas Anrufdaten zu verbergen, als ihr Telefon zu behalten". „Ich wei? nicht, was ich Ihnen sagen soll, Frau Hunt", antwortete Burnside. „Nein, nat?rlich nicht. Da dieses Gespr?ch nicht offiziell stattfindet, gibt es noch etwas, was Sie mir ?ber die Geschehnisse der letzten Nacht sagen wollen?" Burnside wog in einem weiteren Schweigen seine Antwort ab. „Ich habe nichts mehr ?ber letzte Nacht hinzuzuf?gen", sagte er schlie?lich. „Aber ich werde Folgendes sagen. Im weiteren Verlauf sollten Sie das Ganze vielleicht lieber gut sein lassen, Frau Hunt. Ich wei?, dass Sie das nicht wollen. Und ich wei? von Ihrem Ruf, dass Sie Dinge nicht gut sein lassen. Aber in diesem Fall sollten Sie es sich vielleicht noch einmal ?berlegen." „Warum?" „Ich muss aufh?ren, Frau Hunt. Aber ich w?nsche Ihnen alles Gute. Passen Sie auf sich auf." Bevor sie antworten konnte, hatte er aufgelegt. Sie ?berlegte, ob sie ihn zur?ckrufen sollte, als sie sah, wie Garland Moses ins B?ro kam und sich auf den Weg zur Treppe machte, die zu seinem winzigen B?ro im zweiten Stock f?hrte. Wie ?blich projizierte der legend?re Profiler das Bild eines zerknitterten, geistesabwesenden Professors, dessen graue Haare durcheinander waren, dessen Brille Gefahr lief, von seiner Nase zu rutschen, und dessen Sportjacke seinen schlanken K?rperbau verdeckte. Sie stand auf und lief ihm hinterher. „Hey, Garland", sagte sie, erreichte ihn unten an der Treppe und ging mit ihm nach oben. „Sie erraten nie, wen ich gestern getroffen habe." „Sie sollten mich nicht so herausfordern, Frau Hunt", antwortete er augenzwinkernd. „Ich sch?tze, ich verdiene damit meinen Lebensunterhalt, wissen Sie." „Okay, dann legen Sie los", neckte sie. „Ich w?rde Dr. Janice Lemmon sagen", sinnierte er beil?ufig. „Woher wissen Sie das?" „Das ist einfach. Sie wissen, dass ich sie kenne und schienen erfreut ?ber diese Information. Au?erdem deutet Ihr derzeitiger geschw?tziger, schulm?dchenhafter Tonfall darauf hin, dass wer auch immer es ist, sie davon ausgehen, dass diese Person eine Art pers?nliche Verbindung zu mir hat. Das schr?nkt die M?glichkeiten ein. Deshalb, Dr. Lemmon." „Das ist ziemlich beeindruckend", gab sie zu. „Au?erdem rief sie mich an und warnte mich, dass Sie auf der Suche nach Informationen sind", sagte er mit einem Augenzwinkern. „Ich verstehe", sagte Jessie. „Telefonieren Sie beide oft?" „Ich f?hle mich wie in einen Jane-Austen-Roman versetzt, und Sie sind die intrigante Protagonistin. Bitte sagen Sie mir, dass Sie mich nicht nur angesprochen haben, um Ihre Partnervermittlungs-F?higkeiten zu verbessern, Frau Hunt." „Das ist nicht der einzige Grund, Garland. Ich muss Sie um einen Gefallen bitten." „So?", sagte er, als sie das obere Ende der Treppe erreichten. „Ich hatte gehofft, Ihnen meine Halbschwester Hannah vorstellen zu k?nnen." „Ah ja, das M?dchen, das Sie vor dem Serienm?rder gerettet haben." „Das M?dchen, das Sie mir geholfen haben zu retten", korrigierte Jessie. „Ohne Ihre Hilfe h?tte ich sie nie gefunden." „Wie geht es ihr?", fragte er und stie? das Kompliment ab. „Ich hatte gehofft, Sie k?nnten mir das sagen. Ich dachte, wir k?nnten eine Art zwanglose Begegnung inszenieren, und Sie k?nnten selbst urteilen." Garland schaute sie missbilligend an, als sie sich