Недавно я проснулся утром тихим, А в голове – настойчивая мысль: Отныне должен я писать стихи. И так наполнить смыслом свою жизнь! Я первым делом к зеркалу пошёл, Чтоб убедиться в верности решенья. Взгляд затуманен. В профиль – прям орел! Типичный вид поэта, без сомненья. Так тщательно точил карандаши, Задумчиво сидел в красивой позе. Когда душа

Die perfekte Frau

Die perfekte Frau Blake Pierce Ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt #1 Die Kriminalpsychologin in Ausbildung (und frisch verheiratete) Jessie Hunt, 29, entdeckt, dass in ihrer neuen Vorstadt dunkle Geheimnisse lauern; als ein toter K?rper auftaucht, ger?t sie ins Fadenkreuz ihrer neu gefundenen Freunde, der Geheimnisse ihres Mannes, der Arbeitsbelastung ihres Serienm?rders – und der Geheimnisse ihrer eigenen dunklen Vergangenheit. In DIE PERFEKTE FRAU (ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt – Band Eins) ist sich die Kriminalpsychologin Jessie Hunt sicher, dass sie endlich die Dunkelheit ihrer Kindheit hinter sich gelassen hat. Sie und ihr Mann, Kyle, sind gerade von einer engen Wohnung in der Innenstadt von Los Angeles in eine Westport Beach Villa gezogen. Kyles Bef?rderung l?sst sie im Geld schwimmen. Und Jessie steht kurz davor, ihren Master in forensischer Psychologie zu machen, der letzte Schritt ihres Traums, Kriminalpsychologin zu werden. Aber kurz nach ihrer Ankunft beginnt Jessie, eine Reihe seltsamer Entwicklungen zu bemerken. Die Nachbarn – und ihre Au Pairs – scheinen alle Geheimnisse zu verbergen. Der mysteri?se Yachtclub, dem Kyle unbedingt beitreten will, ist voll von betr?gerischen Eheleuten und eigenen, beunruhigenden Regeln. Und der ber?chtigte Serienm?rder, der in der psychiatrischen Klinik festgehalten wird, in der Jessie ihren Abschluss macht, scheint mehr ?ber ihr Leben zu wissen, als normal ist – oder zumindest unbedenklich. Als sich ihre Welt zu entfalten beginnt, f?ngt Jessie an, alles um sie herum in Frage zu stellen – auch ihren eigenen Verstand. Hat sie wirklich eine Besorgnis erregende Verschw?rung entdeckt, die in einer sonnigen, wohlhabenden s?dkalifornischen Strandstadt begraben liegt? Kennt der Massenm?rder, mit dem sie sich befasst, wirklich irgendwie den Ursprung ihrer privaten Alptr?ume? Oder ist ihre qu?lende Vergangenheit schlie?lich zur?ckgekommen, um sie einzufordern?Ein schnelllebiger und spannender Psychothriller mit unvergesslichen Charakteren und mitrei?ender Spannung. DIE PERFEKTE FRAU ist das Buch #1 einer fesselnden neuen Serie, die Sie bis sp?t in die Nacht bl?ttern l?sst. die perfekte frau (ein spannender Psychothriller mit Jessie Hunt – Band 1) Blake Pierce Blake Pierce Blake Pierce ist Autor der Bestseller RILEY PAGE Krimireihe, die dreizehn B?cher (und mehr) umfasst. Blake Pierce ist auch der Autor der MACKENZIE WHITE Krimireihe, die neun B?cher (und mehr) umfasst; der AVERY BLACK Krimireihe, die sechs B?cher umfasst; der KERI LOCKE Krimireihe, die f?nf B?cher umfasst; der MAKING OF RILEY PAIGE Krimireihe, die zwei B?cher umfasst (und mehr); der KATE Krimireihe, die zwei B?cher (und mehr) umfasst; der CHLOE FINE-Psychothriller-Reihe, die zwei B?cher (und mehr) umfasst; und der JESSE HUNT Psychothriller-Reihe, die zwei B?cher (und mehr) umfasst. Blake ist ein begeisterter Leser und lebenslanger Fan der Krimi- und Thriller-Genres. Blake h?rt gerne von Ihnen, also besuchen Sie seine Webseite www.blakepierceauthor.com, um mehr zu erfahren und informiert zu bleiben. Copyright © 2018 by Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Vorbehaltlich der Bestimmungen des U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieser Publikation ohne vorherige Genehmigung des Autors in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder ?bertragen oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem gespeichert werden. Dieses eBook ist nur f?r Ihren pers?nlichen Gebrauch lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen m?chten, kaufen Sie bitte f?r jeden Empf?nger ein zus?tzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen und Sie es nicht gekauft haben, oder es nicht nur f?r Ihren Gebrauch gekauft wurde, dann senden Sie es bitte zur?ck und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dies ist eine erfundene Geschichte. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorf?lle entspringen entweder der Phantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede ?hnlichkeit mit tats?chlichen Personen, ob lebendig oder tot, ist v?llig zuf?llig. Jacket image Copyright nikita tv, verwendet unter der Lizenz von Shutterstock.com. B?CHER VON BLAKE PIERCE EINE SPANNENDE PSYCHOTHRILLER-REIHE MIT JESSIE HUNT DIE PERFEKTE FRAU (BAND #1) DER PERFEKTE BLOCK (BAND #2) DAS PERFEKTE HAUS (BAND #3) EINE SPANNENDE PSYCHOTHRILLER-REIHE MIT CHLOE FINE NEBENAN (BAND #1) DIE L?GE EINES NACHBARN (BAND #2) KRIMIREIHE MIT KATE WISE WENN SIE W?SSTE (BAND #1) WENN SIE S?HE (BAND #2) SERIE VON THE MAKING OF RILEY PAIGE BEOBACHTET (BAND #1) WARTET (BAND #2) KRIMIREIHE MIT RILEY PAIGE VERSCHWUNDEN (BAND #1) GEFESSELT (BAND #2) ERSEHNT (BAND #3) GEK?DERT (BAND #4) GEJAGT (BAND #5) VERZEHRT (BAND #6) VERLASSEN (BAND #7) ERKALTET (BAND #8) VERFOLGT (BAND #9) VERLOREN (BAND #10) BEGRABEN (BAND #11) ?BERFAHREN (BAND #12) GEFANGEN (BAND #13) RUHEND (BAND #14) KRIMIREIHE MIT MACKENZIE WHITE BEVOR ER T?TET (BAND #1) BEVOR ER SIEHT (BAND #2) BEVOR ER BEGEHRT (BAND #3) BEVOR ER NIMMT (BAND #4) BEVOR ER BRAUCHT (BAND #5) BEVOR ER F?HLT (BAND #6) BEVOR ER S?NDIGT (BAND #7) BEVOR ER JAGT (BAND #8) VORHER PL?NDERT ER (BAND #9) KRIMIREIHE MIT AVERY BLACK DAS MOTIV (BAND #1) LAUF (BAND #2) VERBORGEN (BAND #3) GR?NDE DER ANGST (BAND #4) RETTE MICH (BAND #5) ANGST (BAND #6) KRIMIREIHE MIT KERI LOCKE EINE SPUR VON TOD (BAND #1) EINE SPUR VON MORD (BAND #2) EINE SPUR VON SCHW?CHE (BAND #3) EINE SPUR VON VERBRECHEN (BAND #4) EINE SPUR VON HOFFNUNG (BAND #5) INHALT KAPITEL EINS (#uacb6a213-cd70-5441-bf59-de22042c2d66) KAPITEL ZWEI (#ua4b52616-9672-5feb-b306-05a7dcf99106) KAPITEL DREI (#u6e112028-9ef9-5093-b6b6-ee6b2f3d3784) KAPITEL VIER (#u44524edd-e431-5347-a78b-2bf4d0467f66) KAPITEL F?NF (#u6397d361-266e-5970-993a-7747e1474d20) KAPITEL SECHS (#u18c79918-bf02-5e80-9337-03a4f4609646) KAPITEL SIEBEN (#u8e8c49be-72e1-5bc0-b988-ddd3d11f301d) KAPITEL ACHT (#u6da34574-effe-51ba-841f-49f19e0e7756) KAPITEL NEUN (#litres_trial_promo) KAPITEL ZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL ELF (#litres_trial_promo) KAPITEL ZW?LF (#litres_trial_promo) KAPITEL DREIZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL VIERZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL F?NFZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL SECHZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL SIEBZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL ACHTZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL NEUNZEHN (#litres_trial_promo) KAPITEL ZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL EINUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL DREIUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL VIERUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL F?NFUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL SECHSUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL ACHTUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL NEUNUNDZWANZIG (#litres_trial_promo) KAPITEL DREI?IG (#litres_trial_promo) KAPITEL EINUNDDREI?IG (#litres_trial_promo) KAPITEL ZWEIUNDDREI?IG (#litres_trial_promo) KAPITEL DREIUNDDREI?IG (#litres_trial_promo) KAPITEL EINS Jessie Hunt stellte ersch?pft und verschwitzt den letzten Umzugskarton auf den Teppich des Esszimmers. Sie konnte bereits sp?ren, wie ihre Muskeln sich zu verkrampfen begannen und wusste, dass sie morgen starke Schmerzen haben w?rde. Aber als sie zu Kyle hin?berblickte, konnte sie nicht anders, als zu l?cheln. Sie waren offiziell eingezogen. Das breite Grinsen in seinem Gesicht sagte ihr, dass er dasselbe dachte. Sein Hemd war durchn?sst, aber es war ihr egal, als er auf sie zuging und sie in einer B?renumarmung umfing. „Wir wohnen jetzt hier", fl?sterte er ihr ins Ohr, bevor er ihren Hals sanft k?sste. „Ich denke, wir haben uns zur Feier des Tages einen Drink verdient, was meinst du?" „Auf jeden Fall", stimmte sie zu. „Champagner? Bier?" „Vielleicht ein Bier", schlug Jessie vor, „und ein Gatorade. Ich habe das Gef?hl, dass mein K?rper jeden Moment zusammenbricht." „Ich bin gleich wieder da", sagte Kyle und verschwand in der K?che. Jessie ging vom Esszimmer ins Wohnzimmer, lie? sich auf die Couch fallen und sp?rte, wie ihr von Schwei? durchn?sstes Shirt gegen das Laken dr?ckte, das die M?bel bedeckte. Es war Ende August und selbst in der K?stenregion Orange County von Westport Beach war das Wetter hei? und stickig. Die Temperatur lag leicht ?ber 30 Grad. Nat?rlich war das nichts im Vergleich dazu, wie es in der Innenstadt von Los Angeles war, wo sie bis heute Morgen noch gewohnt hatten. Umgeben von Asphalt und Beton und gl?nzenden Wolkenkratzern verlie? Jessie in der Sp?tsommerhitze oft ihre Eigentumswohnung, und setzte sich Temperaturen von ?ber 37 Grad aus. Im Vergleich dazu f?hlte es sich hier wie eine Auszeit an. Sie erinnerte sich daran, dass dies genau die Art von Grund war, der es rechtfertigen w?rde, sich von dem vertrauten Leben zu entfernen, das sie in der Stadt geliebt hatte. Sie w?rde die Aufregung der belebten Stra?en von LA gegen eine k?hle Meeresbrise eintauschen. Anstelle von angesagten, neuen Restaurants w?rden sie in Caf?s am Strand gehen. Anstatt mit der U-Bahn oder einem Uber zu einer Galerieer?ffnung zu fahren, w?rden sie ein Yachtrennen im Hafen besuchen. Und dann war da noch all das zus?tzliche Geld. Es w?rde einige Zeit dauern, sich daran zu gew?hnen. Aber sie hatte ihrem Mann versprochen, dass sie dankbar f?r ihr neues Leben sein w?rde, und sie wollte ihr Wort halten. Kyle kam mit Bier und Gatorades ins Zimmer. Er hatte sein nasses Hemd ausgezogen. Jessie tat so, als ob sie die beeindruckenden Bauchmuskeln und die Brust ihres Mannes nicht wahrnehmen w?rde. Wie er es schaffte, diesen K?rperbau aufrechtzuerhalten, w?hrend er unz?hlige Stunden in der Firma arbeitete, war f?r sie unerkl?rlich. Aber sie beschwerte sich nicht. Er ging zu ihr, gab ihr die Getr?nke und setzte sich neben sie. „Wusstest du, dass es in der Speisekammer einen Weink?hlschrank gibt?", fragte er. „Ja", sagte sie und lachte ungl?ubig. „Hast du das nicht bemerkt, als wir uns das Haus die letzten zwei Male angesehen haben?" „Ich habe einfach angenommen, dass es ein weiterer Schrank ist und hatte ihn bis eben nicht ge?ffnet. Ziemlich cool, was?" „Ja, ziemlich cool, sch?ner Mann", stimmte sie zu und staunte, wie seine kurzen blonden Locken perfekt gestylt blieben, egal wie zerzaust der Rest von ihm war. „Du bist die Sch?ne", sagte er, strich Jessies schulterlange hellbraune Haare aus ihren gr?nen Augen und starrte sie mit seinen eigenen, durchdringenden blauen Augen an. „Es ist gut, dass ich dich aus LA rausgeholt habe. Ich war es leid, dass all diese Fedora-tragenden Hipster dich angemacht haben." „Die Fedoras waren nicht so toll, muss ich sagen. Ich konnte kaum eines ihrer Gesichter sehen, um entscheiden zu k?nnen, ob sie mein Typ sind." „Das liegt daran, dass du eine Amazon-Frau bist", sagte er und gab vor, nicht eifers?chtig zu sein und neckte sie. „Jeder Typ unter 1,80 m muss seinen Hals verrenken, um zu einem gro?en Glas Wasser wie dir aufzuschauen." „Aber du nicht", murmelte Jessie leise und verga? pl?tzlich ihre Schmerzen, als sie ihn n?her zu sich zog. „Ich schaue immer zu dir auf, du hei?es Ding." Ihre Lippen streiften gerade gegen seine, als es an der T?r klingelte. „Das ist jetzt nicht wahr", st?hnte sie. „Warum machst du nicht auf?“, schlug Kyle vor. „Ich suche mir schnell ein frisches Hemd zum Anziehen." Jessie ging mit dem Bier in der Hand zur Haust?r. Es war ihr kleiner Protest daf?r, dass sie mitten in ihrer Verf?hrung unterbrochen worden war. Als sie die T?r ?ffnete, wurde sie von einer lebhaften Rothaarigen begr??t, die etwa in ihrem Alter zu sein schien. Sie war s??, mit einer kleinen Knopfnase, strahlend wei?en Z?hnen und einem Sommerkleid, das gerade eng genug war, um zu beweisen, dass sie nie eine Pilates-Stunde verpasste. In ihren H?nden befand sich ein Tablett mit selbstgemachten Brownies. Jessie konnte nicht anders, als den massiven Ehering an ihrem Finger zu bemerken. Er schimmerte in der sp?ten Nachmittagssonne. Fast ohne nachzudenken, ertappte sich Jessie dabei, die Frau zu scannen: Anfang drei?ig; jung verheiratet; zwei, vielleicht drei Kinder; Hausfrau mit viel Unterst?tzung; neugierig, aber nicht auf b?sartige Weise. „Hi", sagte die Frau mit leiser Stimme. „Ich bin Kimberly Miner von gegen?ber. Ich wollte euch nur in der Nachbarschaft willkommen hei?en. Ich hoffe, ich st?re euch nicht." „Hi, Kimberly", antwortete Jessie mit ihrer freundlichsten, neue-Nachbarn-Stimme. „Ich bin Jessie Hunt. Wir haben gerade erst vor ein paar Minuten unseren letzten Umzugskarton reingebracht, das ist also ein perfektes Timing. Und das ist so s?? von dir, wirklich! Brownies?" „Ja", sagte Kimberly und ?bergab das Tablett. Jessie sah, wie sie so tat, als ob sie das Bier in ihrer Hand nicht sehen w?rde. „Sie sind irgendwie meine Spezialit?t." „Nun, komm rein und trink was mit uns", bot Jessie an, obwohl es das Letzte war, was sie im Moment wollte. „Es tut mir leid, dass das Haus so ein Durcheinander ist, genau wie Kyle und ich. Wir haben den ganzen Tag geschwitzt. Er ist gerade auf der Suche nach einem frischen Hemd. Kann ich dir etwas zu trinken anbieten? Wasser? Gatorade. Ein Bier?" „Nein, danke. Ich will mich nicht aufdr?ngen. Du wei?t wahrscheinlich noch nicht einmal, in welcher Kiste deine Gl?ser sind. Ich erinnere mich an unseren Einzug. Wir haben Monate gebraucht. Wo kommt ihr her?" „Oh, wir haben in DTLA gelebt", sagte Jessie, sah den verwirrten Blick in Kimberlys Gesicht und f?gte hinzu: „Downtown Los Angeles. Wir hatten eine Eigentumswohnung im South Park." „Oh wow, Stadtmenschen", sagte Kimberly und kicherte ein wenig ?ber ihren eigenen Witz. „Was hat euch nach Orange County und in unsere kleine Gemeinde gebracht?" „Kyle arbeitet f?r eine Verm?gensverwaltungsfirma", erkl?rte Jessie. „Sie haben hier unten Anfang des Jahres eine Zweigstelle er?ffnet, die vor kurzem erweitert wurde. Es ist eine gro?e Sache f?r sie, denn PFG ist ein ziemlich konservatives Unternehmen. Wie auch immer, sie haben ihn gefragt, ob er helfen w?rde, sie zu leiten. Wir dachten, es w?re ein guter Zeitpunkt, eine Ver?nderung vorzunehmen, da wir dar?ber nachdenken, eine Familie zu gr?nden." „Oh, bei der Gr??e dieses Hauses habe ich angenommen, dass ihr bereits Kinder habt", sagte Kimberly. „Nein – wir sind nur optimistisch", antwortete Jessie und versuchte, die pl?tzliche Verlegenheit zu verbergen, die sie ?berraschenderweise f?hlte. „Hast du Kinder?" „Zwei. Unsere Tochter ist vier und unser Sohn zwei. Ich gehe in ein paar Minuten in die Kindertagesst?tte, um sie abzuholen." Kyle kam und legte einen Arm um Jessie's Taille, w?hrend er den anderen ausstreckte, um Kimberly’s Hand zu sch?tteln. „Hallo", sagte er herzlich. „Hallo, willkommen", antwortete sie. „Meine G?te, bei euch beiden werden eure zuk?nftigen Kinder Riesen sein. Ich f?hle mich wie ein Zwerg neben euch." Es herrschte eine kurze unangenehme Stille, als sich sowohl Jessie als auch Kyle fragten, wie sie reagieren sollten. „Danke?", sagte er schlie?lich. „Es tut mir leid. Das war unh?flich von mir. Ich bin Kimberly, eure Nachbarin aus diesem Haus", sagte sie und zeigte ?ber die Stra?e. „Sch?n, dich kennenzulernen, Kimberly. Ich bin Kyle Voss, Jessies Mann." „Voss? Ich dachte, es w?re Hunt." „Er hei?t Voss", erkl?rte Jessie. „Ich hei?e Hunt, zumindest f?r den Moment. Ich habe gez?gert, den Papierkram zu erledigen, um ihn zu ?ndern." „Ich verstehe", sagte Kimberly. „Wie lange seid ihr schon verheiratet?" „Fast zwei Jahre", sagte Jessie sch?chtern. „Ich habe echte Probleme mit dem Aufschieben. Das k?nnte erkl?ren, warum ich noch in der Uni bin." „Oh", sagte Kimberly, deutlich erleichtert, sich von dem heiklen Nachnamensthema zu l?sen. „Was studierst du?" „Forensische Psychologie." „Wow, das klingt aufregend. Wie lange dauert es noch, bis du offiziell Psychologin bist?" „Nun, ich bin etwas im Verzug", sagte Jessie und erz?hlte die obligatorische Geschichte von allen Cocktailpartys, die sie in den letzten zwei Jahren besucht hatten. „Ich habe in der Kinderpsychologie angefangen, als wir noch im Bachelor an der USC waren – dort haben wir uns kennengelernt. Ich habe sogar ein Praktikum f?r meinen Master gemacht, als mir klar wurde, dass ich damit nicht umgehen kann. Der Umgang mit den emotionalen Problemen der Kinder war mir zu viel. Also habe ich gewechselt." Sie vernachl?ssigte es demonstrativ, einige der anderen Details preiszugeben, warum sie das Praktikum abgebrochen hatte. Kaum jemand kannte die Gr?nde und sie wollte sie sicherlich nicht mit einer Nachbarin teilen, die sie gerade erst kennengelernt hatte. „Also f?llt dir der Umgang mit der Psychologie von Kriminellen leichter als mit der von Kindern?“, fragte Kimberly verbl?fft. „Seltsam, was?" gab Jessie zu. „Du w?rst erstaunt", wandte Kyle ein. „Sie hat dieses Talent, in die K?pfe von B?sewichten vorzudringen. Sie wird irgendwann eine gro?artige Kriminalpsychologin sein. Jeder potentielle Hannibal-Lektor da drau?en sollte besser aufpassen." „Wirklich", sagte Kimberly und klang ziemlich beeindruckt. „Hattest du es schonmal mit Serienm?rdern und so zu tun?" „Noch nicht", gab Jessie zu. „Die meiste Zeit meiner Ausbildung war akademisch. Und mit dem Umzug musste ich die Uni wechseln. Also werde ich ab diesem Semester mein Praktikum bei der UC-Irvine machen. Das ist mein letztes, im Dezember werde ich meinen Abschluss machen." „Praktikum?“ fragte Kimberly. „Es ist ein bisschen wie ein Praktikum, nur ist man weniger involviert. Ich werde in ein Gef?ngnis oder eine psychiatrische Klinik eingeteilt, wo ich H?ftlinge und Patienten beobachten und mit ihnen interagieren werde. Darauf habe ich gewartet." „Die Chance, den ?belt?tern in die Augen zu schauen und in ihre Seelen zu blicken", f?gte Kyle hinzu. „Das ist vielleicht ein wenig ?bertrieben", sagte Jessie und schlug ihn spielerisch auf die Schulter. „Aber letztendlich, ja." „Das klingt sehr aufregend", sagte Kimberly und klang wirklich fasziniert. „Ich bin sicher, du wirst einige tolle Geschichten zu erz?hlen haben. Wo wir gerade davon sprechen, du sagtest, ihr zwei habt euch an der Uni kennengelernt?" „Im Studentenwohnheim f?r Erstsemester", sagte Kyle. „Oh," sagte Kimberly. „Beim W?schewaschen verliebt, so was in der Art?" Kyle blickte zu Jessie hin?ber, und bevor er ?berhaupt ein Wort sagte, wusste sie, dass er auf ihre Geschichte der Cocktail-Party eingehen w?rde. „Die Kurzversion", begann er. „Wir waren Freunde, begannen aber in der Mitte des ersten Semesters zu daten, nachdem sie von einem Idioten versetzt wurde. Er wurde von der Schule geworfen, nicht weil er sie versetzt hat, nehme ich an. Trotzdem ist sie meiner Meinung nach einem Idioten entkommen. Wir haben uns im ersten Semester getrennt, sind aber im dritten Semester wieder zusammengekommen. Dann waren wir ein Jahr zusammen, bevor wir zusammengezogen sind. Nach einem weiteren Jahr haben wir uns dann verlobt. Dann haben wir den Bund der Ehe zehn Monate sp?ter geschlossen. Im Oktober sind wir zwei Jahre verheiratet." „Ihr seid also College-Liebhaber. Das ist so romantisch." „Ja, so sieht es aus", sagte Kyle. „Aber es hat eine Weile gedauert, sie f?r mich zu gewinnen. Und die ganze Zeit habe ich die Konkurrenz mit einem Stock abgewehrt. Wie du dir vorstellen kannst, war so ziemlich jeder Typ, der sie sah, sofort von Frau Jessica Hunt begeistert. Und das alleine durch ihr ?u?eres. Wenn sie sie einmal kennengelernt hatten, waren sie noch vernarrter." „Kyle", sagte Jessie und ihr Gesicht wurde rot. „Du blamierst mich. Spar dir etwas davon f?r Oktober auf." „Wisst ihr was", sagte Kimberly l?chelnd, „Mir f?llt gerade ein, dass ich meine Kinder holen muss. Und pl?tzlich habe ich das Gef?hl, dass ich den Plan eines gl?cklichen Paares, sein neues Haus einzuweihen, st?re. Also gehe ich jetzt. Aber ich verspreche euch, euch in der Nachbarschaft vorzustellen. Wir haben eine wirklich freundliche Nachbarschaft. Jeder kennt sich. Wir haben w?chentliche Grillfeste. Die Kinder bleiben st?ndig ?ber Nacht. Jeder geh?rt dem ?rtlichen Yachtclub an, auch wenn er kein Boot hat. Sobald ihr euch eingelebt habt, werdet ihr feststellen, dass dies ein gro?artiger Ort zum Leben ist." „Danke, Kimberly", sagte Kyle und brachte sie zur T?r. „Wir freuen uns darauf, alle kennenzulernen. Und vielen Dank f?r die Brownies." Nachdem sie gegangen war, schloss er die T?r. „Sie schien nett zu sein", sagte er. „Hoffentlich sind alle so." „Ja, ich mochte sie", stimmte Jessie zu. „Sie war ein wenig neugierig, aber ich sch?tze, so sind die Leute hier unten. Ich sollte mich wohl daran gew?hnen, keine Privatsph?re mehr zu haben." „Es wird eine Umgew?hnung sein", stimmte Kyle zu. „Aber ich denke, dass wir es langfristig vorziehen werden, die Namen unserer Nachbarn zu kennen und unsere T?ren offen zu lassen." „Mir ist aufgefallen, dass du sie gerade abgeschlossen hast", betonte Jessie. „Das liegt daran, dass ich dar?ber nachgedacht habe, was Kimberly ?ber die Einweihung des neuen Hauses gesagt hat", sagte er, als er sich ihr n?herte und sein zweites Hemd innerhalb von zehn Minuten auszog. „Und ich mag keine Unterbrechungen, wenn ich einweihe.“ * Jessie lag sp?ter in dieser Nacht im Bett und blickte zur Decke, ein L?cheln in ihrem Gesicht. „In diesem Tempo werden wir diese zus?tzlichen Schlafzimmer im Handumdrehen voll haben", sagte Kyle und las scheinbar ihre Gedanken. „Ich bezweifle, dass wir dieses Tempo beibehalten k?nnen, sobald du im B?ro anf?ngst und mein neues Semester beginnt." „Ich finde es ist einen Versuch wert", sagte er und seufzte tief. Sie konnte sp?ren, wie sich sein ganzer K?rper neben ihr entspannte. „Bist du ?berhaupt nicht nerv?s?", fragte sie. „Weshalb denn?" „Alles – das h?here Gehalt, neue Stadt, neues Haus, neuer Lebensstil, neue Leute, alles neu." „Es ist nicht alles neu", erinnerte er sie. „Du kennst Teddy und Melanie bereits." „Ich habe Teddy dreimal und Melanie einmal gesehen. Ich kenne ihn kaum. Und ich kann mich nur vage an sie erinnern. Nur weil dein bester Freund aus Schulzeiten ein paar Blocks weiter wohnt, hei?t das nicht, dass ich mich pl?tzlich mit unserem neuen Leben wohl f?hle." Sie wusste, dass sie einen Streit provozieren w?rde, aber sie konnte sich nicht zur?ckhalten. Kyle schluckte den K?der nicht. Stattdessen drehte er sich auf die Seite und streichelte mit einem Finger leicht an ihrer rechten Schulter entlang, neben der langen, mondartigen rosa Narbe, die zw?lf Zentimeter von ihrem Oberarm bis zur Basis ihres Halses verlief. „Ich wei?, dass du besorgt bist", sagte er z?rtlich. „Und du hast allen Grund dazu. Alles ist neu. Und ich wei?, dass das be?ngstigend sein kann. Ich kann dir nicht sagen, wie sehr ich das Opfer sch?tze, das du erbringst." „Ich wei?, dass am Ende alles gut wird", sagte sie und sprach sanfter. „Aber es ist einfach eine Menge – alles auf einmal." „Deshalb wird es helfen, Teddy und Mel morgen zu treffen. Wir werden diese Verbindung wiederherstellen, und dann werden wir Leute in der Nachbarschaft haben, an die wir uns halten k?nnen, wenn wir Hilfe brauchen. Selbst wenn man nur zwei Leute kennt, wird die Umstellung einfacher." Er g?hnte heftig und Jessie konnte erkennen, dass er kurz davor war, einzuschlafen. Dieses gro?e G?hnen bedeutete normalerweise, dass er in sechzig Sekunden oder weniger tief und fest schlafen w?rde. „Ich wei?, dass du Recht hast", sagte sie und war entschlossen, die Nacht im Guten zu beenden. „Ich bin sicher, es wird gro?artig." „Das wird es", stimmte Kyle tr?ge zu. „Ich liebe dich." „Ich liebe dich auch", sagte Jessie und war sich nicht sicher, ob er sie noch geh?rt hatte, bevor er eingeschlafen war. Sie h?rte seine tiefen Atemz?ge und versuchte, sie als Hilfe zum Einschlafen zu nehmen. Die Stille war beunruhigend. Sie war an die wohltuenden Ger?usche der Innenstadt gew?hnt, wenn sie einschlief. Sie vermisste das Hupen der Autos unten, die Finanz-Typen, deren betrunkene Schreie zwischen den Hochh?usern widerhallten, wenn sie aus den Bars kamen, das Piepen von Lastwagen, die r?ckw?rts fuhren. Sie hatten jahrelang als ihr Einschlafger?usch gedient. Jetzt war alles, was sie h?rte, der leise Wirbel des Luftfilters in der Ecke des Schlafzimmers. Ab und zu dachte sie, sie h?rte ein entferntes Knarren. Das Haus war ?lter als drei?ig Jahre, so dass mit einer gelegentlichen Bewegung zu rechnen war. Sie versuchte, eine Reihe von tiefen, entspannenden Atemz?gen zu nehmen, sowohl um andere Ger?usche zu ?bert?nen als auch um sich selbst zu entspannen. Aber ein Gedanke hielt sie weiterhin wach. Bist du dir wirklich sicher, dass es hier toll wird? Sie verbrachte die n?chste Stunde damit, ihre Zweifel hin und her zu w?lzen und sie schuldig zu verdr?ngen, bevor sie schlie?lich ihrer M?digkeit nachgab und in einen unruhigen Schlaf fiel. KAPITEL ZWEI Trotz des endlosen Geschreis versuchte Jessie gegen ihre Kopfschmerzen anzuk?mpfen. Daughton, der s??e, aber schockierend laute dreij?hrige Sohn von Edward und Melanie Carlisle, hatte die letzten zwanzig Minuten damit verbracht, ein Spiel namens Explosion zu spielen, das gr??tenteils daraus bestand, "Boom" zu schreien! Weder Melanie ("Nenn mich Mel") noch Edward (f?r seine Freunde "Teddy") schienen von den ununterbrochenen Schreien gest?rt zu sein, so dass Jessie und Kyle auch so taten, als w?re es normal. Sie sa?en im Wohnzimmer der Carlisles und brachten sich auf den neuesten Stand, bevor sie zu einem geplanten Spaziergang zum Hafen aufbrachen, um Brunchen zu gehen. Die Carlisles wohnten nur drei Blocks von dort entfernt. Kyle und Teddy hatten die letzte halbe Stunde drau?en geplaudert, w?hrend Jessie und Mel sich in der K?che erneut bekannt machten. Jessie erinnerte sich nur vage an sie von ihrem vorherigen Treffen, aber nach nur wenigen Minuten entstand eine angenehme Stimmung zwischen ihnen. „Ich w?rde Teddy bitten zu grillen, aber ich will nicht, dass ihr in der ersten Woche hier unten gleich krank werdet", sagte Mel kichernd. „Es ist viel sicherer, wenn wir zum Essen zum Ufer gehen." „Nicht der beste Koch aller Zeiten?", fragte Jessie mit einem kleinen Grinsen. „Lass uns einfach so sagen. Wenn er jemals anbietet zu kochen, tu so, als musst du zu einem Notfall. Denn wenn du etwas isst, das er gemacht hat, wirst du wirklich einen Notfall haben." „Was ist, Schatz?" fragte Teddy, als er und Kyle hereinkamen. Er war ein bauchiger, weicher Typ mit lichtem blonden Haar und blasser Haut, der aussah, als w?rde er nach f?nf Minuten in der Sonne verbrennen. Jessie sp?rte auch, dass seine Pers?nlichkeit sehr ?hnlich war – weich und formbar. Ein tiefer Instinkt, den sie nicht beschreiben konnte, dem sie aber im Laufe der Jahre zu vertrauen gelernt hatte, sagte ihr, dass Teddy Carlisle ein schwacher Mann war. „Nichts, S??er", sagte Mel beil?ufig, w?hrend sie Jessie zuzwinkerte. „Ich gebe Jessie hier nur ein paar wichtige ?berlebensinformationen von Westport Beach." „Okay", sagte er. „Achte darauf, sie vor dem Verkehr an der Jamboree Road und dem Pacific Coast Highway zu warnen. Er kann schrecklich sein." „Das war der n?chste Punkt auf meiner Liste", sagte Mel unschuldig, als sie von dem K?chenbarhocker aufstand. Als sie ins Wohnzimmer ging, um Daughtons Spielzeug vom Boden aufzuheben, konnte Jessie nicht umhin, zu bemerken, dass unter ihrem Tennisrock und Poloshirt zierliche Muskeln zu sehen waren. Ihre Waden w?lbten sich und ihr drahtiger Bizeps beugte sich beeindruckend, als sie etwa ein Dutzend Matchbox-Autos in einer schnellen Bewegung aufhob. Alles an ihr, einschlie?lich ihrer kurzen schwarzen Haare, ihrer grenzenlosen Energie und ihrer bellende Stimme, spiegelten ein hartes, sachliches New Yorker M?dchen wider, was genau das war, was sie vor ihrem Umzug in den Westen