seiner B?rot?r n?herten. „Sie wollen mich ihr also unter Vorspiegelung falscher Tatsachen vorstellen, damit ich ein Profil von ihr erstellen kann, weil Sie bef?rchten, sie k?nnte ein wenig serienm?rderisch sein? „So w?rde ich es nicht ganz ausdr?cken", protestierte Jessie. „Aber… ja." „Ich f?hle mich dabei nicht ganz wohl", sagte er, als er die T?r ?ffnete. „Ich glaube nicht, dass es dem M?dchen gegen?ber fair ist, und ich bef?rchte, dass es das Vertrauen, das Ihnen beiden ohnehin schmerzlich fehlt, weiter untergraben k?nnte.“ „Woher wissen Sie, dass…" „Ich muss jedoch zugeben, dass ich dieses M?dchen tats?chlich gerne kennenlernen w?rde. Ich w?re bereit, es zu tun. Das durchzumachen, was sie erlitten hat, und trotzdem noch m??ig funktionsf?hig zu sein? Es ist unglaublich. Ich kann nichts garantieren, was ?ber ein Gespr?ch hinausgeht. Wenn Sie diese Bedingungen akzeptieren, stimme ich zu." „Ich nehme, was ich kriegen kann", sagte Jessie. „Sehr gut. Wir k?nnen sp?ter reden und etwas arrangieren", sagte er und knallte ihr dann die T?r vor der Nase zu. Unter normalen Umst?nden w?re Jessie beleidigt gewesen. Aber sie beschloss, den Sieg davonzutragen. Garland hatte einem Treffen mit Hannah zugestimmt. Und da er das tat, war Jessie sicher, dass er ihr helfen k?nnte. Sogar unbewusst w?rde er am Ende ein Profil von ihr erstellen. Es war in seinem Blut, genau wie in ihrem. Es war das, was sie taten. KAPITEL ACHT Als Ryan ankam, war Jessie bereits voll in ihrem Element. Sie hatte den Rest des Vormittags damit verbracht, so viele Hintergrundinformationen wie m?glich ?ber Michaela Penn zu sammeln. Kaum hatte er seinen Schreibtisch erreicht, fing sie an, ihn mit Einzelheiten zu bombardieren. „Irgendetwas passt nicht bei diesem M?dchen", sagte sie, bevor er sich ?berhaupt hinsetzte. „Guten Morgen, Jessie", antwortete er. „Wie geht es dir?" „Guten Morgen", sagte sie mit einem kurzen L?cheln, mit dem sie die Feinheiten der menschlichen Interaktion w?rdigte. „Wie es mir geht? Ich bin verwirrt. Michaela Penn ist ein echter Widerspruch in sich. Das ist ein M?dchen, das mit einem akademischen Stipendium ein Jahr fr?her ihren Abschluss an einer angesehenen katholischen M?dchen-High School gemacht hat. Im Alter von sechzehn Jahren wurde sie gesetzlich emanzipiert. Alles sehr beeindruckend, nicht wahr?" „Ja", stimmte Ryan zu und gab die H?flichkeiten eindeutig auf. „Aber der Grund f?r ihre Emanzipation war, dass ihr Vater, der jetzt in der N?he von Lake Arrowhead lebt, sie missbraucht hat. Sie konnte dem Gericht beweisen, dass sie alleine besser dran war." „Was ist mit ihrer Mutter?" „Ihre Mutter starb an Eierstockkrebs, als sie sieben Jahre alt war." „Keine weiteren Verwandten?“, fragte Ryan. „Nicht in Kalifornien." „Wo hat sie damals gelebt?" „Bis zu ihrem vorzeitigen Abschluss war sie in der Schule untergebracht gewesen. Seitdem ist sie drei Mal umgezogen, bis sie sich an dem Ort niedergelassen hat, an dem sie gestern Abend gefunden wurde. Keine der anderen Wohnungen war auch nur ann?hernd so sch?n." „Und wie hat sie sich die neue Wohnung geleistet?“, fragte Ryan. „Das ist eine gute Frage. Wie Lizzie sagte, ist sie Kellnerin. Sie arbeitet bei Jerry's auf dem Ventura Boulevard. Und laut ihrem Chef arbeitet sie nur Teilzeit. Das reicht nicht f?r die Wohnung, in der sie wohnte, geschweige denn f?r all die Kunst und Elektronik, die wir gesehen haben.