gewesen war. Jessie mochte sie sofort, obwohl sie nicht verstehen konnte, was sie zu einem Schlumpf wie Teddy f?hrte. Der Gedanke nagte an ihr. Jessie war stolz darauf, Menschen lesen zu k?nnen. Und dieses Loch in ihrem informellen Profil von Mel war leicht beunruhigend. „Sind wir fertig?" fragte Teddy. Auch er war mit einem lockeren Hemd mit Knopfleiste und einer wei?en Hose schick gekleidet. „Hol einfach deinen Sohn und wir sind bereit", sagte Mel spitz. Teddy war anscheinend an ihren Ton gew?hnt und machte sich wortlos daran, die „Explosions"-Maschine zu holen. Ein paar Sekunden sp?ter h?rten sie Kreischen, als er zur?ckkam und Daughton kopf?ber festhielt, der m?chtig k?mpfte. „Daddy, h?r auf!" schrie der Junge. „Lass ihn runter, Edward", zischte Mel. „Er hat mich nachgeahmt", sagte Teddy, als er seinen Sohn auf den Boden stellte. „Ich musste ihn nur daran erinnern, dass so etwas nicht in Ordnung ist." „Aber was ist, wenn er sich befreit und sich den Kopf anschl?gt?" fragte Mel. „Dann w?rde er eine wertvolle Lektion lernen", antwortete Teddy beil?ufig, anscheinend in keiner Weise beunruhigt von dem Gedanken. Kyle kicherte anerkennend und h?rte erst auf, als Jessie mit den Augen Dolche auf ihn schoss. Er versuchte, das Lachen in Husten zu verwandeln, aber es war zu sp?t und er zuckte entschuldigend mit den Achseln. Als sie ?ber den gut gepflegten Weg zum Hafen aufbrachen, der parallel zur Hauptstra?e verlief, stellte Jessie fest, wie sie und Kyle im Vergleich zu ihren Begleitern gekleidet waren. Selbst Daughton, der die blasse Haut seines Vaters, aber die dunklen Haare seiner Mutter hatte, trug geb?gelte Shorts und ein Hemd. Kyle trug Shorts und ein T-Shirt und Jessie hatte in letzter Minute ein luftiges Sommerkleid angezogen. „Bist du sicher, dass wir richtig gekleidet sind, um in eurem Club zu brunchen?", fragte sie Mel besorgt. „Oh, mach dir dar?ber keine Sorgen. Ihr seid unsere G?ste. Die Kleiderordnung gilt nicht f?r euch. Nur Mitglieder ernten hochgezogene Augenbrauen f?r unangemessene Kleidung. Und da Daughton klein ist, bekommt er wenn ?berhaupt nur einen leichten Klaps." Mel musste den Blick in Jessies Augen gesehen haben, denn sie legte sofort ihre Hand auf ihr Handgelenk und f?gte hinzu: „Ich mache Witze." Jessie l?chelte ?ber ihre Unf?higkeit, sich zu entspannen. Gerade in diesem Augenblick lief Daughton mit einem beeindruckenden „Boom" an ihr vorbei, was sie zum Springen brachte. „Er hat eine Menge Energie", sagte sie und versuchte, bewundernd zu klingen. „Ich w?rde sie gerne in Flaschen abf?llen." „Ja", stimmte Mel zu. „Er ist ein Kunstwerk. Aber ich liebe ihn. Es ist seltsam, wie charmant Dinge sind, die andere Leute ver?rgern, wenn es um dein eigenes Kind geht. Du wirst verstehen, was ich meine, sobald du Mutter bist. Falls es das ist, was du willst nat?rlich." „Das ist es", sagte Jessie. „Wir haben bereits ?fter dar?ber gesprochen. Es gab nur ein paar... Hindernisse auf dem Weg. Aber wir hoffen, dass der Tapetenwechsel helfen wird." „Nun, ich sollte dich warnen. Das Thema wird wahrscheinlich oft unter den Frauen auftauchen, die du heute treffen wirst. Sie lieben es, ?ber Kinder und alles, was mit Kindern zu tun hat, zu sprechen. Du wirst wahrscheinlich nach deinen Pl?nen gefragt werden. Aber keine Sorge. Das ist so eine Art Standard-Gespr?ch hier." „Danke f?r die Vorwarnung", sagte Jessie, als sie das Ende des Weges erreichten. Sie blieb einen Moment stehen, um die Aussicht zu genie?en. Sie standen am Rande einer Klippe mit Blick auf Balboa Island und Promontory Bay. Dahinter lag die Balboa Halbinsel, das letzte St?ck Land vor dem Pazifik. Das tiefblaue Wasser reichte so weit sie sehen konnte und verschmolz schlie?lich mit dem helleren Himmel, der von ein paar flaumigen wei?en Wolken bespickt war. Es war atemberaubend. In Ufern?he sah sie den gesch?ftigen Yachthafen mit Booten, die in einem unsichtbaren System ein- und ausfuhren, das viel sch?ner und organisierter war als das einer Autobahn. Die Menschen, die von hier oben klein wie Ameisen aussahen, wanderten ?ber den Pier-Komplex mit seinen vielen Gesch?ften und Restaurants. Es sah so aus, als w?rde ein Bauernmarkt stattfinden. Am Ende des Weges befand sich eine riesige Felstreppe, die zum Komplex hinunterf?hrte. Trotz der Holzgel?nder auf beiden Seiten war es leicht be?ngstigend. „Der Weg geht in etwa f?nfundvierzig Meter weiter und windet sich zum Hafen hinunter", sagte Mel und sp?rte Jessies Zur?ckhaltung. „Wir k?nnen diesen Weg anstelle der Stufen nehmen, aber es dauert weitere zwanzig Minuten und die Aussicht ist nicht so sch?n." „Nein, das ist in Ordnung", versicherte Jessie ihr. „Ich habe nur in letzter Zeit meine Sportroutine sehr vernachl?ssigt und jetzt bereue ich es." „Deine Beine tun nur anfangs weh", sagte Daughton, als er vor sie sprang und die F?hrung ?bernahm. „Nichts ist besser, als von einem kleinen Kind in Aktion blamiert zu werden", sagte Jessie und versuchte zu kichern. Sie starteten die lange Treppe hinunter, zuerst Daughton, dann Mel, Jessie und Kyle, wobei Teddy das Schlusslicht bildete. Nach einer Minute war Daughton ihnen weit voraus und Mel eilte hinunter, um ihn einzuholen. Jessie konnte die Jungs hinter ihr h?ren, aber sie konnte nicht wirklich verstehen, was sie sagten. Und bei den kniffligen Stufen z?gerte sie, sich umzudrehen, um es herauszufinden. Etwa auf halbem Weg sah sie ein M?dchen im College-Alter die Treppe hinaufgehen, das nur einen Bikini und Flip-Flops trug, mit einer Strandtasche, die ?ber ihre Schulter geworfen war. Ihr Haar war noch nass vom Wasser und Schwei?perlen liefen ?ber ihre entbl??te, gebr?unte Haut. Ihre Kurven waren beeindruckend und der Bikini bedeckte sie kaum. Es sah aus, als k?nnten sie jede Sekunde an verschiedenen Stellen hervorblitzen. Jessie versuchte, nicht zu starren, als sie aneinander vorbeigingen und fragte sich, ob Kyle das Gleiche tat. „Verdammt guten Arsch hat die", h?rte sie Teddy ein paar Sekunden sp?ter sagen. Jessie versteifte sich unwillk?rlich, nicht nur wegen der Grobheit, sondern weil das M?dchen mit ziemlicher Sicherheit nah genug dran gewesen war, um es zu h?ren. Sie war versucht, sich umzudrehen und ihm einen finsteren Blick zuzuwerfen, als sie Kyles Stimme h?rte. „Ja, oder?“, f?gte er hinzu und kicherte wie ein Schuljunge. Sie blieb auf ihrer Stufe stehen. Als Kyle sie erreichte, packte sie seinen Unterarm. Teddy blieb auch mit einem ?berraschten Gesichtsausdruck stehen. „Nur zu, Teddy", sagte sie und zwang sich ein L?cheln ins Gesicht. „Ich brauche meinen Mann nur f?r eine Sekunde." Teddy warf Kyle einen wissenden Blick zu, bevor er ohne Kommentar weiterging. Als sie sicher war, dass er au?er H?rweite war, wandte sie sich an ihren Mann. „Ich wei?, dass er dein Freund aus der High School ist", fl?sterte sie. „Aber meinst du, du k?nntest dich nicht auch so benehmen, als w?rst du noch dort?" „Was?" fragte er defensiv. „Dieses M?dchen hat wahrscheinlich Teddy und seinen l?sternen Ton geh?rt. Dann gibst du ihm auch noch Recht? Gar nicht cool." „Es ist keine so gro?e Sache, Jess", bestand er darauf. „Er hat nur einen kleinen Spa? gemacht. Vielleicht hat sie sich geschmeichelt gef?hlt." „Und vielleicht hat sie Angst bekommen. So oder so, ich m?chte, dass mein Mann das Meme ‚Frau als Sexobjekt‘ nicht verst?rkt. Ist das eine annehmbare Bitte?" „Meine G?te. Wirst du jedes Mal so reagieren, wenn ein M?dchen im Bikini vorbeigeht?" „Ich wei? nicht, Kyle. Wirst du so reagieren?" „Kommt ihr Leute?" schrie Teddy. Die Carlisles hatten gut f?nfzig Stufen Vorsprung. „Wir kommen", rief Kyle zur?ck, bevor er seine Stimme senkte. „Das hei?t, wenn es dir noch recht ist." Er ging weiter, bevor sie antworten konnte, und nahm zwei Stufen auf einmal. Jessie zwang sich, einen langen, langsamen Atemzug zu machen, bevor sie ihm folgte, in der Hoffnung, dass sie ihre Frustration zusammen mit der Luft in ihrer Lunge ausatmen konnte. Wir sind noch nicht einmal vollst?ndig eingezogen und er f?ngt schon an, sich in eine Art Arschloch zu verwandeln, das ich mein ganzes Leben lang zu vermeiden versucht habe. Jessie versuchte, sich klarzumachen, dass ein lahmer Kommentar unter dem Einfluss eines Schulfreundes nicht bedeutete, dass ihr Mann pl?tzlich ein Banause geworden war. Aber sie konnte das unsch?ne Gef?hl nicht loswerden, dass dies nur der Anfang war. KAPITEL DREI F?nf Minuten sp?ter, als Jessie noch leise brodelte, gingen sie in die Lobby des Club Deseo und erhielten die dringend ben?tigte klimatisierte Erl?sung vom bereits warmen Tag. Jessie sah sich um und lie? alles auf sich wirken. Sie konnte nicht anders, als zu denken, dass der Name, der laut Teddy "Club der W?nsche" bedeutete, ein wenig grandios war, wenn man bedachte, was sie vor sich sah. Sie hatte fast den Eingang des Clubs ?bersehen – eine gro?e, nicht erkenntliche, verwitterte Eichent?r, die sich an einer schlichten Struktur am ruhigeren Rand des Hafens befand. Die Lobby selbst war unscheinbar, mit einem einfachen Hostessenstand, der zu dem Zeitpunkt von einer wundersch?nen, flei?ig aussehenden Br?netten Anfang zwanzig besetzt war. Teddy lehnte sich hin?ber und sprach leise mit ihr. Sie nickte und zeigte der Gruppe an, durch einen kleinen Flur zu gehen. Erst als eine weitere, ebenso sch?ne junge blonde Frau sie bat, ihre Handtasche in einen Korb zu legen, erkannte Jessie, dass die Halle auch als stilvoller Metalldetektor genutzt wurde. Als sie durch den Flur waren, brachte die Frau ihre Tasche zur?ck und deutete an, dass sie den anderen durch eine zweite, holzverkleidete T?r folgen sollte, die sich in die Wand daneben zu integrieren schien. Wenn sie alleine gewesen w?re, h?tte sie die T?r wahrscheinlich ?bersehen. Nachdem sie durch diese zweite T?r gegangen waren, verblasste die ganze Bescheidenheit der Lobby des Geb?udes schnell. Der h?hlenartige, kreisf?rmige Raum, auf den sie blickte, hatte zwei Ebenen. Das obere Stockwerk, wo sie sich befand, war voller Tische, die in einem gro?en Rund angeordnet waren und auf die untere Ebene blickten, zu der eine breite Treppe f?hrte. Die untere Ebene hatte eine kleine zentrale Tanzfl?che, die von mehreren Tischen umgeben war. Der gesamte Raum sah aus, als w?re er mit wiederverwertetem Holz von alten Segelschiffen gestaltet worden. Die nebeneinanderliegenden Dielen, aus denen die W?nde bestanden, waren von unterschiedlicher Qualit?t und Farbe. Das Durcheinander h?tte auch nicht funktionieren k?nnen, aber irgendwie passte es und verlieh dem Raum eine nautische Atmosph?re, die sich ehrf?rchtig und nicht rigide anf?hlte. Am anderen Ende des Raumes befand sich das beeindruckendste Merkmal. Die gesamte zum Meer hin ausgerichtete Seite des Clubs bestand aus einem massiven Glasfenster, von dem die eine H?lfte ?ber dem Wasser und die andere H?lfte darunter lag. Je nachdem, wo man sa?, konnte der Blick auf den Horizont gerichtet sein oder auf Fischschw?rme, die unter der Oberfl?che schwammen. Es war unglaublich. Sie wurden zu einem gro?en Tisch ins untere Stockwerk gef?hrt, wo eine Gruppe von etwa f?nfzehn Personen auf sie wartete. Teddy und Mel stellten sie vor, aber Jessie versuchte nicht einmal, sich die Namen zu merken. Sie erfuhr, dass es vier Paare mit insgesamt sieben Kindern waren. Stattdessen l?chelte und nickte sie h?flich, als jeder von ihnen sie mit mehr Informationen versorgte, als sie verarbeiten konnte. „Ich bin im Social Media Marketing t?tig", sagte ihr jemand namens Roger oder Richard. Er zappelte st?ndig und bohrte in der Nase, wenn er dachte, dass niemand hinsah. „Wir w?hlen gerade Wandteppiche aus", sagte die Frau neben ihm, eine Br?nette mit blonden Str?hnen im Haar, die vielleicht seine Frau war oder auch nicht, aber definitiv Augen f?r den gebr?unten Kerl gegen?ber am Tisch hatte. Es ging so weiter. Mel stellte jemanden vor. Jessie unternahm keinen ernsthaften Versuch, sich an ihren Namen zu erinnern, sondern versuchte stattdessen, etwas ?ber ihre wahre Natur herauszufinden, basierend auf ihrem Aussehen, ihrer K?rpersprache und ihrem Sprachstil. Es war eine Art Spiel, eines, das sie oft in unangenehmen Situationen einsetzte. Nach der Vorstellung kamen zwei weitere h?bsche junge M?dchen herein und sammelten alle Kinder ein, einschlie?lich Daughton,um sie zur Piratenbucht zu bringen, von der eine der Frauen sagte, sie sei der Name des Spielbereichs f?r die Kinder. Jessie vermutete, dass sie ziemlich toll sein musste, weil jedes Kind ohne einen Hauch von Trennungsangst ging. Als sie weg waren, ging das Essen genau so weiter, wie Mel sie gewarnt hatte. Zwei Frauen, die entweder Zwillinge waren oder sich so ?hnlich sahen, dass sie es h?tten sein k?nnen, erz?hlten eine Geschichte ?ber ein religi?ses Sommerlager, die sich vor allem um die schreckliche Gesangsstimme der Leads?ngerin drehte. „Sie klang, als w?rde sie gleich ein Kind zur Welt bringen", sagte eine von ihnen, w?hrend die andere unterst?tzend kicherte. Jessie passte nicht wirklich auf und verlor den Anschluss. Ein Typ mit langem lockigen Haar und einer Bolo-Krawatte, von der er viel zu sehr angetan war, erz?hlte die Einzelheiten eines Hockeyspiels, an dem er im letzten Fr?hjahr teilgenommen hatte. Aber nichts davon war es wert, sich daran zu erinnern. Die gesamte f?nfmin?tige Geschichte bestand daraus, wer wann Tore geschossen hatte. Jessie wartete auf eine Wendung, zum Beispiel wann ein Tintenfisch auf das Eis geworfen wurde oder ein Fan an die Wand gesprungen war. Aber es gab keine Wendung. „Wie auch immer, es war ein fantastisches Spiel", schloss er schlie?lich und sie wusste, dass es ihr Stichwort war, um dankbar zu l?cheln. „Beste. Geschichte. Ever", sagte Mel trocken und schenkte Jessie ihren bisher einzigen gl?cklichen Moment und somit etwas frischen Wind. Ein Gro?teil des Gespr?chs wurde mit der Diskussion ?ber verschiedene bevorstehende Club-Events verbracht, darunter die Halloween Party, die Bringing the Boats in Party (was auch immer das war) und der Ferienball. „Was ist die Bringing in..." begann sie zu fragen, bevor sie von der Frau zwei Sitze weiter unterbrochen wurde, als ein Kellner versehentlich ein Glas Wasser umkippte und ein paar Tropfen auf sie versch?ttete. „Idiot", murmelte sie viel zu laut, nachdem der Kellner weg war. Bald darauf standen alle M?nner auf, k?ssten ihre Frauen und verabschiedeten sich. Kyle warf Jessie einen verwirrten Blick zu, folgte aber dem Beispiel. „Ich sch?tze, wir sehen uns sp?ter?", fragte er mehr als dass er es sagte. Sie nickte h?flich, obwohl sie ebenso verwirrt war. Es f?hlte sich an, als w?ren sie in dieser Szene aus Titanic, wo alle M?nner nach dem Abendessen aufstehen, um bei Brandy im Raucherraum ?ber Wirtschaft und Politik zu diskutieren. Jessie beobachtete, wie die M?nner an den Tischen entlang gingen, bis sie eine kunstvolle Holzt?r in der Ecke des Raumes erreichten, vor der ein muskul?ser, humorloser Mann stand. Er sah aus wie der T?rsteher eines Nachtclubs, nur dass er einen Smoking trug. Als sich die Jungs von ihrem Tisch n?herten, trat er zur Seite, um sie passieren zu lassen. Er schien Kyle einen skeptischen Blick zuzuwerfen, bis Teddy ihm etwas zumurmelte. Der T?rsteher nickte und l?chelte Kyle an. Der Rest des Brunchs verlief in einem Wirbelsturm. Wie Mel versprochen hatte, drehte sich das Gespr?ch um Kinder und werdende Kinder, da mindestens zwei der Frauen in der Gruppe eindeutig schwanger waren. „Ich bereite mich nur darauf vor, den n?chsten Barista zu ohrfeigen, der mich beim Stillen verachtend ansieht", sagte eine, die entweder Katlyn oder Kaitlyn hie?. „Ich war nach Warners Geburt viel zu entgegenkommend." „Drohen zu klagen", sagte die Br?nette mit blonden Str?hnen. „Ich habe das getan und einen Hundert-Dollar-Geschenkgutschein als Entschuldigung bekommen. Das Beste daran war, dass niemand etwas falsch gemacht hatte. Ich habe mich nur ?ber eine ‚unbehagliche Umgebung‘ beschwert." Jessie war die einzige Nicht-Mutter am Tisch, versuchte aber, sich an der Diskussion zu beteiligen und stellte h?fliche Fragen ?ber die lokale Grundschule („eine M?llhalde") im Vergleich zu der privaten, in die sie alle ihre Kinder zu schicken schienen. Als Jessie die Meinungsverschiedenheiten ?ber die besten Kindergarten- und Vorschulangebote und den allgemeinen Konsens ?ber den besten Supermarkt h?rte, f?hlte sie, wie ihr Verstand abdriftete. Sie kniff sich ein paar Mal unter dem Tisch, als Meinungen ?ber gute Kirchen, das beste lokale Fitnessstudio und wo man ein tolles Kleid f?r den Ferienball finden kann, ausgetauscht wurden. Aber schlie?lich gab sie es auf, zu versuchen, den ?berblick dar?ber zu behalten, wer was sagte oder sogar sanfte Zustimmung zu geben, und begab sich in die Rolle der passiven Beobachterin, als ob sie das Sozialverhalten einiger ungew?hnlicher Arten in der Wildnis beobachten w?rde. Ist das das Leben, dem ich mich verschrieben habe? Mittagessen mit Damen, die sich ?ber das Fitnessstudio unterhalten, das den besten Spinningkurs anbietet? Ist das die Welt, nach der Kyle sich sehnt und von der er ein Teil werden m?chte? Wenn ja, dann t?tet mich jetzt bitte. Irgendwann merkte sie, dass Mel ihr auf die Schulter klopfte, um ihr mitzuteilen, dass der Brunch vorbei war und dass sie Daughton abholen musste. Anscheinend w?rden Teddy und Kyle sie in der Lobby treffen. Jessie nickte, verabschiedete sich von den Frauen, an deren Namen sie sich nicht erinnern konnte, und folgte Mel blind bis zur Piratenbucht. Sie f?hlte sich desorientiert und ersch?pft und wollte nichts anderes, als nach Hause zu gehen, ein Bad zu nehmen, ein Glas Wein zu trinken und einzuschlafen. Sie blickte auf ihre Uhr und war fassungslos, als sie feststellte, dass es nicht einmal 13 Uhr war. * Sie konnte sich erst Stunden sp?ter erholen. Nach dem R?ckweg zum Haus der Carlisles und dem obligatorischen Gespr?ch dort f?r eine Weile, machten sie sich schlie?lich auf den Heimweg. Aber nicht vor einem Boxenstopp bei Costco f?r das Wesentliche. Jessie stellte sich die missbilligenden Gesichter der anderen Brunchteilnehmer vor. Sp?ter an diesem Abend, als sie ihr Gesicht wusch, w?hrend Kyle sich seine Z?hne putzte, hatten sie sich genug erholt, um den Tag ein wenig Revue passieren zu lassen. „Was ist in dem geheimen Raum passiert, in den ihr gegangen seid?", fragte sie. „Haben sie dich dazu gebracht, dich bis auf deine Unterw?sche auszuziehen und dir zehn Peitschenhiebe verpasst?" „Ich war ehrlich gesagt ein wenig besorgt dar?ber, was hinter dieser T?r ist", gab Kyle zu, als sie ins Schlafzimmer gingen. „Aber es hat sich herausgestellt, dass es sich im Wesentlichen um eine wirklich gut ausgestattete Sportbar handelt. Auf den Fernsehern liefen Spiele, ein Kellner lief umher und nahm Getr?nkebestellungen entgegen, und ein paar Jungs zogen ihre Golfkleidung aus." „Also kein Raucherzimmer mit Brandy?" fragte sie und fragte sich, ob er die Referenz verstehen w?rde. „Nicht, dass ich es gesehen h?tte, obwohl ich bemerkt habe, dass Leonardo DiCaprio ziellos durch die Garderobe gewandert ist." „Gute Arbeit, Ehemann", sagte Jessie dankbar, als sie ins Bett ging. „Du hast es immer noch drauf." „Danke, Frau", antwortete er und kroch neben ihr unter die Decke. „Eigentlich habe ich wirklich geh?rt, dass da irgendwo ein Zigarrenraum ist, aber ich habe nicht danach gesucht. Ich denke, er ist in irgendeiner Ecke versteckt, die von den "Nichtraucher"-Regeln des Clubs ausgenommen ist. Aber ich wette, ich h?tte einen Brandy bekommen, wenn ich gefragt h?tte." „Hast du jemanden Interessantes kennengelernt?" fragte sie skeptisch, als sie das Schlafzimmerlicht ausschaltete. „?berraschenderweise, ja", sagte er. „Sie waren alle ziemlich cool. Und da zwei von ihnen nach m?glichen Investitionen suchen, hat sie das f?r mich interessant gemacht. Ich denke, dass dieser Club eine echte Ressource f?r Gesch?ftsleute sein k?nnte. Du?" „Alle waren sehr nett", sagte Jessie z?gernd und hoffte, dass die Dunkelheit des Raumes ihre gerunzelte Stirn verbergen w?rde. „Sehr freundlich und sie boten mir Hilfe an f?r alles, was ich brauche." „Warum h?re ich ein "aber"?" „Nein. Es ist nur so, dass nicht einmal in der Zeit, in der ich mit ihnen allein war, eine dieser Frauen ?ber etwas anderes als Kinder, Schulen oder die Familie gesprochen hat. Keine Erw?hnung ihrer Jobs oder aktueller Ereignisse. Es f?hlte sich einfach sehr nach Provinz an." „Vielleicht wollten sie nur kontroverse Themen bei einem Brunch mit jemand Neuem vermeiden?" meinte Kyle. „Jobs sind also heutzutage kontrovers?" „Ich wei? nicht, Jessie. Bist du sicher, dass du nicht zu viel in ein normales Treffen hinein interpretierst?" „Ich sage ja nicht, dass sie Stepford-Frauen sind oder so", bestand sie darauf. „Aber abgesehen von Mel waren sie unerbittlich narzisstisch. Ich bin mir nicht sicher, ob eine von ihnen jemals mehr als einen fl?chtigen Gedanken an die Welt au?erhalb ihrer Fenster verschwendet. Ich sage nur, dass es sich nach einer Weile ein wenig... klaustrophobisch angef?hlt hat." Kyle setzte sich im Bett auf. „Diese Formulierung klingt vertraut", sagte er und seine Stimme klang besorgt. „Sei nicht sauer auf mich. Aber das letzte Mal, als du dar?ber gesprochen hast, dass du dich klaustrophobisch f?hlst, war als..." „Ich erinnere mich an das letzte Mal", unterbrach sie ihn ver?rgert. „Das ist nicht dasselbe." „Okay", antwortete er vorsichtig. „Aber du wirst verstehen, wenn ich frage, ob es dir mit deinen Medikamenten momentan gut geht. Passt die Dosierung noch? Denkst du, du solltest vielleicht einen Termin mit Dr. Lemmon vereinbaren?" „Mir geht es gut, Kyle", sagte sie und stand aus dem Bett auf. „Nicht alles dreht sich darum. Kann ich nicht einige Vorbehalte ?u?ern, ohne dass du voreilige Schl?sse ziehst?" „Nat?rlich", sagte er. „Es tut mir leid. Bitte komm wieder ins Bett." „Im Ernst jetzt. Du warst nicht da. W?hrend du mit den Jungs chillen warst, hatte ich ein aufgesetztes L?cheln im Gesicht, w?hrend diese Frauen dar?ber gesprochen haben, wie man Coffeeshops ausnimmt. Das ist kein Problem, das mit meiner Medikation zu tun hat. Es ist ein "diese M?dels sind schrecklich“-Problem.“ „Es tut mir leid, Jess", wiederholte er. „Ich h?tte nicht annehmen sollen, dass deine Medikamente schuld sind." Jessie sah ihn an, hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, ihm zu vergeben und dem Wunsch, ihn noch ein wenig mehr zu zerrei?en. Sie beschloss, keines von beidem zu tun. „Ich bin in ein paar Minuten wieder da", sagte sie. „Ich muss mich nur beruhigen. Falls du schon schl?fst, wenn ich zur?ckkomme, sage ich schonmal gute Nacht." „Okay", sagte er widerstrebend. „Gute Nacht. Ich liebe dich." „Gute Nacht", sagte sie und gab ihm einen Kuss, obwohl sie in diesem Moment nicht begeistert davon war. „Ich liebe dich auch." Sie verlie? das Schlafzimmer und wanderte durch das Haus und wartete darauf, dass sich ihre Frustration aufl?ste, w?hrend sie von Raum zu Raum ging. Sie versuchte, seine Geringsch?tzung aus dem Kopf zu bekommen, aber sie schlich sich immer wieder hinein und lie? sie trotz ihrer Bem?hungen nicht ruhen. Sie hatte sich gerade genug beruhigt, um wieder ins Bett zu gehen, als sie das gleiche entfernte knarrende Ger?usch wie letzte Nacht h?rte. Nur dass es heute Abend nicht so weit entfernt war. Sie folgte dem Ger?usch, bis sie herausfand, was ihrer Meinung nach die Quelle war – der Dachboden. Sie hielt im Flur des Obergeschosses direkt unter der Zugtreppe zum Dachboden. Nach einem Moment des Z?gerns packte sie die Schnur an der Klappe und zog sie herunter. Das Knarren war definitiv lauter zu h?ren. Sie kletterte so leise wie m?glich die Zugangsleiter hinauf und versuchte nicht daran zu denken, dass diese Art von Entscheidung in Horrorfilmen immer schlecht endete. Als sie die Treppe hinaufging, zog sie ihr Telefon heraus und benutzte die Taschenlampenfunktion, um den Raum zu durchsuchen. Aber abgesehen von ein paar alten, leeren Kartons war der Raum leer. Und das Knarren hatte aufgeh?rt. Jessie kletterte vorsichtig wieder nach unten, schob die Leiter nach oben und nahm ihre rastlose Wanderung wieder auf, zu aufgekratzt zum Schlafen. Schlie?lich befand sie sich in dem Schlafzimmer, das sie f?r das Baby verwenden wollten, f?r den Fall dass sich ihre Familie irgendwann vergr??ern sollte. Jetzt war es leer, aber Jessie konnte sich vorstellen, wo die Wiege stehen w?rde. Sie stellte sie sich an der hinteren Wand vor, ?ber ihr ein Mobile baumelnd. Sie lehnte sich mit ihrem R?cken gegen die Wand und rutschte nach unten, so dass sie mit ihren Knien vor dem Gesicht dasa?. Sie umschloss sie mit ihren Armen, umarmte sich fest und versuchte, sich zu versichern, dass das Leben an diesem neuen, seltsamen Ort besser werden w?rde, als es bisher schien. Interpretiere ich das alles falsch? Sie konnte nicht anders, als sich zu fragen, ob ihre Medikamente vielleicht optimiert werden mussten. Sie war sich nicht sicher, ob sie Kyle gegen?ber zu unfair war oder ob sie die Frauen des Club Deseo zu sehr verurteilte. War die Tatsache, dass Kyle sich so schnell an diesen Ort gew?hnt hatte und sie nicht ein Spiegelbild seiner Anpassungsf?higkeit, ihrer Zerbrechlichkeit oder sogar beides? Er schien bereits zu Hause zu sein, als h?tte er schon jahrelang hier gelebt. Sie fragte sich, ob sie jemals diesen Punkt erreichen w?rde. Sie war sich nicht sicher, ob sie nur nerv?s war, weil ihr letztes Semester morgen starten w?rde und sie in die Welt der Vergewaltiger, Kinderr?uber und M?rder zur?ckkehren musste. Und sie war sich nicht sicher, ob das Knarren, das sie immer wieder h?rte, echt war, oder sich nur in ihrem Kopf abspielte. In diesem Moment war sie sich ?ber vieles nicht mehr sicher. Und es machte ihr Angst. KAPITEL VIER Jessie war au?er Atem und ihr Herz klopfte. Sie kam zu sp?t zum Unterricht. Dies war ihr erstes Mal auf dem Campus der University of California in Irvine und sie konnte ihr Kurszimmer nicht finden. Nachdem sie die letzten 400 Meter in der br?tenden Vormittags-Hitze ?ber den Campus gelaufen war, fiel sie sprichw?rtlich durch die T?r. Ihre Stirn war schwei?gebadet und ihr Oberteil f?hlte sich leicht feucht an. Professor Warren Hosta, ein gro?er, d?nner, f?nfzigj?hriger Mann mit schmalen, misstrauischen Augen und einem einsamen, traurigen B?schel grauschwarzer Haare auf seinem Kopf, war eindeutig mitten im Satz gewesen, als sie um 10:04 Uhr in den Raum st?rzte. Sie hatte Ger?chte ?ber seine Ungeduld und sein allgemein grobes Verhalten geh?rt und er entt?uschte sie nicht. Er hielt inne, wartete darauf, dass sie ihren Platz fand und starrte sie dabei die ganze Zeit an. „Darf ich fortfahren?" fragte er sarkastisch. Gro?artiger Start, Jessie. So macht man einen guten ersten Eindruck. „Tut mir leid, Professor", sagte sie. „Der Campus ist neu f?r mich. Ich habe mich ein wenig verlaufen." „Ich hoffe, dass Ihre F?higkeiten der Schlussfolgerung st?rker sind als Ihr Orientierungssinn", antwortete er hochm?tig, bevor er mit seinem Vortrag fortfuhr. „Wie gesagt, f?r die meisten von Ihnen wird dies Ihr letzter Kurs sein, bevor Sie Ihren Master-Abschluss in forensischer Psychologie erwerben. Es wird kein Spaziergang werden." Jessie ?ffnete ihren Rucksack so leise wie m?glich, um einen Stift und ein Notizbuch herauszuziehen, aber das Ger?usch des Rei?verschlusses, der an jedem Zahn entlang glitt, schien den Raum zu f?llen. Der Professor blickte sie aus dem Augenwinkel an, h?rte aber nicht auf zu sprechen. „Ich werde gleich den Lehrplan verteilen", sagte er. „Aber im Allgemeinen wird Folgendes von Ihnen erwartet. Zus?tzlich zu den Kursarbeiten, die Standard sind, und den damit verbundenen Pr?fungen, werden diejenigen von Ihnen, die dies noch tun m?ssen, Ihre Abschlussarbeit einreichen und verteidigen. Dar?ber wird jeder, egal ob abgeschlossene oder nicht abgeschlossene Arbeit, ein Praktikum absolvieren. Einige von Ihnen werden einer Justizvollzugsanstalt zugewiesen, entweder dem California Institute f?r M?nner in Chino oder dem California Institute f?r Frauen in Corona, die beide eine Reihe von Gewaltt?tern beherbergen. Andere werden die Hochrisikoeinheit des DSH-Metropolitan, einem staatlichen Krankenhaus in Norwalk, besuchen. Sie behandeln Patienten, die gemeinhin als "kriminell