“ „Irgendwelche Hinweise aus ihren sozialen Netzwerken?“, fragte Ryan und schaltete schlie?lich seinen Computer ein. „Bis jetzt noch nicht", gab Jessie zu. „Ich habe mir ihre Facebook-, Instagram-, Twitter-, Snapchat-, WhatsApp-, Tumblr- und Whisper-Konten angesehen, zusammen mit allem anderen, was ich finden konnte. Es ist ziemlich normaler Kram – Selfies am Strand, Bilder mit Freunden bei Konzerten, lustige Memes, inspirierende Zitate, tonnenweise Smilies; kein gemeiner Kommentar in ihren Erw?hnungen. Es ist fast… zu normal". „Was hat das zu bedeuten?" „Es ist schwer zu sagen. Ich wei?, dass die sozialen Netzwerke der Menschen immer das bestm?gliche Bild vermitteln. Aber ihres ist so normal – nichts Kontroverses, nichts Aufschlussreiches. Es ist einfach so unpers?nlich. Nachdem ich mir das alles angesehen habe, habe ich nicht das Gef?hl, dass ich sie jetzt besser kenne als vorher. Es f?hlt sich an wie ein Puzzle, bei dem mehrere Teile fehlen." „Da steht also nichts drin, das erkl?ren w?rde, warum jemand mehrmals auf sie eingestochen hat?" fragte Ryan trocken. „Nein", sagte Jessie. „Auch nicht, warum ein Haufen Bullen versucht haben, die Untersuchung abzuschlie?en, bevor sie begonnen hat. ?brigens habe ich vorhin mit Burnside gesprochen, dem Beamten, der gestern Abend vor dem Geb?ude stationiert war. Er flehte mich f?rmlich an, den Fall gut sein zu lassen. Es h?rte sich an, als ob er wirklich besorgt um mich w?re.“ „Vielleicht denkt er, dass Costabile versuchen wird, dich nach der Schule zu verpr?geln." Bevor sie antworten konnte, streckte Decker seinen Kopf durch seine T?r und rief sie herein. „Hernandez, Hunt, wir m?ssen reden." Jessie blickte zu Ryan, der einen Ausdruck von Resignation auf seinem Gesicht hatte. „Was?", fragte sie. „Das ist seine ‚ich muss euch den Kopf waschen'-Stimme", sagte er, als er aufstand. „Ich kann mir gut vorstellen, was ihm die Leute vom Valley B?ro gesagt haben." „Nun, ich muss auch jemanden ein wenig zusammenstauchen", sagte Jessie, und ihr K?rper versteifte sich, als sie sich auf den Weg in Deckers B?ro machte. „Toll", h?rte sie Ryan leise hinter sich murmeln. Sie tat so, als h?re sie ihn nicht. Sie betraten das B?ro. Roy Decker stand hinter seinem Schreibtisch. Er sah ein Jahrzehnt ?lter als seine sechzig Jahre aus, mager, gr??tenteils kahl und mit eingefallenem Gesicht, mit mehr Falten, als sie z?hlen konnte. Er starrte mit einem Stirnrunzeln auf seinen Computerbildschirm. Seine gl?nzenden Augen waren konzentriert und seine lange, spitze Nase schien anklagend in ihre Richtung zu zeigen. „Ich verstehe, dass Sie letzte Nacht Spa? hatten", sagte er, ohne aufzuschauen. „Wir sind ?ber einen Fall mit einigen ungew?hnlichen Gegebenheiten gestolpert", meldete sich Ryan vage. „Nun, es scheint, dass Ihre Beteiligung das Interesse einiger unserer Freunde im Valley B?ro geweckt hat", antwortete er, wobei seine Stimme nichts verriet. Jessie wollte antworten. Aber aus Erfahrung wusste sie, dass es besser war, Ryan erst einmal vorf?hlen zu lassen. Seine vielen Jahre beispielhaften Dienstes hatten ihm ein gewisses Wohlwollen eingebracht, das Jessie noch nicht verdient hatte. „Sir", begann Ryan vorsichtig, ich glaube, ihre Wut k?nnte etwas damit zu tun haben, dass wir sie auf dem falschen Fu? erwischt haben. Sie haben gegen die Protokolle versto?en. Die Leiche h?tte entfernt werden sollen, bevor der zust?ndige Kommissar ?berhaupt eingetroffen war. Das ist nicht gerade vorbildhaft." „Sie haben es vers?umt, dies in den vorl?ufigen Bericht aufzunehmen", r?umte Decker ein. „Darf ich fragen, was Sie dort ?berhaupt gemacht haben? Es ist nicht gerade Ihr Zust?ndigkeitsbereich." „Ich war zum Abendessen in der Gegend und h?rte die Nachricht von einem Opfer, auf das mehrfach eingestochen worden war. Ich bin wie die Motte im Licht, wenn es um solche Dinge geht, und ich dachte, Hunts Erkenntnisse k?nnten wertvoll sein, also bat ich sie um ihre Hilfe.“ Decker blickte zu ihm auf. Jessie merkte, dass er sich von Ryans unvollst?ndiger Antwort nicht t?uschen lie?. Sie dachte, dies k?nnte der Moment sein, in dem er sie auf die Art ihrer Beziehung ansprechen w?rde, die sie bisher geheim gehalten hatten. „Nun, dem Bericht zufolge sieht es ziemlich eindeutig aus; ein Raub?berfall, der schief ging. Ich denke also, wir k?nnen ohne unn?tige Reibereien zwischen den Bezirken weitermachen.“ „Nun ja", sagte Jessie, als sie zum ersten Mal sprach, „ich bin mir nicht sicher, ob es so einfach ist.“ „Nat?rlich sind Sie das nicht", sagte Decker. „Nur zu, Hunt. Ruinieren Sie meinen Tag." „Das habe ich nicht vor, Sir", sagte sie und versuchte, alle Diplomatie zu nutzen, die sie aufbringen konnte. „Aber der Tatort best?tigt nicht die Theorie, dass es sich nur um einen einfachen Raub?berfall handelt, der schief gelaufen ist. Es wurde kaum etwas gestohlen. Die SIM-Karte im gestohlenen Telefon wurde vollst?ndig zerst?rt. Der M?rder ging mit der Mordwaffe ins Schlafzimmer, anscheinend unter Vorsatz. Auf das Opfer wurde neun Mal eingestochen, was kaum der Vorgehensweise eines typischen Wohnungsdiebs entspricht. Und selbst nachdem das M?dchen tot war, blieb die Wohnung weitgehend unangetastet. Ich sage nicht, dass es definitiv kein Raub?berfall war. Aber eindeutig? Das glaube ich nicht." Sie wollte weiter sprechen; sie wollte sagen, dass etwas an diesem Fall zum Himmel stank. Aber da sie diesen zus?tzlichen Anspruch als kontraproduktiv erachtete, lie? sie es dabei bewenden. Decker setzte sich und schloss die Augen. Als er seinen Mund ?ffnete, blickte er finster drein. „Was soll ich Ihrer Meinung nach mit dieser Information tun, Frau Hunt?" „Nun, ich denke, Sie sollten uns erlauben, diesen Fall zu verfolgen. Die Rolle von Kommissar Hernandez als Teil der HSS erlaubt es ihm, jeden Fall des LAPD zu ?bernehmen, den die Einheit als in ihren Zust?ndigkeitsbereich fallend betrachtet. Lassen Sie uns sehen, wohin das f?hrt. Geben Sie uns einen Tag. Wenn wir nichts Lohnenswertes finden, schlie?en wir den Fall ab." Decker sa? einen Moment lang still da und wog ihren Vorschlag ab. „Leider ist das nicht m?glich", sagte er und wandte sich an Ryan. „Kommissar Hernandez, ich habe gerade erfahren, dass Ihre Aussage im Mordfall Barton von morgen auf heute verlegt wurde. Sie m?ssen um zehn Uhr im Gerichtsgeb?ude sein." Jessie und Ryan tauschten kurze Blicke aus. „Chef", flehte er, „es ist jetzt erst halb neun. Lassen