verr?ckt" bezeichnet werden, obwohl die gesellschaftlichen Anliegen der ?rtlichcen Gemeinde sie daran hindern, Patienten mit einer Vorgeschichte von Mord, Sexualverbrechen oder Flucht anzunehmen." Ein unausgesprochener Strom von Elektrizit?t str?mte durch den Raum, als sich die Studenten gegenseitig anstarrten. Darauf hatten sie gewartet. Der Rest der Vorlesung war ziemlich unkompliziert, mit einer Beschreibung ihrer Kursarbeit und Details zur Erstellung ihrer Abschlussarbeiten. Gl?cklicherweise hatte Jessie ihre bereits w?hrend der USC eingereicht und verteidigt, so dass sie dieser Diskussion nicht viel Aufmerksamkeit schenkte. Stattdessen kehrten ihre Gedanken zu dem seltsamen Brunch im Yachtclub zur?ck und wie sie sich trotz der W?rme und Gro?z?gigkeit aller Beteiligten dadurch verunsichert gef?hlt hatte. Erst als das Gespr?ch zu den Praktika zur?ckkehrte, konzentrierte sie sich wieder auf das Gesprochene. Die Studenten stellten logistische und akademische Fragen. Jessie hatte auch eine, entschied sich aber, bis nach dem Unterricht zu warten. Sie wollte sie nicht mit der Gruppe teilen. Die meisten ihrer Klassenkameraden wollten offensichtlich in einem der Gef?ngnisse arbeiten. Die Erw?hnung eines Gemeindeverbots von Gewaltt?tern im Krankenhaus von Norwalk schien seine Popularit?t einzuschr?nken. Schlie?lich signalisierte Professor Hosta das Ende des Kurses und die Leute begannen, den Raum zu verlassen. Jessie lie? sich Zeit damit, ihr Notizbuch in ihrem Rucksack zu verstauen, w?hrend einige Studenten Hosta Fragen stellten. Erst als sie alle weg waren und der Professor selbst gehen wollte, n?herte sie sich ihm. „Entschuldigen Sie mein zu sp?t Kommen, Professor Hosta", sagte sie und versuchte, nicht zu unterw?rfig zu klingen. Im Laufe einer einzigen Kursstunde hatte sie das starke Gef?hl bekommen, dass Hosta r?ckgratloses Schleimen verachtete. Er schien Neugierde, auch wenn sie an Unh?flichkeit grenzte, der Hochachtung vorzuziehen. „Sie klingen nicht sehr entschuldigend, Fr?ulein ...", bemerkte er mit einer nach oben gezogenen Augenbraue. „Hunt, Jessie Hunt. Und ich bin es nicht wirklich", gab sie zu und entschied in diesem Moment, dass sie mit diesem Kerl mehr Erfolg haben w?rde, wenn sie aufrichtig w?re. „Ich dachte nur, ich m?sste h?flich sein, um eine Antwort auf meine Frage zu bekommen." „Die wie lautet ...?" fragte er mit vor faszinierter ?berraschung hochgezogenen Augenbrauen. Sie hatte seine Aufmerksamkeit. „Ich habe bemerkt, dass Sie gesagt haben, dass die DSH-Metro keine Patienten mit einer Vorgeschichte von Gewalt akzeptiert." „Das ist richtig", sagte er. „Es ist ihre Politik. Ich habe im Grunde genommen von ihrer Website zitiert." „Aber Professor, wir wissen beide, dass das nicht ganz richtig ist. Das Norwalk Hospital hat einen kleinen Bereich abgesperrt, um Patienten zu behandeln, die einige schreckliche Gewaltverbrechen begangen haben, darunter Serienmord, Vergewaltigung und verschiedene ?bergriffe gegen Kinder." Er starrte sie lange Zeit unwillig an, bevor er reagierte. „Laut dem Department des State Hospitals k?mmert sich DSH-Atascadero oben in San Luis Obispo um diese F?lle", antwortete er steinern. „Die Metro k?mmert sich um gewaltfreie Straft?ter. Ich bin mir also nicht sicher, worauf Sie sich beziehen." „Nat?rlich wissen Sie das", sagte Jessie selbstbewusster, als sie erwartet hatte. „Es wird die Nicht-Rehabilitative Division, kurz NRD genannt. Aber das ist nur der langweilige Begriff, den sie f?r die ?ffentlichkeit verwenden. Intern und in Strafjustiz-Kreisen ist NRD als die "Hochrisikoeinheit" bei der DSH-Metro bekannt und ich habe zuf?llig bemerkt, dass Sie den Begriff im Unterricht verwendet haben." Hosta antwortete nicht. Stattdessen studierte er sie einige Sekunden lang unergr?ndlich, bevor er schlie?lich zulie?, dass sein Gesicht in ein leichtes Grinsen ?berging. Es war das erste Mal, dass sie etwas von ihm sah, das einem L?cheln nahe kam. „Gehen Sie ein St?ck mit mir", sagte er und deutete ihr an, den Raum zu verlassen. „Sie gewinnen den Sonderpreis, Frau Hunt. Es ist drei Semester her, seit ein Student zuletzt meine kleine verbale Trickserei aufgegriffen hat. Jeder ist von den Gemeindestandards so abgeschreckt, dass sich niemand fragt, worum es bei dem Hinweis auf "Hochrisiko" geht. Aber es ist klar, dass Sie mit NRD schon lange vor meinem Unterricht vertraut waren. Was wissen Sie dar?ber?" „Nun," begann sie vorsichtig, „Ich habe die ersten paar Semester meines Studiums an der USC absolviert und die NRD ist dort eine Art offenes Geheimnis, da sie so nah dran ist.“ „Frau Hunt, Sie t?uschen sich. Es ist kein offenes Geheimnis. Selbst innerhalb der Strafverfolgung und der psychiatrischen Gemeinschaft ist es streng bewacht. Ich w?rde riskieren, zu behaupten, dass weniger als zweihundert Menschen in der Region von ihrer Existenz wissen. Weniger als die H?lfte von ihnen kennt den vollen Charakter der Anlage. Und doch wissen Sie irgendwie Bescheid. Bitte erkl?ren Sie das. Und diesmal lassen wir die vorsichtige Sch?chternheit weg." Jetzt war es an Jessie zu entscheiden, ob sie mitgehen sollte. Du bist so weit gekommen. Jetzt schaffst du auch noch den letzten Sprung. „Ich habe meine Abschlussarbeit dar?ber geschrieben", sagte sie. „Ich w?re fast aus dem Programm geflogen." Hosta h?rte auf zu gehen und sah kurz fassungslos aus, bevor er seine Gelassenheit wiedererlangte. „Das waren Sie?", fragte er und klang beeindruckt, als er weiter den Flur hinunterging. „Diese Thesis ist legend?r unter denen, die sie gelesen haben. Wenn ich mich recht erinnere, lautete der Titel "Die Auswirkungen von nicht-rehabilitativen Langzeit-Inhaftierungen auf kriminell Verr?ckte". Aber niemand konnte herausfinden, wer der eigentliche Autor war. Schlie?lich gibt es keine offizielle Aufzeichnung von Jane Don't." „Ich muss zugeben, ich war ziemlich stolz auf diesen Namen. Aber einen anderen zu benutzen, war nicht meine Entscheidung", gab Jessie zu. „Was meinen Sie damit?" fragte Hosta, eindeutig fasziniert. Jessie fragte sich, ob sie die Grenze dessen, wor?ber sie sprechen durfte, ?berschritt. Aber dann erinnerte sie sich an den Grund, warum sie ?berhaupt mit Hosta zusammenarbeiten sollte, und entschied, dass es keinen Grund gab, sch?chtern zu sein. „Mein Fakult?tsberater hat die Arbeit beim Dekan eingereicht", erkl?rte sie. „Er brachte prompt mehrere Strafverfolger und Mediziner auf den Plan, die ich nur mit dem charmanten Begriff „Das Panel" erw?hnen darf. Ich wurde neun Stunden am St?ck befragt, bevor sie festgestellt haben, dass ich aufrichtig eine akademische Arbeit schreibe und nicht heimlich ein Reporter bin oder Schlimmeres." „Das klingt aufregend", sagte Hosta. Er schien es ernst zu meinen. „Es klingt so. Aber zu dieser Zeit war angsteinfl??end ein passenderes Wort. Am Ende beschlossen sie, mich nicht zu verhaften. Immerhin hatten sie das verborgene, geheime psychiatrische Gef?ngnis, nicht ich. Die Schule best?tigte, dass ich nichts technisch Falsches getan hatte und stimmte zu, mich nicht von der Schule zu verweisen, obwohl alles an der Arbeit als geheim erkl?rt wurde. Die Abteilung stellte fest, dass meine Befragung durch die Beh?rden als Verteidigung meiner Diplomarbeit dienen k?nnte. Und ich habe mehrere Dokumente unterschrieben, in denen ich versprochen habe, die Angelegenheit mit niemandem, einschlie?lich meinem Mann, zu besprechen, ansonsten w?rde ich einer m?glichen Strafverfolgung begegnen, obwohl sie nie etwas dar?ber gesagt haben, wie meine Strafe auss?he." „Wie kommt es dann, Frau Hunt, dass wir dieses Gespr?ch f?hren?" „Ich habe eine... nennen wir es eine besondere Dispensation. Ich durfte mein Studium fortsetzen und mir wurde eine bestimmte Bedingung gestellt. Aber um es abschlie?en zu k?nnen, m?sste mein neuer Fakult?tsberater zumindest oberfl?chlich auf das aufmerksam gemacht werden, was ich geschrieben habe. Die Befugnisse der Fakult?t haben jede Universit?t in Orange County ?berpr?ft und haben festgestellt, dass allein Sie ihre Anforderungen erf?llen. Die Schule hat einen Masterstudiengang in Kriminalpsychologie, den Sie leiten. Es gibt eine Verbindung zwischen Ihnen und der NRD und Sie haben dort Feldarbeit geleistet. Sie bieten sogar die M?glichkeit eines Praktikums dort, das Sie in seltenen F?llen m?glich machen, wenn ein Student Interesse bekundet und vertrauensw?rdig erscheint. Sie sind innerhalb eines Radius von 70 Kilometern meine einzige Option.“ „Ich nehme an, ich sollte mich geschmeichelt f?hlen. Und was ist, wenn ich es ablehne, Ihr Fakult?tsberater zu sein?" fragte er. „Sie h?tten einen Besuch von jemandem erhalten sollen, der das Panel vertritt, um all dies zu besprechen, was in Ihrem Interesse w?re, etc. Ich bin ?berrascht, dass Sie keinen Besuch erhalten haben. Normalerweise sind die ziemlich gr?ndlich." Hosta dachte eine Sekunde nach. „Ich habe k?rzlich mehrere E-Mails und eine Nachricht auf der Mailbox von jemandem namens Dr. Ranier erhalten", sagte er. „Aber der Name war mir nicht bekannt, also habe ich sie ignoriert." „Ich empfehle Ihnen, zu antworten, Professor", schlug Jessie vor. „Es ist m?glich, dass es ein Pseudonym ist, vielleicht f?r jemanden, den Sie bereits kennen." „Das werde ich tun. Auf jeden Fall nehme ich an, dass ich nicht durch alle ?blichen b?rokratischen H?rden springen muss, um Sie f?r ein Praktikum in der NRD zu autorisieren?“ „Es dort zu absolvieren, war die spezifische Bedingung, die ich vorhin erw?hnt habe. Es ist der Grund, warum ich ohne gro?es Z?gern ihrer Geheimhaltungsvereinbarung zugestimmt habe", sagte Jessie und konnte die Aufregung in ihrer Stimme nicht verheimlichen. „Ich warte seit fast zwei Jahren darauf." „Zwei Jahre?" sagte Hosta, ?berrascht. „Wenn Sie Ihre Abschlussarbeit schon vor so langer Zeit gemacht haben, sollten Sie dann nicht schon Ihren Abschluss haben?" „Das ist eine lange Geschichte, die ich ein anderes Mal erz?hlen muss. Aber kann ich vorerst davon ausgehen, dass ich Ihre Autorisierung habe, mein Praktikum bei DSH-Metro zu machen, speziell bei der NRD?" „Angenommen Ihre Geschichte stimmt, ja" sagte er, als sie seine B?rot?r erreichten. Er ?ffnete sie, bat sie aber nicht herein. „Aber ich muss die Frage stellen, die ich jedem Studenten stelle, der seine Feldarbeit dort machen m?chte – sind Sie sicher, dass Sie das tun wollen?" „Wie k?nnen Sie mich das fragen, nach allem, was ich Ihnen erz?hlt habe?" „Weil es eine Sache ist, ?ber die Menschen zu lesen, die in dieser Einrichtung festgehalten werden", antwortete er. „Es ist etwas ganz anderes, mit ihnen zu interagieren. Es wird sehr schnell sehr echt. Ich entnehme den Redaktionen in Ihrer Arbeit, dass Sie von einigen der H?ftlinge wissen, die dort untergebracht sind?" „Ein paar. Ich wei?, dass der Serienvergewaltiger aus Bakersfield, Delmond Stokes, dort festgehalten wird. Und der mehrfache Kinderm?rder, der letztes Jahr von dieser pensionierten Polizistin gefangen genommen wurde, ist auch da. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Bolton Crutchfield auch dort festgehalten wird." Hosta starrte sie an, als k?nnte er sich nicht entscheiden, ob er seine Gedanken aussprechen sollte oder nicht. Schlie?lich schien er eine Entscheidung zu treffen. „Das ist die Person, die Sie beobachten wollen, nicht wahr?" „Ich muss zugeben, ich bin neugierig", sagte Jessie. „Ich habe alle m?glichen Geschichten ?ber ihn geh?rt. Ich bin mir nicht sicher, wie viele davon wahr sind." „Eine Geschichte, die ich Ihnen versichern kann, ist die, dass er neunzehn Menschen innerhalb von sechs Jahren brutal ermordet hat. Was auch immer Wahrheit oder Legende ist, das ist eine Tatsache. Verlieren Sie das nie aus den Augen." „Haben Sie ihn getroffen?" fragte Jessie. „Das habe ich. Ich habe ihn zweimal befragt." „Und wie war das so?" „Frau Hunt, das ist eine lange Geschichte, die ich ein anderes Mal erz?hlen muss", sagte er und wandte ihre eigenen Worte auf sie zur?ck an. „Jetzt werde ich mich an diesen Dr. Ranier wenden und Ihre Glaubw?rdigkeit ?berpr?fen. Angenommen, das geht ohne Zwischenf?lle, werde ich Sie kontaktieren, um Ihr Praktikum in die Wege zu leiten. Ich wei?, dass Sie bald anfangen wollen." „Ich w?rde morgen gehen, wenn ich k?nnte." „Ja, nun, es k?nnte etwas l?nger dauern. Versuchen Sie in der Zwischenzeit, nicht die W?nde hoch zu gehen. Sch?nen Tag noch, Frau Hunt." Und damit schloss er die T?r zu seinem B?ro und lie? Jessie im Flur zur?ck. Sie wandte sich zum gehen. Als sie sich im unbekannten Flur umsah, wurde ihr klar, dass sie so sehr in das Gespr?ch vertieft war, dass sie auf nichts anderes geachtet hatte. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war. Sie stand einen Moment lang da und stellte sich vor, wie sie von Angesicht zu Angesicht mit Bolton Crutchfield dasa?. Der Gedanke erregte und erschreckte sie zugleich. Sie wollte – nein, sie musste – schon seit Langem mit ihm reden. Die M?glichkeit, dass es bald passieren k?nnte, lie? sie vor Erwartung prickeln. Sie brauchte Antworten auf Fragen, von denen niemand wusste, dass sie sie ?berhaupt hatte. Und er war der Einzige, der sie beantworten konnte. Aber sie war sich nicht sicher, ob er es tun w?rde. Und selbst wenn er bereit w?re, was w?rde er als Gegenleistung verlangen? KAPITEL F?NF Jessie war so aufgeregt, dass sie Kyle auf dem Heimweg von der Schule anrief, obwohl sie wusste, dass er tags?ber immer sehr besch?ftigt war und fast nie ran ging. Diesmal war es nicht anders, aber sie konnte nicht anders, als ihm eine Nachricht zu hinterlassen. „Hey, Schatz", sagte sie nach dem Piepton. „Ich wollte dir nur sagen, dass mein erster Tag in der Schule sehr gut verlaufen ist. Der Professor ist eine Pers?nlichkeit, aber ich denke, ich kann mit ihm arbeiten. Und ich hoffe, dass ich bald mit meinem Praktikum beginnen kann, vielleicht diese Woche schon, wenn alles gut l?uft. Mir ist sogar ein wenig schwindlig. Ich hoffe, dass dein Tag auch gut l?uft. Ich dachte, ich mache heute Abend ein besonderes Abendessen f?r uns, besonders jetzt, da wir die Kisten mit allen T?pfen und Pfannen gefunden haben. Sag Bescheid, wann du nach Hause kommst und ich bereite etwas Nettes vor. Wir k?nnen eine der Flaschen Wein, die wir aufbewahrt haben, ?ffnen und vielleicht mit der Erweiterung unserer kleinen Familie beginnen. Gut, bis dann. Ich liebe dich." Auf dem Heimweg machte sie einen Zwischenstopp auf den Bristol Farms und gab ordentlich Geld f?r ein paar Branzino-Fische aus, die sie f?llen und im Ganzen zubereiten wollte. Sie fand einen h?bschen Brokkoli und schnappte sich auch diesen. Als sie zur Kasse ging, sah sie ein paar Kartoffeln und nahm die auch noch mit. Sie war versucht, etwas Dekadentes zum Nachtisch zu kaufen, wusste aber, dass Kyle viel trainiert hatte und nichts davon essen w?rde. Au?erdem hatten sie noch ein bisschen italienisches Eis im Gefrierschrank, das reichen w?rde. Als sie bezahlte, hatte sie die ganze Speisekarte in ihrem Kopf geplant. * Jessie starrte auf die unber?hrten Speiseteller auf dem Esstisch und ?berpr?fte dann ihr Telefon zum dritten Mal innerhalb von f?nf Minuten. Es war 19:13 Uhr und sie hatte immer noch nichts von Kyle geh?rt. Er hatte ihr kurz nachdem sie die Nachricht auf seiner Mailbox hinterlassen hatte geschrieben und gesagt, dass der Plan f?r das Abendessen gro?artig klang und er davon ausging, um 18:30 Uhr zu Hause zu sein. Aber fast 45 Minuten waren vergangen und er war immer noch nicht da. Schlimmer noch, er hatte sie ?berhaupt nicht kontaktiert. Sie hatte alles so geplant, dass das Abendessen um 18:45 hei? auf dem Tisch stehen w?rde, nur f?r den Fall, dass er etwas zu sp?t kam. Aber er war nicht aufgetaucht. Sie hatte ihm zweimal eine SMS geschickt und in der Zwischenzeit eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen. Sie hatte seit der ersten Nachricht nichts mehr von Kyle geh?rt. Nun lagen die Fische auf dem Tisch, kalt, und starrten sie mit unsympathischen Augen an. Um 19:21 Uhr rief er endlich an. Von dem Ger?usch im Hintergrund konnte sie bereits erkennen, dass er in einer Bar war. „Hey, Jess", schrie er, um bei der Musik geh?rt zu werden. „Entschuldigung f?r den versp?teten Anruf. Wie geht es dir?" „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht", sagte sie und versuchte, die Frustration aus ihrer Stimme zu halten. „Oh, tut mir leid", sagte er und klang nur leicht reum?tig. „Ich wollte dich nicht beunruhigen. In letzter Minute ist etwas dazwischengekommen. Teddy hat gegen achtzehn Uhr angerufen und meinte, er h?tte noch mehr potenzielle Kunden f?r mich. Er hat gefragt, ob ich ihn und diese Jungs in einer Bar namens Sharkie's im Yachthafen treffen k?nnte. Und ich kann diese Art von M?glichkeiten nicht wirklich verpassen, wenn ich der neue Typ im B?ro bin, wei?t du?" „H?ttest du nicht anrufen k?nnen, um es mich wissen zu lassen?" „Mein Fehler", schrie er. „Alles war so ?berst?rzt, dass ich nicht dazu kam. Ich konnte mich erst jetzt davonschleichen, um dich anzurufen." „Ich habe ein gro?artiges Abendessen vorbereitet, Kyle. Wir wollten heute Abend feiern, erinnerst du dich? Ich habe eine Hundert-Euro-Flasche Wein ge?ffnet. Es sollte ein romantischer Abend werden." „Ich wei?", sagte er. „Aber ich kann diese M?glichkeit nicht vertun. Ich denke, ich kann beide Freunde von Teddy als Kunden gewinnen. Und wir k?nnen immer noch ein wenig versuchen, ein Baby zu machen, wenn ich nach Hause komme." Jessie seufzte tief, damit sie ihre Stimme ruhig halten konnte, als sie antwortete. „Es wird sp?t sein, wenn du zur?ckkommst", sagte sie. „Ich werde m?de sein und du halb betrunken. So habe ich mir das nicht vorgestellt." „H?r zu, Jessie. Es tut mir leid, dass ich nicht angerufen habe. Aber willst du, dass ich einfach eine Gelegenheit wie diese vergeude? Ich trinke hier nicht nur Schnaps. Ich mache Gesch?fte und versuche, ein paar neue Freunde zu finden, w?hrend ich das tue. Wirst du mir das vorwerfen?" „Ich sch?tze, ich beginne zu verstehen, wo deine Priorit?ten liegen", antwortete sie. „Jessica, du bist immer meine oberste Priorit?t", beharrte Kyle. „Ich versuche nur, alles auszugleichen. Ich sch?tze, ich habe Mist gebaut. Ich verspreche, dass ich um neun zu Hause bin, in Ordnung? Passt das zu deinem Zeitplan?" Er hatte bis zum letzten Satz, der vor Sarkasmus und Feindseligkeit triefte, aufrichtig geklungen. Die emotionale Wand, die Jessie zwischen ihnen errichtet hatte, zerbr?ckelte langsam, bis sie diese Worte h?rte. „Mach, was du willst", antwortete sie schroff, bevor sie auflegte. Sie stand auf und konnte im Spiegel des Esszimmers einen Blick auf sich selbst werfen. Sie trug ein blaues Satin-Abendkleid mit einem tiefen Ausschnitt und einem langen Schlitz auf der rechten Seite, der an ihrem Oberschenkel begann. Ihr Haar war zu einem l?ssigen Dutt zusammengebunden, den sie sich als Teil einer Verf?hrung nach dem Abendessen l?sen wollte. Die Abs?tze, die sie trug, machten sie mindestens 1,80 m gro?. Pl?tzlich f?hlte sich alles so l?cherlich an. Sie spielte ein trauriges Spiel des Verkleidens. Aber wenn es darauf ankam, war sie nur eine weitere erb?rmliche Hausfrau, die darauf wartete, dass ihr Mann nach Hause kam und ihrem Leben einen Sinn gab. Sie packte die Teller und ging in die K?che, wo sie beide Mahlzeiten in den M?ll warf, den ganzen Fisch und alles. Sie zog das Kleid aus und wechselte in einen Pulli. Danach kam sie zur?ck ins Esszimmer, packte die offene Flasche Shiraz, goss sich ein bis zum Rand gef?lltes Glas ein und nahm einen Schluck, w?hrend sie sich auf den Weg ins Wohnzimmer machte. Sie lie? sich auf die Couch fallen, schaltete den Fernseher ein und entschied sich f?r einen scheinbaren Marathon von Life Below Zero, einer Reality-Serie ?ber Menschen, die freiwillig in abgelegenen Gebieten Alaskas lebten. Sie rechtfertigte es, indem sie sich sagte, dass dies ihr helfen w?rde, zu sch?tzen, da es Leute gab, die es viel schlimmer hatten als sie in ihrem schicken Haus in S?dkalifornien mit ihrem teuren Wein und ihrem 70-Zoll-Flachbildfernseher. Irgendwann schlief sie w?hrend der dritten Folge mit einer halb leeren Flasche ein. * Sie wurde mit einem sanften Sch?tteln an ihrer Schulter von Kyle geweckt. Als sie mit verschwommenen Augen aufblickte, konnte sie erkennen, dass er betrunken war. „Wie sp?t ist es?", murmelte sie. „Kurz nach elf Uhr." „Wolltest du nicht um neun zu Hause sein?“, fragte sie. „Ich wurde aufgehalten", sagte er sch?chtern. „H?r zu, Schatz. Ich wei?, ich h?tte fr?her anrufen sollen. Das war nicht cool. Es tut mir wirklich leid.“ „Okay", sagte sie. Ihr Mund war trocken und ihr Kopf schmerzte. Er fuhr mit einem Finger ?ber ihren Arm. „Ich w?rde es gerne wieder gutmachen", bot er suggestiv an. „Nicht heute Abend, Kyle", sagte sie und zog ihre Hand weg, als sie aufstand. „Ich bin nicht in Stimmung. Nicht einmal ein bisschen. Vielleicht kannst du n?chstes Mal versuchen, mir nicht das Gef?hl zu geben, dass ich dir nichts wert bin. Ich gehe ins Bett." Sie ging die Treppe hinauf und trotz des Drangs, zur?ckzublicken, um seine Reaktion zu sehen, ging sie ohne ein weiteres Wort weiter. Kyle sagte nichts. Sie kroch ins Bett, ohne das Licht auszuschalten. Trotz der Kopfschmerzen und des trockenen Mundes schlief sie in weniger als einer Minute. * Jessie f?hlte, wie ein stacheliger Ast ?ber ihr Gesicht kratzte, als sie durch den dunklen Wald rannte. Es war Winter und sie wusste, dass ihre Schritte, die auf den herabgefallenen, trockenen Bl?ttern, die den Schnee bedeckten, selbst barfu? laut waren; dass er sie wahrscheinlich h?ren w?rde. Aber sie hatte keine Wahl. Ihre einzige Hoffnung war, in Bewegung zu bleiben und zu hoffen, dass er sie nicht finden w?rde. Aber sie kannte den Wald nicht gut und er schon. Sie lief blind, v?llig verloren durch die Gegend und suchte nach etwas, das sie kannte. Ihre kleinen Beine waren zu kurz. Sie wusste, dass er aufholen w?rde. Sie konnte seine schweren Schritte und seine noch schwerere Atmung h?ren. Sie konnte sich nirgends verstecken. KAPITEL SECHS Jessie sa? kerzengerade im Bett und wachte gerade noch rechtzeitig auf, um ihren eigenen Schrei zu h?ren. Es dauerte einen Moment, um sich zu orientieren und zu erkennen, dass sie in ihrem eigenen Bett in Westport Beach lag und die Kleidung trug, in der sie gestern Abend betrunken eingeschlafen war. Ihr ganzer K?rper war schwei?gebadet und ihre Atmung flach. Sie dachte, sie k?nnte tats?chlich h?ren, wie das Blut durch ihre Adern flie?t. Sie fasste mit ihrer Hand ihre linke Wange an. Die Narbe vom Ast war noch da. Sie war verblasst und konnte meist mit Make-up versteckt werden, im Gegensatz zu der l?ngeren entlang ihres rechten Schl?sselbeins. Aber sie konnte immer noch sp?ren, wo sie aus ihrer Haut hervorw?lbte. Sie konnte den scharfen Stich selbst jetzt noch sp?ren. Sie blickte zu ihrer Linken hin?ber und sah, dass das Bett leer war. Kyle hatte dort geschlafen, was sie an der Vertiefung auf seinem Kissen und dem Durcheinander der Laken erkannte. Aber er war nirgendwo zu finden. Sie lauschte auf das Ger?usch der Dusche, aber das Haus war still. Mit einem Blick auf ihren Wecker sah sie, dass es 7:45 Uhr morgens war. Er war bereits zur Arbeit gegangen. Sie kroch aus dem Bett und versuchte, ihren pochenden Kopf zu ignorieren, w?hrend sie ins Bad ging. Nach einer f?nfzehn-min?tigen Dusche, von der sie die H?lfte nur auf den kalten Fliese gesessen hatte, f?hlte sie sich bereit, sich anzuziehen und die Treppe hinunterzugehen. In der K?che sah sie eine Notiz auf dem Fr?hst?ckstisch liegen. Sie lautete „Sorry nochmal wegen letzter Nacht. Ich w?rde dich gerne einladen, wenn du willst. Ich liebe dich." Jessie legte sie beiseite und machte sich Kaffee und Haferflocken, das Einzige, was sie im Moment runterbekommen konnte. Sie schaffte es, eine halbe Sch?ssel zu essen, warf den Rest in den M?ll und machte sich auf den Weg in das vordere Wohnzimmer, wo ein Dutzend unge?ffneter Kisten auf sie warteten. Sie setzte sich mit einer Schere auf ihren Lieblingssessel, stellte ihren Kaffee auf den Beistelltisch und zog eine Kiste zu sich. Als sie zerstreut durch die Kisten w?hlte und Gegenst?nde, die sie gefunden hatte, von ihrer Liste strich, drifteten ihre Gedanken zu ihrer NRD-Masterarbeit. H?tten sie sich nicht gestritten, h?tte Jessie Kyle mit ziemlicher Sicherheit nicht nur von ihrem bevorstehenden Praktikum in der Einrichtung erz?hlt, sondern auch von den Folgen ihrer urspr?nglichen Arbeit, einschlie?lich ihres Verh?rs. Das w?re ein Versto? gegen ihre NDA gewesen. Er wusste selbstverst?ndlich worum es ging, da sie das Projekt mit ihm besprochen hatte, w?hrend sie es erforschte. Aber das Panel hatte sie danach zur Geheimhaltung verpflichtet, sogar vor ihrem Mann. Es hatte sich seltsam angef?hlt, einen so gro?en Teil ihres Lebens vor ihrem Partner geheim zu halten. Aber ihr war versichert worden, dass es notwendig war. Und abgesehen von einigen allgemeinen Fragen dar?ber, wie die ganze Sache gelaufen war, dr?ngte er sie nicht wirklich zu n?heren Infos zu diesem Thema. Einige vage Antworten stellten ihn zufrieden, was damals eine Erleichterung gewesen war. Aber gestern, mit ihrer Begeisterung ?ber das, was sie tun w?rde – ein Besuch in einer psychiatrischen Anstalt f?r M?rder – war sie bereit, ihn endlich einzuweihen, trotz des Verbots und der Folgen. Wenn ihr Streit etwas Positives hatte, war es, dass er sie davon abhielt, es ihm zu erz?hlen und so ihrer beider Zukunft zu gef?hrden. Aber was f?r eine Zukunft ist das, wenn ich meine Geheimnisse nicht mit meinem eigenen Mann teilen kann? Und wenn ich wei?, dass er sie nicht f?r sich behalten kann? Eine sanfte Welle der Melancholie ?berflutete sie bei dem Gedanken. Sie versuchte, sie aus dem Kopf zu bekommen, konnte sie aber nicht ganz loswerden. Das T?rklingeln erschreckte sie. Als sie auf ihre Uhr blickte, wurde ihr klar, dass sie in den letzten zehn Minuten an der gleichen Stelle gesessen hatte, verloren in ihrer Tr?bsal, die H?nde auf einer unge?ffneten Kiste ruhend. Sie stand auf und ging zur T?r und versuchte, die Dunkelheit mit jedem Schritt aus ihrem System zu sch?tteln. Als sie die T?r ?ffnete, stand Kimberly von gegen?ber mit einem fr?hlichen L?cheln im Gesicht vor ihr. Jessie versuchte, ihren Gesichtsausdruck anzupassen. „Hallo, Nachbarin", sagte Kimberly begeistert. „Wie l?uft das Auspacken?" „Langsam", gab Jessie zu. „Aber danke der Nachfrage. Wie geht es dir?" „Mir geht es gut. Gerade sind ein paar Damen aus der Nachbarschaft bei mir zu Hause zum Kaffee und ich habe mich gefragt, ob du dich uns anschlie?en willst." „Gerne", antwortete Jessie und freute sich ?ber eine Ausrede, um f?r ein paar Minuten aus dem Haus zu gehen. Sie nahm ihre Schl?ssel, schloss ab und ging mit Kimberly ?ber die Stra?e. Als sie ankamen, drehten sich vier K?pfe in ihre Richtung. Keines der Gesichter kam ihr bekannt vor. Kimberly stellte alle vor und f?hrte Jessie zum Kaffeeautomaten. „Sie erwarten nicht, dass du dich an ihre Namen erinnerst", fl?sterte sie, als sie ihr eine Tasse einschenkte. „Also f?hl dich nicht unter Druck gesetzt. Sie waren alle dort, wo du jetzt bist." „Das ist eine Erleichterung", gestand Jessie. „Momentan habe ich so viel im Kopf, dass ich mich kaum an meinen eigenen Namen erinnern kann." „V?llig verst?ndlich", sagte Kimberly. „Aber ich sollte dich warnen, ich habe die ganze FBI-Profiler-Sache erw?hnt, also solltest du dich auf ein paar Fragen gefasst machen." „Oh, ich arbeite nicht f?r das FBI. Ich habe noch nicht einmal meinen Abschluss gemacht." „Vertrau mir – das spielt keine Rolle. Sie alle denken, dass du ein echter Clarice Starling bist.