Sie mich mit der ?bernahme des Falles beginnen. Vielleicht k?nnen wir ein Interview mit der Mitbewohnerin f?hren. Lassen Sie uns wenigstens den Ball ins Rollen bringen." „Ich kann das nicht tun. Ich werde die Jungs von Valley nicht von dem Fall abziehen. Die Politik dazu ist einfach zu h?sslich. Aber ich kann einen Kompromiss anbieten. Ich werde das Valley B?ro wissen lassen, dass die HSS in ?bereinstimmung mit ihnen arbeiten will, um Informationen auszutauschen und Ressourcen zu b?ndeln. Das wird Ihnen den Zugang zu Zeugen und Beweisen erm?glichen." „Aber wir m?ssen jetzt auf all das zugreifen, Sir", bestand Jessie, „solange die Spur noch hei? ist". „Hunt, w?rden Sie mich bitte ausreden lassen?" „Entschuldigen Sie", sagte Jessie und beschimpfte sich schweigend daf?r, dass sie den Mann, der ihr jetzt am meisten helfen konnte, entfremdet hatte. „Hernandez, Sie reichen die Dokumente ein und vermerken Hunt als die Profilerin des Falles, was zumindest Zeugenbefragungen erlauben wird", sagte er und wandte sich dann an Jessie. „Hunt, das sollte es Ihnen erm?glichen, die Mitbewohnerin erneut zu befragen. Wenn die T?r erst einmal aufgebrochen ist, wird Valley sie nicht mehr so leicht schlie?en k?nnen.“ „Danke, Sir", sagte Jessie. „?bertreiben Sie es nur nicht, Hunt", flehte Decker. „Ich wei?, das ist nicht leicht f?r Sie. Aber halten Sie sich an Befragungen, eine Arbeit, die mit der Stellenbeschreibung "Profiler" gerechtfertigt werden kann. Sie werden f?r eine Weile allein sein, bis Hernandez aus dem Gerichtssaal kommt. Ohne einen Polizisten, der Ihnen R?ckendeckung gibt, m?ssen Sie vorsichtiger vorgehen. Sind Sie mit diesem Konzept vertraut, Hunt?" „Vage, Sir", sagte Jessie l?chelnd. „Ich danke Ihnen." „Bitte lassen Sie es mich nicht bereuen", sagte er und bettelte fast. Jessie antwortete so ehrlich, wie sie konnte. „Ich werde mein Bestes geben.“ KAPITEL NEUN Jessie wartete in ihrem Krankenhauszimmer, als Lizzie aufwachte. Das M?dchen sah sich um und war eindeutig desorientiert. Jessie stand auf und hielt dem M?dchen eine Tasse mit einem Strohhalm an ihre Lippen. Sie saugte das Wasser uners?ttlich auf. „K?nnen Sie sprechen?“, fragte Jessie, als Lizzie mit dem Schlucken fertig war. „Wo bin ich?", fragte das M?dchen heiser. „Wer sind Sie?" „Sie sind im Valley Presbyterian Hospital", sagte Jessie geduldig. „Ich bin Jessie Hunt von der Polizei von Los Angeles. Wir haben uns gestern Abend kennengelernt, obwohl Sie zu der Zeit bereits ziemlich ruhig gestellt waren. Erinnern Sie sich an letzte Nacht?" Zuerst sah Lizzie nur verwirrt aus. Aber dann schienen die Erinnerungen zur?ckzukommen. Sofort zog sie eine Grimasse und schloss die Augen. „Ich erinnere mich an genug", sagte sie leise. „Erinnern Sie daran, dass Sie mit mir gesprochen haben?" „Nicht wirklich." „Okay, dann fangen wir von vorne an. Es tut mir leid, aber die Fragen, die ich Ihnen stellen muss, werden schwierig sein. Aber um herauszufinden, was mit Michaela passiert ist…" „Mick", korrigierte Lizzie. „Ihr Name war Mick." „Um herauszufinden, was mit Mick passiert ist, werde ich ganz offen sein, und Sie m?ssen ehrlich sein, okay? Versuchen Sie nicht, ihre Erinnerung an sie zu sch?tzen, indem Sie mir wichtige Details vorenthalten. Alles wird irgendwann