“ Kimberly untersch?tzte sie. „Sitzt du im selben Raum wie diese Kerle?" fragte eine Frau namens Caroline mit Haaren so lang, dass einige Str?nge ihren Hintern erreichten. „Es h?ngt von den Regeln der Einrichtung ab", antwortete Jessie. „Aber ich habe noch nie ein Interview gef?hrt, ohne dass ein erfahrener Profiler oder Ermittler bei mir war und die F?hrung ?bernommen hat." „Sind Serienm?rder wirklich so klug, wie es in Filmen scheint?" fragte eine sch?chterne Frau namens Josette z?gernd. „Ich habe nicht genug interviewt, um es endg?ltig sagen zu k?nnen", sagte ihr Jessie. „Aber basierend auf der Literatur und meiner pers?nlichen Erfahrung w?rde ich nein sagen. Die meisten dieser M?nner – und es sind fast immer M?nner – sind nicht schlauer als du oder ich. Einige kommen damit aufgrund von schlampiger Ermittlung f?r eine lange Zeit davon. Einige schaffen es, sich der Gefangenschaft zu entziehen, weil sie Opfer w?hlen, die allen egal sind, wie Prostituierte, oder Obdachlose. Es dauert eine Weile, bis man bemerkt, dass diese Leute vermisst werden. Und manchmal haben sie einfach nur Gl?ck. Nach meinem Abschluss wird mein Job darin bestehen, ihr Gl?ck zu ?ndern." Die Frauen stellten ihr h?flich Fragen, scheinbar unbeeindruckt von der Tatsache, dass sie bisher nicht einmal ihren Abschluss gemacht hatte, geschweige denn einen Profiling-Fall formell ?bernommen hatte. „Also hast du noch nie einen Fall gel?st?" fragte eine besonders neugierige Frau namens Joanne. „Noch nicht. Technisch gesehen bin ich nur Studentin. Die Profis k?mmern sich um die Live-F?lle. Apropos Profis, was machst du so?" fragte sie in der Hoffnung, das Thema zu wechseln. „Ich war mal im Marketing", sagte Joanne. „Aber das war vor Troys Geburt. Er h?lt mich momentan ziemlich auf Trab. Es ist ein Vollzeitjob." „Darauf wette ich. Schl?ft er jetzt irgendwo?" fragte Jessie und sah sich um. „Wahrscheinlich", sagte Joanne und blickte auf ihre Uhr. „Aber er wird bald zum Essen aufstehen. Er ist in der Kindertagesst?tte." „Oh", sagte Jessie, bevor sie ihre n?chste Frage so zart wie m?glich ansprach. „Ich dachte, die meisten Kinder in der Kindertagesst?tte h?tten berufst?tige M?tter." „Ja", sagte Joanne, anscheinend nicht beleidigt. „Aber sie sind so gut dort, dass ich ihn nicht nicht anmelden konnte. Er geht nicht jeden Tag hin. Aber Mittwochs ist eine Herausforderung, also nehme ich ihn normalerweise mit. Mittwoche sind hart, oder?" Bevor Jessie antworten konnte, ?ffnete sich die T?r aus der Garage und ein kr?ftiger, drei?igj?hriger Kerl mit widerspenstigen roten Haaren kam in den Raum. „Morgan!" rief Kimberly fr?hlich aus. „Was machst du zu Hause?" „Ich habe meinen Bericht im Arbeitszimmer vergessen", antwortete er. „Meine Pr?sentation ist in 20 Minuten, also muss ich schnell zur?ck." Morgan, anscheinend Kimberlys Mann, sah ?berhaupt nicht ?berrascht aus, als er ein halbes Dutzend Frauen in seinem Wohnzimmer sah. Er blickte sie an und warf der Gruppe ein Hallo zu. Joanne lehnte sich zu Jessie hin?ber. „Er ist eine Art Ingenieur", sagte sie leise, als w?re es eine Art Geheimnis. „F?r wen? F?r einen R?stungszulieferer?" fragte Jessie. „Nein, f?r ein Immobilien-Unternehmen." Jessie verstand nicht, warum das eine solche Diskretion verdiente, entschied sich aber, nicht nachzufragen. Kurz darauf kam Morgan mit einem dicken Papierstapel in der Hand zur?ck ins Wohnzimmer. „Sch?n, euch zu sehen, Ladies", sagte er. „Tut mir leid, dass ich nicht bleiben kann. Kim, denk daran, dass ich heute Abend die Sache im Club habe, also bin ich erst sp?t zur?ck." „Okay, S??er", sagte seine Frau und jagte ihm nach, um einen Kuss zu bekommen, bevor er zur T?r hinausst?rmte. Als er weg war, kehrte sie ins Wohnzimmer zur?ck, immer noch err?tet von dem unerwarteten Besuch. „Ich schw?re, er bewegt sich so zielstrebig, dass man meinen k?nnte, er sei ein Polizei-Profiler oder so." Der Kommentar versetzte die Gruppe in eine Welle des Kicherns. Jessie l?chelte, nicht sicher, was genau so lustig war. * Eine Stunde sp?ter war sie wieder in ihrem eigenen Wohnzimmer und versuchte, die Energie zu finden, um die Kiste vor ihr zu ?ffnen. Als sie vorsichtig das Band durch schnitt, dachte sie ?ber den Kaffeeklatsch nach. Etwas war merkw?rdig. Aber sie konnte nicht genau sagen, was. Kimberly war ein Schatz. Jessie mochte sie wirklich und sch?tzte besonders die Bem?hungen, die sie unternahm, um dem neuen M?dchen zu helfen. Und die anderen Frauen waren alle nett und sympathisch, wenn auch ein wenig fad. Aber da war etwas ... geheimnisvolles in ihren Interaktionen, als ob sie alle ein gemeinsames Geheimnis h?tten, in das Jessie nicht eingeweiht war. Ein Teil von ihr dachte, dass sie paranoid sei, um so etwas zu vermuten. Es w?re nicht das erste Mal, dass sie zu falschen Schl?ssen kam. Andererseits hatten alle ihre Ausbilder im Programm der Forensischen Psychologie an der USC sie f?r ihren intuitiven Sinn gelobt. Sie schienen nicht zu denken, dass sie so paranoid und "verd?chtig neugierig" war, wie ein Professor sie genannt hatte. Es hatte sich damals wie ein Kompliment angeh?rt. Sie ?ffnete die Kiste und zog den ersten Gegenstand heraus, ein gerahmtes Foto von ihrer Hochzeit. Sie starrte es einen Moment lang an und betrachtete die gl?cklichen Gesichtsausdr?cke auf ihrem und Kyles Gesicht. Auf beiden Seiten von ihnen standen Familienmitglieder, die auch alle strahlten. Als ihre Augen ?ber die Gruppe schweiften, sp?rte sie pl?tzlich, wie die Melancholie von vorher wieder in ihr aufstieg. Eine ?ngstliche Enge packte ihre Brust. Sie erinnerte sich daran, tief durchzuatmen, aber sie konnte weder ihre Ein- noch ihre Ausatmung beruhigen. Sie war sich nicht sicher, woher genau das kam – die Erinnerungen, die neue Umgebung, der Streit mit Kyle, eine Kombination von allem? Was auch immer es war, sie erkannte eine grundlegende Wahrheit. Sie konnte das nicht mehr alleine kontrollieren. Sie musste mit jemandem sprechen. Und trotz des Gef?hls des akuten Versagens, das sie zu ?berw?ltigen drohte, als sie nach dem Telefon griff, w?hlte sie die Nummer, von der sie gehofft hatte, sie w?rde sie nie wieder benutzen m?ssen. KAPITEL SIEBEN Sie machte einen Termin mit ihrer alten Therapeutin, Dr. Janice Lemmon, und allein das Wissen, dass das dorthin Fahren einen Besuch ihrer alten Heimat erfordern w?rde, beruhigte sie. Die Panik verebbte fast unmittelbar, nachdem sie den Termin f?r die Sitzung gemacht hatte. Als Kyle in dieser Nacht nach Hause kam – fr?h am Abend – bestellten sie Essen und sahen sich einen kitschigen, aber lustigen Film ?ber alternative Realit?ten namens The 13th Floor an. Keiner von ihnen hatte sich offiziell entschuldigt, aber sie schienen wieder ihre Komfortzone erreicht zu haben. Nach dem Film gingen sie nicht einmal nach oben, um Sex zu haben. Stattdessen kletterte Kyle einfach auf sie, gleich auf der Couch. Es erinnerte Jessie an die Zeit, in der sie frisch verheiratet waren. Er hatte ihr heute Morgen sogar Fr?hst?ck gemacht, bevor er zur Arbeit gegangen war. Es war schrecklich – verbrannter Toast, fl?ssige Eier und zu wenig gebratener Putenspeck – aber Jessie sch?tzte den Versuch. Sie f?hlte sich ein wenig schlecht, weil sie ihm ihre Pl?ne f?r den Tag nicht mitgeteilt hatte. Aber andererseits hatte er auch nicht gefragt, also log sie nicht wirklich. Erst am n?chsten Tag, als sie auf der Autobahn war, in Sichtweite der Wolkenkratzer in der Innenstadt von Los Angeles, f?hlte Jessie wie die nagende Nervosit?t in ihrem Magen nachlie?. Sie hatte die Mittagsfahrt von Orange County in weniger als einer Stunde gemacht und kam fr?h in der Stadt an, damit sie noch ein wenig durch die Gegend laufen konnte. Sie parkte auf dem Parkplatz in der N?he von Dr. Lemmon's Praxis, gegen?ber der Original Pantry an der Ecke Figueroa und West 9th. Dann kam ihr die Idee, ihre ehemalige USC-Mitbewohnerin und ?lteste College-Freundin Lacey Cartwright, die in der Gegend lebte und arbeitete, anzurufen, um zu sehen, ob sie etwas unternehmen wollte. Sie landete auf ihrer Mailbox und hinterlie? eine Nachricht. Als sie die Figueroa in Richtung Bonaventure Hotel aufbrach, schrieb Lacey ihr eine Nachricht, um ihr zu sagen, dass sie zu besch?ftigt sei, um sich heute zu treffen, aber dass sie sich das n?chste Mal treffen w?rden, wenn Jessie in der N?he sei. Wer wei?, wann das sein wird? Sie versuchte ihre Entt?uschung aus dem Kopf zu bekommen und konzentrierte sich auf die Stadt um sich herum, nahm die gesch?ftigen Sehensw?rdigkeiten und Ger?usche wahr, die sich von ihrer neuen Lebensumgebung so sehr unterschieden. Als sie an die 5th Street kam, bog sie rechts ab und schlenderte weiter. Das erinnerte sie an die Tage vor nicht allzu langer Zeit, an denen sie genau dies mehrmals pro Woche gemacht hatte. Wenn sie mit einer Fallstudie f?r den Unterricht zu k?mpfen hatte, ging sie einfach nach drau?en und schlenderte durch die Stra?en und benutzte den Verkehr als wei?es Rauschen, w?hrend sie den Fall in ihrem Kopf umdrehte, bis sie einen Weg gefunden hatte, sich ihm zu n?hern. Ihre Arbeit war fast immer am besten, wenn sie die Zeit hatte, in der Innenstadt herumzulaufen und ein wenig dar?ber nachzudenken. Sie behielt die bevorstehende Diskussion mit Dr. Lemmon im Hinterkopf, als sie im Geist den gestrigen Kaffeeklatsch in Kimberlys Haus durchging. Sie konnte die Art der Geheimniskr?merei der Frauen, die sie dort kennengelernt hatte, immer noch nicht verstehen. Aber eine Sache war ihr im Nachhinein aufgefallen – wie verzweifelt sie alle Details zu ihren F?llen h?ren wollten. Sie wusste nicht, ob es daran lag, dass der Beruf, in den sie eintrat, so ungew?hnlich schien oder einfach daran, dass es sich ?berhaupt um eine Beruf handelte. R?ckblickend erkannte sie, dass keine der Frauen arbeitete. Einige hatten fr?her einmal gearbeitet. Joanne war im Marketing t?tig gewesen. Kimberly sagte, dass sie fr?her eine Immobilienmaklerin war, als sie in Sherman Oaks lebten. Josette managte eine kleine Galerie in Silverlake. Aber sie waren jetzt alle M?tter, die zu Hause blieben. Und w?hrend sie mit ihrem neuen Leben gl?cklich zu sein schienen, schienen sie auch nach Details aus der Berufswelt zu verlangen, gierig, fast schuldig, jedes St?ckchen Intrige verschlingend. Jessie blieb stehen und erkannte, dass sie irgendwie beim Biltmore Hotel angekommen war. Sie war schon oft hier gewesen. Es war unter anderem daf?r bekannt, dass es in den 1930er Jahren einige der fr?hen Oscar-Verleihungen veranstaltet hatte. Sie war auch aufgekl?rt worden, dass es der Ort war, an dem Robert Kennedy 1968 von Sirhan Sirhan ermordet wurde. Bevor sie entschied, ihre Doktorarbeit ?ber die NRD zu schreiben, hatte Jessie mit dem Gedanken gespielt, Sirhan zu analysieren. So war sie eines Tages unangemeldet aufgetaucht und hatte den Concierge gefragt, ob sie F?hrungen durch das Hotel anboten, die den Ort der Schie?erei umfassten. Er war verwirrt. Es dauerte einige peinliche Augenblicke, bis er begriff, was sie vorhatte, und noch einige weitere, bis er h?flich erkl?rte, dass das Attentat nicht dort, sondern im inzwischen zerst?rten Ambassador Hotel stattgefunden hatte. Er versuchte, den Schlag abzuschw?chen, indem er ihr sagte, dass JFK 1960 die demokratische Ernennung zum Pr?sidenten im Biltmore erhalten hatte. Aber sie war zu gedem?tigt, um in der N?he zu bleiben und sich diese Geschichte anzuh?ren. Trotz der Scham lehrte sie die Erfahrung eine wertvolle Lektion, die sie seither begleitete: Stelle keine Vermutungen an, besonders nicht in einer Branche, in der falsche Vermutungen dich umbringen k?nnten. Am n?chsten Tag wechselte sie das Thema ihrer Diplomarbeit und beschloss, von da an zu forschen, bevor sie an einem Ort auftauchte. Trotz dieses Debakels kehrte Jessie oft zur?ck, da sie den altmodischen Glanz des Hotels liebte. Diesmal entspannte sie sich sofort, als sie gut zwanzig Minuten lang durch die Hallen und Balls?le schlenderte. Als sie auf ihrem Weg nach drau?en durch die Lobby ging, bemerkte sie einen jungen Mann im Anzug, der l?ssig in der N?he der Pagenstation stand und eine Zeitung las. Was ihre Aufmerksamkeit auf sich zog, war, wie verschwitzt er war. Da die Klimaanlage durch das Hotel blies, konnte sie sich nicht erkl?ren, wie das k?rperlich m?glich war. Und doch tupfte er alle paar Sekunden die Schwei?perlen von seiner Stirn, die sich st?ndig neu bildeten. Warum liest ein Typ einfach so beil?ufig eine Zeitung, so verschwitzt? Jessie ging ein wenig n?her und zog ihr Handy heraus. Sie gab vor, etwas zu lesen, stellte es aber in den Kameramodus und neigte es, damit sie den Kerl beobachten konnte, ohne ihn wirklich anzusehen. Ab und zu machte sie ein kurzes Foto. Er schien die Zeitung nicht wirklich zu lesen, sondern sie als Requisite zu benutzen, w?hrend er unregelm??ig in Richtung der Taschen aufschaute, die auf den Gep?ckwagen gelegt wurden. Als einer der Pagen anfing, den Wagen in Richtung Aufzug zu schieben, nahm der Mann im Anzug die Zeitung unter den Arm und schlenderte hinter ihm her. Der Page schob den Wagen in den Aufzug und der Mann im Anzug folgte ihm und stellte sich auf die andere Seite des Wagens. Gerade als sich die T?ren schlossen, sah Jessie, wie der Mann im Anzug sich eine Aktentasche von der Seite des Wagens ergriff, die f?r den Pagen nicht sichtbar war. Sie beobachtete, wie der Aufzug langsam nach oben fuhr und im achten Stock hielt. Nach etwa zehn Sekunden begann er wieder nach unten zu fahren. In dem Moment ging sie zu dem Wachmann in der N?he des Eingangs. Die Wache, ein freundlich aussehender Kerl Ende vierzig, l?chelte sie an. „Ich denke, dass sich im Hotel ein Dieb befindet", sagte Jessie ohne Pr?ambel und wollte ihm die Situation schnell vermitteln. „Wie bitte?", fragte er und runzelte jetzt leicht die Stirn. „Ich habe gesehen wie dieser Kerl", sagte sie und hielt das Foto auf ihrem Handy hoch, „eine Aktentasche vom Gep?ckwagen genommen hat. Es ist m?glich, dass es seine war. Aber er handelte ziemlich versteckt und schwitzte wie jemand, der sehr nerv?s ist." „Okay, Sherlock", sagte die Wache skeptisch. „Wenn Sie Recht haben, wie soll ich ihn dann finden? Haben Sie gesehen, in welchem Stockwerk der Aufzug angehalten hat?" „Acht. Aber wenn ich Recht habe, ist das egal. Wenn er ein Hotelgast ist, sch?tze ich, dass das sein Stockwerk ist und er dort wohnen wird." „Und wenn er kein Gast ist?", fragte die Wache. „Wenn er es nicht ist, sch?tze ich, dass er mit dem Aufzug, der gerade wieder in die Lobby zur?ckkehrt, direkt nach unten kommen wird." Gerade als sie das sagte, ?ffnete sich die Aufzugt?r und der verschwitzte Mann im Anzug trat mit der Zeitung in einer Hand und der Aktentasche in der anderen heraus. Er bewegte sich Richtung Ausgang. „Ich