herauskommen, je fr?her, desto besser. Haben wir uns verstanden?" Lizzie nickte. „Okay, fangen wir damit an, woher Sie Mick kannten." „Wir gingen zusammen auf die St. Ursula High School. Sie schloss ein Jahr fr?her ab, und wir haben irgendwie den Kontakt verloren. Aber vor ein paar Monaten haben wir wieder Kontakt aufgenommen. Ich gehe in Cal State Northridge zur Schule und wollte nicht auf dem Campus leben. Sie hatte eine neue Wohnung und war auf der Suche nach einer Mitbewohnerin. Also zog ich ein." „Es ist eine ziemlich sch?ne Wohnung", sagte Jessie sanft. „Konnten Sie sich das als Studentin leisten?" „Ich habe nur ein Viertel der Miete bezahlt, also eigentlich nur das Zimmer. Alles andere hat sie bezahlt." „Sie konnte sich das leisten?" „Ich denke schon", sagte Lizzie nicht gerade ?berzeugend. Jessie beschloss, sich zur?ckzuhalten, bevor sie nochmal darauf eingehen w?rde. „Ihr ward also ein paar Monate lang Mitbewohnerinnen?", fragte sie. „Mhm. Eigentlich seit letztem Herbst." „Und was haben Sie gestern Abend gemacht, bevor Sie nach Hause kamen?" „Ich habe mit Kommilitonen gelernt. Ich kam gegen neun Uhr f?nfundvierzig nach Hause. Mick steht oft fr?h auf, also versuchte ich, leise zu sein, f?r den Fall dass sie schon schlief.“ „Aber…" sagte Jessie, weil sie sp?rte, dass Lizzie mehr sagen wollte. „Aber ich sah, dass ihr Licht an war. Also sp?hte ich hinein und…" Jessie entschied sich, die Details eines Tatorts, den sie selbst gesehen hatte, nicht weiter zu vertiefen. Sie wollte nicht, dass Lizzies Emotionen sie ?berw?ltigen und sie daran hindern, andere wichtige Details zu nennen. „Ich habe Sie das gestern Abend gefragt, aber Sie waren ein wenig abwesend. Hatte Mick einen Freund?" „Nein. Sie war Single." „Vielleicht ein Ex?“, fragte Jessie. „Vielleicht eine Beziehung, die b?se endete?" „Sie war w?hrend der gesamten Zeit, in der ich mit ihr zusammenwohnte, mit niemandem zusammen. Sie wollte sich weiterhin auf die Arbeit konzentrieren. Sie versuchte, sich ein finanzielles Polster aufzubauen." „Mit Kellnern bei Jerry’s?", fragte Jessie ungl?ubig. Lizzie schaute sie unsicher an und blickte dann weg. „Kann ich bitte noch etwas Wasser haben?“, fragte sie. „Nat?rlich", sagte Jessie, f?llte den Becher wieder auf und gab ihn ihr. Nachdem das M?dchen noch mehrere gro?e Schlucke genommen hatte, versuchte Jessie es noch einmal. „Lizzie, wissen Sie noch, was ich ?ber Ehrlichkeit gesagt habe? Dass es Mick nicht helfen w?rde, Dinge zu verheimlichen?" Êîíåö îçíàêîìèòåëüíîãî ôðàãìåíòà. Òåêñò ïðåäîñòàâëåí ÎÎÎ «ËèòÐåñ». Ïðî÷èòàéòå ýòó êíèãó öåëèêîì, êóïèâ ïîëíóþ ëåãàëüíóþ âåðñèþ (https://www.litres.ru/pages/biblio_book/?art=62715187&lfrom=688855901) íà ËèòÐåñ. Áåçîïàñíî îïëàòèòü êíèãó ìîæíî áàíêîâñêîé êàðòîé Visa, MasterCard, Maestro, ñî ñ÷åòà ìîáèëüíîãî òåëåôîíà, ñ ïëàòåæíîãî òåðìèíàëà, â ñàëîíå ÌÒÑ èëè Ñâÿçíîé, ÷åðåç PayPal, WebMoney, ßíäåêñ.Äåíüãè, QIWI Êîøåëåê, áîíóñíûìè êàðòàìè èëè äðóãèì óäîáíûì Âàì ñïîñîáîì.
Íàø ëèòåðàòóðíûé æóðíàë Ëó÷øåå ìåñòî äëÿ ðàçìåùåíèÿ ñâîèõ ïðîèçâåäåíèé ìîëîäûìè àâòîðàìè, ïîýòàìè; äëÿ ðåàëèçàöèè ñâîèõ òâîð÷åñêèõ èäåé è äëÿ òîãî, ÷òîáû âàøè ïðîèçâåäåíèÿ ñòàëè ïîïóëÿðíûìè è ÷èòàåìûìè. Åñëè âû, íåèçâåñòíûé ñîâðåìåííûé ïîýò èëè çàèíòåðåñîâàííûé ÷èòàòåëü - Âàñ æä¸ò íàø ëèòåðàòóðíûé æóðíàë.