sch?tze, er wird sie irgendwo verstecken und das ganze Verfahren von vorne durchziehen", sagte Jessie. „Bleiben Sie hier", sagte die Wache zu ihr und sprach dann in sein Radio. „Ich werde so schnell wie m?glich Verst?rkung in der Lobby brauchen." Er n?herte sich dem Mann im Anzug, der ihn aus dem Augenwinkel sah und das Tempo seines Schrittes beschleunigte. Genau wie die Wache. Der Anzugtr?ger fing an zu rennen und dr?ngte sich gerade aus der Eingangst?r, als er mit einem anderen Wachmann kollidierte, der in die andere Richtung lief. Beide fielen zu Boden. Jessie's Wache packte den Mann im Anzug, hob ihn hoch, zog seinen Arm hinter seinen R?cken und presste ihn gegen die Hotelwand. „Darf ich in Ihre Tasche schauen, der Herr?", fragte er. Jessie wollte sehen, wie sich das alles entwickeln w?rde, aber ein kurzer Blick auf ihre Uhr zeigte, dass ihr Termin mit Dr. Lemmon, der auf 11 Uhr festgelegt war, in f?nf Minuten begann. Sie w?rde den Spaziergang zur?ck auslassen m?ssen und ein Taxi nehmen, nur um es rechtzeitig zu schaffen. Sie h?tte nicht einmal die Chance, sich von der Wache zu verabschieden. Sie machte sich Sorgen, dass, wenn sie es versuchen w?rde, er darauf bestehen w?rde, dass sie in der N?he blieb, um der Polizei ihre Aussage zu geben. Sie schaffte es im letzten Moment und au?er Atem. Sie hatte sich gerade in den Wartebereich gesetzt, als Dr. Lemmon ihre B?rot?r ?ffnete, um sie hereinzubitten. „Sind Sie von Westport Beach hierher gelaufen?" fragte die ?rztin mit einem L?cheln. „Naja, irgendwie schon." „Nun, kommen Sie rein und machen Sie es sich bequem", sagte Dr. Lemmon, schloss die T?r hinter sich und goss ihnen beiden ein Glas Wasser aus einem Krug mit Zitronen- und Gurkenscheiben ein. Sie hatte immer noch die gleiche schreckliche Dauerwelle, an die sich Jessie erinnerte, mit engen kleinen blonden Ringeln, die sich bewegten, wenn sie ihre Schultern ber?hrten. Sie trug eine dicke Brille, die ihre scharfen, eulenartigen Augen kleiner erscheinen lie?. Sie war eine kleine Frau, kaum ?ber 1,50 m gro?. Aber sie war sichtlich drahtig, wahrscheinlich ein Ergebnis des Yoga, von dem sie Jessie erz?hlt hatte, dass sie es dreimal pro Woche praktizierte. F?r eine Frau Mitte sechzig sah sie gro?artig aus. Jessie setzte sich in den bequemen Sessel, den sie immer f?r Sitzungen benutzte, und versetzte sich sofort wieder in die alte Stimmung, an die sie gew?hnt war. Sie war schon lange nicht mehr hier gewesen, l?nger als ein Jahr, und sie hatte gehofft, dass es so bleiben w?rde. Aber es war ein Ort des Trostes, an dem sie gek?mpft hatte und es ihr zeitweise gelang, Frieden mit ihrer Vergangenheit zu schlie?en. Dr. Lemmon reichte ihr das Wasser, setzte sich ihr gegen?ber, nahm einen Block und Stift in die Hand und legte sie auf ihren Scho?. Das war ihr Zeichen, dass die Sitzung offiziell begonnen hatte. „Wor?ber reden wir heute, Jessie?", fragte sie herzlich. „Gute Nachrichten zuerst, sch?tze ich. Ich mache mein Praktikum bei der DSH-Metro, in der NRD Einheit." „Oh wow. Das ist beeindruckend. Wer ist Ihr Fakult?tsberater?" "Warren Hosta an der UC-Irvine", sagte Jessie. „Kennen Sie ihn?" „Wir hatten schon einmal miteinander zu tun", sagte die ?rztin kryptisch. „Ich denke, Sie sind in guten H?nden. Er ist kratzb?rstig, aber er kennt sich aus, was f?r Sie wichtig ist." „Ich bin froh, das zu h?ren, denn ich hatte keine andere Wahl", bemerkte Jessie. „Es gab nur einen, den das Panel in diesem Bereich genehmigen w?rde." „Ich sch?tze, um das zu bekommen, was Sie wollen, m?ssen Sie ein wenig das tun, was die sagen. Das ist es, was Sie wollten, oder?" „Das ist es", sagte Jessie. Dr. Lemmon sah sie genau an. Zwischen ihnen verging ein unausgesprochener Moment des Verstehens. Damals, als Jessie von den Beh?rden ?ber ihre Doktorarbeit verh?rt wurde, war Dr. Lemmon aus heiterem Himmel auf der Polizeiwache aufgetaucht. Jessie erinnerte sich, dass sie zusah, wie ihre Psychiaterin leise mit mehreren Leuten sprach, die ihr Interview schweigend beobachtet hatten. Danach erschienen die Fragen weniger anklagend und respektvoller. Erst sp?ter erfuhr Jessie, dass Dr. Lemmon Mitglied des Panels war und sich der Vorg?nge in der NRD bewusst war. Sie hatte sogar einige der Patienten dort behandelt. Im Nachhinein betrachtet h?tte es keine ?berraschung sein sollen. Schlie?lich hatte Jessie diese Frau als Therapeutin ausgesucht, gerade wegen ihres Rufs f?r ihre Expertise in diesem Bereich. „Darf ich Sie etwas fragen, Jessie?" sagte Dr. Lemmon. „Sie sagen, bei der NRD zu arbeiten, ist das, was Sie wollen. Aber haben Sie bedacht, dass der Ort Ihnen vielleicht nicht die Antworten gibt, nach denen Sie suchen?" „Ich will nur besser verstehen, wie diese Leute ticken", betonte Jessie, „damit ich ein besserer Profiler werden kann." „Ich denke, wir wissen beide, dass Sie nach viel mehr als das suchen." Jessie antwortete nicht. Stattdessen faltete sie ihre H?nde in ihrem Scho? und atmete tief durch. Sie wusste, wie die ?rztin das interpretieren w?rde, aber es war ihr egal. „Wir k?nnen darauf zur?ckkommen", sagte Dr. Lemmon leise. „Lassen Sie uns weitermachen. Wie bekommt Ihnen das Eheleben?" „Das ist der Hauptgrund, warum ich Sie heute sehen wollte", sagte Jessie und wechselte gerne das Thema. „Wie Sie wissen sind Kyle und ich gerade erst von hier nach Westport Beach gezogen, weil seine Firma ihn in ihr B?ro in Orange County versetzt hat. Wir haben ein gro?es Haus in einer tollen Nachbarschaft, nur wenige Gehminuten vom Hafen entfernt..." „Aber…?" fragte Dr. Lemmon. „Irgendetwas f?hlt sich einfach seltsam an diesem Ort an. Ich hatte Schwierigkeiten, es herauszufinden. Bisher waren alle unglaublich freundlich. Ich wurde zu Kaffee und Brunch und zum Grillen eingeladen. Ich habe Vorschl?ge f?r die besten Lebensmittelgesch?fte und Kindertagesst?tten bekommen, sollten wir eine brauchen. Aber etwas f?hlt sich einfach... abnormal an. Und es f?ngt an, mich zu beeinflussen." „Inwiefern?", fragte Dr. Lemmon. „Ich f?hle mich ohne Grund niedergeschlagen", sagte Jessie. „Kyle ist sp?t nach Hause gekommen zu einem Abendessen, das ich gemacht hatte, und es hat mich viel mehr beeinflusst, als ich es h?tte zulassen sollen. Es war keine so gro?e Sache, aber er war so gleichg?ltig. Es nagte einfach an mir. Auch das blo?e Auspacken von Kartons scheint auf eine Weise entmutigend zu sein, die f?r die anstehende Aufgabe ?berdimensioniert ist. Ich habe dieses st?ndige, ?berw?ltigende Gef?hl, dass ich nicht dazu geh?re, dass es einen geheimen Schl?ssel zu einem Raum gibt, in dem alle anderen gewesen sind, und niemand mir den Schl?ssel gibt.“ „Jessie, seit unserer letzten Sitzung ist eine Weile vergangen, also werde ich Sie an etwas erinnern, was wir schon einmal besprochen haben. Es muss keinen "guten Grund" geben, damit sich diese Gef?hle durchsetzen k?nnen. Womit Sie es zu tun haben, kann aus dem Nichts auftauchen. Und es ist keine ?berraschung, dass eine anstrengende, neue Situation, egal wie bildsch?n sie aussieht, Sie aufw?hlen kann. Nehmen Sie Ihre Medikamente regelm??ig?" „Jeden Tag." „Okay", sagte die ?rztin und machte sich eine Notiz auf ihrem Block. „Es ist m?glich, dass wir die Medikation hochschrauben m?ssen. Ich habe auch bemerkt, dass Sie erw?hnt haben, dass eine Kindertagesst?tte in naher Zukunft notwendig sein k?nnte. Ist das ein Ziel, das Sie beide aktiv verfolgen – Kinder? Wenn ja, ist das ein weiterer Grund, Ihre Medikation zu ?ndern." „Wir versuchen es ... zeitweise. Aber manchmal scheint Kyle von der Vorstellung begeistert zu sein und dann wird er ... distanziert; fast kalt. Manchmal sagt er etwas und ich frage mich, wer dieser Typ ?berhaupt ist." „Wenn es Sie beruhigt – das ist alles ganz normal, Jessie. Sie sind in einer neuen Umgebung, umgeben von Fremden, mit nur einer Person, an der Sie sich gut festhalten k?nnen. Es ist stressig. Und er f?hlt eine Menge der gleichen Dinge, also sind Sie aneinander gebunden und erleben Momente, in denen Sie keine Verbindung sp?ren." „Aber das ist es ja, Frau Doktor", druckste Jessie. „Kyle scheint nicht gestresst zu sein. Er mag offensichtlich seinen Job. Er hat einen alten High-School-Freund, der in der Gegend lebt, also hat er einen Zufluchtsort. Und alle Anzeichen deuten darauf hin, dass er sich total freut, dort zu sein – keine Anpassungszeit ist n?tig. Er scheint nichts aus unserem alten Leben zu vermissen – nicht unsere Freunde, nicht unsere alten Treffpunkte, nicht die M?glichkeit, sich an einem Ort aufzuhalten, an dem die Dinge tats?chlich nach neun Uhr nachts passieren. Er ist komplett angepasst." „Es k?nnte so aussehen. Aber ich w?rde fast wetten, dass er sich im Inneren nicht ganz so sicher ist ?ber die Dinge.“ „Ich w?rde diese Wette annehmen", sagte Jessie. „Egal ob Sie Recht haben oder nicht", sagte Dr. Lemmon und bemerkte die Verzweiflung in Jessies Stimme, „der n?chste Schritt ist, sich zu fragen, was Sie mit diesem neuen Leben anfangen werden. Wie k?nnen Sie es f?r sich als Individuum und als Paar besser machen?" „Ich bin wirklich ratlos", sagte Jessie. „Ich habe das Gef?hl, dass ich diesem Ort eine Chance gebe. Aber ich bin nicht wie er. Ich bin kein M?dchen, das sich sofort eingew?hnt." „Das ist sicher wahr", stimmte die ?rztin zu. „Sie sind ein nat?rlich vorsichtiger Mensch, aus gutem Grund. Aber Sie m?ssen das vielleicht etwas reduzieren, um f?r eine Weile zurechtzukommen, besonders in sozialen Situationen. Versuchen Sie vielleicht, sich ein wenig mehr f?r die M?glichkeiten um Sie herum zu ?ffnen. Und vielleicht denken Sie bei Kyle ?fter mal im Zweifel f?r den Angeklagten. Klingt das vern?nftig?" „Nat?rlich, wenn Sie mich in diesem Raum fragen. Da drau?en ist es anders." „Vielleicht ist das eine Entscheidung, die Sie treffen", schlug Dr. Lemmon vor. „Lassen Sie mich Sie etwas fragen. Als wir uns das letzte Mal getroffen haben, haben wir uns ?ber den Ursprung Ihrer Alptr?ume unterhalten. Ich nehme an, Sie haben sie immer noch, oder?" Jessie nickte. Die ?rztin fuhr fort. „Okay. Wir haben auch dar?ber gesprochen, dass Sie das mit Ihrem Mann teilen und ihn wissen lassen, warum Sie mehrmals pro Woche in kaltem Schwei? gebadet aufwachen. Haben Sie das getan?" „Nein", gab Jessie schuldig zu. „Ich wei?, dass Sie sich Sorgen machen, wie er reagieren wird. Aber wir haben dar?ber gesprochen, wie die Wahrheit ?ber Ihre Vergangenheit Ihnen helfen k?nnte, effektiver damit umzugehen und Sie beide n?her zusammenzubringen." „Oder es k?nnte uns auseinanderrei?en", antwortete Jessie. „Ich verstehe, was Sie sagen, Frau Doktor. Aber es gibt einen Grund, warum so wenige Menschen von meiner pers?nlichen Geschichte wissen. Sie ist nicht warm und kuschelig. Die meisten Leute k?nnen damit nicht umgehen. Sie wissen es nur, weil ich ?ber Sie recherchiert habe und festgestellt habe, dass Sie eine spezifische Ausbildung und Erfahrung mit dieser Art von Dingen haben. Ich habe Sie aufgesucht und Sie in meinen Kopf gelassen, weil ich wusste, dass Sie damit umgehen k?nnen." „Ihr Mann kennt Sie seit fast einem Jahrzehnt. Glauben Sie nicht, dass er damit umgehen kann?" „Ich denke, ein erfahrener Profi wie Sie musste jedes Gramm Zur?ckhaltung und Empathie einsetzen, um nicht schreiend aus dem Raum zu rennen, als ich es Ihnen erz?hlt habe. Was glauben Sie, wie ein normaler Kerl aus einem Vorort S?dkaliforniens reagieren wird?" „Ich kenne Kyle nicht, also kann ich es nicht sagen", antwortete Dr. Lemmon. „Aber wenn Sie planen, eine Familie mit ihm zu gr?nden und den Rest Ihres Lebens mit ihm zu verbringen, dann sollten Sie sich ?berlegen, ob Sie ihm realistischerweise einen ganzen Teil von Ihnen vorenthalten k?nnen." „Ich werde es in Betracht ziehen", sagte Jessie unverbindlich. Sie konnte sp?ren, dass Dr. Lemmon verstand, dass sie sich nicht mehr mit dem Thema besch?ftigen wollte. „Also gut, reden wir ?ber Medikamente", sagte die ?rztin und wechselte das Thema. „Ich habe ein paar Vorschl?ge f?r Alternativen, jetzt, wo Sie vorhaben, schwanger zu werden." Jessie starrte Dr. Lemmon an und beobachtete, wie sich ihr Mund bewegte. Aber so sehr sie es auch versuchte, sie konnte sich nicht konzentrieren. Die Worte verflogen, w?hrend ihre Gedanken in die dunklen W?lder ihrer Kindheit zur?ckkehrten, jene, die ihre Tr?ume heimsuchten. KAPITEL ACHT Jessie lag im Bett, eingewickelt in Laken und versuchte, das Sonnenlicht zu ignorieren, das durch den offenen Schlitz in den Vorh?ngen des Schlafzimmers auf ihre Augen traf. Es war ihr erster Samstagmorgen in diesem Haus und sie wollte, dass es ein entspannter wurde, nur sie und Kyle, mit dem beil?ufigen ?ffnen von Kisten, Kaffee trinken, Liebe machen. Gestern war ein guter Tag gewesen. Professor Hosta hatte ihr eine E-Mail geschickt, in der er ihr mitteilte, dass sie n?chste Woche zum ersten Mal die NRD besuchen k?nnte. Sie war bis zum Hafen und wieder zur?ck laufen gegangen. Es war die erste Gelegenheit, dass sie wirklich etwas Sport treiben und ihren Kopf frei bekommen konnte, seit sie umgezogen waren, und sie f?hlte sich energiegeladen und hoffnungsvoll. Kyle musste nicht ins B?ro, also hatten sie das ganze Wochenende frei. Sie h?rte eine Bewegung und ?ffnete widerwillig die Augen. Kyle kam in den Raum, in jeder Hand einer Kaffeetasse. Sie streckte sich gl?cklich und setzte sich auf. „Mein Held", sagte sie, als sie die entgegennahm, die er ihr reichte. „Ist das alles, was man heutzutage machen muss?", fragte er. „Vor zehntausend Jahren h?tte ich erwartet, dass du einen Elch oder so schie?t. Aber heutzutage macht dich eine Tasse mit starkem Kaffee zu einem m?chtigen, guten J?ger." „Nun, ich bin froh, dass ich meine ehelichen Verpflichtungen erf?lle." „Es gibt noch ein paar weitere eheliche Verpflichtungen, die Sie heute erf?llen m?ssen, Mister", sagte Jessie und zwinkerte ihm zu. „Oh ja?", sagte er und stellte auf dumm. „Was zum Beispiel?" Конец ознакомительного фрагмента. Текст предоставлен ООО «ЛитРес». Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию (https://www.litres.ru/pages/biblio_book/?art=43692895&lfrom=688855901) на ЛитРес. 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